Kapitel 41

Nach meinem erfolgreichen Ausflug zum Bahnhof nahm ich mir vor unbedingt Brad darauf anzusprechen, wenn wir uns heute treffen würden. Ich müsste lügen, wenn ich behauptete ich wäre nicht nervös, denn mein Herz hatte schon am gestrigen Abend beschlossen nur noch im Marathon-Modus zu schlagen. Von diesem Treffen hing so viel ab, vor allem weil es die erste Mission nach meinem gravierenden Fehlschlag bei der letzten im Sommer war. Ich hatte sie mit großem Tamtam verhauen und alle zogen mich mit der Sache auf oder verwendeten es gegen mich. Deshalb war ich sehr versessen darauf mein allerbestes mit Sternchen zu geben.

Deshalb war ich auch schon eine halbe Stunde früher im Park und observierte die Gegend. Ich hielt Ausschau nach entweder Brad oder den zwei Typen vom Bahnhof gestern oder dem Mädchen, das mich Samstag vor Brad und seinen Drogengeschäften gewarnt hatte. Aber niemand von ihnen konnte ich im Park entdecken. Zumindest keinen außer Brad, denn der war pünktlich zur verabredeten Zeit da und sah sich suchend im Park um.

Dank Katys Schminkkünsten sah ich wieder fünf Jahre älter aus, was mir bei diesem großen Typen etwas selbstbewusstsein zuflößte. Schnell überprüfte ich noch einmal den Sitz meiner Haare, das Abhörgerät in meiner inneren Jackentasche und Lucys Traubenzuckerpulver in meiner rechten Außentasche. Alles saß an Ort und Stelle und ich holte noch einmal tief Luft, bevor ich mich ihm stellte.

Ich schlenderte locker auf ihn zu und lächelte freudig, als ich ihn sah. "Hey!", sagte ich fröhlich. Brad guckte mich erschrocken an, er hatte mich wohl nicht kommen gehört und sagte verwirrt:"Hi. Schön dich zu sehen...äh..." Da fiel mir auf, dass ich zwar Dank des Mädchens wusste, wie er heißt, aber er nicht wie mein Name war. Oder besser mein falscher Name. "Desirée", ergänzte ich deshalb schnell. "Ah ja, ich bin Brad.", sagte er ausdrucklos.

"Wollen wir ein bisschen durch den Park gehen?", fragte er mich und ich nickte.

"Also, du bist hier erst hergezogen?", fragte er mich nach ein paar Schritten. "Ja, vor ein paar Wochen. Meine Eltern haben hier irgendwas mit der Arbeit zu tun, aber ich sehe sie kaum.", plapperte ich den auswendig gelernten Steckbrief meines Charakters Desirée herunter.

"Ah ja. Dann hast du bestimmt am Bahnhof eine Freundin von dir abgeholt, was?", fühlte er mir auf den Zahn. Ich versuchte mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen und achtete auf meine lockere Körperhaltung. "Mmh, ja. Sie hat mich kurz besucht.", sagte ich möglichst neutral und hoffte, dass er meinen Sprung in den Bus nicht gesehen hatte. "Achso.", sagte er. Schon allein, dass er mich nach meinem Bahnhofsbesuch fragte, legte die Tatsache offen, dass dort etwas sein musste, was in irgendeinerweise wichtig für diese Organisation war.

Mittlerweile waren wir in einem halbwegs leeren Teil des Parks und es kamen uns nur noch vereinzelt Leute entgegen. Brad ging auf eine von Büschen und Bäumen verborgene Bank zu und setzte sich.

"Ich will es kurz machen. Bist du interessiert an dem Zeug oder nicht?", fragte er mich und ich brauchte nicht lange, um zu verstehen, dass von den Drogen redete. Ich zuckte die Schultern. "Schon, aber im Moment bin ich noch versorgt.", sagte ich und zog das Traubenzuckerpulver aus meiner Tasche. Brad guckte ziemlich erstaunt aus der Wäsche, als ich es in meine Handfläche legte. Dann grinste er. "So eine bist du also. Denkt man bei dir als erstes gar nicht.", erklärte er mir dann und ich wusste nicht so recht, was ich darauf sagen sollte. Ich überlegte vielleicht einen winzigen Moment zu lange. "Naja, das es keiner denkt ist besser. Vor allem auf Partys und so.", druckste ich dann herum. "Cool.", sagte Brad und schwieg dann einen Moment.

"Ich mache dir ein Angebot.", sagte er dann und drehte seinen Kopf zu mir, sodass ich zum ersten Mal wirklich seine Augen untersuchen konnte. Dem Zustand seiner Pupillen nach war er im Moment nicht voll mit Drogen, was eigentlich schlecht für mich war. So konnte er sich jedes winzige Detail an mir merken und das war in dieser Branche sicherlich nicht gut.

"Ich höre.", sagte ich interessiert. "Ich habe heute noch viel zu tun und muss noch ein paar...Geschäfte erledigen. Ein Kunde von uns wartet auf seine Bestellung. Du könntest es ihm bringen und ihm Gegenzug fünfzehn Prozent des Gewinns abhaben.", erklärte er mir.

Das konnte doch nicht sein Ernst sein. Er vertraute mir? Völlig Grundlos? Das war ein ganz schön hohes Risiko für ihn. Er hielt mir fragend seine Hand hin und ich tat so, als würde ich überlegen, aber in Wirklichkeit war meine Entscheidung natürlich klar. Ich hatte zwar kein gutes Gefühl dabei, weil mir das Ganze etwas zu leicht erschien, aber wer weiß, wann sich so eine Chance nochmal bieten würde. Deshalb schlug ich ein. "Deal.", sagte ich.

"Cool.", sagte Brad ausdruckslos und nannte mir den Treffpunkt und wie ich seinen 'Kunden' erkennen würde (an den dünnen braunen Lederhandschuhen). Dann übergab er mir ein Päckchen mit weißem Pulver.

"Wenn du das verlierst oder etwas schief geht bist du dran!", sagte er noch bedrohlich zum Abschied, aber das war mir natürlich schon klar. Um aber ihn zu beruhigen, dass ich das ganze Ernst nahm schluckte ich nochmal verängstigt und nickte dann. "Wir treffen uns morgen um die gleiche Zeit am Bahnhof bei den Snackautomaten rechts. Dann kannst du mir das Geld überreichen.", bestimmte er und wieder nickte ich.

Dann war er verschwunden und ich machte mich auf den Weg in die Nähe der Bücherei, wo der Typ mit den dünnen braunen Lederhandschuhen um fünf Uhr vorbeikommen sollte. Ich setzte mich auf eine Bank und beobachtete die Leute. Natürlich würde ich Brads Kundem das Traubenzuckerpacket geben und die echten Drogen zu Untersuchung bei Mr. Y abgeben. Um zehn vor fünf sah ich immer wieder verstohlen auf meine Uhr und musterte den Platz genau.

Um fünf vor fünf verschränkte ich die Arme und drehte einen Kontrollgang um den Platz, damit mir ja nichts entging und um drei vor fünf entdeckte ich den Mann mit den dünnen Lederhandschuhen. Ich stellte mich, wie Brad es mir gesagt hatte an eine Ecke an der nicht viele Leute herumschwirrten und wartete, dass der Mann mit den dünnen braunen Lederhandschuhen mich entdeckte.

Um zwei Minuten nach fünf kam er auf mich zu. "Hast du das Zeug?", flüsterte er mir zu, als er nahe genug an mich herangekommen war. Der Mann hatte dunkles wirres Haar und dicke Augenringe, aber auch bei ihm konnte ich keine Drogeneinwirkungen feststellen. Merkwürdig. Ansonsten wirkte er ziemlich Abhängig, denn seine Hände zitterten unmerklich und er wirkte nervös und übernächtigt.

"Erst die Kohle!", verlangte ich und er zog ein paar Scheine aus seiner Jackentasche und steckte sie mir zu. Ich zählte unauffällig nach und gab ihm dann den Traubenzucker. "Danke. Sag denen bitte ich will in drei Tagen wieder Nachschub!", gab er mir eine Nachricht mit auf den
Weg.

Ich nickte und machte mich dann vom Acker. Mir war aufgefallen, dass an diesem Tag beide, sowohl Brad, als auch der Mann im Plural von den Dealern geredet hatten. Es war also auf jeden Fall die richtige Organsisation, mit der ich es zu tun hatte. Zufrieden und mit einem Päckchen Drogen in der Jackentasche machte ich mich auf den Weg zurück zum CIA und zu Mr. Y, um ihn von meinen neuen Erkenntnissen zu unterrichten.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top