Kapitel 27

Der Wind wehte ungestüm an ihm vorbei. Zerzauste sein Haar, ließ seine Kleidung flattern und würde ihm wohl Tränen in die Augen treiben, hätte er die Fähigkeit normal zu weinen nicht schon vor langer Zeit verloren. Seine schwarze Jeans war völlig vom Schnee durchnässt und auch seine Lederjacke hielt die weißen Flocken nur halbherzig davon ab bis zu seinem Hoodie vorzudringen. Sein Atem löste helle Nebelschwaden in der kalten Winterluft aus und doch fror er nicht. Die Kälte erweckte ihn und ließ seinen Verstand klarer werden. Die frische Luft fühlte sich gut in seiner Lunge an und reguliert seine, für die Verhältnisse eines "normalen" Menschens, extrem hohe Körpertemperatur auf eine angenehme Stufe. Wie von selbst schlossen sich seine Augen und er atmete tief ein. Eigentlich war es kein Wetter, um draußen zu sein, nichtmal für jemanden wie ihn, doch er hatte es drinnen einfach nichtmehr ausgehalten. Dieses ätzende Mitleid und die ständige Frage, ob es ihm gut ging, hatten ihn irgendwann so sehr genervt, dass er einfach aus der Tür, die zum Dach des Gebäudes führte, gestürmt war und sich selbst in Sicherheit gebracht hatte. Sicherheit vor dem Rest der Liga und ihrem schrecklichen Sinn für Empathie. Er wusste, dass sie es nur gut mit ihm meinten. Dass sie eine Vergewisserung benötigten, dass er in diesem Zustand nichts dummes anstellte und trotzdem hielt er das ganze einfach nicht länger aus. Er brauchte seine Ruhe. Nur für 5 winzige Minuten. Hier auf dem Dach würde ihn niemand so schnell stören, da war er sich sicher. Erstens, war das Wetter milde gesagt die reinste Hölle und zweitens waren alle aus der Liga so schlau ihn lieber in Ruhe zu lassen, bevor er endgültig explodierte. Naja, zumindest hoffte er das. Er wusste nicht, wieviel Zeit vergangen war, seit er sich an diesen Ort verzogen hatte. Es waren mehr als 5 Minuten soviel stand fest. Er dachte jedoch gar nicht daran schon zurückzugehen. Nicht jetzt, wo er es schaffte seine Gedanken einigermaßen zu ordnen und sich langsam aber sich wieder selbst in den Griff bekam. Die angestaute Wut und Frustration verließ ihn langsam und ließ ein ziehendes Gefühl von Reue und Scham zurück. Wie er sich in den letzen Tagen verhalten hatte war wirklich unangenehm. Nicht nur für ihn, sondern auch für alle anderen, welche die Ehre oder wohl eher die Strafe hatten, sich mit ihm abzugeben. Er war sich wirklich wie eine völlig andere Person vorgekommen. Nicht nur ihm selbst. Auch die anderen hatten ihm dies schon mehrfach vorgehalten. "Ein Schatten seiner Selbst.", so nannten sie ihn. Er wollte nicht so sein! Er wollte nicht alle in Angst und Sorge versetzen, nur weil er seine dämmlichen Gefühle nicht händeln konnte! Er wollte nicht so schwach und unnütz sein! Er war ein Kämpfer, ein Rebell, jemand der sich durch einen kleinen Verlust nicht gleich so gehen lassen sollte! Ein leises Seufzen verließ seine Kehle. Seine Emotionen waren so aufgewühlt, dass er absolut nichts mit ihnen anzufangen wusste. Er war ein Wrack durch dessen Löcher immer mehr Wasser floss, bis es schließlich zum Grund des Ozeans sinken würde.

Er hatte keine Ahnung, wie lange er so da saß und über seine eigenen Emotionen grübelte, als er im Hintergrund leise Schritte vernahm. Sie kamen direkt auf ihn zu und er fluchte innerlich. Nicht auch das noch! Hatte seine Aktion sich hierher zu verziehen nicht schon klar genug gemacht, dass er allein sein wollte? Er drehte sich nicht um, als die Schritte kurz hinter ihm zum Halt kamen und machte sich auch sonst keine Mühe die Person zu identifizieren. Es gab nur einen aus der Liga, der so anhänglich war. "Geh wieder rein. Ich brauche dein Mitleid nicht, Toga.", erklärte er schroff. Das Mädchen hatte in den letzten Tagen darauf bestanden sowas, wie seinen persönlichen Bodyguard zu spielen und auch wenn sein Gewissen es nicht gerade gut fand so kalt und abweisend zu ihr zu sein, so brauchte er doch wenigstens für ein paar Stunden seine Ruhe. Selbst vor ihr. Die Person ignorierte seinen bissigen Kommentar einfach und entschied sich stattdessen dafür es sich neben ihm bequem zu machen, so als wäre der Boden nicht vollkommen zugeschneit. Zuerst wollte er dagegen protestieren, klar stellen, dass er lieber allein war, doch schließlich ließ er es einfach sein. Er hatte weder die Motivation noch die Kraft für einen Streit.

Eine Weile saßen er und sein "Gast" einfach nur still nebeneinander und schauten sich die Stadt von oben an. Es war ein schöner Anblick, das musste er selbst mit seiner jetzigen schlechten Laune zugeben. Von hier oben aus konnte man zwar nur einen Teil von Shizuoka erkennen, doch es fühlte sich so an, als würde die ganze Welt unter ihren Füßen liegen. Die Stille war nicht grundsätzlich unangenehm, doch man konnte deutlich die Spannung darin spüren. Keiner regte sich oder gab einen Laut von sich. Solange, bis der andere es doch tat. "Es hat wieder angefangen zu schneien. Kein Wetter, um ganz allein hier draußen zu sitzen. Die anderen machen sich schon Sorgen um dich." Er hielt es für eine Täuschung. Einen Scherz seiner Einbildungskraft. Das...nein, das konnte nicht sein! Sein Atem blieb in seiner Kehle stecken und die Muskeln in seinem Körper spannten sich merklich an, als die Worte in sein Ohr drangen. Er...nein...das konnte einfach nicht sein! Seine Glieder begannen leicht zu zittern und er rührte keinen Muskel. Sein Blick war noch immer starr auf die Stadt unter ihnen gerichtet und er fühlte, wie sich seine Hände in seinen Jackentaschen verkrampften. Er rührte sich keinen Zentimeter. Nicht einmal, als er spürte, wie sich die Person neben ihm langsam zu ihm beugte und der neue Abstand zwischen ihnen gerademal einer Nähnadel entsprach. Er konnte den bohrenden Blick auf sich spüren, fühlte die Forderung darin, doch er schaffte es einfach nicht seine eigenen Augen von der Stadt abzuwenden und den Mann neben ihm anzusehen. Würde er dies tun, dann würde er endgültig zerbrechen.

Als nach einem Moment noch immer nichts passierte, konnte er ein leises Seufzen neben sich wahrnehmen. Er drehte sich nicht um, als er hörte, wie der andere sich träge erhob und dann langsam durch den Schnee wattete. Er reagierte jedoch, als jemand von hinten zwei Arme um seine Hüfte schlang und sich dicht an ihn presste. Vor Schreck zuckte er kurz zusammen, spannte sich an und griff instinktiv nach einem der Arme, die fest um seine Taille gewickelt waren. Er wusste, dass von dieser Geste keine Gefahr ausging und dennoch spürte er deutlich, wie sich die Haare auf seinen Körper aufstellten und sein Herz ein paar Schläge aussetzte. Das alles, es...es fühlte sich so verdammt real an, dabei konnte diese Situation nichts anderes, als ein Streich seiner Einbildungskraft sein! Es gab gar keine andere Möglichkeit! Er...er konnte nicht..."Mann, dieses Wetter ist echt garstig! Zum Glück bist du immer so warm.", unterbrach die gleiche Stimme seine Gedanken, die ihn bis in seine Träume verfolgte. Sie klang so verdammt sorglos und optimistisch. Genauso, wie er sie in Erinnerung hatte. Oh gott...er dachte er würde diese Stimme nie wieder hören! Diese sanften Worte und das Gefühl eines anderen Körpers an seinem eigenen, sorgte dafür, dass er schließlich vollständig die Kontrolle verlor. Sie rutschte ihm grazil aus den Fingern und das Wrack, welches er selbst darstellte, füllte sich immer weiter mit Wasser. Der Damm, der so verbissen seine Emotionen zurückhielt, brach zusammen und alles hässliche, was niemals das Tageslicht erreichen sollte, sprudelt aus ihm heraus.

Anders, als er erwartet hatte, schrie er nicht. Er schlug nicht wild um sich und machte erneut in seinem Leben alles kaputt, was ihm wichtig war. Seine einzige Reaktion war eine blutige Träne, die stumm über seine Wange rann. Noch eine. Und danach noch eine. Sein Rücken krümmte sich, so als hätte er Schmerzen und er hätte wohl seine Arme um seine Körper geschlungen und sich zu einem Igelball zusammengerollt, wäre da nicht schon ein fremdes Armpaar, welches ihn festhielt und gar nicht erst daran dachte, ihn wieder loszulassen. Ein leises Schluchzen drang aus seiner Kehle, welches sich selbst in seinen eigenen Ohren gebrochen und kümmerlich anhörte. Es war wirklich erbärmlich, wie schwach er doch war. Welcher echte Mann weinte denn schon? Richtig, keiner! Wieso musste er also wiedermal die gottverdammte Ausnahme darstellen? Konnte er nicht einmal in seinem Leben ganz normal sein, so wie alle anderen auch? Seine erbärmlichen Laute, wurden schon bald von den beruhigenden Geräuschen seines Gegenübers übertönt und er konnte spüren, wie dessen Finger sanfte Kreise in seine Hüfte rieben. "Shhh...Hey! Es ist alles in Ordnung, okay? Ich bin hier! Warum siehst du mich nicht an? Hast du Angst, dass ich verschwinde? Das werde ich nicht, ich verspreche es dir! Komm schon, sieh mich an, Toya!" Die Worte waren zwar irgendwie eine Aufforderung, doch gleichzeitig hörten sie sich nicht so an. Sie klangen unendlich sanft. Wie eine Mutter, die mit ihrem Kind sprach. Wo sich noch Minuten zuvor alles in ihm dagegen gesträubt hatte, so drehte er sich nun ganz automatisch, beinahe ruckartig, um. Der Anblick war genau derselbe, den er sich vorgestellt, aber niemals so erwartet hatte. Wirre blonde Locken, Augen aus flüssigem Gold und ein sanftes Lächeln auf den weichen Lippen. Anders, als all die Male davor, verblasste dieser Anblick jedoch nicht sofort ab der Sekunde, in der er sich umgedreht hatte. Er war echt. Das alles hier war echt.

"Keigo...", flüsterte er leise. Seine Stimme war zerbrechlich und heißer vom Weinen und der rauen Winterluft. Er war sich nicht sicher, ob der andere diesen erbärmlichen Laut überhaupt richtig verstanden hatte, doch im nächsten Moment vergrößerte sich das sanfte Lächeln auf dessen Zügen auch schon und er strich ihm einmal zärtlich durch die, vom Schnee durchnässten, Haare. "Keine Sorge. Ich bin hier, bei dir und ich werde auch nicht so schnell wieder gehen." Bei diesen Worten fühlte er erneut das ziehenden und stechenden Gefühl in seiner Brust und bevor überhaupt eine blutige Träne aus der Vernarbung unter seinen Augen fließen konnte, schlang er auch schon seine Arme um den Nacken seines Gegenübers und rammte sich förmlich gegen dessen Körper. Er vergrub sein Gesicht in dessen Halsbeuge und tat ein paar zittrige Atemzüge. Noch immer schämte er sich für seine Reaktion und dafür, dass er soviel Schwäche zeigte, doch er brauchte diese Nähe einfach. Er wollte nicht schon wieder allein sein! "Ich hab dich. Keine Sorge, ich hab dich und ich lasse dich nie wieder los." Die Worten hätten ihn sonst wahrscheinlich nur noch mehr zum weinen gebracht, doch das Geräusch, was seine Kehle verließ war kein Schluchzen, sondern ein Lachen. Kurz und gebrochen, aber es war da gewesen. "Nie wieder?", fragte er in einem leicht belustigten Ton und schielte schniefend nach oben zu seinem Gegenüber. Dieser lächelte ihn nur weiterhin an und beugte sich herab, um einen sanften Kuss auf seiner Stirn zu verteilen. Die Worte, die daraufhin seinen Mund verließen, hörten sich wie ein ehrliches Versprechen an und sorgten dafür, dass sich das Loch in seiner Brust langsam wieder füllte. "Nie wieder."

Eine Weile sagten keiner von ihnen etwas. Sie hielten sich nur gegenseitig fest umschlungen und sogen die Präsenz des Anderen auf wie ein Schwamm die Feuchtigkeit. Der Blondschopf summte eine leise Melodie vor sich hin und er konnte spüren, wie dessen Finger parallel dazu den Takt auf seinem eigenen Rücken klopften. Er kannte das Lied nicht, doch es beruhigte ihn auf eine seltsame Art und Weise. Seine Atmung entspannte sich langsam wieder und auch seine Tränen versiegten. Er schwieg noch einen Moment, bevor er einen leisen Satz aus seinem Mund herausbrachte. "Es tut mir Leid." Schwer klang die Aussage in ihren Ohren nach. Anders, als er erwartet hatte, fühlte er sich dadurch nicht befreit. Stattdessen stieg das immense Schuldgefühl in seinem Inneren nur noch weiter an und drückte schmerzhaft gegen seine Brust. Für einen Augenblick sagte keiner von ihnen etwas. Das Schweigen zwischen ihnen war schwer, wie Blei. Schließlich drückte sein Partner sich ein Stück von ihm und blickte ihm tief in die Augen. Hawks sah nicht vorwurfsvoll aus. Begeistert von diesen Worten wirkte er allerdings auch nicht.

"Hör auf. Tu das nicht!", wies er ihn auf eine sanfte, aber bestimmerische Weise an. Dabi schniefte und wischte sich eine letzte blutige Träne aus dem Gesicht, bevor er fragend den Kopf schief legte. "Was denn?" Bei seiner Frage murrte der Blondschopf nur unzufrieden. "Dich entschuldigen. Entschuldige dich niemals für etwas, für das du nichts kannst.", erklärte er ihm und klang nun wirklich leicht vorwurfsvoll. Er blinzelte nur perplex und fand nicht die richtigen Worte zum antworten. Warum...warum sagte der andere das? Wieso tat er so, als hätte Dabi rein gar nichts mit dem zu tun, was geschehen war? Er selbst war kein reines Unschuldslamm und war sich bewusst, dass er die volle Verantwortung für die letzen Ereignisse trug. Nun, zumindest war es das, was sein Verstand ihm sagte. "Aber ich...es war meine Schuld, Keigo! Wäre ich nicht so dumm gewesen und hätte mich umrennen lassen, dann wären wir zusammengeblieben und die Dinge wären ganz anders ausgegangen! Wir hätten gemeinsam kämpfen können, flüchten können. Wäre das passiert, dann wärst du...dann wärst du vielleicht nicht vergifted wurden und-" Schon ab diesem Punkt wurde er von seinem Freund unterbrochen. Ein ernster Ausdruck hatte sich auf dessen Gesicht gelegt und er schüttelte bei seinen Worten nur ungläubig den Kopf. "Hey, Hey! Jetzt warte mal eine Sekunde. Erstens, du warst und bist überhaupt nicht dumm, also hör auf dir so einen Scheiß einzureden. Zweitens, ich habe die Menschenmassen mit meinen eigenen Augen gesehen. Du hättest gar nicht die Chance dazu gehabt auszuweichen! Und selbst wenn wir zusammengeblieben wären, hättest du meine Vergiftung nicht stoppen können. Der Typ, der das getan hatte, besaß eine Schlangen-Mutation. Wenn er schon für mich zu schnell war, dann wäre er das für dich erstrecht gewesen. Am Ende wären wir nur noch beide vergifted wurden und hätte das irgendwas besser gemacht? Richtig, hätte es nicht! Es war nicht deine Schuld, Toya. Du hättest es nicht verhindern können.", erklärte ihm sein Gegenüber in einem ernsten Ton, den er gar nicht von diesem gewöhnt war. Seine Argumente waren zwar gut und schön und er wollte ihre Richtigkeit ja auch gar nicht abstreiten, doch das Schuldgefühl in seinem Inneren ließ auch dadurch nicht nach. Es stach und schmerzte. Am liebsten würde er es sich einfach aus der Brust reißen, doch so leicht war das ganze nunmal nicht. Manchmal...manchmal konnte man nicht einfach vor seinen Problemen weglaufen. So gern er das in dieser Situation auch getan hätte...

"Trotzdem! Ich...ich hätte mehr für dich tun können! Das mit dem Gift ist nur eine Sache. Ich hätte auch in anderen Bereichen mehr tun können. Mehr für dich tun können. Du unterstützt mich immer in allen möglichen Situationen und ich schaffe es nichtmal in einer einzigen für dich da zu sein. Stattdessen muss das jemand anderes, der uns beide überhaupt nicht kennt, für mich übernehmen!" Den letzen Satz spuckte er geradezu verächtlich aus. Er war noch immer so verdammt sauer und angewidert von seiner eigenen Schwäche! Er konnte Hawks gar nicht erst in die Augen schauen, ohne daran zu denken, dass dessen Leid seine Schuld war. Sein Gegenüber schwieg einen Moment, bevor er schließlich mit dem Kopf schüttelte. Unglaube zeigte sich deutlich auf seinen Zügen und wenn er ganz genau hinblickte konnte er auch ein wenig Mitleid erkennen. "Hörst du eigentlich selbst, was du da sagst? All deine Worte triefen geradezu vor Hass und Verachtung für dich selbst. Du redest dir ein, dass du schwach und dumm und nutzlos bist, dabei warst du derjenige, der mich an diesem Tag gerettet hatte. Nicht Garaki, nicht der Typ, der mich ins Krankenhaus gebracht hat, sondern du. Du ganz allein." Diese Aussage ließ ihn inne halten. Ein weiteres bissiges Gegenargument, warum genau Hawks im Unrecht war, lag ihm auf der Zunge, doch alles, was er aus seiner Kehle herausbrachte, war ein leises "Was?" Er konnte es nicht glauben! Sein Freund, der wegen seiner Unfähigkeit beinahe verreckt wäre, saß nun quick lebendig neben ihm und versuchte ihm zu versichern, dass er ihn gerettet hätte. Dass er nicht einfach nur wie der größte Loser in der Ecke gestanden und vor Panik und Verzweiflung geheult hatte! Absurd, nicht wahr? Das war ja fast so, als würde das Opfer einer Gewaltszene sich bei dem Täter bedanken, dass er ihm nur die Rippen gebrochen hatte. Hawks konnte doch nicht wirklich so tun, als wäre sein Überleben Dabis Verdienst! Er hatte nichts getan! Nichts! Wieso...wieso also fühlten sich diese Worte wie Balsam für seine Seele an und warum wirkte sein Partner in diesem Moment ehrlicher, als er es jemals davor war?

Bei seiner zögerlichen Frage wurde das Gesicht des geflügelten langsam wieder weicher und er strich ihm zärtlich eine noch frische Blutspur aus dem Gesicht, die von seinen Tränen stammte. "Denk nach, Toya. Hast du wirklich überhaupt nichts für mich getan? Das glaube ich nämlich nicht." Die Antwort lag ihm auf der Zunge parat. Dennoch zögerte er und die Worten verließen nur leise und zaghaft seinen Mund. Er fühlte sich nicht wie ein Held und er wollte diesen Titel auch nicht beanspruchen, wo er ihn doch offensichtlich nicht verdient hatte. Trotz diesen Gefühlen gab es da noch etwas anderes, eine neue Emotion in seinem Inneren, die ihn dazu veranlasste Hawks Worte nicht komplett abzustreiten. Hoffnung. "Ich...ich habe Iida um Hilfe gebeten und ihm gesagt, wo er dich hinbringen muss." Der Blondschopf nickte ihm nach diesem Satz zustimmend zu. Noch immer verstand er es nicht. Wieso zur Hölle war dieser nicht wütend auf ihn? "Ganz genau. Du hast den Jungen um Hilfe gebeten, du hast ihm den Weg zu Garaki gezeigt und hast mich ihm anvertraut. Denkst du irgendjemand anderes aus der Liga hätte das getan? Nein! Nicht Shigaraki, nicht ich, niemand! Wäre auch nur irgendjemand anders in deiner Position gewesen, dann wäre er wirklich allein zurückgekehrt. Naja, mit Ausnahme des Leichnams. Wir alle hätten den anderen sterben lassen, weil wir nicht gewusst hätten, was wir tun sollen. Ich weiß, für dich muss sich das alles anfühlen, als hättest du nur sinnlos daneben gestanden und nichts dazu geleistet, doch so ist es nicht! Glaub mir, ohne deine Entscheidung würde ich jetzt nicht hier sein! Ja, ich gebe zu, das ganze war verdammt leichtsinnig und riskant. Jedoch war es auch das einzig richtige, was man in dieser Situation hätte tun können. Das hast du erkannt und nicht lange gezögert dieses Risiko einzugehen. Für mich. Du hast mir das Leben gerettet, Toya. Ich weiß gar nicht, wie ich dir dafür danken soll."

Ein erneutes Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus. Schwer legten sich Hawks Worte auf seine Seele. Noch immer war da dieser Teil seines Gehirns, der all diese Argumente als Lüge abstempelte und ihn selbst einen Versager und Schwächling nannte. Andererseits gab es da auch diese Hoffnung in ihm. Hoffnung, dass all diese Worte doch einen wahren Kern hatten. Vielleicht...vielleicht hatte er ja doch mehr geleistet, als er sich selbst eingestehen wollte. Naja, womöglich lag es auch nur an der riesigen Überzeugungskraft seines Partners. Im Endeffekt war es ganz egal. Diese sanften und ehrlichen Worte bewirkten etwas in seinem Inneren. Das Loch in seiner Brust stopfte sich nun vollkommen zu und die blutigen Tränen, welche ihm diesmal über seine Wangen rennen kamen vor Erleichterung und nicht vor Trauer. "Ich dachte du wärst tot...", flüsterte er in die kalte Stille hinein. Er wusste gar nichtmehr wie oft er sich in den letzen 7 Tagen in dem Zimmer seines Freundes wiedergefunden und ihre gemeinsamen Erinnerungen in seinem Kopf Revue passieren lassen hatte. Er hatte wirklich geglaubt er hätte diesen für immer verloren! Vielleicht kannten sie sich erst verhältnismäßig kurz und waren erst seit einiger Zeit ein richtiges Paar, doch der bloße Gedanke nie wieder in dieses strahlend goldenen Augen sehen und diese weichen Lippen auf seinen eigenen spüren zu können, hatte einen Teil von ihm mit in den Abgrund gezogen. Er hatte in seinem Leben schon soviele wichtige Menschen verloren. Jetzt auch noch Hawks zu verlieren...er wusste nicht, wie er damit umgegangen wäre.

Der Blondschopf schnaubte bei seiner Aussage nur auf und wirkte beinahe reuevoll, als er ihm sanft über die Wange strich. "Haben dir die Ärzte das erzählt?" Fast automatisch schüttelte Dabi den Kopf. Garaki hatte seinen Partner genauso gerettet. Er wollte den schrägen Doktor auf keinen Fall in ein schlechtes Licht rücken! "Nein! Also...zumindest nicht direkt. Ich habe mich jeden Tag bei ihnen erkundigt. Einmal war ich auch persönlich dort, aber ihre Antwort war immer nur, dass dein Zustand kritisch wäre und sie mir im Moment noch keine Auskunft geben können. Sie wollten mir ja nichtmal sagen, ob du im Koma liegst oder sonst irgendwas. Als ich das hörte...nun, ich schätze dann bin ich einfach vom schlimmsten ausgegangen." Seine Worte hörten sich glatt wie eine Entschuldigung dafür, dass er immer gleich in allem das negative sah, an. Auch sein Partner bemerkte dies und strich ihm mit dem Handrücken sanft über den Wangenknochen. Die roten Schlieren an seiner hellen Haut waren dabei nicht zu übersehen. "Tut mir Leid. Jetzt bist du wegen mir voll mit Blut.", sagte er verlegen und wollte sich schnell die restlichen Tränenspuren von seinen Wangen wichen, doch wurde in der Bewegung von dem geflügelten aufgehalten. Sanft, aber bestimmerisch nahm er Dabis Hände in seine eigenen und zog ihn daran noch näher. "Was habe ich gesagt? Entschuldige dich niemals für etwas für das du nichts kannst. Außerdem stört es mich nicht. Du bist perfekt so wie du bist und das wirst du in meinen Augen auch immer bleiben." Diese Worten sorgten dafür, dass er kurzzeitig vergaß, wie man atmete. Warum war sein Gegenüber so gut darin etwas kaputtem und gebrochenem, wie ihm Komplimente zu machen? Er wusste, dass er weit davon entfernt war perfekt zu sein aber dennoch tat es gut sowas zu hören. "Ich habe dich vermisst.", flüsterte er noch, bevor er schließlich den letzten Abstand zwischen ihnen besiegelte. Als sich ihre Lippen berührten spürte er pure Erleichterung und Glück in sich aufkeimen. Seine Hand versank er in den blonden Locken und zog Hawks Kopf nur noch weiter zu ihm. Er wollte das Gefühl von dessem Körper an seinem spüren. Nein, er musste es! Als sie sich wieder voneinander lösten war die helle Haut seines Freundes gerötet und eine Gänsehaut lag auf seinem Körper. Er grinste bei diesem Anblick nur und verteilte einen letzen flüchtigen Kuss auf der Stirn des Anderen, bevor er sich schließlich träge erhob.

"Komm schon, lass uns wieder rein gehen. Sicher wartet der Rest schon auf uns."

Falls durch meine Beschreibung jetzt nicht ganz klar ist, was genau mit Hawks passiert ist. Er wurde von einem Mitglied von "Your Power" mit einer Schlangen Mutation vergifted, wurde von Iida ins Krankenhaus geschafft und wurde dann dort 7 Tage lang behandelt. Wie die Ärzte schon Dabi gesagt haben war sein Zustand kritisch. Er lag zwar nicht im Koma, aber er war oft bewusstlos und seine Werte waren nicht die besten, weshalb niemand eine richtige Auskunft geben konnte. Wie wir aber alle wissen war sein Wille stärker und am Ende hat er es geschafft. Das hier war der erste Tag an dem er wieder nach Hause durfte. Dort hat er erstmal mit dem Rest der Liga gesprochen und sie haben ihm dann gesagt, dass er raus zu Dabi gehen und ihn beruhigen soll, weil, I mean, es ist mehr als offensichtlich, dass zwischen ihnen etwas läuft, auch wenn sie es den anderen nie so klar gesagt haben...

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