7 | Judy | wonderboy

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»Pepper, hast du noch die Gästeliste?«

Die Angesprochene sitzt mit einem Notebook auf dem Schoß auf der Couch im Wohnzimmer. Wo Dad ist, weiß nur der Herr selbst. Sie sieht auf. »Sicher doch. Wofür?«

Ich öffne den Mund. Halt, wenn ich sie nach Nikolai Orlovs Nummer frage, will sie bestimmt wissen warum. Aber ich habe Nadia versprochen, nur Dad von der Sache zu erzählen.

»Also?« Pepper sieht mich abwartend an.

»Ich, äh, brauche eine Telefonnummer.« Vielleicht gibt sie mir die Liste einfach so.

»Eine Nummer.« Sie klappt das Notebook zu und sieht mich allwissend an. Ahnt sie etwas? Okay, vielleicht war das hier eine dumme Idee und ich sollte einfach das Sicherheitssystem des Towers hacken. »Du magst diesen Brooklyn, oder?«

Brooklyn? Wie kommt sie denn darauf, um ihn geht es doch gar nicht – Sekunde.

»Jaaa, genau«, bestätige ich nickend. »Brooklyn Nicholsons Nummer. Um – um ihm zu schreiben. Als, äh, Dank für die Party...?«

»Mal sehen, was sich machen lässt.« Pepper geht zu einem nahen Tisch und blättert in einem Ordner. Als sie das richtige Blatt gefunden hat, reicht sie es mir. »Tony hält nichts von ihm, weißt du«, sagt sie.

»Ja, ich weiß. Aber in wie vielen Fällen vertraust du schon seinem Urteilsvermögen?« Ich sehe mir die Liste kurz an. Zwischen Nicholson und Orlov stehen nur zwei andere Namen. Perfekt. »Danke Pepper, du bist die Beste.« Ich drücke ihr einen Kuss auf die Wange und gehe federnden Schrittes zurück nach oben.

Aber soweit komme ich nicht. Aus dem Fahrstuhl – unserem Privatfahrstuhl! – steigen drei Männer, zwei von ihnen in Schutzwesten. An der Jacke des dritten prangt ein Logo. SHIELD. Verdammt. Die müssen den Verursacher des Notsignals getrackt habe. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es gerade mal zwanzig Minuten her ist, seit ich versucht habe, das Video aufzurufen. Die sind ganz schön langsam. Ehrlich, von SHIELD hätte ich mehr erwartet.

»Wir wollen Stark sprechen«, sagt einer der Agenten.

Ich mustere ihn aus zusammengekniffenen Augen. Groß, muskulös, scharfe Gesichtszüge und kantiges Kinn. Eigenmarke Spitzenagent. »Sie stehen vor einer Stark«, antworte ich. Falsch liege ich nicht, da hätte er sich präziser ausdrücken müssen.

Er verzieht keine Miene, auch wenn sein Augenlid zuckt. Yep, definitiv ein SHIELD-Agent.

»Wir haben einen Sicherheitsbruch in den Datenbanken entdeckt«, meldet sich jetzt der Mann ohne Schutzweste zu Wort.

Ich tue auf unschuldig. »Und dann kommen Sie in den Avengers-Tower? Wieso, geht es um die nationale Sicherheit?«

»So in der Art. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden verschärft, aufgrund des–«

Der emotionslose Agent hinter ihm stößt ihn gegen die Schulter. »Byron. Das sind streng vertrauliche Informationen.«

Ich verlagere mein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. »Wow, hört sich ja richtig ... geheim an.« Also läuft doch irgendwas Besonderes bei SHIELD. Vielleicht hätte ich Steve und Natasha fragen sollen, ihre Antworten wären zumindest aufschlussreicher gewesen. Vor allem bei Steve, der ist ein unglaublich schlechter Lügner.

»Du verschwendest unsere Zeit. Wo ist Stark?«

»Hey, Cowboy, nicht so hastig. Lassen Sie meine Tochter in Ruhe, was will SHIELD diesmal von mir?« Dad kommt die Treppe herunter und stellt sich so, dass ich halb verdeckt werde.

Der Agent sieht mich böse an. Ich starre zurück. Insgeheim strecke ich ihm die Zunge raus. Idiot. Geht das nicht freundlicher?

»Mr. Stark«, sagt der Mann namens Byron und schiebt seine Brille hoch. »Wir sind hier hergekommen aufgrund eines Sicherheitsverstoßes in den SHIELD-Servern.«

»Ich hab Ihnen doch gesagt, die Firewall ist nicht sicher, haben Sie keine Leute für diesen Job?«

»Das Signal kam von hier. Aus Ihrem Tower.« Byron tippt auf einem Tablet herum. Dad wirft einen Seitenblick zu mir. »Wir müssen alle Computer überprüfen, da die IP-Adresse nicht erkannt werden konnte.«

Ich entspanne mich ein wenig. Sie wissen also nicht, dass ich es war. Das ist gut. Aber ganz ehrlich, was wollen sie schon tun? Eine Kindersicherung einrichten?

»Das halte ich für keine gute Idee«, sagt Dad. Anscheinend ist auch er vom Vorschlag des Agenten nicht begeistert. »Was ist überhaupt passiert? Habe ich das Recht, das zu erfahren, oder ist das auch streng geheim?«

»Sie müssten es wissen, schließlich haben Sie versucht sich reinzuhacken.«

»Ward.« Der Agent neben ihm wirft seinem Partner warnende Blicke zu. »Mr. Stark, erzählen Sie uns doch, womit Sie vor–« Er sieht auf seine Uhr, »siebenundzwanzig Minuten beschäftigt waren.«

Alle drei SHIELD-Agenten sehen ihn an. Das wäre eigentlich der perfekte Moment für mich, mich unauffällig davonzustehlen. Dad wird mich unter keinen Umständen verpfeifen.

»Ich wollte mich nur bei SHIELD einloggen, die News checken, das Übliche.«

»Sie haben kein Benutzerkonto mehr.«

»Ja, das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum es nicht funktioniert hat.« Er zuckt mit den Schultern. Holt er mich da gerade raus? Mir wäre schon selbst eine gute Ausrede eingefallen, aber das hier ist besser.

»Wir müssen trotzdem die Computer überprüfen...«

»Kommen Sie schon, ich habe gestanden, was wollen Sie noch?«

Agent Byron zieht ein nachdenkliches Gesicht. Schließlich nickt er. »Ich werde es dem Director melden müssen. Sie kommen mit einer Verwarnung davon. Wir behalten Sie im Auge, Mr. Stark. Noch so ein Verstoß, und es wird härtere Konsequenzen geben.« Er packt das Tablet wieder ein und bedeutet den anderen Agenten, ihm in den Fahrstuhl zu folgen.

Dad tritt zwei Schritte zur Seite und winkt ihnen mit einer Hand hinterher.

»Wir behalten Sie im Auge, Mr. Stark!«, ruft Byron zum Abschied.

Bevor sich die Türen schließen, höre ich den anderen Typen noch murmeln: »Stark würde keinen Alarm auslösen, dafür ist er zu clever. Jemand anderes muss es gewesen sein.« Ein finsterer Blick wandert zu mir, dann sind die drei verschwunden.

Ich will ebenfalls gehen.

»Moment.«

Ach komm schon, kann ich nicht einfach in Ruhe in mein Zimmer gehen? Langsam und genervt drehe ich mich zu Dad um. »Ja?«

»Du hast einen Alarm ausgelöst? Weil du dich bei SHIELD einhacken wolltest?« Er verschränkt die Arme und sieht mich an, als erwarte er eine Antwort.

»Ist ja nicht so, dass das die Firewall des Pentagon war.«

»Die hab ich schon in der Highschool geknackt. Und das ist der Punkt: Soll ich sauer sein, weil du es nicht geschafft hast, oder weil du es überhaupt getan hast?«

»Ich war fast drin! Nächstes Mal bin ich vorsichtiger«, verspreche ich.

»Nein, es gibt kein nächstes Mal! Du hältst dich von SHIELD fern, hörst du? Du sollst nicht schon mit Fünfzehn einen negativen Eintrag in ihren Akten bekommen. Und noch mehr Ärger können wir nicht gebrauchen.«

»Das interessiert dich doch sonst nie! Damals auf dem Helicarrier hast du auch das gesamte System gehackt, und hast SHIELDs geheime Pläne mit den Waffen gefunden!« Ich halte inne. Scheiße. Mal wieder habe ich geredet, ohne nachzudenken.

Dad kommt einen Schritt näher, aber ich sprinte auf die Treppe zu. »Du willst geheime Informationen von SHIELD? Worüber? Hey, ich rede mit dir!«

»Über gar nichts! Vergiss es einfach«, rufe ich oben angekommen.

»Judy!«

Ich knalle meine Zimmertür zu. Wieso interessiert ihn das so brennend? Er hält sich genauso wenig an Regeln, schon gar nicht, wenn's um SHIELD geht. Wütend werfe ich die Liste auf meinen komplett überfüllten Schreibtisch. Jetzt werde ich mich erst recht bei SHIELD einhacken.


»Ich bin dann mal kurz weg!«, rufe ich in die Küche.

Pepper steht am Tresen und sieht auf die Uhr. »So spät noch?«

»Es ist gerade mal um sechs.«

»In Ordnung, aber komm nicht zu spät zurück. Mrs Jensen kocht heute.«

Mit einem »Bis dann!« steige ich den Fahrstuhl. Unten angekommen rolle ich auf meinen Inlinern durch die Lobby und fange mir dabei wieder entrüstete Blicke von Mrs Clark ein, die gerade auf dem Weg nach draußen ist.

Der Grund, warum ich die Inliner genommen habe: Ich will die neuen Rollen ausprobieren und auf Stabilität prüfen. Daran saß ich den ganzen Tag. Noch dazu habe ich das GPS-Gerät bei mir, auch wenn mittlerweile alle Daten bei Tess abgespeichert sind. Aus Sicherheitsgründen, falls noch jemand vorhat, mich umzufahren. Tess leitet mich erst Richtung Norden, und dann über die Queensboro Bridge in den New Yorker Stadtteil Queens. Bin ich hier wirklich richtig? Das letzte Mal war ich im Central Park. Also wurde das Objekt verlegt, vielleicht in eine Lagerhalle. Laut Tess bewegt es sich nicht.

Als ich an einem Asia Restaurant vorbeifahre, gibt der rechte Inliner ein hässliches Knacken von sich. Ich schlingere gegen eine Laterne und kann nur mit Mühe einen Totalschaden verhindern. Dabei war ich mir doch so sicher, dass die neuen Rollen halten werden! Beim näheren Betrachten erkenne ich, dass eine der Schrauben rausgeflogen ist. Zu abgenutzt. Super, jetzt darf ich laufen.

»Noch drei Blocks die Straße entlang, das Ziel befindet sich links«, informiert mich Tess.

In der Spiegelung eines Schaufensters bemerke ich einige verdächtig aussehende Männer, die sich in meine Richtung bewegen. Es sind wenig andere Menschen unterwegs, deswegen fallen sie besonders auf. Nervös beschleunige ich meine Schritte, die Inliner in meiner Hand. Die Männer ebenfalls. Ich werde immer schneller, und fange schließlich an zu rennen.

Auf einmal werde ich in einen Hauseingang gezogen. Zu überrascht, um aufzuschreien, bleibe ich still stehen. Die Männer laufen an mir vorbei, und ich könnte schwören, dass einer von ihnen der Agent war, der gestern bei uns im Tower stand. Werde ich etwa von SHIELD verfolgt?

Ich atme aus, dann drehe ich meinen Kopf zu meinem Retter. Irgendwoher kommt er mir bekannt vor. Dunkelblonde Haare, braune Augen, er müsste etwa in meinem Alter sein. Nein, noch nie gesehen.

Mit zusammengezogenen Augenbrauen mustert er mich.

»Äh...«, sage ich.

»Du muss vorsichtig sein. Die verfolgen dich schon seit einiger Zeit«, fällt er mir ins Wort. Bevor ich antworten kann, schließt er die Haustür auf und tritt zur Seite. »Nach dir.«

»Äh, ich kenne dich doch gar nicht.«

»Wahrscheinlich nicht, aber ich weiß, wer du bist. Und wenn du jetzt wieder raus auf diese Straße gehst, könnte es brenzlig für dich werden.«

Ich habe die Wahl: gruselige Typen auf dunklen Straßen, oder ein Junge, der mich in fremde Wohnungen einlädt. Seufzend schiebe ich mich an ihm vorbei durch die Tür.

»Die Treppe hoch gleich links«, sagt der Unbekannte.

Oben angekommen schließt er die Wohnungstür auf und wirft den Schlüssel in eine Schale auf einer Kommode. Unsicher bleibe ich stehen, bis der Junge mich in ein Zimmer weist. Es ist sehr wahrscheinlich seins, und nicht viel größer als mein Bad. An einer Wand hängen Poster und Bilder der Avengers neben Zeitungsauschnitten, auf dem Schreibtisch stapeln sich diverse Comichefte. Das Schulzeug wurde wahllos daneben hingeworfen.

»Du... magst also die Avengers?«, frage ich, obwohl die Antwort ziemlich offensichtlich ist.

»So in etwa. Und du bist Starks Tochter?« Er setzt sich auf seinen Schreibtischstuhl.

Mit verschränkten Armen nicke ich in Richtung eines der neueren Zeitungsauschnitte. Dad, Pepper und ich auf der Gala. Ich grinse ziemlich dämlich. War das das beste Bild, das sie von mir hatten? »Das weißt du anscheinend schon. Übrigens ist das minimal gruselig. Und du bist...?«

Jetzt fällt ihm auf, dass er sich noch nicht vorgestellt hat. »Oh, ich bin Matthew. Matt«, sagt er.

Bevor wir hier noch weiter um den heißen Brei herumreden, komme ich direkt zur Sache. »Also. Matt. Du sagtest, diese Männer, wer auch immer die waren, beobachten mich schon etwas länger. Ich frage mich nur, woher du das so genau weißt.«

»Naja, das ist ein wenig schwierig zu erklären«, sagt Matthew und fährt sich durch die Haare.

»Kein Problem, ich hab Zeit.« Um meine Aussage zu bekräftigen setze ich mich auf die Bettkante und sehe ihn abwartend an.

»Sie überwachen dich.«

»Die Frage ist hier eher, wer wen überwacht«, werfe ich ein.

»Du vertraust mir nicht?«, fragt er gekränkt.

»Wieso sollte ich – hey, wir kenne uns seit zehn Minuten und ich kenne nur deinen Namen, also wie wär's mit 'ner Kennlernrunde? Hi, ich bin Judy, ich hasse Fisch und bin allergisch gegen Katzen, mein Sternzeichen ist Waage und mein Hobby ist es, bei fremden Leuten in Queens rumzuhängen.«

Matt seufzt und murmelt: »Das wird schwieriger, als ich dachte. Also, ich will ganz ehrlich zu dir sein.«

»Das hoffe ich doch.«

»Hör einfach zu. Und bitte... flipp nicht aus.«

Ich runzele die Stirn. Er steht auf, sieht aus dem Fenster und zieht die dunkelblauen Vorhänge zu. Ein mulmiges Gefühl macht sich in mir breit.

»Dein Vater, Tony Stark alias Iron Man ist Teil der Avengers-Initiative, richtig? Aber er arbeitet normalerweise für niemanden, oder?«

»Nein, ganz sicher nicht. Er entwickelt nur irgendwelche Sachen und entweder nutzt er sie für sich selbst, oder, wenn sie wirklich nützlich sind, bringt er sie durch Pepper in die Firma ein. So wie die Iron League.«

»Aber es gibt Leute da draußen, die diese Erfindungen auch haben wollen.« Gedankenverloren starrt Matt seine Wand mit den Postern an.

»Das ist klar. Deswegen ist der Tower, vor allem die Labore, sehr gut geschützt. Da kommt niemand ohne Erlaubnis rein.«

»Vielleicht müssen sie das nicht. Vielleicht versuchen sie, das System von innen heraus zu zerbrechen.«

»Warte, wen meinst du mit sie?«, frage ich verwirrt.

Matthew packt mich an den Schultern. »SHIELD ist korrupt! Sie – sie wollen Starks Waffen, und sie benutzen, um Schaden anzurichten!«

»Woher willst du das bitteschön wissen?« Dieser Typ ist komplett verrückt. Ich sollte dringend hier weg. Verärgert entwende ich mich seinem Griff.

»Ich – ich ahne es halt.«

»Das wird mir zu blöd hier.« Ich mache Anstalten, aus dem Zimmer zu gehen, doch Matthew hält mich am Handgelenk fest. Mit zwei Griffen habe ich mich befreit und verdrehe nun seinem Arm. Schmerzerfüllt keucht er auf. Ich lasse ihn los. Er reibt sein Handgelenk.

»In Ordnung. Ich zeige es dir. Renn nur nicht weg. Bitte.«

Ich lehne mich an den Türrahmen. »Gut. Du hast fünf Minuten.«

Matthew setzt sich im Schneidersitz auf sein Bett. »Kennst du den Comicladen zwei Straßen weiter?«, fragt er.

»Ich bin nicht so oft in Queens unterwegs, also nein.«

»Okay, auch egal.« Er schließt konzentriert die Augen. Und dann verharrt er in dieser Position, als würde er meditieren. Es passiert nichts.

Ich sehe auf die Uhr. »Okay, ich gehe jetzt. Deine Zeit ist um.« Er reagiert nicht. Auch als ich mit meiner Hand vor seinem Gesicht herumwedele, zeigt er keine Regung. Langsam wird es gruselig. »Hallo?« Ich will seine Schulter berühren, aber meine Hand gleitet einfach durch ihn hindurch. Was zur Hölle. Ich starre auf meine Hand, die ein blauer Schimmer umgibt. Eine Illusion. So wie die, die Loki damals auf dem Helicarrier erschaffen hat. Verdammt, was ist dieser Typ nur?

»Wieder da.«

Eine Stimme lässt mich herumfahren. Da steht Matthew, lässig an seinen Schrank gelehnt. Er wirft das Comicheft, das er in der Hand hält, vor mir aufs Bett. »Die Abenteuer von Captain America, Band 142.«

Irritiert starre ich das Heft an. »Wo hast du das her?«

»Aus dem Comicladen.«

»Moment, stopp mal.« Ich fahre mir übers Gesicht. »Was ist gerade passiert? Du warst hier, doch ich konnte durch dich hindurchfassen, also warst du nicht richtig da. Kannst du dich etwa–«

»Teleportieren, genau. Eine spezielle Art davon, ich kann mein Bewusstsein in Hologramme verlagern.«

»Du–« Ich bin baff. Wie... Mein Kopf ist wie leergefegt. Dann kommt mir der Grund, warum ich hier bin wieder in den Sinn. »Du bist die Quelle. Du warst es die ganze Zeit, das GPS-Gerät hat mich zu dir geführt.«

Er nickt langsam.

Ich starre ihn an. »Warte, heißt das, der Typ im Park...«

»Ja, das war auch ich. Sorry dafür.«

»Du hast das GPS-Gerät zerstört.«

»Das war keine Absicht, wirklich. Ich wusste nicht, dass du mich aufspüren wolltest.«

Ich betrachte ihn scharf. »Aber deine Haare waren anders...«

Er räuspert sich. Plötzlich scheint sein Gesicht zu schmelzen, blaue Funken blitzen aus seinen Augen – nur dass es nicht mehr seine Augen sind, sondern die von Captain America. Steve Rogers.

»Captain America also.« Ich schließe für einen kurzen Moment die Augen und atme tief durch. Ich sitze bei einem Jungen, mit den dunkelbraunsten Augen, die ich je gesehen habe, in seinem Zimmer, während er mir seine Superkräfte zeigt. Überhaupt nicht merkwürdig. Auf sowas war ich heute nicht vorbereitet. Als ich wieder aufsehe, starrt mir mein exaktes Spiegelbild zurück. Es sieht eins zu eins so aus wie ich, von den langen, dunkelbraunen Haaren über die geschwungenen Lippen bis zum Muttermal über der linken Augenbraue. »Das ist gruselig«, sage ich.

»Ich find's eigentlich ganz lustig«, sagt Matt und verwandelt sich wieder zurück.

»Okay«, gebe ich mich geschlagen. »Ich weiß zwar immer noch nicht ganz, ob ich dir vertrauen kann – oder eher sollte – aber ich werde dir zumindest zuhören.«

Er grinst. »Gut.«

»Du meintest, es ginge um SHIELD.«

»Ja. Dieses GPS-Gerät – du konntest mich damit aufspüren, richtig? Also hätte SHIELD das auch gekonnt. Sie haben gesagt, sie hätten mein Ortungsgerät zerstört, aber wie's aussieht gab's wohl noch eins.«

»Bruce Banner hat es hergestellt.«

»Dann ist er da auch mit drin. Judy–« Matt zögert kurz. »Ich habe besondere Kräfte, und es gibt noch mehr Leute da draußen, die so sind wie ich. SHIELD will sie aufspüren und überwachen, aber das können sie einfach nicht tun.«

Ich könnte etwas antworten wie ›Nein, SHIELD beschützt die Menschen‹ oder ›Leute mit besonderen Fähigkeiten leben genauso frei und unüberwacht wie alle anderen‹, aber das hier erinnert mich zu sehr an mein Gespräch mit Brooklyn. Und wenn zwei Personen unabhängig voneinander behaupten, dass SHIELD in böse Machenschaften verstrickt ist...

»Woher weißt du das?«, frage ich nach einer kurzen Denkpause.

»Ich, äh, also ich werde trainiert, von ehemaligen SHIELD-Agenten, die nicht mehr für diese Organisation arbeiten. Stattdessen beschützen sie Leute wie mich.«

Ich kaue auf meiner Unterlippe. Es will einfach nicht in meinen Kopf. SHIELD sind die Bösen.

Matt sieht meine Verwirrung. »Ja, am Anfang hatte ich auch Zweifel, aber sieh dir nur die ganzen Beweise an. Davon abgesehen... Manchmal habe ich auch diese... Visionen. Meistens zeigen sie Ereignisse, die in ein paar Stunden oder Tagen passieren. Aber seit letzter Woche sehe ich immer wieder das gleiche Bild – Etwas Großes, das vom Himmel fällt, eine Stadt zerstört und den SHIELD-Adler.«

Ich hebe meine Hände. »Warte mal, du hast auch Visionen? Okay Wonderboy, was kannst du noch? Laserstrahlen aus den Augen schießen?« Es wird immer schräger. Wie hat er diese Superkräfte überhaupt bekommen?

In diesem Moment wird die Wohnungstür aufgeschlossen. »Matt? Bist du da?«, ruft eine weibliche Stimme.

Schnell reißt er die Vorhänge wieder auf und verteilt sein Schulzeug auf dem Schreibtisch.

Da lugt auch schon der Kopf von Matthews Mutter durch die Tür. »Ich hab Essen vom Chinesen mitgebracht. Falls du Hunger hast.« Ihr Blick fällt auf mich. Sie stutzt. »Judy?«

»Mrs Manson«, sage ich, nicht weniger überrascht.

»Was machst du denn hier?« Sie sieht zwischen Matt und mir hin und her.

»Äh, also ich–« Gerade jetzt fällt mir wirklich keine gute Erklärung ein. »Ich wollte eigentlich auch gerade wieder gehen«, sage ich stattdessen.

Mrs Manson hebt die Augenbrauen, so wie sie es immer tut, wenn ich keine Lust mehr habe, die Literatur-Aufgaben zu lösen, geht dann aber wieder aus dem Zimmer.

Ich sehe auf mein digitales Armband. »Ich sollte wirklich gehen. Sonst macht sich mein Dad Sorgen.«

»Warte«, sagt Matt und kritzelt etwas auf einen kleinen Zettel, den er dann mir reicht.

»Was ist das?«

»Meine Nummer.«

Ich starre ihn an. Mal wieder. Judy, kannst du damit auch mal aufhören?

»Nur falls du... Naja, für den Fall, dass – wegen der Sache mit SHIELD und so. Falls du noch mehr herausfindest. Oder ich«, erklärt er stockend. Dann begleitet er mich zur Wohnungstür. »Judy. Diese Vision was wirklich beunruhigend. Viele Menschenleben stehen auf dem Spiel, und es wird die Schuld von SHIELD sein.«

»Ja, ich... sehe, was ich machen kann«, sage ich und wende mich zur Treppe. »Dann... bis irgendwann mal wieder.«

»Steinbock«, ruft Matt mir hinterher. Ich drehe mich kurz um und sehe ihn fragend an. »Mein Sternzeichen. Nur so. Jetzt weißt du schon zwei Dinge über mich.«

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Yay, die beiden haben sich dann auch endlich mal getroffen xD

Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen, ich geh dann weiter meine sieben Stunden Matheaufgaben weitermachen. ;-;

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