65. Kapitel - Meine Schuld

„Ophelia.", sagte er ruhig.
„Was?", fragte ich harsch.
„Ich... ich kann das erklären."
„Kylo, ich weiß, du machst dir nur Sorgen um mich, aber du kannst mich nicht von der Außenwelt isolieren. Willst du, dass ich die nächsten acht Monate damit verbringe, den ganzen Tag auf dich zu warten und mich zu langweilen?"
„Wenn es sein muss."
Ich schaute ihn fassungslos an.
„Ist das dein Ernst?", fragte ich verzweifelt.
„Ja.", antwortete er ruhig.
Tränen sammelten sich in meinen Augen.
„Wie kannst du mir nur so etwas antun?"
Mein Zuhause wurde zu meinem Gefängnis und ich war der einzige Insassen; bestraft für meine Gefühle.
Ich stapfte weinend die Treppe hoch.
„Ophelia, warte!"
„Lass mich in Ruhe, Kylo!", schrie ich, als ich bereits oben war.

Ich schloss mich in mein Schlafzimmer und ließ mich an der Tür lehnend zu Boden rutschen. Meine Beine hatte ich angewinkelt und meinen Kopf stützte ich mit meinen Armen auf ihnen. Ich weinte bitterlich. Ich war verzweifelt, wütend, traurig, verwirrt.
„Ophelia, mach dir Tür auf.", flehte Kylo ruhig, „Wir können über alles reden."
„Verschwinde!"
„Bitte."
In seinem Innersten lag genau so viel Verzweiflung wie in mir, doch ihm gelang es weit aus besser, seine Gefühle für sich zu behalten. Ich konnte ihn nicht verstehen, ich konnte es nicht mehr ertragen. Er drückte mir ein Dolch ins Herz und erwartete, dass ich die Schmerzen für ihn aushalte.
„Bitte, Ophelia. Es geht mir nur um deine Sicherheit."
„Kylo, verpiss dich einfach! Ich ertrage es nicht mehr! Deine Lügen zerbrechen mir mein Herz! Ich dachte du liebst mich!", schrie ich verzweifelt.
„Ich liebe di-..."
„Verpiss dich!", unterbrach ich ihn, „Ich will deine gottverdammte Stimme nicht mehr hören! Du sperrst mich ein wie einen tollwütigen Köter, dann lass mich doch auch verrecken wie einen Köter!"

Die Sessel, die in der zweiten Etage im Flur standen, flogen durch die Gegend. Sie krachten gegen die Wände und bei jedem Knall zuckte ich zusammen. Ich hörte sein Lichtschwert und wartete wie ein verängstigtes Kaninchen in meinem Bau auf das Ende. Dann wurde es endlich still. Kein Ton war mehr zu hören, doch ich konnte mich nicht bewegen. Ich blieb auf dem Boden sitzen und kauerte mich in die Ecke zwischen Wand und Tür. Leise weinte ich vor mir hin und fragte mich, wie einfach es wohl wäre, wenn ich nie schwanger geworden wäre, wie schön es wohl wäre, wenn wir immer noch gemeinsam Spaß haben könnten und wie erleichternd wir wohl wären, wenn ich das kleine Licht erlöschen würde.
Nein! Ich werde das Kind nicht sterben lassen... andererseits...
Und ich fragte mich, wie glücklich und zufrieden ich wohl mit Armitage geworden wäre, wie einfach alles mit ihm wäre und wie gelassen und heiter. Ich wünschte mir, Hux wäre bei mir.

Entrüstet stand ich nach einer halben Ewigkeit wieder auf und ließ mich in mein Bett fallen. Nach wenigen Minuten erlöste mich der süße Schleier des Schlafs und ich konnte für ein paar wunderschöne viel zu kurze Stunden mein Leid vergessen. Doch dann erwachte ich urplötzlich mitten in der Nacht. Schwer atmend schaute ich mich verzweifelt um. Ich suchte nach ihm, doch er war nicht da.

Ich fühlte mich schuldig und auch wenn dieses Empfinden so irrational schien, denn Kylo war es, der mich leiden ließ, wollte ich mich bei ihm entschuldigen für das, was ich gesagt hatte. Langsam stand ich auf und öffnete klammheimlich die Tür. Das Licht vom stummgeschalteten Fernseher flackerte im Flur. Ich warf noch einen letzten Blick ins Schlafzimmer auf die kleine Uhr auf meinem Nachttisch. Es war um drei und alles war still.
Langsam ging ich die Treppe hinunter. Auf der letzten Stufe blieb ich stehen.
Kylo drehte sich zu mir um. Dann schaute er wieder zum Fernseher. In der Dunkelheit war es mir unmöglich seine Gesichtszüge zu erkennen.
Schritt für Schritt ging ich auf ihn zu. Als ich nun endlich neben dem schwarzen Sofa stand, blieb ich stehen und beobachtete ihn.
In seinen blassen Fingern hielt er ein Glas bernsteinfarbenen Whisky. Auf dem Tisch stand eine leere Flasche.
Seine feuchten brauen Augen waren bitter auf das Glas gerichtet und seine Wangen waren nass.

„Kylo.", hauchte ich leise.
Eine weiter Träne rann ihn über seine bleiche Haut und er schloss verzweifelt seine Augen. Ich setzte mich neben ihn und stellte den Alkohol auf den Tisch.
Zärtlich wischte ich seine Tränen weg und er öffnete seine Augen wieder.
„Es tut mir leid.", sagte er mit heiserer Stimme.
Ich legte meine Arme um seine Schultern und dachte darüber nach, was ich sagen könnte. Er legte seine Hände auf meinen Rücken und drückte mich noch fester am sich. Er schluchzte leise und weinte kaum hörbar. Seine Knochen bebten. So zerbrochen und gepeinigt hatte ich ihn noch nie gesehen.
„Es tut mir so schrecklich leid. Ich gebe mir die Schuld für alles, was passiert ist.", sagte er leise, „Für die Schwangerschaft, für die Qualen, die ich in dir verursacht habe."
„Kylo, hör auf, bitte.", seufzte ich.
„Du bist alles was ich habe und riskiere dein Leben nur weil ich egoistisch genug bin, um das Kind behalten zu wollen. Ich habe es nicht verdient. Ich habe dich nicht verdient."
„Doch das hast du.", flüsterte ich in sein Ohr.
„Ich wünschte mir, du hättest mich nie kennen lernen müssen.", sagte er entrüstet, „Dann würdest du immer noch glauben, ich sei ein Monster und dann wärst du nicht in Gefahr."
„Kylo, ich bin nicht in Gefahr. Niemand ist hier, der mir wehtuen könnte."
„Ich."
„Das würdest du nicht.", meinte ich lächelnd und küsste sanft seine zitternden Lippen.
„Ich liebe dich, Ophelia.", hauchte er.
„Ich liebe dich auch."

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