2 ♪ Welcome to hell

Waiting for the end to come

Wishing I had strength to stand

This is not what I had planned

It's out of my control

[ Linkin Park ]



NIALL ║ Ich hasste diesen scheiß Drecksladen.

Keine Ahnung der wievielte Tag heute war, ich wusste nur eines – ich wollte verdammt noch mal hier raus. Ganz egal, was ich auch zu essen bekam, nie behielt ich etwas besonders lange bei mir. Ich kotze mir buchstäblich die Seele aus dem Leib.

Manchmal machte ich mir nicht einmal mehr die Mühe und stand vom Bett auf. Mal traf ich einen der Eimer, mal reierte ich direkt auf den Boden. Weder meine eigene Kotze, noch ich selbst ekelte mich an.

Ich schwitze, fror, schwitze und fror. 

Meine Glieder brannten wie Feuer und wenn ich dann mal in einen komatösen Schlaf vor Erschöpfung fiel, dann war ich unglaublich dankbar. Doch jedes Mal wachte ich wieder in meinem Alptraum auf.

Diesen verdammten Raum verwünschte ich, es kam mir vor, als würde er immer kleiner werden. Die Wände schienen näher zu kommen und dann wieder zurückzuzucken.

Als ich dachte, es könnte nicht mehr schlimmer werden, da konnte ich nicht mal mehr meinen Stuhlgang kontrollieren. 

Zittern, brechen und schließlich pisste ich mich ein. Es war entwürdigend, aber mir völlig gleichgültig, wenn es doch nur endlich vorbei war.

Mittlerweile reagierte ich schon nicht mehr, wenn die Tür zu meiner Zelle aufging. Doch an diesem Morgen stellte mir kein beliebiger Pfleger das Tablett mit Essen auf den Tisch, sondern eine dunkle Stimme sprach: „Hey, aufstehen."

Schwerfällig rollte ich mich auf die Seite, ignorierte meine riechende Hose und das ich selbst wahrscheinlich das Bild eines erbärmlichen Penners abgeben musste. Der breite, kräftige Pfleger mit Ähnlichkeit zu Dwayne Johnson verzog keine Miene. „Das Bad ist frei."

„W-Was?", meine Stimme klang, als hätte ich sie Jahre nicht genutzt.

„Zeit für eine Dusche", führte er aus und schien tatsächlich darauf zu warten, dass ich aufstand. Es dauerte und barfuß humpelte ich auf ihn zu. Meine Haut war überzogen von Schweiß, die Haare klebten an meinem Kopf und jeder würde sehen können, dass ich mich eingepisst hatte.

Doch auf dem Flur begegneten wir niemanden. Und wenn, das hätte mir eh nichts mehr ausgemacht.

Dwayne Johnson führte mich in einen großen gefliesten Waschraum, er ähnelte den Duschen in der Schule. Alles war offen, die Wände auch hier weiß und das grelle Licht brannte in meinen Augen. Zu meiner Rechten lagen auf einer Bank Handtücher, Duschzeug und frische Klamotten.

„Was ist mit rasieren?", fragte ich abwesend und drehte mich langsam im Raum. Dwayne Johnson verschränkte die Arme vor der Brust und blieb mitten in der Tür stehen: „Ist nicht drin."

Abwartend sah ich ihn an, dann begriff ich, dass man mir auch hier keine Privatsphäre gönnen würde. „Ehrlich Mann? Du musst mir nicht zusehen, wie ich mir die Eier schrubbe."

Darauf ging er nicht ein und ich verzichtete hier im Bad ein Kräftemessen herauszufordern. Ich drehte ihm den Rücken zu und begann mich auszuziehen. Achtlos ließ ich die Klamotten nieder fallen und ging mit Shampoo und Seife unter die Dusche. 

Obwohl ich das lauwarme Wasser zu schätzen wissen sollte, so war ich beinahe zu erschöpft, um mir die Haare zu waschen oder mir besonders Mühe zu geben. Immer wieder drückte ich den Knopf für weiteres Wasser und blieb einfach regungslos unter der Brause stehen.

Dwayne Johnson hetzte mich nicht, im Gegenteil, er schien die Geduld von Ferdinand, dem Stier, zu haben. 

Ich glaubte, dass die Verspannung aus meinen Gliedern kroch, doch irgendwann musste ich einsehen, dass ich nicht für immer unter der Dusche stehen bleiben konnte. Frisch gewaschen fühlte ich mich nicht unbedingt besser oder erholter. Nur noch erschöpfter.

Angezogen und mit geputzten Zähnen schleppte ich mich neben Dwayne Johnson her und zu meiner Erleichterung brachte er mich in ein Behandlungszimmer. Dort wartete der Zwerg Doktor und Hulk Hogan in weiß.

„Ich werde Ihnen Blut abnehmen, Ihren Blutdruck messen und ein paar kleinere Untersuchungen anstellen, Mr Horan", erklärte mir der Arzt trocken und gleichgültig. 

Auf der Trage sitzend ließ ich alles über mich ergehen. Als er mir Blut abnahm, da glaubte ich, er würde mich mit einem Messer aufschlitzen, so weh tat es.

Zwanzig Minuten später zog sich der namenlose Arzt die Latexhandschuhe aus und notierte einiges auf einem Formular. Er sah mich nicht an während er sprach: „So weit so gut, Sie können zurück in ihr Zimmer."

„Moment!", sagte ich hastig und der Schweiß brach mir aus sämtlichen Poren. „Es ist noch nicht vorbei? Wieso muss ich wieder zurück?"

Der Arzt musterte mich ausdruckslos: „Sie haben erst fünf Tage geschafft, Mr Horan und Ihre körperliche Verfassung entspricht noch nicht den Richtlinien, um umziehen zu können. Der körperliche Entzug ist noch nicht abgeschlossen."

Ich begriff innerhalb von Sekunden, was das bedeutete. Der Horror war noch nicht vorbei, es sollte weiter gehen. Panisch griff ich nach dem Arm des Arztes und keuchte: „Nein!"

Er entwand ich meiner, doch meine Finger gruben sich fest in den Ärmel seines Kittels: „Bitte, geben Sie mir was, irgendwas – damit die Schmerzen aufhören!"

Ich merkte nicht, wie hysterisch ich wurde und als der Zwerg sprach: „Ich darf Ihnen nichts geben. Sie müssen den Entzug ohne Schmerzdämpfer ertragen."

Auf gar keinem Fall! NEIN! NEIN! NEIN!

In meinem Kopf brannten die Sicherungen durch, ich glaubte zu ersticken, sprang auf und wollte diesen dämlichen Arzt zwingen mir was zu geben. Scheiß drauf, was es war. Ich würde alles nehmen! ALLES!

Doch noch bevor ich ihn am Kragen in die Ecke drängen konnte, warf ich einen Stuhl um und wurde von Dwayne Johnson und Hulk Hogan überwältigt. Sie brachen mir fast die Arme und ich schrie unkontrolliert auf. Einer der Beiden schnappte sich meine Beine und dann drehte ich durch auf eine Art und Weise, die mir absolut fremd war.

Wie ein Wahnsinniger trat, biss und kratzte ich um mich. Es war aussichtslos, ich tat an erster Stelle nur mir weh. Trotzdem bündelte ich sämtliche Kraftreserven, die ich aufbringen konnte.

„Nein!", brüllte ich mir die Lunge aus dem Hals. „Nein! Ihr Arschgesichter! Nein! Lasst mich sofort soll! Lasst mich-"

Die Hölle wartete auf mich und ich war machtlos dagegen. 

Sie brachten mich zurück in mein Zimmer. Dass es gesäubert worden war, sah ich nicht einmal. Sobald sie die Tür vor meiner Nase zu schlugen, hetzte ich zur Tür und hämmerte unaufhörlich dagegen. „Lasst mich raus! Ich gebe auf! Ich will das nicht mehr! Bitte! Ich will-"

-alles tun, damit es ein Ende hatte.

Doch niemand hörte mich.

Kraftlos sank ich mit dem Rücken an der Tür herunter und fing jämmerlich an zu heulen. Gequälte Laute entwichen meiner Kehle und ich vergrub meine Hände in meinen feuchten Haaren. Bevor ich es selbst begriff, hatte ich mir bereits Büschel ausgerissen.

Wie lange ich wie ein Haufen Scheiße auf dem Boden saß, wusste ich nicht. Irgendwann wurde mir schwindelig und ich begann mich zum Bett zu schleppen. Ich spürte jeden Faser auf meiner Haut und glaubte, dass der Stoff schwer und brennend geworden war.

Blinzelnd sah ich an mir herunter. Nein, mit dem Stoff ist alles in Ordnung, mein Körper reagierte nur über. Wimmernd schloss ich die Augen und rollte mich zusammen. 

Womit hatte ich all diese beschissenen Qualen verdient?

Zitternd versuchte ich mich nicht zu bewegen und die schweren Krämpfe kamen zurück. Ich wimmerte, Tränen stiegen mir in die Augen und dann begann mein Alptraum von vorne. Dieses Mal noch eine Etappe schlimmer, als zuvor.

Es war erst der verdammte fünfte Tag angebrochen.

Die Worte des Zwergen Arztes hallten in meinem Kopf wieder.

Der Kreislauf ging weiter.

Ich verlor aus den Augen, wie spät es war. Immer wieder wechselte das Tablett auf meinem Tisch. 

Das Zimmer war dunkel, hell, dunkel und irgendwann nur noch grau.

Meine Gedanken bündelten sich nie. Sie blieben nie haften, es war als würde ich einfach nur unter Schmerzen existieren.

„Stehen Sie auf, Sie müssen essen", drang eine Stimme zu mir durch. Dwayne Johnson baute sich vor meinem Bett auf, ich hatte ihn nicht einmal reinkommen gehört. Imposant blieb er stehen: „Wenn Sie nicht aufstehen, dann werden Sie zwangsernährt und das wollen Sie nicht."

„So angenehm?", fragte ich fast flüsternd.

„Man wird Sie festbinden", klärte er mich auf und kurz spielte ich mit dem Gedanken, dass ich es drauf ankommen lassen würde. Noch mehr Schmerzen - die würden mich dann vielleicht endlich umbringen.

Dwayne Johnson zog mich in die aufrechte Position und half mir auf die Beine. Am Tisch atmete ich schwer und nahm es hin, dass er mir beim essen zusehen würde. Eintopf wartete auf mich, dazu Tee und Brot. Ich zwang mich zu essen, aber ich schaffte nur die Hälfte.

Als ich fertig war, hob ich den Kopf: „Wann kann ich raus?"

„Wird sich zeigen", war die Antwort von Dwayne Johnson und er sammelte das übrige Essen ein. Zwei neue Wasserflaschen gab es für mich und dann verschwand er wieder. Ich war nicht schnell genug, um hinter ihm her zu stürzen.

Meine Stimmung änderte sich in den folgenden Stunden radikal. 

Ich war von jetzt auf gleich gereizt und von null auf 180 voller Wut. Im Fernsehe lief nur Schrott, jedes Gequatsche ging mir auf die Nerven. Ich warf die Fernbedienung durch den Raum und hatte den starken Drang den Bildschirm einzutreten.

Stattdessen tigerte ich nervös und wütend durch den Raum. Stumm zählte ich die fünfzehn Schritte, die ich machen konnte. 

Länge, Breite. Länge, Breite.

„Ich will raus", hörte ich mich sagen und blickte an die Decke. Wo auch immer die Kameras hier waren. Meine Stimme hob sich und ich schrie: „Lasst mich raus!"

Der Drang Luft zu schnappen, dieser Enge zu entkommen und vor allem nicht mehr willkürlich ausgeliefert zu sein wurde übermächtig und dann, ganz plötzlich, ohne Vorankündigung fing ich an mit den Fäusten gegen die Tür zu hämmern. Ich warf mich dagegen, brüllte die Tür an und wollte sich aufbrechen.

Doch sie gab nicht einen Zentimeter nach. Auch als ich versuchte den Tisch zu verrücken, so hatte ich nicht die Spur von Erfolg.

Übelkeit stieg in mir auf und dann fing ich an zu schreien. Ich stieß wüste Verwünschungen aus, warf mich gegen die nackten Wände und glaubte mein gesamter Körper würde brennen. Als hätte man mich plötzlich mit Benzin übergossen und angesteckt.

Das ganze war Einbildung, ich wusste das, aber mein Verstand konnte die Realität nicht mit sich vereinbaren. Also tat ich das Einzige, von dem ich glaubte, es würde mich erlösen.

Ich schlug meinen Kopf gegen die Wand.

Immer und immer wieder.

„Lass es aufhören!", quälte ich mich. „Lass es einfach aufhören!"

Den Schmerz, den ich mir selbst zufügte, den spürte ich nicht einmal. Ich musste fester zuschlagen, ich musste-

„Stopp!", dröhnte Sekunden später eine Stimme. Starke Hände griffen nach mir, vor meinen Augen drehte sich alles und ich kämpfte mit sämtlicher Kraft um mein kleines Bisschen Freiheit.

„Ihr Hurrensöhne!", brüllte ich blind, doch diese verdammten Ärsche hatten kein Mitleid mit mir. Und dann taten sie das Schlimmste, was sie mir jetzt noch hatten antun können.

Unter viel Gegenwehr änderten sie mit mir den Raum, ich sah einen dritten und vierten Pfleger, meine eigene verzerrte Stimme hallte zu mir zurück und dann bekam ich Atemprobleme.

„Beruhigen Sie sich", sprach jemand durchdringlich auf mich ein, „hören Sie auf sich zu wehren. Es wird Ihnen nichts passieren."

Scheiß drauf!

Mein Blick wurde fiebrig, ich glaubte zu glühen. Galle stieg in mir auf und schließlich sah ich an eine weiße Decke. Alles drehte sich.

Atmen.

Ein.

Aus.

Von vorne.

Immer wieder.

Keine Ahnung, wie lange ich mich darauf konzentrierte, ich wusste nur, dass ich irgendwann weg war. Ausgeknipst wie eine Lampe.

Wach wurde ich, weil mein Kopf dröhnte und zuerst war ich absolut orientierungslos. Mehrmals schluckte ich hart, befeuchtete meine Lippen und drehte den Kopf nach rechts. Mein Nacken war steif.

Ich konnte mich nicht bewegen. Mein Blick glitt zu meinen Händen. Sie waren verarztet, taten weh, doch am meisten schockierte es mich, dass ich festgebunden war. Hastig hob ich den Kopf an, ignorierte das Dröhnen und sah auf meine Beine. Auch die ließen sich nicht mehr bewegen.

„Keine Panik", sprach Dwayne Johnson zu meiner rechten und ich zuckte zusammen. Sofort ging mein Puls hoch und ich verlangte mit kratziger Stimme: „Machen Sie mich los!"

„Nein", widersprach er mir und ich brüllte ihn an: „Sofort!"

Jeder Faser meines Körpers war in Wut getränkt. Augenblicklich stemmte ich mich gegen die Freiheitsberaubung und versuchte meinen Willen durchzusetzen. Heftig wollten meine Beine strampeln, ich zerrte mit den Händen an den dicken Lederschellen und tat mir damit nur selbst weh.

Die Muskeln in meinen Armen gaben zu schnell nach, sie waren erschöpft und erbärmlich schwach.

„Wir haften für Sie. Wenn wir Sie losbinden, dann fügen Sie sich selbst Schaden zu", hörte ich Dwayne Johnson sagen. Er stand von seinem Stuhl auf und notierte etwas in einer Akte. 

Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, setzte er hinzu: „Sie haben Ihren ersten Besuch."

Ich schnaubte und brüllte ihm hinterher: „Ich will keinen verfickten Besuch! Ich will hier raus!"

An der Tür nickte Dwayne Johnson jemanden zu, dann schob sich jemand an ihm vorbei.

Ein unscheinbarer Mann, der an einem Stock ging und ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte, betrat den Raum. Edward Norton für Arme blieb kurz stehen. Hinter ihm schloss sich die Tür.

„Scheiße Mann, was kommt jetzt noch!", entwich es mir.

Darauf ging der Typ nicht ein. In Jeans, einem blauen Pullover und abgetretenen Turnschuhen humpelte er auf den Stuhl zu, doch statt sich zu setzten, blieb er an meinem Bett stehen. Wässrige Augen musterten mich, dann sprach er mit klarer Stimme: „Einen angenehmen Tag."

„Das Angenehm kannst du dir in den Arsch schieben!", behauptete ich provokant. „Am Besten humpelst du mit deinem Stöckchen hier wieder raus, bevor du noch krüppeliger wirst."

Ein schmales Lächeln umspielte seine Lippen: „Sie sind sehr charmant, Mr Horan, allerdings lässt Ihre Höflichkeit zu wünschen übrig. Darf ich mich setzen?" Mit dem Stock stieß er gegen den Stuhl.

„Das ist mir doch egal!", blökte ich ihn an. Ich war so abgestumpft, dass ich nicht einmal bemerkte, wie ruhig er blieb.

„Es sollte Ihnen nicht egal sein", korrigierte er mich und stand noch immer. Seine Haltung war leicht schief und ich sah an die Decke: „Was zum Teufel wird das?"

Der Kerl atmete tief durch, dann erklärte er: „Ich bin die beste Gesellschaft, die Sie heute kriegen werden, wenn Sie es gestatten."

Wütend musterte ich ihn.

Er fuhr fort: „Wenn Sie nicht reden möchten, dann bin ich einfach nur anwesend. Wenn ich gehen soll, dann werde ich das tun und morgen werde ich noch einmal zurückkommen und dann übermorgen und jeden weiteren Tag, den Sie brauchen", er wedelte mit der Hand in der Luft herum.

„Sie können mich losbinden!", zischte ich und dann überraschte er mich.

„Ja, das könnte ich tun. Allerdings müssen Sie mir eine Frage richtig beantworten", kam es von ihm. 

Ich war so verblüfft, dass ich im ersten Moment nichts sagen konnte. Dies nutze er aus und fragte noch einmal: „Darf ich mich vorher setzten?"

„Von mir aus", spottete ich und merkte, dass mir das Atmen schwer fiel. Es ermüdete mich.

Als der Typ sich hinsetzte, da schien er mein Gesicht zu studieren: „Es tut mir leid, dass wir zu solchen Maßnahmen greifen mussten, aber wir möchten verhindern, dass Sie sich weitaus schlimmer verletzten, als Sie es bereits getan haben." Er tippte sich mit den Zeigefinger an den Kopf: „Zum Glück haben die Kollegen schnell reagiert und Sie haben nur eine Platzwunde."

Interessierte mich doch nicht!

Ich hob den Kopf: „Wie ist die beschissene Frage!" Wenn er hier ein längeres Schwätzchen halten wollte, dann sollte er sich verpissen.

Die Miene des Strickpullis wurde wachsamer und dann sprach er: „Weshalb sind Sie hier?"

Ich war kurz davor in die Luft zu gehen. Einen Schwall Verwüstungen warf ich ihm an den Kopf, ich verfluchte meine angeblichen scheiß Freunde, diesen erbärmlichen Vertrag. Man ließ mir keine Wahl und die Wahl nicht zu haben war erniedrigend.

Der Bubi ließ mich toben, fluchen und blieb einfach sitzen. Er machte mich nicht los und das verriet mir, dass ich ihm nicht die Antwort gegeben habe, die er hören wollte. Stattdessen meinte er: „Sie brauchen Schlaf."

„Sag mir nicht, was ich brauche!", tönte ich. „Spiel dich nicht auf, als wärst du-"

„-Ihr Vormund?", unterbrach er mich freundlich. „Nein, das bin ich nicht. Mein Name ist Raymond, Sie können mich Ray oder Ree nennen. Allerdings erst, wenn Sie beschließen Ihre Umgangsformen ein bisschen höflicher zu gestalten."

„Hat man dir ins Hirn geschissen oder was?", spukte ich ihm entgegen, als ich sah, wie er sich ungelenkt erhob. Doch der Depp ließ sich nicht provozieren. Im Gegenteil.

Das freundliche Lächeln auf seinen Lippen blieb.

Ich wollte es ihm aus dem Gesicht schlagen. Hier und jetzt sofort!

Als sein Blick den meinen traf, da wurde mir jedoch das erste Mal seit Tagen etwas klar. Raymond wusste, was ich dachte, fühlte und wie sehr ich mich quälte. Er war genau hier gewesen. Irgendwann einmal.

Ich spürte den Verband an meinen Händen, registrierte meinen heftigen Atem und meine aufgeplatzten Fingerkuppen.

Das Böse war nicht der Zwerg Doktor, die Pfleger oder die Raymond-Fresse.

Der eigentliche Feind war ich selbst.

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