44 ♪ Just a friend
Friends will be friends
When you're through with life and all hope is lost
Hold out your hand 'cos friends will be friends
Right till the end
[ Queen ]
MARA ║ Es gab Tage, da wollte man nicht aufwachen, geschweige denn aufstehen. Genauso einen hatte ich am nächsten Morgen, nur wenige Stunden nachdem sämtliche Stalker hoffentlich aus dem Verkehr gezogen worden waren.
Ich blieb einfach liegen.
Schwach fiel Licht ins Zimmer und ich hörte früh, dass Niall aufstand. Die Nacht verbrachte ich bei ihm, denn ich wollte weder ins Hotel, noch zurück in die WG. Ich war so fertig, dass ich beinahe über dem Essen einschlief, das Niall mir noch auftischte. Doch jetzt, Stunden später, fühlte ich mich nicht ein kleines Bisschen ausgeruhter.
Stattdessen kreisten meine Gedanken unaufhörlich um Fenton und Spencer. Ich musste den Drang unterdrücken zu heulen, denn ich war mir sicher, dass ich meine Freunde nie zurückbekommen würde.
Mit geschlossenen Augen wollte ich an etwas Positives denken, aber mir fiel nichts ein, was es wert war sich dran festzuhalten. Also horchte ich auf die Geräusche des Hauses. Doch das Einzige, was ich nach einiger Zeit hörte, war der Regen, der gegen das Fenster klopfte.
Mein Zeitgefühl verschwand. Irgendwann roch es nach Schokolade und da mir das Wasser im Mund zusammenlief, da zwang ich mich die Augen zu öffnen.
Ich erschrak mich zu Tode. Bis zum Kinn zog ich die Decke hoch, rutschte einen halben Meter im Bett nach hinten und setzte mich aufrecht hin. „Verdammt, Penny!", fuhr ich sie an. „Hast du den Verstand verloren?"
Vor dem Bett hockte meine beste Freundin. Blond, wie die Sonne, mit einem Becher von Starbucks in der Hand und in der anderen eine Tüte mit Scones. Leicht neigte Penny den Kopf, stellte den Becher ab und die Tüte daneben, dann verschränkte sie die Arme und stütze sich auf der Matratze ab.
Nachdenklich sah sie mich an. „Dein Freund von Arschgesicht hat mich angerufen."
Ich blinzelte und sie erzählte: „Ein bisschen beleidigt war ich schon als du einfach verschwunden bist, ich nie wusste, wo du dich aufhältst und dann noch dieser Sack anruft und mir erzählt, er wäre nun mit dir zusammen."
„Tut mir leid", sprach ich sofort, ich konnte sie verstehen. Doch Penny wirkte nicht sauer, stattdessen lächelte sie schwach: „Ich habe mich geirrt, Niall ist ein guter Kerl."
Verblüfft sah ich sie an. Penny war nicht der Typ, der vorschnell von einer Meinung abrückte: „Er erzählte mir, was passiert ist und dachte, dass du vielleicht... möchtest, dass ich hier bin."
Und wie ich das wollte.
Wie von selbst schloss ich meine beste Freundin nach Monaten endlich wieder in die Arme und alles, was sie tun musste, war da zu sein. Sie roch so vertraut nach Erdbeere und ein wenig nach Shampoo.
Zusammen legten wir uns auf das Bett und sahen an die Decke. Schweigend futterten wir die Scones und dann fragte sie schließlich ganz direkt: „Wovor hast du Angst? Ich an deiner Stelle wäre schon längst wieder auf dem Weg ins Krankenhaus."
„Ich will nicht sehen, was Joe zerstört hat", gab ich zu und fasste zusammen was geschehen war. Ungeschönt und ehrlich. Es blieb das Einzige Mal, dass ich mit jemanden darüber redete. Denn wie sollte man sich mit solch einem Wissen verhalten?
Joe hatte Fenton angefasst, wie er es nicht hätte tun dürfen und Spencer war klinisch gesehen tot gewesen. Das würde Spuren hinterlassen, da brauchte ich mir nichts einzubilden. „Ich will sie alle so wiederhaben, wie ich sie in Erinnerung habe."
„Das ist nicht fair", behauptete Penny und ich drehte den Kopf in ihre Richtung. Deshalb setzte sie hinzu: „Dich kriegen sie auch nicht so zurück."
Da war etwas Wahres dran.
„Außerdem", fuhr Penny fort, „wenn du feige bist und dich nicht traust sie zu sehen, werden sie dann nicht noch mehr denken, dass sie... nun anders sind?"
Sie sah wieder an die Decke und gestand: „Wäre mir das passiert, was mit Fenton geschehen ist, dann würde ich etwas brauchen, woran ich mich festhalten könnte. Jemand, der stark für mich ist oder der mir zumindest das Gefühl gibt, er ist da, egal was mit mir geschehen ist. Denn es wird ihn nur so weit zu einen anderen Menschen machen, wie die Leute um ihn herum das zulassen."
In diesem Augenblick musste ich mich zwingen zu atmen. Kurz bekam ich eine Vorstellung davon, wie schwierig all das für jemanden sein musste, der nicht einfach liegen bleiben konnte: „Du hast recht." Damit stand ich auf. Ich durfte nicht hierbleiben. Heute würden Alex und Mattheo kommen, aber jeder von uns machte den Unterschied und ich wollte mich nicht drücken.
Hastig trank ich den Kakao aus und stopfte die Reste der Scones in mich rein. Ich wollte mir gerade meine Jacke schnappen, da rollte sich Penny auf den Bauch: „Vielleicht solltest du vorher noch duschen, du müffelst ein bisschen."
Prompt hielt ich inne. Meine beste Freundin lächelte aufmunternd: „So viel Zeit muss sein."
Damit hatte sie recht. Also ab unter die Dusche und überrascht sah ich, dass Niall meine Reisetasche organisiert hatte in der sich meine Klamotten befanden. Es war lieb von ihm, wie er sich kümmerte. In der Küche fand ich einen Zettel, den er hinterlassen hatte, nämlich, dass ich ruhig eines seiner Autos nehmen könnte, wo die Schlüssel waren und er sich bei Liam aufhielt.
Demnach würde Niall erst am Abend wieder da sein. Es war ungewohnt ihn so fürsorglich zu erleben, aber es tat auch gut. Als wenn man anfangen konnte, sich auf ihn zu verlassen. Ich nahm die Schlüssel für den Range Rover und setzte Penny vorher zu Hause ab, außerdem versprach ich ihr mich zu melden.
Ihr auftauchen hatte meinen inneren Akku wieder komplett aufgeladen. Das war die Magie einer besten Freundin, egal, wie lange man sich nicht sah. Vor dem Krankenhaus parkte ich und endlich durfte ich zumindest Fenton besuchen. Mrs Ó Cinnéide kam mir auf dem Flur der normalen Station entgegen und ohne ein Wort zu sagen, umarmte sie mich.
Ihr war anzusehen, dass sie erschöpft und fertig war. Ich verkniff es mir ihr zu sagen, dass sie schlafen sollte, denn sie würde das sowieso nicht tun. Wenn ich ehrlich war, würde ich auch ständig hier abhängen, an ihrer Stelle.
Fentons Zimmer zu betreten fiel mir schwer. Ich klopfte und bekam keine Antwort, also liste ich knapp rein. Er hatte den Raum für sich und ich sah sofort, dass es hier einiges mehr gab, als in einem üblichen Krankenzimmer.
Zwei Sitzsessel standen um einen kleinen Tisch, der Fernseher war groß und sicher mit sämtlichen Extras und auf einem Tisch standen so viele Geschenke, dass ich kurz glaubte, ich habe Fentons Geburtstag vergessen.
Das Blumenmeer war enorm, doch niemand hatte sich die Mühe gemacht die Karten dort rauszunehmen. Leise pellte ich mich aus meiner Jacke und räusperte mich. Fenton saß in einem Rollstuhl, er hatte das Fenster weit geöffnet und sah hinaus.
Ich sah nur seinen Rücken und erkannte, dass ein Arm in Gips war und der andere umständlich verbunden. Noch einmal versuchte ich mich bemerkbar zu machen und sprach: „Wenn ich nicht hier sein soll, dann sag mir das ruhig."
Kurz wartete ich, aber Fenton antwortete nicht, also nahm ich einen Stuhl und schob diesen zu meinem Freund. Ich wollte mich nicht erschrecken, doch als ich sein Gesicht sah, da tat ich es trotzdem. Die tiefen Schatten unter seinen Augen waren fast blau, seine Haut grau.
Niemand von uns sagte etwas, schließlich durchbrach Fenton die Stille und sprach: „Spenc kommt Übermoin auf ne' normale Station."
„Das klingt doch gut", fand ich und leicht neigte Fenton den Kopf. Ich vermisste so sehr das schiefe, freie Lächeln auf seinen Lippen und den hellen Unterton in seiner Stimme. Automatisch streckte ich die Hand aus und wollte ihn berühren, aber dann hielt ich inne, weil ich nicht wusste, ob ich das durfte.
Fenton kam mir entgegen, denn er bewegte jene Hand, die nur verbunden und nicht im Gips war. Leicht griff er nach meiner Hand und umschloss sie. „Is' okay."
In diesem Augenblick platzte der Knoten in meinem Hals und ich spürte heiße Tränen über meine Wange kullern. Zuerst wischte ich sie energisch weg. Doch es war sinnlos, es kamen immer wieder neue.
Unwillkürlich umschloss ich seine Hand feste und kurz vergaß ich, dass ich ihm eventuell weh tun könnte. Aber Fenton beschwerte sich nicht. Im Gegenteil, er ließ mich heulen und ich versuchte mich wirklich zusammen zu reißen. „Tur mir leid."
„Ne', dat muss es nich', würd' mir nich' anders geh'n", behauptete er. In meiner Jackentasche suchte ich nach Taschentücher und schnötze laut. Da griff Fenton nach einer Schachtel mit Plätzchen: „Kannste' mir die auf mach'n? Ich krich' dat nich' hin."
„Natürlich", antwortete und zog umständlich am Plastik, dann hielt ich ihm die Kekse hin. Fenton griff schlecht nach und ich fragte ihn: „Kümmert man sich hier gut um dich?"
„Joar", meinte er nur und sah wieder nach draußen auf die graue Nebellandschaft. Kurz schwieg ich mit ihm, aber dann wollte ich, dass er wusste: „Fenton, wenn du je drüber reden willst, dann-!"
„Könn' wa' wat ausmachen?", unterbrach er mich plötzlich. Sofort war ich ganz Ohr und sah ihn aufmerksam an.
Er schluckte hart: „Lass mich damit in Ruhe. Ihr alle. Ich will nich' drüber reden und dat sollt ihr hinnehm', okay?"
Irritiert und vor den Kopf gestoßen nickte ich verunsichert: „Wenn es das ist, was du willst-!"
„Ja!", bekräftigte er. „Leg's ad acta, weg damit!"
Das hielt ich nicht für besonders klug, aber ich fragte mich, ob ich es nicht auch so haben wollte. Das Kapitel wegschließen, einfach nicht mehr dran denken und drüber reden. Ich presste die Lippen aufeinander, schließlich nahm ich mir ebenfalls einen Keks und wechselte das Thema: „Denkst du, Alex reißt mir den Kopf ab?"
„Joar", vermutete Fenton. „Parker hat gesagt, was'e gemacht hast. Bist du dämlich?"
Es fiel mir schwer das Thema dermaßen zu wechseln, das war falsch, oder es fühlte sich zumindest so an. Doch es war das, was Fenton wollte. „Ein Bisschen", gab ich also zu und grinste schief. In meinem Magen stieg Übelkeit auf, ich wollte den Angriff in den eigenen vier Wänden genauso vergessen, wie Fenton alles, was Joe gemacht hatte.
Fenton musterte mich nun, schließlich fragte er: „Suchst'e uns ne neue Bude?"
„Ich wollte, aber ich war nicht sicher, ob ihr nicht lieber... was Eigenes wollt", gab ich zu. Leicht schüttelte er den Knopf: „Ne. Finde wat, ich bin sicha, dat wollen die anderen auch."
„Dann werde ich mich drum kümmern", versprach ich leichthin und er überraschte mich: „Such nix mit Balkon, wir sitz'n eh nich' draußen. Und keenen Pool."
Meine Mundwinkel zuckten und ich zog mein Handy hervor, ich musste unbedingt ein Neues kaufen. Vielleicht auch gleich für alle: „Welche Kriterien hast du noch?" Damit kamen wir immer weiter weg von den eigentlichen Themen, aber dies war genau das, was Fenton wollte.
Erst über eine Stunde später war mein Besuch zu Ende. Fenton wirkte müde und erschöpft, also gab ich ihm die Ruhe. Penny sei dank hatte ich meinen Mut zusammen genommen und hoffte, sie würde mich in Zukunft noch oft treten.
In der Eingangshalle des Krankenhauses traf ich Alex und Mattheo. Mit festen Umarmungen begrüßten wir uns und zogen in die Cafeteria. Wir tauschten uns aus über alles, was wir wussten und ganz, wie Fenton vorausgesehen hatte, war Alex alles andere als begeistert darüber, dass ich ein Lockvogel gewesen war.
(„Ja spinnst du denn total!")
Er war ernsthaft wütend darüber und ließ sich auch nicht richtig beruhigen, dass Paul nicht weit weg war. („Und Parker gibt dafür auch noch sein Okay? Wir sollten dringend das Management wechseln.")
Mattheo wagte es einzuwerfen, ob wir überhaupt noch eines brauchen würden und das sorgte dafür, dass wir alle auf Kommando schwiegen. Denn niemand von uns wusste, wie es jetzt weiter ging.
„Fenton will eine neue WG", warf ich deshalb ein und zu meiner Verblüffung antwortete Alex: „Ich auch."
Mattheo nickte langsam: „Ja... ich möchte auch wieder so etwas Ähnliches, weil... ich habe mich da sehr wohl gefühlt."
„Also werde ich suchen dürfen", fasste ich zusammen. „Um den Umzug und den eventuellen Renovierungen kümmert ihr euch dann aber." Damit waren beide einverstanden und bevor wir uns verabschiedeten wollte Mattheo wissen, wie Fenton drauf war oder er etwas berücksichtigen sollte.
Ich gab nur das wieder, was er zuvor mir sagte: „Fenton will nicht drüber reden was passiert ist und wir haben das zu akzeptieren."
Alex und Mattheo wirkten nicht überzeugt, aber nachdem ich mich mit Nachdruck wiederholte, seufzten beide tief und versprachen sich daran zu halten. Ich hoffe, dass sie es wirklich taten.
Draußen war es schon wieder dunkel, obwohl es erst Nachmittag war. Kurz blieb ich stehen und atmete die kalte Luft ein. Obwohl die Stalker weg waren, so waren sie es auch nicht. Es fühlte sich immer noch an, als wären sie dabei.
Vielleicht, weil man spürte, was sie angerichtet hatten. Auf meinem Handy gingen zahlreiche Nachrichten ein, unter anderem von Parker, der sich nun darum kümmern wollte, dass wir nicht mehr auseinander gerissen wurden. Er erwähnte neue Handys, die uns zufriedener machten, aber er horchte auch, ob er uns Gutes tun könnte.
Prompt schrieb ich ihm, dass ich einen gescheiten Makler brauchte. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten, noch bevor ich das Auto von Niall erreichte, da versprach er, dass ich am Morgen eine Liste hatte.
Im Auto hoffte ich, dass ich nicht alleine in Nialls Heim war. Ich hatte ihn den ganzen Tag noch nicht gesehen und eine Dröhnung Namens Blondie wäre jetzt wirklich nicht schlecht. Vielleicht sollte ich etwas zu Essen besorgen, damit wir eventuell zusammen Abendessen konnten.
Doch das war überflüssig, denn als ich bei Niall ankam, da stand ein weiteres Auto vor seinem Haus. Im Inneren war Musik zu hören und Niall selbst, der den Refrain mit grölte. Ich fand ihn in der Küche, wo er am Herd stand und sich ein wunderbarer Geruch ausbreitete. Mir lief das Wasser im Mund zusammen.
Ohne mich bemerkbar zu machen, beobachtete ich Niall und obwohl das Leben gerade auf unsicheren Füßen stand, so war ich doch glücklich.
Würde er sich auch in einigen Wochen oder Monaten so um mich kümmern? Denn es war toll jemanden neben sich zu haben, der manche Dinge in die Hand nahm, wenn man selbst unbeabsichtigt stehen blieb.
Gut gelaunt schwang Niall den Kochlöffel und heizte die Wokpfanne weiter an. Ich grinste und als er sich umdrehte und mich entdeckte, da ließ er fast den Kochlöffel fallen. „Verdammt Kiddo! Erschrick mich doch nicht so!"
„Tut mir leid", sprach ich und ging zu ihm. „Was gibt's zum Essen?"
Niall machte Platz und ich sah das gebratene Gemüse, roch das Fleisch und die Soße. „Gleich ist der Reis auch fertig, was willst du dazu trinken?", fragte Niall und ich spürte seine Hand, die durch mein kurzes Haar strich.
„Ach, das ist mir eigentlich egal", meinte ich und verharrte einen Moment, dann setzte ich dazu: „Danke, dass du Penny angerufen und hergebracht hast."
„Ich dachte, du kannst es gebrauchen."
Da hatte er recht.
Und dann stellte Niall die Frage aller Fragen: „Wie war dein Tag?"
Tja, wie war er?
Erschöpfend, taub und bedrückend. Es konnte nur besser werden.
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