33 ♪ Happy

I'll sing it one last time for you

Then we really have to go

You've been the only thing that's right

In all I've done

[ Leona Lewis ]




BRIANA
║ Das Restaurant Dinner in the Dark war eine komplett neue Erfahrung. Wir mussten unsere Sachen abgeben, durften keine Handys und Uhren mitnehmen. Lichtquellen jeder Art waren verboten. Blinde Kellner würden uns in den Kellerraum führen und wenn wir etwas wollten, dann sollten wir uns an sie wenden und uns akustisch bemerkbar machen.

Louis griff nach meiner Hand, als man uns schließlich zusammen in den Keller brachte. Der Kellner hielt meine andere Hand und es kam mir in absoluter Dunkelheit vor, wie eine Weltreise, ehe wir unsere Nische erreichten. Umständlich, unsicher ertastete ich den runden Tisch und ließ mich vorsichtig auf weiches Polster sinken.

„Die Eckbank ist rund", erklärte der freundliche blinde Kellner uns geduldig. „Auf dem Tisch befindet sich die bestellte Flasche Wein, eine Flasche Wasser und zwei Gläser, sowie Besteck. Das reservierte Menü wird Ihnen in Kürze serviert." Dann klang es, als würde er uns alleine lassen.

Vorsichtig rutschte ich weiter auf die Bank und tastete am Rande des Tisches entlang. Die Geräusche um uns herum waren fremd, gedämpft und ich konnte sie nicht zuordnen. „Louis? Wo genau bist du?"

„Dir gegenüber... glaube ich zumindest", ertönte seine Stimme von irgendwo. Im Raum lief leise Musik, man hörte Geraschel und andere Gespräche. „Warte, ich rutsche etwas näher."

Angestrengt versuchte ich zu hören und zuckte zusammen, als Louis' Oberschenkel meinen berührte, wir saßen jetzt wohl nebeneinander. Hart schluckte ich und spürte mein Herz rasen.

„Hast du die Gabeln schon gefunden?", raunte Louis mir zu und ich ließ meine Finger vorsichtig über den Tisch wandern. Das Wasserglas fand ich, genauso den Wein und dann verbrachten wir eine Ewigkeit damit die Weinflasche anzubrechen.

„Scheiße", flüsterte Louis. „Was, wenn die Suppe im Schoß landet?"

Ich musste kichern: „Sieht doch keiner."

Laut lachte Louis los und ich stieß ihn in die Rippen, oder zumindest glaubte ich das. „Psst, nicht so laut", man hörte hier mehr, als in einen belebten Restaurant mit Licht.

„Aua", empörte er sich und zwickte mich zurück. „Wein, Eure Majestät?"

„Gerne", antwortete ich und dann klirrte ein Glas. Leise fluchte Louis, räusperte sich und erklärte mir schließlich: „Ich weiß nicht, wie voll das Glas ist."

Ich tastete danach und erneut berührte ich ihn. Meine Finger glitten über die seine, die das Glas festhielten. Es war seltsam, aber auch schön, denn im Alltag berührte ich Louis so gut wie nie. 

Der Wein war äußerst fruchtig und lecker, er zerging mir auf der Zunge. Wenn ich nicht aufpasste, dann leerte ich das Glas in wenigen Zügen.

„Was hast du bestellt?", fragte ich in die Dunkelheit hinein und ließ die Hände über den Tisch wandern. Mittlerweile hatte ich das Besteck gefunden und auch die Servietten. Vorsorglich faltete ich Letztes auseinander.

„Keine Ahnung", kam es von Louis und ich runzelte die Stirn: „Wie bitte?"

Er erklärte: „Man soll das Essen erraten. Alles, was ich weiß, ist, dass es ein drei Gänge Menü ist und wie alle Zeit der Welt haben."

Nun musste ich lachen: „Als ich meinte, ich will nicht in der Sun landen, da dachte ich nicht, dass du direkt das komplette Augenlicht aussperren würdest."

„Hey, das waren deine Bedingungen, ich habe mich nur angepasst", sprach er und ich glaubte seinen warmen Atem zu spüren. Eine Gänsehaut rieselte über meinen Rücken und mein Mund wurde furchtbar trocken. Aber bevor ich einen weiteren Gedanken daran verschwenden konnte, da gesellte sich der Kellner wieder zu uns.

Der erste Gang war ein herbstlicher Salat mit gebratenem Kürbis, karamellisierter Birne, Blauschimmelkäse und Walnüssen. Bis ich das allerdings raus hatte, dauerte es, die süße Birne erkannte ich erst gar nicht. Neben mir hörte ich Louis ab und an fluchen, weil er sich eine leere Gabel in den Mund steckte. Ich schmunzelte prompt.

Mit der Gabel tastete ich über den Teller, um festzustellen ob er wirklich leer war und wischte mir mit der Serviette über den Mund.

„Waren das Nüsse im Salat, und Käse?", raunte Louis unsicher und ich nickte, dann tippte ich mir gegen die Stirn, da er mich ja nicht sehen konnte: „Und Kürbis und Birnen."

„Okay, der Kürbis hat mich definitiv verwirrt, ich dachte, dass sind Süßkartoffeln", gab er zu. Als der Kellner die Teller wechselte, da erklärte er uns mit sanfter Stimme, was wir gegessen hatten, und wir lagen richtig. Das High Five ließen wir in der Dunkelheit aus. Bei meinem Glück würde ich Louis die Hand ins Gesicht drücken.

Nun, zum Hauptgang benutze ich zuerst die Nase. Mir lief das Wasser im Mund zusammen, es roch nach leichter Süße, herb und wie etwas, was ich auf jeden Fall kannte. Dieses Mal konnte ich nicht so gut erraten, was ich da aß. Irgendetwas mit warmen Klösen, Fleisch und heißer Soße, außerdem waren da Zwiebeln. Aber das fiel mir erst auf als Louis es erwähnte.

„Schmeckt es?", erkundigte er sich und ich spürte, dass er neben mir seinen Arm ausstreckte. Gelächter war von irgendwo zu hören, aber es klang, als wäre es ganz weit weg. Glas klirrte und ich zuckte nicht mehr zusammen. „Was suchst du eigentlich?"

„Meine Serviette, ich glaube, ich habe Soße gekleckert", teilte er mir mit und ich griff nach meiner: „Hier, nimm meine."

Louis brauchte etwas, bis er meine Hand fand und erneut strichen seine Finger über meine. Wäre es nicht dunkel, würde ich es merkwürdig finden, aber jetzt hatte die Geste etwas Zärtliches. Er verharrte und die Serviette wurde unwichtig.

„Du hast Klavierhände", raunte Louis.

„Was heißt das?", wollte ich wissen und die Serviette verschwand in der Dunkelheit, stattdessen streiften nun meine Fingerspitzen über seine Handfläche, sie war überraschend groß, etwas, was mir nie zuvor aufgefallen war.

„Sie sind lang und schmal", teilte er mir mit. Ich ließ die Gabel sinken und in den folgenden Minuten tat ich nichts anderes, als diese Nähe zu genießen. Alleine das Spiel unserer Hände machte mich nervös und aufgeregt.

Deshalb kam die Stimme des blinden Kellners für mich mehr als nur aus dem Nichts. Ich erschrack mich fast zu Tode und so, wie Louis reagierte, er ebenfalls. Mittlerweile war mir völlig egal, dass unsere Hauptspeise Semmelknödel-Gröstl gewesen war. Wen interessierte es, wenn man dabei war den eigentlichen Grund zu vergessen, weshalb man hier war?

Louis räusperte sich ertappt und man servierte uns den Nachtisch. Ich tastete zur Gabel, doch dann hörte ich ihn neben mir lachen und fragte: „Was ist los?"

„Wir können mit den Händen essen, warte", ich bemerkte, dass Louis versuchte das Essen an mich weiter zu reichen, ich umfasste seine Hand, um zu wissen wo sie war und dann beugte ich mich vor. Mit den Lippen schmeckte ich zuerst kalte Schokolade und schließlich etwas Fruchtiges.

Ich merkte, dass Louis die Luft anhielt und irgendwie freute ich mich darüber, dass es meinetwegen war. „Sind das Erdbeeren mit Schokolade?"

„Schätze schon. Ich wusste nicht, was du an Nachtisch magst und was nicht", gab er belegt zu und ich gestand: „Wenn du versprichst nicht zu lachen, dann verrate ich dir ein Geheimnis."

„Bin ganz Ohr", teilte er mir mit und ich räusperte mich: „Wenn ich alleine während der High School gelernt habe, dann war ich fast immer in einem Diner und habe dort immer nur Desserts bestellt. Nach einer gewissen Zeit konnte ich die ganze Karte auswendig - jedenfalls den Nachtisch und hatte für jeden Tag der Woche ein festes Ritual."

„Wenn wir von Desserts reden, von was sprechen wir da?"

„Alles was fett macht", gab ich zu und Louis lachte trotzdem laut auf: „Wärst du dann nicht aufgegangen wie ein Hefekloß?"

„Ich hatte immer ein so schlechtes Gewissen, dass ich fünf Meilen nach Hause gelaufen bin. Jeden Tag. Das hat mich wohl ein bisschen gerettet", mit den Fingern tastete ich über den Teller und nahm die nächste Schokofrucht. „Trotzdem bleibe ich dabei hartnäckig, dass Freddie erst etwas Richtiges isst, bevor er seinen Nachtisch bekommt."

Louis schnaubte belustigt: „Du weißt, dass das eine Doppelmoral ist?" Ich wollte gerade in die nächste Schokofrucht beißen, als Louis mich aufhielt, indem seine langen Finger meine Hand umfassten und ich dieses Mal seine Lippen spürte.

In diesem Moment war ich unglaublich froh, dass wir uns nicht sehen konnten. Denn mein Herz raste und ich lief knallrot an. Mir war, als würde ich Louis' Wärme durch meine Kleidung hindurch spüren.

„Das war ein Stück Banane", murmelte er schließlich und strich mit den Fingern über meine Handfläche. Es war als würde er kleine Kreise malen. „Nächstes Mal gehen wir nur Nachtisch essen, ich verspreche es."

„Wer sagt, dass du in die Verlängerung gehen wirst?", antwortete ich. „Vielleicht habe ich nach diesem Date genug?"

„Ich bitte dich, wer sagt zu kostenlosen Essen nein?", zog er mich auf und ich ertappte mich dabei, wie ich anfing den Abend mehr als nur zu genießen. Ein Date mit Louis hatte ich mir furchtbar stressig vorgestellt, aber es machte Spaß und meine Sinne konzentrierten sich auf etwas anderes.

Sein britisches Englisch fiel mir in der Dunkelheit viel mehr auf, genauso sein angenehmes Aftershave. Ich mochte wie er roch und erzählte. Das war mir bereits in Amerika aufgefallen. Louis konnte so lebhaft und lebendig von vergangenen Ereignissen erzählen, dass ich ihm Stundenlang hätte zuhören können.

Leider waren diese Momente damals rar gewesen, er hatte mehr Interesse daran sich das Hirn auszuknipsen und zu feiern. Mittlerweile schien sich das zum Glück ein wenig geändert zu haben und ich stellte fest, dass mir dieser Louis so viel mehr gefiel.

Unser Dinner in the Dark endete viel zu schnell, weil ich mich in der Dunkelheit sehr wohl fühlte. So ließen wir uns wieder nach draußen führen und der blinde Kellner hoffte, dass es uns geschmeckt hatte und wir vielleicht wieder kämen.

„Auf jeden Fall!", sprach ich und in Gedanken lud ich Penny, Sophia und El schon hier hin ein. Zumindest, wenn ich einen kleinen Bonus bezahlt bekam. Louis half mir zurück in die Jacke und dann, ohne dass ich richtig drauf achtete, da fand meine Hand seine und wir traten zusammen an die frische Luft.

„Das war wirklich nett", sprach ich vermied es ihn anzusehen. Louis grinste breit: „Falls du denkst, ich bringe dich jetzt nach Hause, hast du dich geschnitten. Ich habe Stans neue Freundin ein bisschen in die Enge getrieben als ich ihn das letzte Mal besuchte."

„Und Penny hat dich nicht gefressen?", horchte ich. Erneut lachte er: „Sie hat es versucht, aber ich habe genug Schwestern und bin bei so was kampferprobt."

Das glaubte ich ihm aufs Wort. Noch mehr wunderte es mich, das Penny sich bei mir nicht beschwerte. „Wie hast du sie besänftigt? Ich meine, sie ist nicht dein größter Fan."

„Ich habe ihr gesagt, was sie wahrscheinlich von Stan zu Weihnachten bekommt", erzählte er mir als er mir die Tür des Autos aufhielt. Irritiert runzelte ich die Stirn: „Er hat jetzt schon etwas?"

„Nein, aber es reicht, wenn sie das glaubt. Umso größer ist doch dann die Überraschung, wenn sie etwas völlig anderes bekommt", redete Louis weiter. Er fuhr los und ich wusste nicht, ob ich das besonders gut finden sollte. 

Ein bisschen gemein war es nämlich schon, dass Penny jetzt dachte, Stan würde ihr Karten für das Musical von Aladdin schenken. Leider wusste Louis nicht, was sein Kumpel eigentlich plante und ich tippte darauf, dass Stan erst wieder drei Tage vor Weihnachten einfiel, dass er noch etwas brauchte. Bei so etwas kam er nur furchtbar schwer aus dem Quark.

Louis lenkte den Wagen sicher durch den dichten Londoner Verkehr und am Ende landeten wir bei ihm zu Hause. Dort löste er Oli ab, der uns mitteilte, dass Freddie bereits schlief und der Husten tapfer bekämpft worden war. Dann wünschte er uns eine gute Nacht und verschwand nach draußen.

Kaum war Oli weg, da verlangte Louis: „Schuhe aus und ab ins Wohnzimmer. Ich komme gleich nach."

„Jawohl, Sir", salutierte ich und als ich in die weiten Räume kam, die in warmes Licht getaucht waren, da sah ich, dass die Couch nur so überquoll vor Kissen und kuscheligen Decken. Ich breitete eine dieser Decken aus und bemerkte, dass drei DVDs auf dem kleinen Glastisch lagen. Es waren die Filme der Hobbit-Trilogie.

„Süßes oder gesalzenes Popcorn?", hörte ich Louis rufen und ließ die Filme in der Hand sinken: „Was denkst du?"

Eine kurze Pause setzte ein, dann kam zurück: „Hast recht, süß ist am Besten!" 

Es dauerte ein wenig, aber als Louis mit einem Tablett zurück kam, da erfüllte der herrliche Geruch von Popcorn den Raum und ich staunte nicht schlecht. Er hatte alles für einen Kinobesuch organisiert, sogar die komischen Pappbecher, aus denen man Cola schlürfte.

„Penny hat gesagt, dass du die Herr der Ringe Filme total magst, aber es nie geschafft hast dir den Hobbit anzusehen", sprach Louis, er warf sich neben mir auf die Couch. „Ich dachte, das wäre vielleicht endlich mal ein Abend, an dem du das nachholen kannst."

„Alle drei?", echote ich skeptisch, denn Louis legte die erste DVD ein und machte sich am Menü zu schaffen: „Wäre mal ein Ziel. Du musst doch nur morgen Abend arbeiten und für den Fall der Fälle, dass wir das echt durchziehen, sind alle Teile hier."

„Dann legen wir mal besser los", behauptete ich und machte direkt: „Psst!", als Louis den Ton anmachte. „Bist du verrückt, Freddie wird glauben das Haus wird erobert!"

„Verdammt!", fluchte er und stellte den Ton sofort auf lautlos. Die Filme zu Hause zu schauen, war eine der besten Ideen, die Louis gehabt hatte. Völlig entspannt und gemütlich, ohne, dass irgendjemand ständig zum Klo musste, Leute tuschelten und gegen den Sitz traten, genoss ich den ersten Hobbit-Teil. Beim Zweiten schlief ich allerdings ein und wurde spät in der Nacht von Louis geweckt.

Erneut kroch ich ins Gästezimmer und machte mir nicht einmal die Mühe mich umzuziehen. Es war mir egal. Bestraft wurde ich am Morgen, ich war völlig gerädert und meine Glieder schwer. Meine Klamotten waren total knittrig und ich hatte das hässliche Gefühl zu stinken. Umständlich stolperte ich ins Bad, huschte unter die Dusche und ließ mich Zeit.

Bis zur Arbeit hatte ich noch mehr als sieben Stunden und da es im Haus so ruhig war, war Freddie sicher schon im Kindergarten. Es war merkwürdig zu wissen, dass Louis all dies scheinbar gut geplant gewuppt bekam. 

Früher hatte ich mehr Zeit für Freddie gehabt, zumindest kam es mir so vor. Jetzt war er es, der alltägliche Dinge mit meinem kleinen Liebling erlebte. Ich sollte mich wirklich bemühen, dass es wieder etwas ausgeglichener wurde.

Da ich nicht wieder in meine zerknautschten Klamotten wollte, nahm ich die Jogginhose vom letzten Mal und stibitze mir einen Hoodie. Louis würde hoffentlich nichts dagegen haben. Mit nassen Haaren wollte ich barfuß in die Küche und meine Lebensgeister mit einen starken Kaffee zurückholen.

Mitten auf dem Flur hielt ich jedoch inne, denn ich hörte eine nervöse unbekannte Frauenstimme.

„Erzähl mir keinen Unsinn, Louis! Ich kenne dich, seit du gelernt hast, wie man den Blinker eines Autos setzt! Also: Wo ist Harry?"

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