Ehrlich währt am Längsten / Kapitel 26
Cara's POV:
"Danke, dass ihr dieses Gespräch zugelassen habt.", bedankte sich Tray, bevor er aufstand und zur Haustür ging. "Ben?", es war meine Stimme, die ertönte. "Ja?" - "Hör' endlich auf, so förmlich zu sprechen. Können wir nicht versuchen, ganz normal miteinander zu reden? Und wenn es in Ordnung für Dich ist, würde ich kurz mit raus kommen.", verwundert schaute er mich an. Verdammt, in seinen Augen konnte ich mich noch immer verlieren. "Gerne."
Also zog ich mir Schuhe und Jacke über und ging mit aus der Haustür. Ella gab ich noch ein Zeichen, das alles gut und ich zuversichtlich war. Sie nickte lächelnd, sie verstand. Die Tür fiel ins Schloss. Und ich würde jetzt meine Zukunft entscheidend formen.
Wir wohnten im ersten Obergeschoss und mussten daher noch einige Stufen nach unten laufen, um aus dem Treppenhaus nach draußen zu gelangen. Wir sprachen kein Wort. Plötzlich war ich mir nicht mehr ganz so sicher, wie vorhin. "Ben?" - "Ja?", der Gesprächsverlauf wiederholte sich. "Ich möchte keine Erklärung mehr von dir, wegen damals. Es ist zu viel Zeit vergangen und ich möchte es nicht mehr wissen.", fing ich an, meinen, im Kopf geprobten Dialog wiederzugeben. "Okay. Dann werde ich das akzeptieren.", er hielt mir die Tür auf. Wir waren an die frische Luft gelangt. Mein Gott, das tat gut. "Danke." - "War es das, was du mir noch sagen wolltest?", fragte er nach. Ich konnte nicht deuten, ob er etwas anderes meinte, als er sagte.
Ich schaute ihn lange an, bevor ich antwortete. "Nein. Aber ich bin mir gerade absolut unsicher, ob ich es wirklich sagen sollte, oder lieber nicht. Aber weißt du, die ehrlichsten Gespräche finden nach Mitternacht statt, demnach kannst du davon ausgehen, dass alles stimmt, was ich heute früh geschrieben habe.", war das jetzt richtig gewesen? Ich weiß es nicht. Ich war eindeutig irritiert. "Ist okay. Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Ich möchte dich in keiner Weise unter Druck setzen. -" - "Tust du aber, indem du mir sagst, dass du mich noch immer liebst, da fühle ich mich, als wäre ich im Zugzwang", ich hatte ihn unterbrochen. Das wollte ich eigentlich nicht, aber dieser Satz musste raus, denn so fühlte ich mich wirklich. "Das tut mir leid, das wollte ich nicht, Cari.", sagte er, lächelte und strich mir die altbekannte Strähne aus dem Gesicht, welche genauso widerspenstig war, wie immer schon.
Ich zuckte richtig zusammen, unter seiner Berührung und wich ein paar Schritte zurück. "Cari...", er zog seine Hand zurück. Er war enttäuscht und traurig. "Ich möchte dir nicht weh tun. Nicht nochmal. Das war damals der größte Fehler meines Lebens. Ich liebe dich, verdammt nochmal. Du bist Alles für mich. Du bist meine Welt. Meine Zukunft. Wenn ich in deine Augen schaue, sehe ich Alles, was ich brauche. Ich... ich brauche Dich.", die Tränen kämpften sich in die Außenwelt.
"Scheiße Ben, das ist Scheiße.", rief ich, verdeckte mein Gesicht mit den Händen und lief los. Keine Ahnung wohin. Aber ich lief. Die Tränen strömten nur so über mein Gesicht. Ich hatte ihn einfach so dort stehen gelassen. Ich weiß nicht, wie lange ich schon lief, aber so langsam machte sich Seitenstechen bemerkbar, meine Atmung ging schleppend und bald stolperte ich über etwas und landete auf dem Boden. Es ging alles so schnell, dass ich mich nicht einmal anfangen konnte. Ich blieb einfach dort liegen, rollte mich wie ein Embryo ein und weinte. Ich fragte mich, ob Ben mir hinterher gelaufen war. Ob ich ihm wichtig genug war. Ob ich ihm wirklich was bedeutete.
Ich wusste keine Antwort, auf irgendeine, dieser Fragen. Ich hörte auch nirgends Schritte oder Stimmen. Er war mir nicht gefolgt. Das nennt sich also Liebe. Wundervoll, Cara. Wundervoll. So einem Menschen hast Du also Alles anvertraut. Deine Maske fallen lassen. Er könnte Dein Leben zerstören, mit dem, was er wusste. Oder hatte er dies schon getan? War dies Dein Leben? Dieser Scherbenhaufen, der übrig war?
Langsam veränderte ich meine Lage, stand langsam auf. Wo war ich? Ich schaute auf mein Handy, zig verpasste Anrufe von Ella. Keine von Ben. Zig Nachrichten von Ella. Keine von Ben. Wow. Ich hatte also Recht gehabt. Langsam lief ich los und irgendwann konnte ich mich auch wieder orientieren und wusste, wo ich mich befand. Es war bereits dunkel geworden. Laut Handy war es 18:56, wie lange war ich weg gewesen?
Ich wollte nicht nach Hause. Vielleicht war Ben noch dort. Ich entschied mich, zu Mom zu laufen. Das waren von hier aus etwa 20 Minuten Fußweg. Das war machbar. Also lief ich weiter. Wackelig und schwach auf den Beinen, aber das war mir egal. Genauso wenig wollte ich wissen, wie ich zur Zeit auf andere wirken musste und wie ich aussah. Scheiße, war mir auf einmal kalt. Und mein Magen rebellierte. Außerdem tat mir gefühlt der gesamte Körper weh.
Wieso war ich nur so, wie ich eben war? Wieso? Was hatte ich der gesamten Menschheit getan? Wieso hasste mich die ganze Welt? Was hatte ich falsch gemacht?
Nach 20 Minuten kam ich tatsächlich bei Mom und Greg, meinem alten Zuhause, an. Mom riss die Haustür auf, zog mich in eine feste Umarmung und schaute mich von oben bis unten an. "Komm, Schatz. Ich lasse dir eine heiße Badewanne ein, koche in der Zeit was und dann, wenn du fertig bist, versorge ich deine Wunden. Dann isst du was und danach erzählst du mir in Ruhe, was passiert ist."
Ich liebte sie. Auch in solchen Situationen wusste sie sofort, was zutun war, stellte keine Fragen und rastete niemals aus. Egal, was man angestellt hatte. "Danke, Mom.", war das einzige, was ich in dem Moment heraus bekam.
So, wie sie den Plan aufgestellt hatte, kam es auch und bald saßen wir auf dem Sofa und redeten über Alles. Auch Greg war da, hielt sich aber im Hintergrund und gab Mom und mir den nötigen Freiraum. Mir ging es direkt besser, nachdem ich gebadet, gegessen und darüber geredet hatte. Mom übernahm für mich noch das Telefonat mit Ella. Heute Nacht blieb ich bei Mom und Greg. Bobby war schon länger nicht mehr am Leben, ich vermisste ihn sehr. Doch Greg brachte ebenfalls einen Hund mit in die Beziehung. Er gehörte der selben Rasse an, wie Bob. Ihr Name war Bonnie. Bonnie besaß haargenau den selben Charakter, wie Bob, nur war sie jünger, als er.
Ich legte mich schlafen und kurze Zeit später fand ich Bonnie auf meinem Bett wieder. Tiere spürten eben, wenn es einem Menschen nicht gut ging.
Tiere sind manchmal eben bessere Menschen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top