9. Kapitel

"Hey", er reibt sich verlegen den Nacken und nimmt mir gegenüber Platz. Er schaut mich fast unsicher an und lächelt dann kurz. "Bereust du es schon?" Ich ziehe fragend eine Augenbraue hoch und tue so als würde ich nicht sofort wissen, was er damit meint. "Ich wusste nicht, dass sie so sind..." Er deutet auf die drei Jungs, die in der Lounge sitzen und sich miteinander unterhalten.

Immer wieder wandert Jacks grimmiger Blick in meine Richtung und ich sinke automatisch noch tiefer in den Sitz. Das ist so verdammt unangenehm! Ich schaue zweiflend zu Wincent hoch. "Was hast du denn geglaubt, wie sie reagieren?", frage ich und tue das Ganze mit einem Schulterzucken ab. "Ich an ihrer Stelle hätte da auch keine Lust drauf."

Er runzelt seine Stirn und schüttelt den Kopf. "Es ist nicht fair, dass sie dich so behandeln." "Aber sie kennen mich doch überhaupt nicht", widerspreche ich ihm und straffe die Schultern. "Es ist eh egal, sobald wir anhalten, steige ich aus und fahre zurück. Es war echt nett von dir, dass du es mir angeboten hast, aber es funktioniert nicht. Weglaufen bringt jetzt sowieso nichts."

Einen Moment lang verharrt er schockiert in seiner Position, dann springt er auf. "Nein", sagt er einfach nur und schüttel vehement den Kopf. "Du bleibst."

"Wir sind da", eröffnet er mir als wir nur kurze Zeit später ankommen, er nimmt meinen Ellbogen als wir aussteigen und lässt ihn nicht los. Ich schaue zu ihm hoch, aber er erwidert meinen Blick nicht. Er folgt einem Mitglied der Crew, das uns in den privaten Teil des Kulturpalastes führt, wo Zimmer für die Band hergerichtet wurden. Er schließt die Tür hinter uns und dirigiert mich zum Sofa.

"Jack ist mein bester Freund. Schon Ewigkeiten. Ich habe keine Ahnung, wieso er sich dir gegenüber so scheiße benimmt, aber ich habe vorhin schon mit ihm gesprochen. Mein Social Media Assistent, der mich für die nächsten Wochen begleitet hätte, hat vorhin krankheitsbedingt abgesagt. Du kannst seinen Platz einnehmen." Ich starre ihn nur überrumpelt an, versuche zu verarbeiten, was er gerade gesagt hat und komme zu keinem Ergebnis.

"Wieso?", entfährt es mir irgendwann leise. Er seufzt und sinkt in sich zusammen. "Ich habe mit 18 meinen erste, großen Plattenvertrag unterschrieben. Ich stand mit 22 zusammen mit Justin Bieber und Shawn Mendes im Auswahlverfahren für die MTV Video Music Awards und habe ein Jahr später meinen ersten Grammy gewonnen."

"Ich will dami nicht angeben. Ich habe immer alles für die Musik geopfert. Weißt du, dass ich keinen Schulabschluss habe? Ich habe noch nie etwas gearbeitet, was nicht mit Musik zu tun hatte. Ich verbringe meine Freizeit damit Songs zu schreiben, Fanpost zu lesen und Instagram zu füttern. Ich mache nie etwas nur für mich. Das soll keineswegs undankbar klingen. Ich liebe meine Fans und die Musik. Ich liebe mein Leben."

Er holt tief Luft. "Aber das du hier bist, ist nur für mich. Nicht für irgendeine Promotionaktion oder Social-Media-Kampagne. Ich kann dir einen Ausweg bieten, ein bisschen Abstand, ein bisschen Zeit für dich. Und ich bitte dich jetzt noch mal, nimm es an. Vila, hör auf Angst zu haben und dich darum zu kümmern, was andere von dir denken oder erwarten."

Ich schlucke. Meine Kehle ist trocken und der Kloß, der sich gebildet hat, sitzt fest. Ich räuspere mich und schlucke nochmal. Sein intensiver, durchdringender Blick trifft mich so unvorbereitet, dass ich fast das Gleichgewicht verliere. Im Sitzen.

Es ist unheimlich gruselig, wie gut er mich zu kennen scheint. Er spricht Dinge aus, die ich mir nicht einmal selbst eingestehen kann. Ich habe schon seit Jahren mit meinen Unsicherheiten zu kämpfen und das er mir einfach so dabei hilft, erreicht mein Bewusstsein erst langsam.

"Aber wieso willst du das ich hier bin?", stelle ich schließlich die Frage, die mir auf der Zunge brennt wie Feuer. Er sieht mich an und grinst schief. "Ist das nicht offensichtlich?" Seine Mundwinkel kräuseln sich amüsiert, doch ich schüttle nur perplex den Kopf. Nichts an dieser ganzen Situation ist offensichtlich oder verständlich oder normal.

"Okay", er seufzt ergeben, "dann zeige ich es dir eben." Noch während er spricht nähert er sich mir und ich spüre seinen Atem auf meiner Wange. In seinen braunen Augen funkeln helle Sprenkel als er nur wenige Zentimeter vor meinem Gesicht verharrt. Meine Lider flattern und schließen sich kurz bevor er seine Lippen auf meine legt.

Ungeheures Adrenalin rast durch meinen Körper, dröhnt in meinen Ohren und kribbelt in meinen Fingerspitzen. Seine Arme umfassen meine Körper und ich dränge mich ihm entgegen. Ich wusste bis zu diesem Moment nicht, wie sehr ich es will. Sein Mund vibriert leicht, als meine Finger sich in seinen Haaren verkrallen und er aufstöhnt.

Ich keuche auf als er mich zurückdrängt und mein Rücken das Sofa trifft. Seine Hände wandern über meine  Körper und setzen jede Stelle, die er berührt in Flammen. Überall auf mir brennt es lichterloh. Ich ziehe ihn noch näher, spüre sein Knie an meinen Beinen und wölbe mich ihm begierig entegegen.

Er vertieft den Kuss, beißt in meine Lippe und streicht dann behutsam über sie. Wie im Rausch finden meine Hände einen Weg unter sein Shirt. Ich streiche über seinen Rücken, fahre die einzelnen Muskelstränge nach und kneife ihn spielerisch als er über meinen Bauch streicht.

Nach einer ganzen Weile nimmt er die Geschwindigkeit aus dem Kuss, die Dringlichkeit und die Eile. Er küsst mich nun weicher, liebevoller, aber genauso intensiv. Seine Hand verweilt an meiner Wange und die andere unter meinem Rücken.

Als es klopft und die Tür aufgerissen wird, sind wir beide nicht schnell genug. Jack funkelt uns wütend an und ich gebe mir gedanklich einen Arschtritt für mein unvorsichtiges Verhalten. Er schnaubt wütend und knallt dann fluchend die Tür zu. "Noch 30 Minuten, Wince!" Brüllt er und stapft davon.

Besagter hat den Blick nicht von mir gelöst und macht auch keine Anstalten es jetzt zu tun. "Ist dir das Antwort genug?" Grinsend steht er auf und reicht mir dann eine Hand. "Das war ein gewagter Schachzug, Wince", lache ich, während er mich schwungvoll hochzieht und ich direkt an seiner Brust lande.

"Verrate mir doch, wie gut er geklappt hat. Ich muss einen Überblick über meine Erfolgsbilanz bezüglich der Mitarbeitereinstellung behalten", scherzt er worauf ich nur die Augen verdrehe. "Von mir aus", antworte ich dann und tue noch so halb widerstrebend, dabei könnte er gerade ausnahmslos alles von mir verlangen und ich würde es wahrscheinlich auch noch gut finden.

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