Prolog ♪ My beat

Ich verstecke dich vor deinem schlimmsten Traum

Und wärme dich, wenn du an dir erfrierst

Ich küsse dich, wenn dich keiner küssen mag

Und liebe dich, wenn du dich wieder verlierst

Ich denke mir für dich einen Himmel aus

Und glaub für dich, wenn du selbst nicht glaubst

Ich denk für dich die Sonne neu

Und klau sie dir, wenn du Feuer brauchst

Ich hab genauso Angst wie du

Meine Flügel sind aus Blei

Und bist du verrückt, bin ich's um so mehr

Vom Fliegen sind wir noch ganz schwer

[ Rosenstolz ]



NIALL ║ Bewegung tat mir gut, die Luft in der Schweiz schien meine überstrapazierten Lungen zu heilen. Wie Feenstaub, der offene Wunden flickte.

Meine Reha in der Schweiz zu machen war eine Bauchentscheidung gewesen und ich bereute sie nicht.

Der Entzug in Malibu war ein Alptraum und alles, was darauf folgte auch. Es hörte erst auf, als ich alle Bedingungen erfüllte, die Liam mir in Malibu neu erläuterte und damals tat ich alles, nur, damit ich mich besser fühlte.

Mit dem kleinen Motorboot fuhr ich über den gewaltigen Lago Maggiore. Die Mütze hatte ich tief ins Gesicht gezogen, eine dicke Jacke an und sah über die Landschaft, die sich im Herbst bunt färbte. Der Sommer war seit ein paar Wochen vorbei, doch noch immer war die Gegend um Brissago, am Rande der Schweiz, unglaublich schön.

Eigentlich war die Schweiz nicht meine erste Wahl, so lange, bis ich mir angesehen hatte, wie Brissago aussah. Das Haus, welches ich gekauft hatte, erreichte man schneller mit dem Boot als dem Auto. Man musste eine ziemlich lange Straße abfahren.

Ich hatte mich also daran gewöhnt meine wöchentlichen Einkäufe mit dem Boot zu machen. Die Bäume und Berge spiegelten sich im Wasser des Sees und ich hielt das Boot an, nur um eine ganze Weile auf dem Wasser zu treiben und die Landschaft zu genießen.

Die mächtigen Berge ließen einen begreifen, wie klein und unbedeutend man eigentlich war.

Das hatte ich lange nicht mehr getan. Mein Therapeut hatte es mir geraten und immer, wenn ich Dienstags zuerst bei Doktor Bianchi die Sitzung am Morgen hatte, dann begann er mich danach zu fragen, was ich die Woche Schönes gesehen hätte.

Es ging nur darum emotional stabil zu bleiben und zu verarbeiten, was mir passiert war. Sicher, es gab Menschen, die brauchten einen Therapeuten, um zu überleben, aber man vergaß, dass man Therapeuten nicht nur brauchte, wenn man verrückt, einen an der Klatsch hatte oder sein Leben nicht mehr auf die Reihe bekam. Letztes war lange auf mich zugetroffen.

Therapeuten halfen, um nie wieder dorthin zurück zu kehren, wo man her kam.

Nach der Sitzung musste ich direkt zu Doktor Morgenthaler und Donnerstag noch einmal zu ihm. Er sollte mir helfen meine Stimme wieder nutzen zu können. Sie würde nie wieder so werden, wie sie einmal war. Aber meine Freunde bestanden darauf, dass ich es zumindest versuchte.

Stumm den Herbst betrachtend, merkte ich erneut, dass es mir fehlte zu rauchen. Nicht unbedingt Cannabis. Nikotin würde mir schon reichen. Doch in Malibu hatte ich mir geschworen nicht einmal mehr Alkohol zu trinken.

Das war mir überraschend leicht gefallen.

Mein Handy klingelte und ich zog es aus meiner Jackentasche. Ed ließ ich auf die Mailbox quatschen, denn ich wusste, was er wollte. Vor ein paar Tagen fragte er mich, ob ein Kumpel für einige Zeit bei mir Asyl suchen könnte.

Kurz darauf trudelte eine Nachricht ein und ich las, dass sein Kumpel in einer halben Stunde bei mir ankommen würde. Ich hatte zwei Gästezimmer, sie waren beide noch nicht richtig fertig, aber die sporadische Einrichtung würde es tun, wenn man auf der Flucht war.

Mir war das Esszimmer und Musikzimmer wichtiger vorgekommen. Ein Klavier über den See zu transportieren war nicht gerade ein Kindergeburtstag.

Ich warf also den Motor wieder an und machte mich auf das Boot in die Richtung meines Grundstücks zu steuern. Wie lange ich in Brissago noch bleiben musste, wusste ich nicht. Aber es war auch egal.

Auf Dauer wollte ich in keinem Hotel leben, mir gefiel der Ort, also machte ich mich nach den ersten drei Wochen auf die Suche nach einem passenden Grundstück. Es gab so viele Möglichkeiten, in den Bergen, der Stadt, am See. Ich entschied mich für Letztes.

Vorsichtig parkte ich das Boot in eine Art Garage und wuchtete die Lebensmitte auf den schmalen Steg. Die Kiste Wasser in der einen Hand und die Tüten in der anderen steuerte ich auf das Haus zu. Es sah von außen kleiner aus, als von innen. Zumal es nach hinten noch raus ging.

Hier hatte ich meine Ruhe, das war mir am Wichtigsten.

Bevor die Jungs mich besuchen kamen, wollte ich noch ein paar Dinge erledigen und mich hetzte auch nichts zurück nach London. Laub knirschte unter meinen Füßen, ich würde mich drum kümmern müssen und irgendwie freute ich mich sogar drauf.

Gerade bog ich durch den Garten, direkt zwischen Büsche zur Haustür ab, als ich einen Geländewagen bemerkte. Eds Kumpel war also schon da. Wusste der Geier, wen er mir schickte. Ich wusste nur, dass es sich um einen kreativen Notfall handelte.

„Hey", sprach ich zu der Gestalt an der Tür. Ich sah auf den ersten Blick einen Gitarrenkoffer, eine prall gefüllte Reisetasche und einen Rucksack.

Mein angedeutetes Lächeln gefror, als sich mein Gast für die nächsten Tage umdrehte. Automatisch zog sich mein Magen zusammen.

Mara wandte sich um, der Schock stand ihr ins Gesicht geschrieben. Sie schob sich die Kapuze ihres Mantels vom Kopf und ließ ihre braunen Augen über mich gleiten.

Nein.

Ich war noch nicht vorbereitet für diese Begegnung.

Zahlreiche Male hatte ich mir vorgestellt, wie es sein könnte sie wieder zu treffen. So oft war ich drauf und dran gewesen sie anzurufen, aber dann hatte mich jedes Mal der Mut verlassen. Denn hatte ich überhaupt das Recht mich nach alldem noch bei ihr zu melden?

Aber das war es nicht, woran ich in diesem Moment dachte. Ich konnte sie nur ansehen, ihr Haar war kürzer, ihr Gesicht schmaler, sie war blass und übermüdet, doch trotzdem war mir, als hätte ich noch nie einen schöneren Menschen gesehen.

Sie vergrub die Hände in den Manteltaschen und statt den Blick abzuwenden, hielt sie den meinem stand.

Ed war ein Verräter.

Und gleichzeitig war ich ihm unendlich dankbar.

„Hey du Arsch", antwortete Mara mir trocken. Ihre Miene schien aus Stein und ich Idiot konnte nicht anders, als einfach nur laut und unkontrolliert zu lachen. Es war so befreiend, unangebracht und doch genau das, was Mara immer schon in mir ausgelöst hatte.

Glück.

Eiskalt floss es durch meinen Körper und weckte mich auf eine Art auf, wie nur Mara es konnte.

Ja, ich hatte sie so sehr vermisst, dass es weh tat. 



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Lange, lange hat es gedauert :) Hier sind wir, ein großes Hallo an alle!

Ihr kennt das System, der Prolog zeigt eine Szene aus der Zukunft, deshalb seid bitte nicht allzu verwirrt. 

Die wunderschöne Grafik ist von eleanorsphotos, danke schön dafür! 

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