58. Kapitel - Er wusste nur vom Tod, was alle wissen
„Ophelia, was ist los?", fragte mich Kylo, als er nach einigen Stunden zurück ins Schlafzimmer kam.
Ich stand am Fenster und starrte in die Ferne.
„Nichts.", hauchte ich und drehte mich zu ihm um. Ich hatte meine Arme vor mir verschränkt und zupfte mit meinen Fingern an der Wolle meines Pullovers.
Er kam auf mich zu und umarmte mich liebend und geduldig. Meine steifen Arme löste sich und umschlossen ihn.
Urplötzlich überkam mich eine Flut an Emotionen. Tränen schwemmten meine kalten Wangen ich klammerte mich verängstigt an meinem Geliebten.
„Was ist los?", fragte er mich erschrocken.
„Kylo, ich weiß, du willst es nicht, aber..."
Ich konnte nicht weiter sprechen. Meine Zunge verdrehte sich und erstickte mich beinahe.
„Ophelia.", hauchte er und strich sanft über meinen Rücken. „Alles wird gut. Nur bitte erzähle mir, was mit dir ist?"
„Ich glaube... ich glaube, ich bin schwanger."
Er drückte mich sofort von sich weg.
„Was?", fragte er harsch.
„Ich bin überfällig.", wimmerte ich mit zittriger Stimme. „Ich weiß, du willst keine Kinder, aber..."
Er unterbrach mich wütend: „Wenn du es weißt, warum wirst du denn einfach so schwanger?"
Ich war erstaunt über sein Fehlverhalten.
„Du hast mich doch geschwängert? Wer von uns beiden hätte denn an Verhütung denken müssen?"
„Warum muss ich denn an alles denken?"
„Vielleicht weil du Erfahrung hast und ich nicht. Die ganzen Nutten haben dir sicherlich auch keine Kinder gebracht.", platzte es impulsiv aus mir. Beleidigt drehte ich mich zum Fenster.
Er packte mich gewaltsam am Arm und zog mich mit sich.
„Was hast du vor?", fragte ich, als er mit mir die Treppe runter stürmte.
„Wir gehen zu Williams und lassen das Ding abtreiben.", antwortete er.
„Nein!"
Ich riss mich von ihm los.
„Wir werden unser Kind nicht töten!"
„Ophelia, du bist erst 17 Jahre alt. Du kannst keine Mutter werden. Es ist viel zu gefährlich. Wir haben zu viele Feinde, die uns schaden wollen und wenn wir uns auch noch um das Balg kümmern müssen. Lass es uns nochmal versuche, wenn der Krieg vorbei ist.", erklärte er mir verantwortungsbewusst.
„Der Krieg, so wie ihr ihn führt, wird nie vorbei sein und es geht mir nicht um den Krieg, es geht mir darum, dass wir keinen Menschen töten können, dem es noch noch nicht einmal vergönnt wurde das Licht der Erde zu erblicken."
„Das ist kein Mensch, sonder ein Fötus ohne Geist und Verstand. Du kannst nichts töten, was nicht begonnen hat zu leben!", erwiderte er wütend. Seine Stimmte wurde immer lauter und schmerzte wie tausend Schüsse in meinem Kopf.
„Komm! Wir gehen!", sagte er und zog mich wieder mit sich.
„Nein!", schrie ich und er schmetterte mich zu Boden.
Sein wütender, in Stein gemeißelter Blick löste sich langsam und er schaute schuldbewusst zu mir nieder. Ich stand mit wackligen Knien auf und guckte ihn voller Zorn in seine traurigen Rehäuglein.
„Ophelia, es ist einfach nicht sicher genug, um ein Kind großzuziehen."
„Lass mich in Ruhe!", fauchte ich wütend.
„Ophelia, bitte mach das nicht.", sagte er bedächtig und zog mich in eine Umarmung. „Wir können das Kind nicht behalten."
„Du möchtest also dein eigen Fleisch und Blut umbringen?", fragte ich und stieß ihn weg.
„Halt dein scheiß Maul!", brüllte er hasserfüllt.
Ich erschrak und wich beängstigt zurück.
„Wir werden das Kind nicht behalten! Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Wenn ich sage, das du das Ding in dir abtreiben lassen wirst, dann wirst du das auch machen! Was fällt dir ein, dich mir entgegen zusetzen!"
Meine Knie zitterten vor seinem Zorn.
„Hör auf, Kylo. Bitte.", wimmerte ich vor ihm.
„Wir werden sofort zu Williams gehen und die Sache beenden!"
„Bitte nicht, Kylo. Bitte!", flehte ich mit Tränen in meinen Augen.
„Stell dich nicht so an. Du machst dich lächerlich.", meinte er abwertend.
„Lass mich in Ruhe! Verschwinde."
„Ophelia, hör auf.", meinte er etwas ruhiger.
„Geh! Lass mich alleine!"
„Ophelia, ich..."
„Verpiss dich!", platzte es aus mir und ich war erschrocken über meine Wortwahl. Kylo schien ebenfalls erschrocken. Dann verhärteten sich seine Gesichtszüge wieder und er riss den Fernseher neben sich zu Boden und stürmte zu Tür.
„Du armseliges Stück Dreck!", fluchte er und verschwand aus dem Zimmer.
Ich war ganz alleine und stand wie angewurzelt zur Tür blickend. In meinem Herz brannte Feuer, doch aus meinen Augen goss der Himmel in Strömen. Das Kind unter meinem Herzen zog an mir, wie ein Findling den Waldboden zermalmt. Fehl am Platz und dennoch so passend, dass es nie anders hätte sein dürfen. Ich wusste nicht wohin mit mir. Ich konnte nicht in unser Bett, zu sehr erinnerte es mich an Kylo, weshalb ich mich einfach in den Schaukelstuhl setzte im Kinderzimmer. Durch das langsame Schaukeln beruhigte ich mich und nur noch einzelne Tränen rannten über meine Wangen. Auch wenn ich mir nicht sicher sein konnte, ob ich wirklich schwanger war, spürte ich eine so präsente Anwesenheit eines kleinen Lichts, dass ich von nichts anderem mehr hätte ausgehen können. Ich wollte und ich konnte dieses Licht nicht erlöschen, andernfalls würde meine Welt mit ihm untergehen. Es würde mir meine Seele rauben.
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