12. Kapitel
Am Abend, nachdem ich alle Vorbereitungen getroffen habe, rufe ich die Jungs zu mir. Einer anch dem Anderen marschieren sie die schmale Treppe herunter. "Wir hatten gestern Chinesich. Ich habe da nicht schon wieder Bock drauf!" Ray jammert und Ed widerspricht ihm gnadenlos. "Italienisch hatten wir vorgestern, das ist auch nicht besser."
"Ich habe Bock auf Steak", kommt es von Jack, während sie auf dem Gang zu mir wandern. "Ich glaube wir haben noch Tiefkühlpizza. Wie wärs damit?", wirft Wincent ein, erntet aber nur missbilligendes Schnauben. "Die essen wir jeden verdammten Tag. Das ist mein Snack für zwischendurch und keine vollständige Mahlzeit", protestiert Jack. Erst als sein Blick meinen trifft, hört er auf zu schmollen und beginnt sich genau umzusehen.
"Jaaaaaaaa", brüllt er dann plötzlich und stürzt sich auf mich. Er zerquetscht mich in seiner festen Umarmung und hebt mich dann triumphierend wie einen Pokal in die Luft. "Der Teig ist schon fertig. Jeder kann seine Pizzastück so belegen, wie er es mag und die Steaks sind auch gleich durch."
"Ich möchte meins aber nicht durch!" Ed hebt missbilligend eine Augenbraue, während ich ihn nur anfunkle. "Ich meine mit durch nicht durch, sondern eher fertig, zufrieden?" Ich schürze zornig meinen Mund, als ich Wincents staunendem Blick begegne.
"Du hast den Pizzateig selbst gemacht, Steaks gebraten und das Ganze hier vorbereitet?" Er deutet in einer ausladenen Geste über die zu Würfeln geschnittene Paprika, das geöffnete Glas mit Tomatensüße, die zurecht geschnittenen Schinken-und Tomatenscheiben, die Pilze und den Käse.
"Salami habe ich auch noch." Ich stelle den Teller zu den anderen Zutaten und lege das Blech mit dem ausgerollten Teig daneben. "Setzt euch hin und belegt euer Stück." Wider meiner Erwartungen erfüllen sie meine Aufforderung sofort. Nachdem das erste Blech fertig ist, schiebe ich es in den Ofen und reiche ihnen die nächsten Zwei.
Zum Glück ist der Ofen so hochmodern, dass man auf dem angebrachten Bildschirm einstellen kann, was gebacken wird und dann macht er den Rest allein. Durch die Kamera kann man genau erkennen, wie weit der Backprozess ist und sie registriert außerdem, die verschiedenen Backstufen der Bleche.
Ich lege die Steaks auf Teller und stelle die Schüssel mit gemischtem Salat in die Mitte des Tisches. Wohlwissend, das ich vermutlich die einzige bin, die ihn essen wird.
"Wie hast du das alles vorbereitet?" Wincents verblüffte Miene lässt mich grinsen. "Ich habe mit Thorsten gesprochen und war vorhin in der Pause einkaufen. Ich kann sowieso nicht verstehen, wieso ihr immer im Bus bleibt, wenn wir anhalten. Ihr sitzt den ganzen Tag in der Lounge!"
Ich werde von Ed unterbrochen, der fragt, wer denn Thorsten sei. "Dein Ernst?" Fassungslos sehe ich mich in der Runde um. "Niemand von euch kennt den Namen von eurem Busfahrer?" Ich schüttle missbilligend den Kopf und fühle mich wie eine Mutter, die von ihren Kindern enttäuscht wurde. Ich verkneife mir eine bissige Bemerkung, kann meinen schockierten Gesichtsausdruck, aber nicht gänzlich verstecken.
An dem kleinen Tisch, an dem wir ziemlich gerdängt sitzen und an dem noch nie gegessen wurde, herrscht zufriedenes Schweigen. Die Jungs fallen über die Steaks her, als hätten sie seit Tagen nichts gegessen. Dabei habe ich genau gesehen, wie sie heute circa ein Kilo Mett und jeder an die zehn Brötchen vertilgt haben.
Das Piepen des Ofen bedeutet, dass das erste Blech Pizza fertig ist. Ich schnappe mir einen Topfhandschuh und hole es raus. Nachdem ich die Stücken verteilt habe, setzte ich mich zurück an meinem Platz und schaue dann verwirrt auf meinen Teller.
Dort liegt nicht nur ein Salat sondern auch ein großes Stück Pizza. Keiner der Jungs reagiert auf meinen fragenden Blick, woraufhin ich kopfschütteln Wincent als Übeltäter entlarve, da sein Pizzastück fast schon gänzlich verschwunden ist.
"Du hast dir erst auf dem letzten Blech ein Stück gemacht. Aber das ist doch unfair, wenn ausgrechnet du solange warten musst", bringt er schließlich zwischen zwei Bissen hervor. Ich staune darüber, wie aufmerksam er ist und lächle ihm dankbar zu. Dann lege ich die Oliven beiseite und beiße probehalber ein kleines Stück der Peperoni ab, die ich als allerletztes auf die Pizza gelegt habe.
Alle drei Beche werden bis auf den letzten Krümel aufgegessen und das Ganze geschieht innerhalb von 15 Minuten. Ich starre fassungslos von einem der schlanken, durchtrainierten Jungs zum Nächsten. "Frage! Wie kann es sein, das ihr so viel essen könnt und so ausseht?" Entsetzen macht sich in mir breit, als ich Eds überheblichem Blick und Wincents zufriedener Miene begegne. Fehler, bemerkt mein Peinlichkeitsthermometer, das gefährlich hoch im roten Bereich ausschlägt. "Ich meine, wieso seit ihr nicht fett?", formuliere ich meine Frage schnell um, aber der Schaden ist schon angerichtet.
"Ach Puppe, wir können dir nicht einfach so das Geheimnis unserer Schönheit verraten." Jack seufzt theatralisch und ich kneife ihn kurzerhand in den Arm. Er reißt erschrocken die Augen auf, woraufhin ich ihn schadenfroh anlächle. "Hat das etwa weh getan?", frage ich ihn mit zuckersüßer Stimme. An seinem Blick ist nichts feindseliges oder befremdliches mehr zu sehen und ich frage mich, wie es erst drei Tage her sein kann, dass ich zu ihnen in den Bus gestiegen bin und sie mich alle ignoriert haben.
"Jungs." Jack schiebt sein Stuhl zurück und sieht mich unheilverkündend an. "Es ist soweit. Erinnert ihr euch an unsere Tradition? Hier gibt es zwar keine Brücke und auch keinen See, aber wir haben eine Dusche, deren Wasser sich ziemlich kalt drehen lässt." Er zieht das ziemlich so in die Länge, dass mir die böses Schwinkungen, die von ihm ausgehen, gar nicht entgehen können. Bestätigt wird meine Vermutung als Ed und Ray mich grinsend mustern und dann zustimmend nicken. Wincent beobachtet das Ganze erst mit gerunzelter Stirn, aber dann formt sich auch sein Mund zu einem Grinsen, das ich den Umstände entsprechend als verschlagen einstufe.
Schockiert sehe ich von einem zum Anderen, springe auf und trete zwei Schritte zurück. Das wars dann auch schon mit der Flucht, weil mir die Küchenzeile den weiteren Rückzug unmöglich macht. Jack verspeißt genüsslich sein letztes Pizzastück. dann bedeutet er Wincent aufzustehen. Dieser nähert sich mir von rechts und Jack von links. Die einzige Fluchtmöglichkeit wäre geradeaus über den Tisch zu hechten. Und das wäre sogar ausweglos, wenn Ed und Ray dort nicht lauern würden, wie Tom auf Jerry. Das Problem ist nur, dass ich Jerry bin und es mehrere Toms gibt.
Wincent hat mich schon gepackt bevor ich meine weiteren, nicht vorhandenen Fluchtmöglichkeiten, erörtern könnte. Er legt, oder besser gesagt wirft, mich über seine Schulter und Jack hält meine Beine fest, die versuchen sich wild strampelnd zu befreien. Wincent schießt den Vogel ab, als er eine Hand auf meinen Mund presst und meinem Kreischen damit ein jähes Ende setzt.
Ich versuche weiter mich zu befreien, doch als Ray eins meiner Beine packt und Jack nur noch das andere umklammert, kann ich mich absolut nicht mehr bewegen. In einem letzten, panischen Versuch heble ich meinen Oberkörper in die Luft und tatsächlich entgleite ich einen Moment den Händen der Jungs. Doch dann greift auch Ed ein und hält meine Arme im Klammergriff gefangen.
"Sie kann sich gut wehren", bemerkt Ed und ich höre das spöttische Lächeln auf seinen Lippen, auch wenn ich es nicht sehen kann. Wincent gluckst amüsiert und fängt bei einem Seitenblick auf mich meinen todeswütenden Blick auf, was ihn, wie sollte es auch anders sein, noch mehr amüsiert.
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Na, was haben sie mit ihr vor?
Wollt ihr heute noch ein Kapitel?❤️
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