Kapitel 4
Die Personen, die den Raum betraten sahen auf den ersten Blick alles andere, als vertrauenswürdig aus und nachdem Toya ihre harten Gesichter und zerissene Kleidung, auf welcher der ein oder andere rote Fleck zu sehen war, den er jetzt mal lieber nicht für Blut hielt, gesehen hatte, hätte er sich am liebsten sofort wieder umgedreht und wäre gegangen. Zumindest wenn das nicht das dümmste wäre, was er in dieser Situation hätte tun können, also lehnte er sich einfach in seinem Stuhl zurück und versuchte so entspannt, wie möglich zu wirken. Punkt eins im Untergrund, lass dir niemals deine Schwäche anmerken! Aufmerksam musterte er die Neuankömmlinge und war sich schon jetzt sicher, dass diese alles andere als normale und zivillisierte Bürger waren. Ganz vorne stand ein Kerl, der ungefähr in seinem Alter sein müsste. Untypische babyblaue Haare, hingen in losen Strähnen von seiner Stirn und und seine blutroten Augen waren desinteressiert zu Boden gerichtet, wodurch man nur ein kleines Schimmern von ihrer eigentlichen Intesität mitbekam. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war nicht wirklich gut gelaunt und motiviert, doch das war kein Wunder, bei den Personen neben ihm. Eine von ihnen war ein blondhaariges Mädchen in Schuluniform, welches er auf höchstens 17 Jahre schätzte. Wie ein aufgezogenes Spielzeug hüpfte sie auf und ab und Toya war sich sicher, dass er unter ihrem Oberteil eine Metallspitze aufblitzen sah, doch wollte lieber nicht daran denken, was es sein könnte. Während sie immer wieder an der Schulter des Blauhaarigen rüttelte und anscheinend versuchte, ihm irgendwas zu erzählen, was mehr wie ein langezogenes Quietschen klang, unterhielt sie sich mit einem großgebauten Mann neben ihr. Dieser wirkte nicht weniger verrückt und gestikulierte wild mit den Händen, während er sprach. Seine Gestalt war von einem Schwarz-weißen Ganzkörperanzug verhülllt und Toya fragte sich, ob er nicht erkannt werden wollte oder ob er diese Aufmachung allen ernstes als Fashion ansah. Hinter Ihnen kamen noch zwei weitere Personen zum Vorschein, denen man schon von vorn herein ansah, dass sie zu dieser Freakshow dazugehörten. Der eine trug einen langen beigen Mantel, einen Zylinder und eine Maske, die sein Gesicht verdeckte. Allgemein sah er aus, wie ein typischer Magier für Kinder, wobei die vereinzelten Blutflecken auf seiner Kleidung wohl nicht ganz passten. Bei dem anderen konnte man zuerst nur ein paar lila Strähnen erkennen, doch nachdem er ein Stück nach vorn trat, stockte dem Weißhaarigen der Atem. Der Typ war eine...Echse! Heilige Scheiße! Es gab viele kranken Sachen auf dieser Welt, doch diese Gruppe war eines der absurdesten Dinge, die er bisher gesehen hatte!
Mit einem Knall fiel die Tür ins Schloss und fast automatisch wanderten die Blicke nach vorn. Geradewegs zu ihm und Keigo. Sofort wurde es still im Raum und selbst das Blondhaarige Mädchen hielt ihre Klappe. In Toya machte sich bei dem Anblick lauter Unwohlsein breit. Klar, mochte er es, Aufmerksamkeit zu bekommen, aber auch nur in gewissen Maßen und von bestimmten Personen, denn die Blicke, die ihm nun zugeworfen wurden waren fast ausschließlich misstrauisch und es war schwer dieses Starren nicht gleich als feindselig zu interpretieren. Er lugte kurz zu Keigo neben ihm. In der Hoffnug eine Erklärung oder irgendeinen Tipp, wie er sich verhalten sollte, zu bekommen, doch die goldenen Raubtieraugen waren nach vorn gerichtet und er schien ihm keine große Hilfe zu sein. Sein eigener Blick wanderte auch wieder zu den Fremden und wenn man im Erdboden versinken könnte, hätte er das jetzt gern getan. Der Mann ganz vorne kam ein paar Schritte näher, während die Anderen dort blieben, wo sie waren. Das typische Verhalten eines Anführers und Toya war sich sicher, dass er sich für ein...interresantes Gespräch fertigmachen könnte. Die blutroten Augen waren direkt auf seine ozeanblauen gerichtet und er kramte sein bestes Pokerface hervor. Wenn er schon die Mimik seines Gegenübers nicht lesen konnte, dann sollte dieser das auch nicht tun bei ihm tun.
Eine halbe Ewigkeit verging, bevor er ein Räuspern vernahm und sich wieder mehr auf den ganzen Kerl, als nur auf dessen Blick konzentrierte. "Also, dann bist du wohl Toya?" Der Weißhaarige schluckte kurz und versuchte sich seine Nervösität nicht anmerken zu lassen. Es war seltsam, dass jeder hier wusste, wer er war und er selbst noch nicht mal die Namen dieser Typen kannte. "Ja, das ist richtig. Mit wem hab ich das Vergnügen?" Es würde nichts bringen, es zu verleugnen und solange niemand von diesen Typen seinen Nachnamen wusste, könnten sie ihm nichts anhaben. Der Blauhaarige schmunzelte bei seinen Worten kurz. Ein zaghaftes heben der Mundwinkel, welches genauso schnell auch wieder verschwunden war. "Hm, sieht so aus, als wüsstest du, wie man die richtigen Fragen stellt. Ich heiße Tomura Shigaraki." Shigaraki? Den Namen hatte er schonmal gehört, aber ihm wollte nicht so recht einfallen woher. Sein Gegenüber schien seinen Blick zu bemerken und richtig zu deuten. Ein Grinsen stahl sich auf die eingerissenen Lippen und seine Augen bekamen einen wilden Glanz. "Deinem Blick nach zu Urteilen, hast du schonmal von mir gehört oder sollte ich sagen von meinem Meister? Sicher ist dir All for One ein Begriff, nicht wahr?" Toyas Augen weiteten sich bei diesem Namen. Natürlich kannte er All for One. Wer tat das denn bitte nicht? Der Typ war eine Legende und unter Mutanten sowas, wie ein Kulturheld! Früher, als Menschen seiner Art noch nicht ganz so verbreitet waren, wie in der heutigen Zeit und man noch viel schlimmere Maßnahmen ergriff, um die "normale" Bevölkerung vor diesen sogenannten "Monstern" zu schützen, war er der erste gewesen, der sich dagegen gewehrt hatte. Verdammt, der Typ hatte eine ganze Armee aufgebaut und es hieß, dass er irgendwann ewiges Leben erhalten hatte und noch immer irgendwo hier in Japan war. Einige hielten diese Theorie für reine Fantasie. Hirngespinnste von Mutanten, die so sein wollten, wie er, doch einige kannten die Wahrheit. All for One hatte eine ganz besondere Fähigkeit. Er konnte die Mutationen von anderen Menschen stehlen und sie entweder für sich selbst in Anspruch nehmen oder an Andere weitergeben. So war er auch zu seiner Unsterblichkeit gekommen. Außerdem war bekannt, dass er aus der Familie Shigaraki stammte und damit kam er wieder auf den Blauhaarigen Mann vor ihm zurück.
Abschätzig musterte er ihn und versuchte durch dessen Fassade zu blicken, was ihm mehr schlecht als recht gelang. "Willst du mir damit sagen, dass du mit All for One verwandt bist?" Seine Stimme war bissig und triefte geradezu vor Misstrauen. Wenn dieser Typ erwartete, dass er ihm glaubte, brauchte er schon einen beseren Beweis, als seinen Namen! "Heh, es ist gut, dass du misstrauisch bist. Das wäre ich in deinem Fall auch. Lass mich dir also zeigen, dass ich es Ernst meine." Langsam zog er einen seiner Handschuhe aus und sah sich dann kurz im Raum um, bevor er wieder zu ihnen sah und seinem Nachbar einmal zunickte. "Keigo, gib mir eins der Gläser." Sein Tonfall war bestimmerisch und ließ keinen Platz für Widerworte, was Toya nur noch mehr davon überzeugte, dass das der Anführer dieser Gruppe war. Er sah ebenfalls zu dem Blondschopf und zog verwirrt seine Augenbrauen zusammen, als dieser sich nicht vom Fleck rührte. Im nächsten Moment sah er nur etwas rotes an sich vorbeirassen, was gerdawegs auf Shigaraki zuflog und kurz vor ihm zum Stopp kam. Es war eine Feder, wie er jetzt erkannte und gehörte eindeutig zu Keigos Flügeln. Sie war klein und unscheinbar und Toya wundert sich, ob Federn für gewöhnlich soviel Gewicht aushielten, denn auf ihrer Oberseite konnte man deutlich das eingeforderte Glas erkennen. Der Blauhharige schnappte sich dieses mit der Hand, an der er noch immer den Handschuh trug und wartete, dass die Feder wieder wegsauste. Er achtete darauf, dass er Toyas volle Aufmerksamkeit hatte und griff dann mit der entblößten Hand nach dem Objekt. In Sekunden schnelle enstanden Risse auf der vorher makellosen Oberfläche und es dauerte nicht lange, bis das Glas auseinanderfiel und nur noch ein Häufchen Staub an seine Existenz erinnerte.
Toya schluckte und musterte, wie Shigaraki den feinen Staub von seiner Hand rieseln ließ und stellte sich ungewollt vor, wie das selbe mit ihm passieren könnte. "Mutant, hm?" Seine Stimme war ruhig und ausgeglichen, während sein Inneres schrie, dass er sofort von diesem Ort verschwinden sollte. Er war noch nie ein Mensch gewesen, der seine Angst offen heraus zeigte und das kam ihm in diesem Falle zu gute, als er erneut in die blutroten Augen sah, die noch immer diesen leicht wilden Glanz in sich trugen. Shigaraki nickte und machte dann eine ausholende Bewegung. "Alle, die du hier vor dir siehst sind Mutanten. Wir könnten nicht unterschiedlicher sein und doch sind wir im Kern alle gleich. Wir sind Ausgestoßene, Freaks, Verlorene Seelen. Sag, hast du schonmal von der "Liga" gehört?" Okay, anscheinend waren das noch nicht genug Überraschungen für heute. Er war nicht nur in einem fremden Haus mit wildfremden Leuten, die ihn auf der Stelle umbringen könnten. Nein, jetzt erfuhr er auch noch, dass er bei der Liga war. Der Liga! Sie war wohl eine der berühmtesten Verbrechergruppen auf der Welt und wahrscheinlich die stärkste und erfogreichste Vereinigung von Mutanten, die es nach All for Ones Armee jemals gegeben hatte. Niemand wusste wer die Mitglieder waren oder wo sie sich befanden, denn jeder, der sie in Aktion gesehen hatte, war entweder tot oder einer von ihnen. Es hieß, dass sie Verderben und Unglück brachten, wo sie nur hingingen. Die Öffentlichkeit bezeichnete sie, als wahnsinnige Monster und doch waren sie nichts anderes, als Kämpfer der Gerechtigkeit. Sie setzten sich bis aufs Blut für anderer ihrer Art ein und hatten es sich zur Aufgabe gemacht, Sicherheitslager zu überfallen und die Gefangenen zu befreien. Sicherheitslager waren Orte, an denen Mutanten eingesperrt, gefoltert und in vielen Fällen auch getötet wurden. Sie sollten dazu dienen die "normale" Bevölkerung, die keine speziellen Fähigkeiten hatte, zu schützen und anscheinend war es dabei egal, welche Opfer man brachte. Toya hatte diese Gruppe schon immer verehrt. Sie waren seine persönlichen Helden. Sie gaben ihm einen Grund zu hoffen. An ein besseres Leben in der Zukunft zu glauben, in der Menschen und Mutanten in Frieden miteinander leben könnten.
Seine ozeanblauen Augen weiteten sich, als er vollständig realisierte, wo er sich gerade befand und er brachte fast kein Wort, aus seiner trockenen Kehle. "H-Heißt das ihr...?" Das Grinsen auf Shigarakis Gesicht war noch immer da und wurde nur noch breiter, als er den schockierten Ausdruck des Weißhaarigen sah. "Hehe, hat dich ja lang genug gebraucht, um es herauszufinden." Der Blauschopf strich sich ein paar lose Strähnen aus dem Gesicht, bevor er ein wenig gefasster weitersprach. "Wie schon gesagt, mein Name ist Tomura Shigaraki und ich bin All For Ones Nachfolger. Als ich vor einigen Jahren diese Gruppe gegründet hatte, habe ich von ihm meine zweite Fähigkeit erhalten. Ich kann andere Mutanten aufspüren und kann den Vornamen, das Alter und die Kraft von diesen herausfinden. Es ist kommt immer zufällig und ich kann es nicht kontrollieren, aber es wirkt. So haben wir auch dich gefunden." Toya brauchte einige Sekunden, um das gesagte zu realisieren und wenn es überhaupt möglich war, wurde er nur noch schockierter. "M-Moment, heißt das, ihr wollt mich bei euch aufnehmen?" Normalerweise hätte er es sich schon denken können, als er erfuhr, dass er hier bei der Liga war und auch Shigarakis Nicken auf seine Frage sollte keine Überraschung darstellen, aber er war gerade komplett mit der Situation überfordert. "J-Ja-also Nein, i-ich...es geht nicht." Der letzte Teil glich mehr einem Flüstern und ihm kam ungewollt das Bild des zerstörten Glases in den Sinn.
Er sah, wie Shigaraki die Augen zusammenkniff und scheinbar überhaupt nicht zufrieden mit dieser Antwort war. "Was meinst du damit?" Toya sah sich nervös im Raum um und überlegte, wie er am besten antworten könnte und entscheid sich dazu einfach frei heraus die Wahrheit zu sagen. "Naja, also ich würde euch schon gerne beitreten, aber es geht nicht. Ich bin nicht so, wie ihr. Ich bin kein Kämpfer und ich bin auch kein Mörder. Ich kann ja nichtmal meine Fähigkeit kontrollieren! Ich wäre euch nur ein Klotz am Bein." Beschämt senkte er den Kopf und vermied jeglichen Blick in die Gesichter vor ihm. Er hasste es, über seine Schwäche zu reden, doch er konnte es nunmal nicht verleugnen. Er war schwach und dumm und würde der Liga nichts nützen. Vielleicht hatte sein Vater recht und er war wirklich nur ein Fehler...
Er stellte sich schon auf eine Konfrontation ein. Bereitete sich auf die enttäuschten Gesichter und harten Worte vor, doch nichts davon trat ein. Stattdessen hörte er ein Seufzen und blickte verunsichert nach oben. "Gott, noch einer mit Minderwertigkeitskomplexen. Anscheinend werde ich von euch Depressiven Fröschen magisch angezogen." Der Blauschopf raufte sich genervt durchs Haar, bevor er wieder aufsah und Toya mit so einer Intesität ansah, dass er beinahe eine Gänsehaut bekommen hätte. "Okay, hör mir jetzt gut zu, denn ich werde das ganze nur einmal sagen. Du bist nicht nutzlos, okay? Ich weiß nicht, wer dir diesen Bullshit eingeredet hat, aber du bist es nicht, hast du verstanden? Niemand ist das! Vielleicht bist du nicht so sehr begabt im kämpfen und kannst deine Fähigkeit nicht kontrollieren, aber du bist uns noch lange kein Klotz am Bein. Weißt du eigentlich, wieso wir nur so wenige sind? Weil die Welt voll von solchen Leuten ist, die nicht an sich glauben und sich für unnütz und dumm halten. Wir brauchen Menschen, wie dich, die uns beitreten wollen und wenn du wirklich so unbrauchbar bist, können wir dich ja auch erstmal testen, bevor du zu einem von uns wirst. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich hatte gerade einen Kampf und möchte mich ausruhen." Toya blieb gar nicht erst die Zeit zu prostestieren, da hatte sich Shigaraki schon auf den Weg zur Treppe begeben und war in der Etage über ihnen verschwunden. Ein Sturm von Gefühlen breitete sich in ihm aus, doch er versuchte sie zu ignorieren, da er wohl sowieso nichts an seiner jetzigen Situation ändern könnte.
Tja, dann hieß es jetzt wohl "Willkommen in der Liga"!
Shigaraki ist genervt, weil er nur depressive Leute mit Minderwertigkeitskomplexen abbekommt. It's hilarious!😂
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