Kapitel 9

Für ein paar Augenblicke war es still. Nichts regte sich und nicht mal ihr Opfer machte einen Laut. Hawks sah ihm tief in die Augen, während Dabi das gesagte verarbeitete. Es war irgendwie erschreckend mit was für einer Selbstverständlichkeit der geflügelte diese Worte ausgesprochen hatte. Natürlich war ihm klar, dass sowas zur Arbeit der Liga gehörte und er nicht darum herum kommen würde. Wenn man jemanden retten wollte, musste man immer Opfer bringen. Außerdem hatten diese Schweine, die sich als die "normale" Bevölkerung betitelten auch nichts anderes verdient, wenn er ehrlich war. Sie töten Leute seiner Art einfach, weil sie gerade Lust darauf hatten und taten, dann so, als wären sie selbst die Opfer, die beschützt werden mussten. Vielleicht war nicht jeder so, aber waren diejenigen, die einfach nur tatenlos danebenstanden und sich nicht trauten einzugreifen, nicht noch schlimmer? Diese Menschen mit ihren arroganten Blicken und ihrem ständigen Protz von Macht und Stärke hatten nichts anderes verdient, als den Tod, doch jetzt in dieser Situation zu sein, fühlte sich dennoch seltsam an. Er hatte noch nie in seinem Leben einen Menschen umgebracht, zumindest nicht dass er es wüsste oder es bewusst getan hatte, auch wenn er es sich manchmal einfach nur gewünscht hatte und er wusste nicht recht, wie er jetzt mit dieser Aufforderung umgehen sollte. Besser gesagt, wusste er nicht, was genau man nun von ihm erwartete. Ein weiterer Blick in die goldenen Raubtieraugen, verriet ihm, dass der Blondschopf sicher nichts gegen ein wenig Gewalt hatte, doch er selbst hatte keine Waffe dabei und er würde diesen Mann ganz sicher nicht zu Tode prügeln oder sowas. Erwürgen kam für ihn gar nicht erst in Frage. Er hatte selbst am eigenen Leib erfahren, wie es war, keine Luft mehr zu bekommen und sein Gewissen würde es sicher nicht zulassen, dass er dieses Gefühl bei einer anderen Person auslöste. Am einfachsten und auch am schmerzlosesten für ihr Ziel wäre es wohl, wenn er diesem das Genick brechen würde, doch allein bei dieser Vorstellung und dem Gedanken an diesen unappetitlichen "Knack" Laut, stellten sich bei ihm die Haare auf. Blieb also nur noch eine Möglichkeit. Verdammt, er wollte keine Schwächling sein und erst recht wollte er die Liga nicht enttäuschen, doch er konnte und wollte diese Kraft einfach nicht benutzen! Die Flammen brannten geradezu unter seinen Fingerspitzen. Schrien ihn an, freigelassen zu werden und läschtzten nach Brennholz, um ihre Mordlust zu stillen. Man sagte immer, dass die Mutation stark mit der Persönlichekit verbunden war und Dinge, wie deine Vorlieben und Ängste bestimmte, doch bei Dabi war es so, als ob seine Fähigkeit eine eigene Persönlichkeit hätte. Unkontrollierbar, zerstörerisch und immer auf der Suche nach neuem Brennholz. Diese krankhaften Gelüste seiner Mutation zu unterdrücken war ihm nur gelungen, da er diese selbst für eine sehr lange Zeit unterdrückt hatte, doch jetzt, mit der Vorrausicht auf Freiheit, brannten die Flammen heißer als zuvor unter seinen Fingerspitzen. Gierig, alles und jeden zu verschlingen, der ihnen über den Weg kam. In seinem Kopf spulten sich die Worte seines Vaters ab. Er hasste diesen Mann! Er hasste ihn mit jeder Faser seines Körpers, doch in einer Sache hatte er wohl recht. Er war ein Feigling! Bereits Toya war eine Enttäuschung gewesen. Ein Schwächling, der absolut nichts in seinem Leben erreicht hatte und es sah so aus, als würde Dabi das selbe Schicksal ereilen.
Verdammt, in seiner Zeit auf der Straße hatte er sich ja nichtmal gegen ein paar blöde Straßengangs verteidigen können! Ganz allein und ohne eine Waffe war er ein gutes Opfer gewesen und es kam nichts selten vor, dass er mit dem Geschmack von Blut in seinem Mund und gänzlich ohne Vorräte aufgewacht war. Erbärmlich, oder? Da hatte er schon Jahrelang beigebracht bekommen, wie man anderen Menschen die Hölle heiß machte und dann konnte er sich nichtmal gegen ein paar billige Straßengangs verteidigen. Sein Vater hatte wohl recht, er war wirklich eine reinste Enttäuschung!

Seine Gedanken drifteten wieder ins hier und jetzt zurück und er blickte zu Hawks, welcher ihn ebenfalls ansah und Tsukauchi dabei noch immer im festen Griff hatte. Er wollte ihn nicht enttäuschen! Er wollte nützlich und der Liga kein Klotz am Bein sein und dennoch brachte er es nicht zustande, diesen Mann vor ihm zu töten. "Ich kann nicht.", hörte er sich selbst sagen und er erschrack, als er merkte, wie klein und zerbrechlich seine Stimme klang. Es war nur eine minimale Bewegung, doch ihm fiel dennoch auf, wie sein Begleiter die Augen ein Stück verengte und ihn kritisch ansah. "Was meinst du damit?" Die Tonlage des geflügelten war ruhig und doch schnitt sie scharf wie ein Schwert. Dabi schluckte einmal, während er versuchte sich nichts von seiner Angst anmerken zu lassen, die ihm langsam den Rücken hinauf kroch. Wenn er vor der Liga solche Schwäche zeigte, dann würden sie ihn sofort rausschmeißen, davon war er überzeugt! "Ich..Ich kann das nicht, okay?! Ich hab von Anfang an gesagt, dass ich nicht so, wie ihr bin. Ich habe kaum Kampferfahrung und bin auch kein Mörder. Ich habe noch nie in meinem Leben jemanden umgebracht. I-Ich kann ihn einfach nicht töten!" Er klang wie der größte Versager, doch er war so aufgewühlt! Er meinte jedes Wort Todernst und gleichzeitig irgendwie auch nicht. Gott, das alles war so schrecklich verwirrend! Sein Blick wanderte verunsichert richtung Boden. Er wollte die Enttäuschung in Hawks Gesicht nicht sehen. Er wollte nicht wissen, was dieser nun von ihm hielt und doch sah er fast atumoatisch nach oben, als er seinen Namen hörte. "Dabi! Hey! Sie mich an." Entgegen seiner Erwartungen wirkte der Blondschopf nicht wütend oder verärgert. Ein wenig irritiert vielleicht, aber nicht zornig. "Komm her." Es war kein Befehl. Es war eine einfache Aussage, die er genauso gut ablehnen könnte, doch er riss sich zusammen und trat ein paar Schritte auf den geflügelten zu. Dieser winkte mit der Hand, dass er noch ein wenig näher kommen sollte und zeigte ihm dann an, sich neben ihn zu hocken.

"Hier, nimm das." Sein Blick fiel auf die lange Schwertfeder, die ihm entgegen gestreckt wurde und er griff zaghaft zu. Es war ein merkwürdiges Gefühl, diese Waffe, an der noch immer das Blut ihre Zielperson klebte, in der Hand zu halten. Vorallem mit der Vorstellungen darauf, dass er mit diesem Objekt gleich jemanden ermorden würde. Der Blondschopf grinste ein wenig, als er seine Unsicherheit bemerkte und zeigte ihm an, wie er die Waffe am besten halten sollte. "Gut so und jetzt stich zu!" Warte...was? Irritiert lugte er zu seinem Begleiter, der ihn ermutigend ansah. "I-Ich, äh..." Das Grinsen des geflügelten wurde noch ein wenig breiter, bevor dieser schmunzelnd den Kopf schüttelte und schließlich seinen freien Arm nach Dabi austreckte, um diesen direkt vor sich zu schieben. Der Schwarzhaarige konnte den Atem seines Begleiters auf seiner Schulter spüren und fühlte dessen Brust an seinem Rücken. Die Hand, die ihn zu Hawks gezogen hatte, glitt nun seinen Arm herunter und legte sich auf seine eigene Hand, mit der er unsicher die Schwertfeder umklammert hielt. So nah! Der Blondschopf war ihm so unglaublisch nah und dies löste eine Reihe von Emotionen in ihm aus, für die er gerade überhaupt keine Zeit hatte. "Hier, halt sie so.", riss ihn die bekannte Stimme aus seinen Gedanken und er blickte zu ihren überlappten Händen. Er spürte, wie sein Begleiter seinen Druck etwas verstärkte, sodass die Feder in einem festen Griff lag und einsatzbereit war. Die Spitze der Klinge war auf die Brust ihres Ziels gerichtet und Dabi konnte absolute Panik in Tsukauchis Blick lesen. Kein Wunder bei dem Fakt, dass dieser gleich ermordet werden würde und dazu noch von einem Anfänger. Wie Scheiße konnte dein Tag bitte sein? "Hawks, i-ich weiß nicht, ob-" Bevor er überhaupt seinen Satz beenden konnte, wurde er schon unterbrochen. Ehrlich gesagt, war er sogar etwas dankbar darüber, dass jemand sein sinnloses Gebrabbel unterband. "Shhh, schon gut. Es ist ganz einfach. Du musst einfach nur zustechen, okay?" Statt zu antworten, biss Dabi sich auf die Unterlippe und verkrampfte merklich. Womöglich klang es für ein altes Mitglied der Liga nach einer einfachen Aufgabe, doch für ihn war das alles hier völliges Neugebiet! Als hätte der Blonde seine Gedanken gelesen machte dieser ein beruhigendes Geräusch und löste seinen Griff ein wenig, sodass der Schwarzhaarige sich tatsächlich ein wenig entspannte. "Ich weiß, dass das viel von dir gelangt ist und glaub mir, ich kann mir ganz genau vorstellen, was gerade in deinem hübschen Kopf vorgeht, aber du musst versuchen dich jetzt zusammenzureißen, okay?" Erstens, wie zur Hölle sollte irgendjemand das Chaos in seinem Kopf verstehen, wenn er es nicht einmal selbst tat? Zweitens, hatte er ihn gerade wirklich als hübsch bezeichnet? Gott, dieses plötzliche Kompliment machte diese ganze Situation nicht wirklich besser und sorgte nur dafür, dass seine Emotionen noch mehr verrückt spielten. Okay, einfach beruhigen!

Er atmete einmal tief ein und aus, bevor er sich wieder auf seine Zielperson und die Schwertfeder in seiner Hand konzentrierte. Hawks hatte Recht. Er musste sich jetzt verdammt nochmal zusammenreißen! Die Klinge zitterte in seinem Griff und er er spürte, wie sich seine Augen von selbst zukniffen.
Eins. Zwei...Zweieinhalb...Fuck, Drei!

Mit einer geschmeidigen Bewegung ließ er die Waffe nach unten saußen und spürte, wie sie durch etwas weiches hindurch schnitt. Die, durch das Tuch in dessen Mund, gedämpften Schreie ließen ihn zusammenzucken und ohne dass er weiter darüber nachdachte, zog er die Feder mit einem Ruck wieder nach oben und schmiss sie so weit weg von sich selbst, wie nur möglich. Seine Hände zitterten und sein Atem geriet ins Stocken. Was hatte er getan? Fuck, was zum Teufel hatte er getan?! Sein Blick wanderte nach unten und traf sofort auf die weit aufgerissenen Augen ihres Opfers. In dessen Bauch, kurz unterhalb der Brust klaffte eine tiefe Einstichswunde, aus der mit jeder neuen Sekunde mehr frisches Blut floss. Tsukauchis Atem war nun ein stetiges schnaufen und keuchen nach Luft und er wandt sich erbärmlich unter Hawks griff.
Achja, Hawks... Zögerlich drehte er sich um und sah verunsichert zu dem Blondschopf welcher das geschehen bisher nur stumm beobachtet hatte. Als ihre Blicke sich trafen, konnte er schwören, dass er eine Emotion außerhalb der Fassade des geflügelten erkannt hatte. Sowas wie ein Ausdruck von Nostalgie, doch genauso schnell war das ganze auch wieder verschwunden und die übliche Maske kam zum Vorschein. Im Augenwinkel bemerkte er etwas rotes an ihm vorbei saußen, doch bevor er überhaupt Zeit hatte, um nachzuschauen, was es war, spürte er schon ein fremdes Gewicht in seinen Händen. Ein paar kleinere Federn hatten ihm die lange Schwertfeder zurückgebracht und er schluckte, als er die Worte seines begleiters hörte. "Wenn du etwas anfängst, dann musst du es auch beenden." Es klang nicht genervt oder gebieterisch und doch klang es für Dabi eins zu eins nach einem Befehl, den er zu befolgen hatte. Sein Blick glitt erneut zu Tsukauchi, welcher wimmernd vor ihnen auf dem Boden lag. Dieser Kerl war böse! Er war einer der Menschen, die Mutanten einsperrten und folterten! Er hatte den Tod verdient! Verdammt, wieso konnte er ihn nicht töten?! Sein Kopf schrie ihn an, es endlich zu tun. Es zu beenden und die Liga nicht mit einer Niederlage zu enttäuschen, während sein Herz ihm etwas komplett anderes sagte. Er spürte, wie das warme Blut von der Schwertfeder auf seine Finger tropfte und seine Hand entlang lief. Es war widerlich! Ein ekelhaftes, abstoßendes Gefühl und er hatte das starke Bedürfniss, die Feder erneut wegzuschmeißen.

Er wusste nicht, wie lange er dort gehockt hatte, bis sein Kopf schließlich träge nach vorn sagte und er einen zittrigen Atemzug tat. Die Waffe glitt geschmeidig aus seiner Hand und fiel lautlos zu Boden. Wie von selbst, schüttelte er den Kopf und rutschte zur Seite weg, sodass er nun neben dem Blondschopf und ihrem Ziel saß, die ihn beide mit einer geradezu gleichen Erwartungsvollen Haltung musterten. Er biss sich auf die Lippe, bevor er erneut mit dem Kopf schüttelte. "T-Tut mir Leid. Ich kann das nicht." Er wischte sich ein paar lose Strähnen aus dem Gesicht und achtet dabei strikt darauf, nicht die blutverschmierte Hand zu benutzen. Es herrschte kurz Stille, bevor er ein kurzes seufzen von Hawks hörte, was ihn nur noch mehr davon überzeugte, dass er hier gerade mehr als versagt hatte. Der Blondschopf rutschte ein wenig näher an ihr Ziel heran und hob dann die Schwertfeder vom Boden auf. Er musterte diese kurz schweigend, bevor er sie mit einem Ruck nach unten saußen ließ und mit einer geschmeidigen Handbewegung das Herz ihres Opfers durchbohrte. Tsukauchi machte noch ein paar letzte klägliche Laute, bevor der Mann schließlich in sich zusammensackte und sich nicht mehr bewegte. Es sah verdammt leicht aus, wie Hawks die Klinge in dessen Brust gestoßen hatte und jetzt ohne große Mühe wieder herauszog, doch Dabi hatte am eigenen Leib erfahren, dass es nicht so einfach war, wie es beim zuschauen wirkte. Wortlos wischte der Blonde die Klinge an der Jacke ihres Opfers ab, bevor er diese zu den restlichen Federn in seine ausgefahrenen Flügel zurücksteckte. "Tut mir Leid.", murmelte der Schwarzhaarige leise. Er fühlte sich miserabel. Mehr als nur miserabel. Wie konnte man denn bitte so unglaublisch nutzlos sein? "Schon gut, nimm es dir nicht so zu Herzen. Wir machen schon noch einen richtigen Krieger aus dir.", hörte er den Blondschopf neben sich sagen und war überrascht über die Unbeschwertheit in dessen Stimme. War er wirklich nicht wütend oder enttäuscht oder war er einfach nur ein guter Schauspieler? Dabi schluckte diese Gedanken herunter und erhob sich dann langsam, als er sah, wie sein Begleiter des selbe tat. Hawks musterte den toten Körper vor ihnen kurz nachdenklich, bevor er sich schließlich nach unten beugte und den Leichnamm hochhob. Der Blondschopf verzog kurz angewidert das Gesicht, bevor er sich zu Dabi drehte. "Wir sollten ihn mitnehmen. Vielleicht kann er oder sein Blut uns noch von Nutzen sein." Bei dem letzten Teil musterte er den Körper kurz abschätzig und kramte dann in einer seiner weiten Hosentaschen herum. Eine weiße Rolle kam zum Vorschein, die sich als Verband herausstellt und Hawks sandte kurz ein paar seiner Federn aus, um die Leiche zu tragen, während er selbst präzise den Verband, um dessen Wunde wickelte, um nicht noch mehr von Tsukauchis Blut zu verlieren. "Du solltest auch immer sowas dabei haben. Kann manchmal Leben retten.", murmelte der geflügelte und deutete mit dem Kopf auf den Verband. Der Schwarzhaarige nickte und machte dann ein schnelles "Ja", als er sich daran erinnerte, dass der Andere gerade gar nicht zu ihm guckte. Als dieser schließlich mit seiner Arbeit fertig war, nahm er die Leiche wieder in seine Arme und rief seine Federn, zusammen mit denen, die er vorher in der Umgebung verteilt hatte, zu sich zurück. Er blickte sich nochmal kurz unschlüssig um, als würde er überlegen, ob er etwas vergessen hatte und nickte Dabi schließlich kurz zu, um ihm zu symbolisieren ihm zu folgen. "Komm schon. Ab nach Hause."

Dabi konnte ein kleines schmunzeln nicht stoppen, als er diese Worte hörte. Dann auf nach Hause!


Sensei Hawks im Einsatz!🐥--->🧑‍🏫
Dabi hat jetzt ein Zuhause, Yay!✨

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top