Teil 45

Kyle zog mich an der Hand zu seinem Wagen. Ich dachte er wollte mir die Tür öffnen, doch stattdessen drehte er sich so um, dass ich jetzt mit dem Rücken zum Wagen stand und grinste mich an. "Liv, du siehst mega aus" flüsterte er während er mir immer näher kam und begann meinen Hals mit kleinen Küssen zu übersehen. Ich kicherte. "Du siehst auch nicht schlecht aus" gab ich zurück und musste lachen. Er hatte sich nicht sonderlich anders angezogen als sonst auch. Schwarze Hose, Kaputzenpulli, Sneakers. Ich kam mir overdressed vor. Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, als sie nun an meinem Kinn angekommen waren und wanderten weiter zu meinem Mund. Ich legte ihm die Arme um den Hals und zog ihn näher an mich ran. Es tat so gut. Mein Körper kribbelte unter seinen Berührungen und mein Herz war kurz davor mir gleich aus der Brust zu springen. Einen Augenblick später trafen sich unsere Lippen und erst jetzt merkte ich wie sehr ich dieses Gefühl jede Minute in der er nicht bei mir war vermisste. Nach einigen Minuten ließ er schließlich von mir ab und ich sah ihn verlegen und ein wenig außer Atem an. Er schenkte mir ein Lächeln, griff an mir vorbei und öffnete mir schließlich die Tür. Wie immer war es eine kleine Herausforderung für mich in sein bulldozer-großes Auto einzusteigen und ich hielt mich einfach mit beiden Händen am Sitz fest und zog mich dann hoch. Kyle schloss die Tür hinter mir und stieg auf seiner Seite ein während ich mich anschnallte und mein Kleid glatt strich.
Die Fahrt dauerte etwa 20 Minuten. Als wir an Liam Radleys Haus ankamen, standen schon überall Autos herum, Leute standen auf dem Rasen vor dem (riesigen!) Haus, alle hatten rote Plastikbecher in der Hand. Bevor Kyle mir öffnen konnte, drückte ich die Tür schnell selbst auf und sprang aus dem Wagen. Ich lief zu ihm herum, nahm seine Hand und wir liefen los Richtung Haus. Schon auf dem Weg dort hin wurde er von circa hundert Leuten angesprochen, er verteilte Handschläge und Umarmungen, schien fast jeden zu kennen. Ich kannte niemanden. "Das ist Cliff, ein Freund aus der Highschool" stellte mir Kyle einen Typen vor, welcher mich erstmal von oben bis unten musterte und dann an meinem Dekolleté hängen blieb. "Hi" sagte ich skeptisch und kratzte mich dabei unauffällig mit dem Mittelfinger am Kinn. Cliff schien verstanden zu haben, denn sein Blick lies von mir ab. Laute Musik donnerte aus dem Haus. Kyle zog mich zur Eingangstür und dann ins Haus. Alle Mädchen hier waren mindestens so gestylt wie ich, die meißten sogar noch viel mehr. Plötzlich überkam mich eine Welle der Dankbarkeit Em gegenüber. In meinem großen Band T-shirt und einer normalen schwarzen Hose hätte ich mich wahrscheinlich doch etwas fehl am Platz gefühlt. Nicht das ich das auch so schon tat. Der Eingangsbereich des Hauses war riesig. Eine Gigantische Steintreppe führte in den ersten Stock und ein Kronenleuchter hing von der Decke. Staunend sah ich mich um, während Kyle mich auch schon weiterzog. In der Küche wollte er uns etwas zu Trinken besorgen und sagte mir ich solle hier warten. Also ließ ich mich auf eine mit rotem Samt bezogene Bank nieder und analysierte die Sitauation. Laute Musik, Menschen mit Plastikbechern, freizügig angezogene Mädchen. Viele tanzten, doch ich verspürte im Moment keine Lust dazu. Stattdessen beobachtete ich ein Mädchen, dass sich grade so weit über einen am Boden sitzenden Jungen beugte, dass dieser, von ihrem Busen eingeengt, wahrscheinlich gar keine Luft mehr bekam. Ihm schien das aber zu gefallen, denn als das Mädchen ihm über den Lärm etwas zurief und nach oben deutete, erhob dieser sich sofort, nahm sie bei der Hand, und zog sie die Treppe herauf nach oben. Oh Gott, wo war ich hier gelandet. Gelangweilt und angeekelt zog ich mein Handy aus der Tasche. Em fragte wie es war und ich antwortete ihr es sei ganz okay. Außerdem hatte mir Ben geschrieben ich könne ihn jeder Zeit anrufen wenn etwas sei und er würde mich holen. Äh okay? Was war nur los mit ihm? Er banahm sich so seltsam in letzter Zeit. Als mein Blick dann auf die Uhrzeit auf meinem Bildschirm fiel wurde mir bewusst, dass Kyle jetzt nun schon seit fast 15 Minuten weg war. Ich stand auf und machte mich auf den Weg die Küche zu suchen. Auf einmal wurde ich unsanft von hinten angerempelt und drehte mich empört um. Ich wollte schon beginnen denjenigen anzuschnauzen, als die Schuldige, ein Mädchen etwa in meinem Alter, mich entschuldigend und warmherzig anlächelte. "Hey, tut mir mega leid! Alles okay bei dir? Ich bin Lindsey" sprudelte es aus ihr heraus und ich musste unwillkürlich  lächeln. "Ja, alles gut. Weißt du vielleicht wo die Küche ist?"

"Ja, klar. Folge mir." Sie ergriff meine Hand und bahnte sich geschickt einen Weg durch die Menschenmenge, die das ebenfalls große Wohnzimmer füllte. Sie stieß schließlich eine Tür auf und ich sah Kyle, wie er grade eine Horde Mädchen alle nacheinander umarmte und Wangenküsschen verteilte. Ohne dass ich es wollte, spürte ich ein wenig Eifersucht in mir aufkommen. Lindsey sah mich fragend an. "Kennst du den Kerl?" 

"Ja, das ist mein Freund, Kyle"gab ich zurück ohne den Blick dabei von ihm abzuwenden. Schließlich sah er mich und lächelte. Er schnappte sich zwei volle vor ihm stehende Becher und kam auf uns zu. "Hey, Liv, da bist du ja." "Ja, da bin ich, nachdem du mich ungefähr 20 Minuten da vorne hast sitzenlassen." Ich rang mir ein bitteres Lächeln ab. "Baby, es tut mir leid. Ich hab noch ein paar Leute getroffen und so. Du weißt doch wie das ist." Nein, wusste ich nicht. Kyle stellte die Becher erneut ab und zog mich dann an sich, um mir einen innigen Kuss zu geben. Ich wollte nicht eins dieser Mädchen sein, bei denen nach einem Kuss und einer kurzen Erklärung alles wieder gut war, doch es ging nicht anders. Außerdem war dies ein guter Weg den anderen Mädchen zu verdeutlichen, dass er vergeben ist. Ich spürte ihre, wie ich mit Genugtuung feststellte, neidischen Blicke auf uns und musste grinen. Kyle löste sich von mir, reichte mir einen roten Becher mit brauner Flüssigkeit und nahm dann selbst einen tiefen Schluck. "Was ist das?" fragte ich ihn und roch daran. Ein beißender Geruch stieg mir in die Nase und alles in mir sträubte sich dagegen das hier zu trinken. "Das ist Whiskey gemischt mit Cola. Trink nur, Baby, es schmeckt besser als es riecht."

Ich nahm einen vorsichtigen Schluck. Und tatsächlich. So schlecht war es gar nicht, außer das ich das Gefühl hatte, mein Hals würde beim Schlucken brennen. Ich sah mich um. Lindsey war verschwunden. Schade, ich hatte sie eigentlich ganz nett gefunden. Als Kyle nach einigen Minuten schon wieder verschwunden war, nahm ich einen großen Schluck und entschloss mich das Haus nun auf eigene Faust zu erkunden. Ich verließ die Küche, drängte mich durch die Massen, bis ich schließlich an eine offene Glastür kam, die nach draußen führte. Auch hier waren unglaublich viele Menschen und ich erblickte einige Meter links von mir einen Pool. 

Kaum war der erste Becher leer, holte ich mir einen neuen. Irgendeine Beschäftigung musste ich ja schließlich haben. Alles begann sich leicht zu drehen, was ich irgendwie witzig fand und auch die Musik wirkte jetzt einladender und ich bekam Lust zu tanzen. Ich machte mich also auf ins Wohnzimmer und ließ den Takt meine Bewegungen bestimmen.

Lange hatte ich mich nicht mehr so sorglos und glaichzeitig komisch gefühlt.

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