Die Halle war schon ziemlich voll als sich Nia zum Frühstück an den Gryffindor-Tisch setzte. Heute einmal ohne Hylla, denn diese war noch schnell in die Bibliothek gerannt um ein letztes Buch zu holen. Nia aß ein Honigbrot und sah zu Professor McGonagall hoch, die am Lehrertisch saß. Sie konzentrierte sich auf die Professorin und versuchte mit all ihrer Gedankenkraft irgendetwas zu hören.

Nichts!

,,Verdammt!"

Sie konzentrierte sich weiter, aber es geschah wieder nichts!

,,Hallo, Nibora!" ertönte eine Stimme hinter ihr. Sie erschrak, wirbelte herum und sah in die leuchtend grünen Augen von Lily.

,,Oh, tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken." entschuldigte sie sich sofort als sie Nias Reaktion bemerkte.

,,N-Nein, alles okay... Ich war nur in Gedanken." stotterte Nia und aß ihr Brot weiter.

,,Wo ist denn Hyllandria? Ihr beiden seid ja selten getrennt anzutreffen." stellte Lily fest.

,,Naja, die ist in der Bibliothek... Warum bist du hier Lily?" fragte Nia misstrauisch.

,,Ähm, also ich ich denke wir beide hatten keinen besonders guten Start. Wie wäre es wenn wir von vorne beginnen?"

Nia musterte sie nachdenklich, Lily seufzte und lächelte sie an.

,,Hallo, mein Name ist Lily Evans, meine Eltern sind Muggel, ich bin oft genervt von einer gewissen Person namens James Potter und ja, meine Haare sind von Natur aus rot... und wie heißt du?"

Sie streckte Nia ihre Hand hin. Diese zögerte etwas, doch dann musste sie schmunzeln und griff nach Lilys Hand, um diese zu schütteln.

,,Ich bin Nibora Asterias, aber nenn mich bitte Nia. Ich besitze ein blondes Duplikat von mir... und ich habe so gut wie keine Freunde." stellte sie sich belustigt vor. Die beiden mussten kichern.

,,Aber wir könnten doch vielleicht Freunde sein, oder nicht?" fragte Lily lächelnd.

Nias Augen blitzten fröhlich auf, doch dann senkte sie den Kopf und schaute enttäuscht drein.

,,Alles okay?" fragte Lily verwirrt nach als sie Nias Reaktion bemerkte.

,,Nein... Ich meine Ja... schätze ich."

,,Was ist los?" fragte Lily verwundert und setzte sich neben sie.

,,Weißt du, Hylla und ich haben nicht wirklich gute Erfahrungen mit 'Freunden'. Sie ist auch ziemlich dagegen, und ich stelle mich nicht gegen meine Schwester!" seufzte Nia und biss enttäuscht von ihrem Brot ab. Lily dachte über ihre Worte nach.

,,Na gut, ich hab eine Idee. Ich gehe am Wochenende mit meinen Freundinnen nach Hogsmeade, du weißt schon, das Zauberer-Dorf in der Nähe von Hogwarts. Wenn ihr beiden mitkommt beweisen wir euch, dass wir vertrauenswürdig sind."

Nia überlegte zaghaft. Sie war skeptisch. Dass Lily sich so für sie zu interessieren schien, hatte doch bestimmt etwas mit dem Vorfall im Gemeinschaftsraum zutun. Doch das Wort Freunde ließ einen kleinen Funken in ihrem Herz erwachen.

,,Wir stellen auch keine unangenehmen Fragen." warf Lily noch ein.

,,Hylla will sicher nicht mitkommen." meinte Nia. Sie kannte ihre Schwester eben viel zu gut.

,,Dann komm eben nur du mit. Du wirst Hylla sicher von uns überzeugen können, wenn du uns erst mal kennengelernt hast."

,,Wer kommt denn alles mit?" fragte Nia neugierig nach.

,,Naja, Alice, die kennst du ja. Dann noch Dorcas Meadowes, sie teilt sich den Schlafsaal mit Alice und mir. Und unsere Freundin Marlene McKinnon aus Ravenclaw. Sonst keiner."

Nia überlegte. Sie hatte ein schlechtes Gewissen. Aber vielleicht hatte Lily ja recht und sie könnte Hylla wirklich von den Mädchen überzeugen.

,,Gut, ich komme mit." entschied Nia.

,,Super! Sag mal, was hast du jetzt in der ersten Stunde?" fragte Lily.

,,Pflege magischer Geschöpfe."

,,Hey, ich auch. Wollen wir zusammen hingehen?" meinte Lily erfreut.

,,Gern, ich treffe Hylla sowieso erst dort beim Unterricht." antwortete Nia lächelnd.

Lily und Nia standen auf und verließen die große Halle. Im vorbeigehen zwinkerte Lily den Rumtreibern zu die ebenfalls am Gryffindor-Tisch saßen, doch das merkte Nia nicht.

,,Ich glaube, Evans hatte Erfolg?" murmelte Sirius seinen Freunden zu.

,,Ich wusste, der Plan würde funktionieren"

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Lily und Nia traten durch das Eingangstor auf die Ländereien von Hogwarts. Der Unterricht für Pflege magischer Geschöpfe fand auf einer Lichtung am Rande des verbotenen Waldes statt. Als die beiden dort ankamen waren dort schon einige Gryffindors und Slytherins. Darunter auch Hylla, die eilig auf Nia zugerannt kam.

,,Nia, wo warst du?" fragte sie und beäugte Lily skeptisch.

,,Ich hab mich nur ein bisschen mit Lily unterhalten..."

Hylla nickte Lily zu und lächelte sie an. Zu dritt stießen sie zu der restlichen Gruppe von Schülern. Professor Kesselbrand trat nach vorne und begann mit seinem Unterricht.

,,Einen schönen guten Morgen wünsche ich. Heute lernen wir über Niffler. Das sind kleine Maulwurfartige Geschöpfe mit einem Entenschnabel im Gesicht. Niffler lieben alles was glitzert und/oder glänzt, deswegen empfehle ich jedem von euch seinen Schmuck vorrübergehend wegzulegen, oder erst gar nicht in die Stunde mitzunehmen, da wir die nächste Woche auch mit Nifflern arbeiten werden. Bitte schlagt eure Bücher auf Seite 13 auf." sprach der Professor laut und deutlich.

Erst jetzt bemerkten die Schüler die kleine Kiste die neben Professor Kesselbrand lag. Irgendetwas regte sich da drinnen und wollte anscheinend unbedingt raus.

,,Wenn ich den Niffler gleich freilassen werde wird dieser durch die Menge rennen und glänzende Sachen suchen. Er wird euch nichts tun, denkt immer daran, es ist nur ein kleiner Niffler."

Der Professor öffnete die Kiste und ein kleines, pelziges Geschöpf flitzte heraus und rannte zwischen den Füßen der Schüler umher. Einige quietschten, einige lachten und einige machten sich Notizen. Der Niffler blieb vor Hylla und Nia stehen und sah die beiden mit seinen schwarzen Augen an.

,,Has du was su esse?"

Hylla und Nia sahen sich verwirrt an.

,,Hylla, hat der gerade mit uns gesprochen?" fragte Nia ungläubig.

,,Ja, hab ich!"

Die Zwillinge schauten den kleinen Kerl verwundert an, der ihnen gerade geantwortet hatte.

,,Warum können wir deine Gedanken lesen?"

,,Weis nich... Können nich viele. Warum könnt ihr das?"

,,Wir sind zwei Orakel." antwortete Hylla.

,,Keine Ahnung, was das is... und habt ihr jetz was su esse für mich?" fragte der Niffler hoffnungsvoll und sah die Mädchen mit seinen glitzernden Augen hoffnungsvoll an, doch Nia und Hylla schüttelten nur den Kopf. Der Niffler ließ den Kopf hängen und rannte weiter.

,,Wow der mochte euch anscheinend." stellte Lily fest.

,,Ja... oder er wolle nur etwas zu essen." konterte Hylla und Nia musste kichern.

,,Hylla, wir haben seine Gedanken gelesen, uns richtig mit ihm unterhalten!"

,,Wenn wir das bei Tieren hinkriegen, schaffen wir das ja sicher auch bei Menschen!"

,,Wahnsinn!"

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,,Nia, kommst du mit zum Abendessen?"

,,Ja, warte! Wieso hast du es so verdammt eilig?!" murrte Nia genervt.

,,Ich hab nicht gefrühstückt!"

Hylla quängelte schon die ganze Zeit, was Nia gehörig auf die Nerven ging.

,,Ja, selbst schuld. Du musstest ja unbedingt in die Bibliothek."

Die beiden verließen ihr Zimmer und gingen in den Gemeinschaftsraum. Von dort machten sie sich auf den Weg zur großen Halle.

,,Am Wochenende könnten wir doch nach Hogsmeade in den Bücherladen. Was sagst du?" fragte Hylla. Nia versteifte sich.

,,Jetzt oder nie ich kann sie ja sowieso nicht anlügen, ich muss ihr die Wahrheit sagen..." dachte sie sich und kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum.

,,Was musst du mir denn unbedingt sagen?"

,,War ja klar, sie hat wieder meine Gedanken gelesen." seufzte Nia im Gedächnis.

,,Ich lese immer deine Gedanken, jetzt sag was du angestellt hast, Nibora!"

Sie kamen in die große Halle und setzten sich an den Gryffindor Tisch.

,,Also ich hab mich am Wochenende schon mit Lily und ihren Freundinnen verabredet..." stammelte sie und wandte den Kopf ab um ihrer Schwester nicht in die Augen zu blicken. Diese riss ungläubig die Augen auf.

,,Bitte sag mir, dass das ein schlechter Scherz ist!" fuhr Hylla ihre Schwester an.

,,Es ist nur ein Treffen, Hylla..." versuchte ihre Schwester verzweifelt die Situation zu retten, doch vergebens, Hylla war wütend.

,,Egal! Wir haben doch letztens schon darüber geredet! Weißt du was alles passieren könnte? Du könntest eine Vision bekommen, vielleicht sogar eine richtig schlimme, wie letztens im Gemeinschaftsraum. Asteria könnte wütend werden, und dann dürfen wir schlussendlich vielleicht nichtmehr auf Hogwarts in die Schule gehen oder schlimmer sie nimmt uns unsere Kräfte!" flüsterte Hylla bedrohlich, damit auch keiner das Gespräch belauschen konnte. An Telepathie dachte sie gerade nicht, dafür war sie zu aufgebracht.

,,Sie kann uns unsere Kräfte wegnehmen?" fragte Nia verdutzt.

,,Keine Ahnung, ist mir egal ob sie das kann oder nicht. Der Punkt ist, es ist schon riskant genug, dass wir nach Hogwarts gehen, dieses kleine Treffen wie du es nennst macht die Situation nicht gerade besser. Warum besprechen wir solche Themen denn eigentlich, wenn du sowieso immer nur tust, was du willst? Was wenn die Mädchen irgendwelche Fragen stellen, die du nicht beantworten kannst?"

,,Aber sie haben versprochen keine Fragen zu stellen!" protestierte Nia, doch Hylla gab sich damit noch lange nicht geschlagen.

,,Trotzdem... was glaubst du wird Asteria davon halten? Sie wird es erfahren, bestimmt weiß sie es jetzt sowieso schon."

,,Ich bin mir sicher sie wird es verstehen..." meinte Nia und löffelte die Suppe aus. Hylla aß gerade ihren Nudelauflauf fertig.

,,Wir werden ja sehen... morgen ist Neumondnacht und wir beide reden mit Asteria! Die Diskussion ist noch lange nicht beendet, darauf kannst du dich einstellen!"

Mit den Worten stand Hylla auf und stürmte aus der Halle. Nia seufzte und sah auf ihren Teller. Was wenn ihre Schwester recht hatte? Vielleicht war sie ja manchmal wirklich zu naiv... Und was würde Asteria zu ihrem Verhalten sagen? An Neumond würden sie mit ihr reden, das hatten die beiden das letzte Mal sicher vor etwa fünf Jahren gemacht.

Normalerweise empfingen sie an Neumond die sogenannten Neumond-Visionen das sind Visionen die sie einige Jahre in die Zukunft oder in die Vergangenheit sehen lassen, oder sie sehen ein wichtiges Ereignis welches soeben in der Gegenwart passierte. Anders als die kleinen Visionen, die sie zwischendurch immer erhielten. Aber meistens wusste man nicht was sie bedeuteten... so war das halt mit Weissagungen. Es empfing immer nur eine der Zwillinge eine Neumond-Vision.

Wollten sie mit Asteria reden, mussten sie auf die Neumondvision verzichten und in den verbotenen Wald auf eine Mondlichtung gehen, sich mit einem Messer aus Silber in die Hand schneiden und jede drei Tropfen Blut auf einen Rosenquarz fallen lassen. Asteria würde sich den beiden dann zeigen.

Nia aß ihre Suppe fertig, stand auf, verließ die Halle und lief in Gedanken versunken die Gänge entlang. Sie achtete gar nicht darauf wohin sie ging, sondern spazierte nur dort hin wohin ihre Füße sie trugen und starrte auf den Boden. Solange bis sie irgendwann in irgendwen hinein rannte. Sie sah auf und blickte in zwei sturmgraue Augen.