3. {Rosen aus Reue}

Abgabe für den Schreibwettbewerb Tintenkrieg von Allie_Diana:

Wörter: 608

Nachtrag: Ich habe damit den dritten Platz erreicht :-)

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Rosen aus Reue

Es regnet.

Nicht die dicken Tropfen, sondern diesen feine Niesel, der manchmal tagelang anhält, und der einfach nur nervt.

Ich umklammere die Blumen. Sie sehen aus wie gepflückt, sind sie aber nicht – zwanzig Euro neunundneunzig, von dem Blumenladen in der Innenstadt.

Sie hat Narzissen über alles geliebt.

Und auf ihrem Grab tummeln sich Rosen. Die meisten davon in rosa und weiß.

Ich würde sie am liebsten alle wegreißen.

Nataly hat Rosen nie gemocht. Sie hat es nie verstanden, dass alle die spitzen Stämme ignoriert haben und nur Augen für die Blätter hatten.

Dabei war das genau ihre Denkweise – Nataly war eine dieser Personen, die immer das Gute in den Menschen sahen. Ich tat das nie.

Ich glaube, dass auch sie die spitzen Stämme anfangs nicht gesehen hat. ICH war diejenige, die immer nur ausschließlich auf die Dornen geachtet hat.

Doch dann ist ihr aufgefallen, dass sie zwar die Blüten der Leute sieht, die Menschen aber nur die Dornen bei ihr.

Sie hat sich nicht verändert, weder äußerlich noch innerlich. Nicht wirklich.

Aber ab jetzt sah sie die Dornen.

Und jetzt liegt sie hier, unter einem grauen Grabstein, um den fast fünfzig Rosen liegen.

Das ganze Cheerleader Team war hier, sie haben geweint und um Nataly, eine ihrer besten Tänzerinnen, getrauert. Sie waren das mit den weißen und rosa Rosen, sie dachten, Nataly würde sich darüber freuen. Auch wenn ich nicht weiß, wie eine Tote sich über Blumen freuen soll.

Das Ganze ist wohl eher symbolisch.

Allein für die Rosen sollten sie in der Hölle schmoren.

Ja, Nataly hat bei ihnen mitgetanzt. Jahrelang.

Aber das Team hat sie nie akzeptiert, nie. Nataly saß vor Wettbewerben einsam auf der Bank, in den Pausen aß sie ihr Brot alleine.

Sie hätten ihr dankbar sein sollen. Nataly hat jeden Sprung gemacht, egal wie waghalsig. Sie stand oben auf der Pyramide, als sich niemand anderes getraut hat.

Und dann ist sie erschossen worden. Sie war am falschen Ort zur falschen Zeit. So einfach ist das.

Pech, Unglück – ein weiterer Beweis dafür, wie unfair das Leben ist.

Das Cheerleader Team hat mit ihrem Tod nichts zu tun, niemand von ihnen hat die Pistole gehalten.

Niemand von ihnen hat den Abzug gedrückt, niemand hat gesehen, wie das Metall in Natalys Körper schoss und sie zerstörte. Auch ich nicht, aber ich bin nicht im Team.

Bei mir ist es etwas anderes.

Aber jetzt schmeißen sie die falschen Blumen auf Natalys Grab. Sie bereuen es, sich nie um sie gekümmert zu haben.

Bereuen es, Nataly ignoriert zu haben, trotz allem was sie für sie tat.

Bei der Beerdigung genoss ich es, die Reue auf ihren Gesichtern zu sehen. Ich meine, sie haben eine ihrer besten Tänzerinnen verloren.

Sie machen sich alle Vorwürfe.

Denn an dem Tag, der Natalys Letzter war, ging das ganze Team nach dem Training zu der Geburtstagsparty ihrer Kapitänin, denn sie waren alle eingeladen.

Alle außer Nataly.

Sie hatten beim Training davon erzählt, Nataly hatte ihnen viel Spaß gewünscht, all das habe ich erst später von einer der in Tränen aufgelösten Cheerleaderinnen erfahren.

Meine beste Freundin wurde auf dem Weg nach Hause erschossen, während ihr Team lachend eine Party feierte.

Wäre sie dort eingeladen gewesen, würde sie noch leben.

Aber sie hätte sich viel mehr darüber gefreut, wenn das Team ihr einfach dankbar gewesen wäre. Wenigstens ein einziges Mal!

Stattdessen bekommt sie die Blumen aus Reue.

Nicht Dankbarkeit, Reue.

Jetzt sieht das Team ihre Blüte – jetzt, wo es zu spät ist.

Wie sagte Anne Frank damals? „Tote Menschen erhalten mehr Blumen als die Lebenden, denn Reue ist stärker als Dankbarkeit."

Bittere Worte.

Wahre Worte.

Ich lege meine Narzissen auf das Grab meiner besten Freundin.

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