Kapitel 22

Er erwachte zu einem rhythmischen Ein-und Ausatmen, in welches sich ab und zu leise Geräusche, die ihn an ein Vogel zwitschern erinnerten, einmischten. Er brauchte einen Moment um zu realisieren, dass diese Laute nicht von im selbst stammten und ließ seinen Blick ziellos durch den Raum wandern. Erst Allmählich erwachten seine Sinne wieder aus dem Schlafmodus und ließen ihn ein fremdes Gewicht an seinem Rücken spüren. Normalerweise wäre er mit diesem Gedanken sicher in Panik ausgebrochen. Hätte erwartet, dass man ihn erneut ausgeraubt oder missbraucht hatte, doch anders als auf der Straße trat dies hier nicht ein. Bei der Liga fühlte er sich sicher. Er wusste, dass es noch andere Menschen hier gab, die alles daran setzen würden, ihre Freunde zu beschützen. Außerdem wusste er genau, wer dort hinter ihm lag. Er gähnte einmal und wischte sich die verrutschen Strähnen aus dem müden Gesicht, bevor er die Mühe dazu aufbrauchte sich umzudrehen. Es stellte sich als schwer heraus, denn als er an sich herunter blickte, konnte er einen schlanken Arm erkennen, welcher eng um seine Hüfte geschlungen war. Er schmunzelte bei dem Anblick und ließ seine Fingerspitzen erst neckisch über die vom Schlaf aufgeheitzte Haut streifen, bevor er den Arm schließlich mit sanfter Gewalt ein Stück nach oben drückte. Gerade genug, um sich umdrehen zu können. Bei dieser Aktion ertönte ein unzufriedenenes Murren neben ihm und er konnte sich ein schiefes Grinsen nicht verkneifen. Seinen Ellenbogen stützte er auf der weichen Matratze ab und lehnte dann seinen Kopf auf seine freie Handfläche, um den schlafenden Mann neben ihm besser ansehen zu können. Ein blonder Haarschopf lugte unter der Decke hervor und die goldenen Locken glänzten im hereinscheinenden Sonnenlicht geradzu majestätisch auf. Am liebsten hätte er sich herunter gebeugt, seine Nase in den weichen Haaren vergraben und ganz tief eingeatmet. Den Duft des Anderen inhaliert, bis dieser durch seinen gesamten Körper strömte und alle anderen Eindrücke überdeckte. Jedoch hielt er sich zurück, um seinen Freund nicht unnötig aufzuwecken.

'Sein Freund...' Bereits als er dieses Wort dachte, stahl sich eine verdächtige Röte auf seine Wangen. Er hätte am liebsten vor Freude laut losgeschrien. Er hatte einen Freund! Einen festen Partner fürs Leben, der ihn, wie sagte man doch gleich, in guten wie auch in schlechten Zeiten unterstützte. Er konnte das ganze gar nicht recht begreifen. Erst vor kurzem hatte er noch allein und verwahrlost auf Tokios Straßen gelebt. Hatte in jeder Person einen Feind sehen müssen, um sein eigenes Überleben zu sichern, hatte gehungert und gefroren. Jetzt...jetzt lebte er in einem richtigen Haus, hatte Freunde, die ihn unterstützten, einen Beruf, wenn man das so nennen konnte und einen Partner! Hätte jemand ihm vor Wochen erzählt, was in seiner Zukunft passieren würde, dann hätte er diese Person als verrückt abgestempelt. Er konnte einfach nicht glauben, dass es Menschen gab, die ihn akzeptierten, seine Gesellschaft genossen und ihn mochten...manche ein wenig mehr als andere. Er wusste nicht, ob es diese Erkenntnis oder einfach sein vom Schlaf benebeltes Hirn war, doch diese Gedanken machten ihn ganz hippelig. Seine Füßen trommelten einen unregelmäßigen Takt auf der Matratze und seine Finger brannten mit dem Verlangen sich in etwas festzukrallen. Es war ein seltsames Gefühl. Schon lange war er nicht mehr so glücklich gewesen und hatte manchmal sogar bezweifelt, dass er eine Emotion wie Freude überhaupt noch empfinden konnte. Jetzt jedoch fuhren seine Glückshormone Achterbahn und ließen ihn vermutlich, wie ein kleines Kind mit einer Tüte voller Süßigkeiten aussehen. Das hippelige Klopfen seiner Füße auf der Matratze stoppte erst, als er ein müdes Murren neben sich wahrnahm und kurz darauf das Rascheln der Bettdecke. Der Mann neben ihm rutschte erst im Halbschlaf auf der Matratze herum und versuchte anscheinend eine angenehme Position zu finden, bevor sich seine Augenlider langsam öffneten.

Schon so oft hatte Dabi sich in diesen goldenen Seelenspiegeln verloren, doch auch jetzt noch versank er automatisch in dieser strahlenden Farbe, die ihm so sanft und warm entgegen glänzte. Man konnte sagen, was man wollte, doch für ihn war Hawks einfach eine typische Naturschönheit. Der Mann brauchte keine umständliche Morgenroutine, keine überteuerten Haarsprays oder Cremen, um für ihn wie der schönste Mensch der Welt auszusehen. Die Art, wie die blonden Locken sein Gesicht umrahmten, wie seine helle Haut in der Sonne zu strahlen schien und wie sich diese goldenen Augen bei jedem Gespräch genau in die Seele der anderen Person bohrten, ließen sein Herz aufgeregte Sprünge machen. Seltsam, er war nie der Typ für große Emotionen gewesen, doch Hawks schien irgendeinen Schalter in seinem Gehirn umgelegt zu haben. "Guten Morgen.", hörte er die verschlafene Stimme murmeln und beobachtete, wie sich ihr Besitzer träge aufrichtete, sodass sie beide nun auf gleicher Augenhöhe waren. Bei der ungewöhnlich rauen Morgenstimme lief ihm ein Schauer über den Rücken und er musste wirklich kämpfen, um nicht erneut zu Erröten. "Morgen.", grüßte er zurück und streckte eine Hand aus, um durch die goldenen Locken zu wuscheln. Das Verlangen dazu hatte er schon gehabt, seit er diesen wirren Haarschopf zum ersten Mal erblickt hatte und nun bot sich endlich die geeignete Gelegenheit dazu an.

Bei seiner Aktion schnaubte der geflügelte einmal auf, doch Dabi wusste, dass es ihn nicht wirklich störte, denn sonst hätte er es schon gesagt. Eine Sache, die er über Hawks gelernt hatte war, dass dieser kein Blatt vor den Mund nahm und fast immer offen heraus sagte, was ihn störte.
Dieser schnappte sich mit einer flinken Bewegung die Hand in seinem Haar und zog ihn daran in einem Ruck zu sich heran, sodass ihre Körper nun eng aneinander gepresst waren. Bei der spontanen Geste schnappte er einmal überrascht nach Luft, doch dieser Laut wurde schnell überdeckt, als sich ein weiches Lippenpaar auf seine eigenen presste. Sein Körper spannte sich kurz an, da er auch diese Aktion nicht hatte kommen sehen, doch als der Blondschopf begann seine Lippen auf seinen zu Bewegung entspannte er sich beinahe sofort. Er war nicht gut im Küssen. Wie auch? Er hatte ja nie Erfahrung in solchen Dingen sammeln können. Er hatte keine Ahung wie er seine Lippen bewegen musste oder wo er hingreifen durfte. In Liebes Angelegenheiten war er ein absoluter Anfänger und war sich nie ganz sicher, ob er das richtige tat oder nicht. Meist vertraute er einfach auf sein Bauchgefühl. Sein Gegenüber schien dies allerdings herzlich wenig zu interessieren und er machte so lange weiter, bis sie beide nach Luft japsten.

"Was ist denn mit dir los?", fragte er völlig Atemlos. Es war nicht so, dass es ihm nicht gefallen hatte, aber normalerweise war Hawks kein Typ für solche stürmischen Aktionen. Zumindest nicht in diesen Gebieten. Lieber fragte dieser noch dreimal nach, bevor er etwas unpassendes tat und die ganze Stimmung damit in den Abgrund sackte. Besagte Person starrte ihn lächelnd an, doch irgendwas an diesem Ausdruck war anders, als üblich. Sein Gegenüber sah...verunsichert aus. "Nichts. Ich konnte einfach nicht widerstehen, als ich in diese wunderschönen Augen gesehen habe.", antwortete dieser verschmitzt. Bei dem Kompliment spürte er ein warmes Kribbeln in seinem Bauch und er biss sich verlegen auf die Unterlippe. Dennoch wurde er das Gefühl nicht los, dass da irgendwas zwischen ihnen war. Etwas lag seinem Partner auf dem Herzen. Die Frage, war nur was? "Alles in Ordnung bei dir? Du siehst...verunsichert aus. So als würde dich etwas bedrücken." Bei den Worten rückte er fast automatisch näher zu dem Anderen und legte seine Arme auf dessen Schultern ab. Er wollte ihm Komfort und Sicherheit spenden, so wie dieser es immer für ihn tat. Der Blondschopf seufzte einmal kurz auf und fuhr sich durch das müde Gesicht, bevor sein Blick erneut zu ihm wanderte. "Weißt du, ich habe darüber nachgedacht. Über das, was du gestern gesagt hast." Seine Stirn legte sich nachdenklich in Falten. Gestern hatte er viel erzählt. Er hoffte, dass es nicht wieder um seine Vergangenheit ging, doch tatsächlich war es etwas anders, was seinem Gegenüber auf dem Herzen lag. "Heute...heute ist ein besonderer Tag für mich und ich dachte...naja, also du hattest erwähnt, ein echter Gentleman würde seinen Partner immer erst auf ein Date ausführen, also hatte ich mich gefragt, ob du...ich weiß auch nicht, auf ein Date mit mir gehen möchtest?" Bei der Frage blinzelte er perplex auf. Ein...Date? Er war noch nie auf einem Date gewesen. Was machte man in so einer Situation? Was wenn er sich blamierte?

Sein Schweigen schien Hawks zu verunsichern und er wedelte verteidigend mit den Händen. "Also...du kannst natürlich auch Nein sagen, wenn du nicht willst! Ich kann dich ja schlecht zwingen." Sein armer Freund wirkte nun vollkommen nervös. Er hatte immer geglaubt dieser würde sich in Liebes Angelegenheiten auskennen, doch anscheinend hatte er sich da geirrt. Das sollte jedoch nichts falsches heißen. Er fand es sogar besser, wenn er nicht der einzige Ahungslose war! "Nein, keine Sorge. Ich war nur etwas überrascht. Ich...ich würde gerne auf ein Date mit dir gehen." Bei den Worten hellte sich das Gesicht des geflügelten erneut auf und seine Augen schienen richtig zu leuchten. "Wirklich?" Was war denn heute mit Hawks Selbstbewusstsein los? Irgendwas war anders. Achja, ein besonderer Tag...
Er hatte nicht nach gefragt, welcher Tag es denn war oder wieso er so besonders sein sollte und ehrlich gesagt hatte er es auch nicht vor. So, wie der geflügelte es gesagt hatte, klang es beinahe wie eine Überraschung und er würde wohl geduldig auf die Enthüllung warten müssen. "Natürlich, wieso sollte ich es denn nicht wollen?" Auf die Frage hatte auch der Blondschopf keine passende Antwort und zuckte einmal unschlüssig mit den Schultern. "Ich weiß nicht. Hätte ja sein können, dass du nicht irgendwo mit mir hingehen möchtest..." Bei der Unsicherheit in diesen Worten musste er lächeln. Er wusste gut, wie sich sowas anfühlte und wollte alles dafür tun, dass sich sein Partner wieder wohler fühlte. Langsam beugte er sich vor und strich dem Anderen sanft über den Wangenknochen, bevor er seine Stirn gegen die seines Gegenübers lehnte. Eine Geste, die ihn selbst immer sofort beruhigte. "Keigo, glaub mir. Solange es bedeutet, dass ich mit dir Zusammensein kann, würde ich dir überall hin folgen." Er benutzte in solchen intimen Momenten nie gern den Tarnnamen des Anderen und auch besagte Person schien es herzlich wenig zu stören. Stattdessen streckte dieser seine Hand aus und legte sie sanft an seinen Hinterkopf. "Ich auch, Toya. Ich auch.", hörte er ihn noch leise murmeln, bevor sich ihre Lippen erneut miteinander verbanden.

°
Seine Finger tippen einen ruhigen Rythmus auf dem runden Holztisch und auf seiner Zunge schmeckte er die bittere Note von Kaffee mit nur einem kleinen Schluck Milch. Seinen Kopf hatte er entspannt auf seiner flachen Handfläche abgelegt und im Hintergrund ertönten die Geräusche von vorbeifahrenden Autos und Motorrädern. Es waren nicht die Laute, denen er seine Beachtung schenkte. Stattdessen hatte er sich voll und ganz auf die Stimme des Mannes am anderen Ende des Tisches konzentriert und hörte aufmerksam dabei zu, wie dieser eine Geschichte nach der nächsten erzählte. Es waren unbedeutende Dinge, wie als dieser eine streunende Katze aus einem Baum gerettet oder als er das erste Mal richtig Alkohol getrunken und in diesem Zustand fast gegen einen Laternenmast geflogen wäre. Normalerweise hätten ihn diese Erzählungen sicher gelangweilt und er hätte irgendwann einfach von selbst abgeschaltet, doch Hawks berichtete über all diese Sachen mit so einer kindlichen Freude und hell aufblitzenden Augen, jedesmal wenn er zu einem spannenden Teil kam, dass er völlig gebannt war und diesem quasi an den Lippen hing. Ab und zu stellte er eine Frage dazwischen oder riss einen Witz, woraufhin sie beide munter zu lachen anfingen, doch die meiste Zeit hörte er einfach nur aufmerksam zu. Es war schön. Einfach mal nichts sagen zu müssen und nur zu zu hören. Es war seltsam, doch wenn er mit Hawks zusammen war und sich mit diesem unterhielt schienen all seine Sorgen und Probleme für eine kurze Zeit verschwunden. Überdeckt von angenehmen Emotionen, die seinen Körper ganz kribblig machten. "...und zum Dank hatte er extra ein Bild für mich gemalt. Du hättest mal sein glückliches Lächeln sehen sollen!", beendete der Blondschopf seine jetzige Geschichte mit einem Lächeln. Es ging darum, dass ein kleiner Junge seinen Luftballon verloren und Hawks diesen aus der Luft zu ihm zurück gebracht hatte. "Er hatte nichtmal eine Frage zu meinen Flügeln gestellt. Jeder Erwachsene hätte sofort die Polizei alarmiert." Das Gesicht seines Partners wurde ganz verträumt, während er in Erinnerungen schwelgte und ein zufriedenes Lächeln lag auf den weichen Lippen.

Schließlich landeten die goldenen Augen wieder auf ihm und ihr Besitzer kratzte sich einmal verlegen am Hinterkopf. "Tut mir Leid. Ich langweile doch sicher zu Tode." Bei der Aussage schüttelte er beinahe automatisch den Kopf und wischte sich eine verrutschte Strähne aus dem Gesicht. "Würdest du mich langweilen, dann hätte ich es dir schon längst gesagt. Ich mag es dir beim erzählen zu zu hören.", gestand er und sah, wie sich die Augen seines Gegenübers überrascht weiteten, bevor er schüchtern auflachte. "Die meisten Menschen sagen, dass ich zu viel rede. Sie finden, dass ich nervig und langweilig bin. Das findest du nicht, oder?" Die goldenen Seelenspiegel schienen ihn förmlich anzuflehen das richtige zu sagen. Er hatte immer gedacht er wäre der unsichere von ihnen beiden, doch der heutige Tag zeigte ihm, dass auch sein Partner in einigen Punkten eine Vergewisserung brauchte. Er fand es in Ordnung. Es gab keinen Menschen ohne eine einzige Sorge und dass Hawks sich ihm damit anvertraute machte ihn ein klein wenig stolz. Bereits am Morgen war der Blondschopf anders, als sonst gewesen. Sein typisches Selbstbewusstsein hatte gefehlt und wurde immer wieder durch Nervösität und Verunsicherung überdeckt. Es war eine neue Seite seines Partners, die er da kennenlernte, welche er jedoch genauso so sehr mochte, wie dessen starkes Selbstbewusstsein. Theoretisch war diese Veränderung sogar vorrausehbar gewesen. Gestern hatte er sich mit seiner Vergangenheit offenbart und jetzt ließ Hawks selbst einen Teil seiner Mauern fallen. Zuerst hatte ihn diese unsichere und verletzliche Seite etwas irritiert, da er seinen Freund noch nie so erlebt hatte, aber er war bereit dazu mit allen Seiten und Charaktereigenschaften des Anderen umzugehen.

"Hawks, jede Person hat eine andere Meinung und du wirst es nie allen recht machen können. Es wird immer Leute geben, die dich nicht mögen oder rein aus Prinzip etwas gegen dich haben. Wenn du aber meine Meinung wissen willst, ich finde du bist perfekt so, wie du bist. Für mich bist du nicht nervig oder langweillig. Du bist extrovertiert und redest gern, aber das muss nicht automatisch etwas schlechtes bedeuten. Ich mag dich so, wie du bist und alle Menschen, die etwas anderes sagen, ignorierst du ganz einfach." Erleichterung schwappte nach diesen Worten über das Gesicht seines Gegenübers und er fühlte sich selbst vollkommen zufrieden. Er hätte noch so viel mehr sagen können, doch das war gar nicht nötig, denn auch so verzogen sich die Lipoen seines Freundes zu einem ehrlichen Lächeln, das lustige Fältchen rund um seine Augen auslöste. "Danke.", hörte er die sanfte Stimme flüstern und spürte ein warmes Gefühl in seinem Bauch. Diese ehrlichen und intimen Momente, in denen weder Hawks noch er selbst eine Maske trugen, mochte er am liebsten an ihrer Beziehung. Er öffnete den Mund um etwas zu erwidern, doch stoppte sich selbst, als er hörte, wie sich Schritte ihrem Tisch näherten. Ein Blick zur Seite verriet ihm, dass es die Kellnerin mit ihrer Rechnung war.
Stimmt, sie saßen in einem Café und hatten ein gemeinsames Date. 'Date...' Der Begriff hörte sich in seinem eigenen Gedanken so fehl am Platz an, doch ein anderes Wort gab es für die Situation, in der sie sich befanden nicht. Er wollte es auch gar nicht abstreiten, nur hatte er eben nie damit gerechnet, in seinem ganzen Leben mit irgendeiner Person auf ein Date zu gehen.

Mit höflicher Stimme verkündete die junge Kellnerin ihre Rechnung und bevor er die Chance hatte in irgendeiner Weise zu reagieren, ertönte neben ihm ein Rascheln und im nächsten Moment reichte Hawks der Frau schon die eingeforderte Summe. Es war ihm noch immer unangenehm jedes Mal andere Menschen für sich bezahlen zu lassen, doch die Liga hatte ihm tausendmal versichert, dass sie sich gerne gegenseitig halfen und Dabi war so oder so pleite. Von dem wenigen Geld, welches er für die Sache mit Tsukauchi und seine Mission bei Overhaul verdient hatte, war fast alles für ein neues Handy draufgegangen. Nicht das allerbeste von der berühmtesten Marke, doch diese Geräte waren eben einfach verdammt teuer. Zumindest wenn man eines wollte, dessen System nicht sofort bei einer App zu viel zusammenbrach.
Es war das erste gewesen, was er heute mit Hawks getan hatte. Nach einem eigenem für ihn Handy zu suchen. Besagter Mann hatte ihn in die Stadt ausgeführt und hatte mit ihm einfach ein paar Läden durchstöbert ohne dabei ein direktes Ziel vor Augen zu haben. Jetzt war es schon wieder Nachmittag und sie hatten es sich in einem kleinen Café gemütlich gemacht. Es fühlte sich gut an, mal wieder sowas vollkommen gewönhliches und alltägliches zu tun. Nicht immer nur im Untergrund zu agieren und sich vor jeder Menschenseele verstecken zu müssen. Selbst die vielen abweisenden und verstörten Blicke, die ihm aufgrund seines...extravaganten Aussehens von den Seiten zugeworfen wurden störten ihn heute gar nicht so sehr.

"Hey, Tagträumer. Zeit zu gehen.", riss ihn eine bekannte Stimme aus seinen Gedanken und er blinzelte perplex. Die Kellnerin war verschwunden, genauso wie sein Geschirr und Hawks stand mit ihren beiden Jacken in der Hand neben ihm. Peinlich berührt und noch immer ein wenig desorientiert erhob er sich von dem braunen Ledersessel, in dem er zuvor Platz genommen hatte und schnappte sich seine Jacke aus der ausgestreckten Hand. "Du kannst mich ruhig eher aus meinen Gedanken holen. Das ist echt peinlich.", murmelte er, während sie ihren Weg aus dem kleinen Café antraten. Ein Lachen ertönte neben ihm und danach das Geräusch einer sich öffnenden Tür. "Ach, ich finde es süß. Es zeigt, dass du nicht so fantasielos und abgestumpft, wir die meisten bist." Die röte, die sich bei diesem Kompliment auf seine Wangen stahl, schob er auf die kalte Winterluft, die ihm ungestürmt entgegen peitschte, sobald sie die schützende Wärme des Cafés verlassen hatten. Durch seine Mutation und seine neuen, nicht kaputten und durchlöcherten Sachen, machten ihm diese Temperaturen nicht allzu viel aus, doch ein flüchtiger Blick zur Seite verriet ihm, dass das nicht alle Menschen so sahen. Bei dem eisigem Wetter kuschelte sich Hawks enger in seine beige Felljacke und versteckte seine Hände demonstrativ in seinen Taschen. Als er die leidenden Versuche des Anderen bemerkte, sich warm zu halten, stahl er einen kurzen Blick durch die Umgebung. Es war viel los, so wie fast immer in Japan. Familien liefen durch die verschneiten Straßen und sahen dabei zu, wie ihr Nachwuchs begeistert an jedem Schaufenster anhielt und staunte. Pärchen kuschelten sich eng aneinander und flüsterten sich verliebte Worte zu. Hier und da wanderte der Blick einer Person zu ihm, woraufhin ein gaffendes starren oder überrascht geweitete Augen folgten. Er war diese Reaktionen bereits gewöhnt und entschied schließlich, dass es ihn nicht weiter störte, bevor er näher zu Hawks rückte und seinen Arm über dessen Schulter legte. Mit sanftem Druck zog er ihn näher an die Wärme, welche von seinem eigenen Körper ausging und hörte ein wohliges Seufzen neben ihm. Normalerweise hätte er so eine Aktion nie in aller Öffentlichkeit getan, doch wenn es seinem Freund nicht peinlich war sich frei mit ihm zu zeigen, dann sollte sich Dabi auch nicht dafür schämen. Es war schon erstaunlich, wie sehr sich sein Selbstbewusstsein seit seinem Eintritt in die Liga gesteigert hatte. Auch den geflügelten schien diese Geste nicht zu stören und er lehnte sich nur weiter in die angenehme Berührung, während er das ganze sichtlich genoß.

Eine Weile liefen sie einfach so nebeneinander her. Sie hatten kein bestimmtes Ziel. Sie erfreuten sich einfach daran mal mit, statt gegen den Strom zu laufen. Schließlich kam sein Begleiter spontan zum stehen und zwang ihn damit automatisch in seiner Bewegung inne zu halten. Die goldenen Augen waren auf einen kleinen Schmuckladen gerichtet, aus dessen Schaufenstern ein warmes Licht strömte. In den Auslagen waren verschiedene Ringe, Armbänder, Ohrringe und soweiter in allen möglichen Formen und Farben zu sehen. Hübsch anzuschauen, aber unwichtig für sie. Zumindest dachte er das. "Könntest du kurz hier warten? Ich möchte mich nur ein wenig darin umsehen." Zuerst wollte er sich darüber beschweren, allein hier draußen warten zu müssen, doch entschied sich schließlich dagegen. Mit einem Nicken ließ er Hawks los und sah dabei zu, wie dieser in dem kleinen Geschäft verschwand.

Er hatte keine Anhung, wie lange er insgesamt gewartet hatte, doch eine Welle der Erleichterung schwappte über ihn, als er den anderen Mann wieder aus der abgerundeten Tür kommen sah. Ein zufriedenes Lächeln auf den weichen Lippen und ein winziger Geschenkbeutel in seinen Händen. Wie selbstverständlich kuschelte sich der Blondschopf zurück an seine Seite und war diesmal derjenige von ihnen, der seinen Arm um Dabis Schulter legte. "Was hast du denn gekauft?", wollte er wissen und sah ein verschmitztes Grinsen auf den Lippen seines Freundes aufblitzen. "Tja, das erfährst du, wenn die Zeit dafür reif ist." Bei dieser Geheimtuerei zog er einmal die Stirn kraus und musterte misstrauisch den kleinen Geschenkbeutel, doch entschied sich dazu nicht weiter nachzuhaken. Wenn es eine Überraschung war, dann würde Hawks es ihm sowieso nicht einfach verraten. Stattdessen genoß er einfach die Zeit, die er mit seinem neuen festen Freund verbringen konnte.
Es war so schön und entspannend.
Zu schön, um ewig amzuhalten.

Sie waren nicht weit gekommen, als hinter ihnen ein lauter Knall ertönte.

Diese zwei Deppen können auch nichts genießen, ohne dass etwas schief geht...

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top