Verzeihen / Kapitel 25

Cara's POV:

Ein paar Stunden später wachte ich auf, mit dem Gefühl, verkatert zu sein, obwohl ich keinen Alkohol getrunken hatte. Nach dem Vorfall im Paris-Urlaub, hatte sich meine Ansicht zum Alkohol nicht geändert, sondern eher noch verstärkt. Ich trank noch immer keinen Alkohol. Und ich würde niemals welchen anrühren.

Ich setzte mich im Bett auf, nur um mich kurze Zeit später wieder in die Kissen fallen zu lassen. Das war ein Fehler. Ich blieb mit irgendetwas an meinem Handyladekabel hängen und mein Handy schleuderte mir ins Gesicht. "Verdammte Scheiße!", fluchte ich und fischte mein Handy vom Gesicht. Und prompt fiel mir der nächtliche Chat mit Ben wieder ein. "Wie verdammt berechnend bin ich eigentlich? Wie bescheuert bin ich? Wie leicht bin ich zu beeinflussen? Scheiße. Scheiße. Scheiße.", mit jedem Wort schien ich lauter geworden zu sein, denn plötzlich stand Ella im Türrahmen meines Zimmers.

"Mausi, was ist passiert?", fragte sie. Wie kann man sich nicht aufregen, wenn man so komisch und um diese Uhrzeit, geweckt wird? Wie kann man nur so verständnisvoll sein? Ich hielt ihr mein Handy entgegen, sie nahm es mir ab und las die Nachrichten.

Vorsorglich hielt ich mir schon mal die Hände vor mein Gesicht. Ich wollte ihre Reaktion nicht sehen und meinen Kopf vor fliegenden Gegenständen schützen. Stattdessen spürte ich, wie sich ein Gewicht auf mein Bett fallen ließ. Ich nahm die Hände herunter. Ella hatte sich auf mein Bett gesetzt und legte einen Arm um meine Schultern.

"Cari...", fing sie an, aber brach sofort wieder ab. "Du bist enttäuscht von mir, richtig?" - "Absolut nicht. Hier-" - sie wedelte mein Handy in der Luft herum. "- hier steht, was du wirklich fühlst. Du warst ehrlich. Und ich denke, dass du das selbst auch weißt, mein Schatz. Gib' dir einen Ruck und sag' es ihm. Sag' es ihm und tut mir einen Gefallen! Bitte lasst es ganz langsam angehen. Ihr seid jung, ihr habt alle Zeit der Welt. Und überlege mal, was es für eine große Bedeutung hat, dass ihr Euch nach so vielen Jahren noch immer liebt. Und das tut ihr beide. Ich werde dich immer unterstützen, ich lasse dich nicht allein. Niemals. Du verdienst es glücklich zu sein und ich glaube, dass du genau das sein wirst, wenn ihr diese Hürde gemeistert habt.", sie beendete ihren Vortrag mit einem Lächeln. "Du bist so wertvoll, Ella.", mehr brachte ich nicht über die Lippen. Wieder sammelten sich Tränen in meinen Augen, um einen Ausflug in die Welt zu starten. "Ich bin so unsagbar dankbar für deine Jahrelange Freundschaft, ehrlich. Ich habe dich lieb. Danke. Danke für Alles, Maus.", fügte ich letztendlich doch noch an und lehnte meinen Kopf an ihren an. "Das bist du für mich auch. Du bist meine Allerbeste Freundin und ich bin glücklich, dich in meinem Leben zu haben."

Wieder mal blieben wir lange so sitzen. Bis mein Handy klingelte. Mom. Ich nahm den Anruf entgegen und Ella und ich telefonierten gemeinsam sehr lange mit ihr. Bald war Lea's 10. Geburtstag. Ihr 8. Geburtstag im Himmel. Ihr 10. Geburtstagskuchen und der 8., den sie nie probieren konnte. Aber Mom ging es sehr gut, durch Greg, ihren Freund, war sie glücklich. Durch ihn hatte sie gelernt, mit der Trauer und Lea's Tod umzugehen. Seit ihm musste sie nie wieder einen Zusammenbruch, aufgrund dessen, erleben. Ich war stolz auf Sie und genauso dankbar für Greg in Ihrem Leben.

Etwa zwei Stunden telefonierten wir schon, als es plötzlich klingelte. Wir verabschiedeten uns, legten auf und Ella sprintete förmlich zur Tür. "Hey, hallo!", begrüßte sie, wer auch immer da gekommen war. Schnell schmiss ich mir irgendwelche Klamotten über, ich war noch immer im Schlafanzug. Dann steckte ich den Kopf zur Tür heraus und erstarrte. "Ben?", ich weiß nicht, wie ich mich verhalten sollte, es überrollte mich eine Welle der Überforderung.

"Hey Cari, wie geht es Dir?", er lächelte vorsichtig. "Was machst du hier?", ich ging gar nicht auf seine Frage ein, weil ich selbst keine Antwort wusste. "Ich möchte mit Euch beiden reden. Nochmal. Ich glaube, wir haben einiges aufzuarbeiten. Ich möchte meine Fehler korrigieren. Gebt mir bitte eine Chance dazu. Bitte..." - "Setz' dich. Möchtest du etwas trinken?", Ella konnte in vielen Situationen einen so kühlen Kopf bewahren, dass ich oft schon neidisch wurde. Ben schüttelte entschieden den Kopf, setzte sich auf das Sofa und klopfte mit der flachen Hand auf selbiges, so, wie ich es bei unserem letzten Gespräch auch getan hatte. Ich schlich hinüber und setzte mich ebenfalls. Ella holte trotzdem drei Gläser Wasser und hockte sich ebenfalls auf das graue, große Sofa im Wohnzimmer.

Wir redeten lange und ausführlich. Und mit jeder Minute, die verging merkte ich, dass ich Ben immer mehr verzeihen konnte. Ich lehnte allerdings noch immer eine Erklärung ab. Dafür war es zu spät und würde alte Wunden ausreißen. Doch, ich glaube, die Hartnäckigkeit, von Ben, sich aussprechen zu wollen, war gut und hilfreich. Und im gewissen Maße auch irgendwo heilend. Heilend für uns Alle.

"Danke, dass ihr dieses Gespräch zugelassen habt.", bedankte sich Tray, bevor er aufstand und zur Haustür ging. "Ben?", es war meine Stimme, die ertönte. "Ja?" - "Hör' endlich auf, so förmlich zu sprechen. Können wir nicht versuchen, ganz normal miteinander zu reden? Und wenn es in Ordnung für Dich ist, würde ich kurz mit raus kommen.", verwundert schaute er mich an. Verdammt, in seinen Augen konnte ich mich noch immer verlieren. "Gerne."

Also zog ich mir Schuhe und Jacke über und ging mit aus der Haustür. Ella gab ich noch ein Zeichen, das alles gut und ich zuversichtlich war. Sie nickte lächelnd, sie verstand. Die Tür fiel ins Schloss. Und ich würde jetzt meine Zukunft entscheidend formen.

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