55. Kapitel - Blumen im Haar
Wir saßen noch eine endlose Weile auf dem Sofa, tranken Wein und genossen die Nähe zueinander. Als die Sonne vollends unter dem Horizont verschwunden war, trug er mich in das Schlafzimmer und legte mich behutsam in die kühlen Decken. Er öffnete die Balkontür und legte sich dann zu mir. Dicht an ihn gekuschelt schlief ich seelenruhig ein.
Ich lief durch einen hell erleuchteten Wald. Die Sonne schien durch die Wipfel der beachtlich hohen Bäume. Das weiße lange Kleid, das ich trug, zerriss an den vielen Zweigen und Ästen am Boden. Meine Füße schmerzten schrecklich, da ich keine Schuhe trug und trotz der Pein, rann ich weiter. Ich wusste nicht wohin, geschweige denn warum, aber ich rannte immer und immer weiter als wäre ich auf der Suche, auf der Suche nach etwas, dass ich nicht kannte. In der Ferne entdeckte ich auf einer Lichtung die Gestalt einer mir unbekannten Frau. Ich blieb abrupt stehen. Sie stand einfach nur da mit dem Rücken zu mir gekehrt. Langsam ging ich auf sie zu. Als ich näher war, sah ich, dass sie ein blaues unscheinbares Kleid trug und unzählige weiße Blumen in ihrem braunen Haar hatte.
„Hallo?", fragte ich zögerlich.
Sie drehte sich zu mir um und lächelte mich an.
Ich ging näher auf sie zu, sodass wir beide im warmen Licht der Sonne standen.
„Wer bist du?"
Sie gab mir keine Antwort. Stattdessen nahm sie meine Hände und setzte mir ein Vögellein hinein. Es war klein und zierlich; ein Rotkehlchen. Das kleine Ding sang vor sich hin und schien keine Angst zu haben.
„Was soll ich damit?", fragte ich verwirrt und betrachtete sein Gefieder.
„Bald ist es so weit. Habe Geduld.", hauchte die Frau mit einer so süßen Stimme, dass sie hätte keinem Menschen entstammen können.
Ich blickte verwirrt in ihre braunen Augen. Sie erinnerte mich an etwas, an jemanden, aber ich konnte mir nicht erklären, an wen. Dann verschwand sie urplötzlich. Die Frau löste sich in Luft auf und war fort. Ich stand ganz alleine da und wusste nicht wohin. Es fühlte sich an, als hätte ich gefunden, was ich suchte, doch es hinterließ unzählige Fragen.
Ich schaute verwirrt zum Vogel in meiner Hand. Er war tot und lag leblos da. Erschrocken setzte mein Herz einen Schlag aus. Dann verschwand mein Bewusstsein.
Als ich aufwachte, war Kylo fort. Ich schaute mich verloren im Bett um, sah jedoch niemanden. Durch bloßen Zufall fiel mein Blick auf den Balkon. Er stand dort und schaute verträumt über den See. Ich stand leise auf, warf mir meinen Satinmantel über und schlich mich zu ihm. Das alte Holz begann beinahe unter meinen Füßen zu knacken, was ich unbedingt vermeiden wollte. Ohne das er es bemerkte stand ich nun hinter ihm und legte klammheimlich meine Arme von hinten um seinen Körper.
„Guten Morgen.", flüsterte ich.
„Guten Morgen, Ophelia."
„Was machst du hier?", fragte ich müde.
„Ich hatte schlecht geträumt und brauchte frische Luft."
Ich löste mich aus der Umarmung und stellte mich vor ihn. Dann küsste ich ihn und streichelte ihm behutsam über den Rücken.
„Möchtest du frühstücken?"
„Ja.", antwortete ich heiter.
Wir gingen nach unter und Kylo öffnete den Kühlschrank.
„Wie es aussieht, haben wir kein Joghurt mehr."
„Ich mache uns Pancakes mit Blaubeeren.", meinte ich und strahlte vor Motivation.
Kylo grinste zufrieden und machte mir einen Tee und für sich Kaffee. Er holte Teller und Besteck und nahm alles mit nach draußen auf die Terrasse. Dort wartete er auf mich. Als ich mit den Pancakes raus kam und mich zu ihm an den Tisch setzte, stürzte er sich auf die kleinen Küchlein. Ich war erschrocken über seinen enormen Appetit und befürchtete beinahe, ich müsse noch mehr machen.
„Ist alles in Ordnung?", fragte ich erstaunt.
Er schluckte.
„Ja, warum?"
„Seit wann isst du denn morgens so viel?"
„Wenn du dir schon die Mühe machst und extra für mich kochst, dann muss ich doch zumindest probieren.", meinte er und richtete seine Aufmerksamkeit wieder dem Frühstück zu. Ich lächelte und war amüsiert über seine Definition von probieren.
Als wir aufgegessen hatten, half er mir das kleine Chaos in der Küche zu beseitigen. Anschließend zog ich mir ein rosafarbenes luftiges Kleid an und band meine Haare nach oben. Wir gingen gemeinsam durch den Wald spazieren und verträumt hielt ich Ausschau nach einer Frau mit Blumen im Haar.
Zur Mittagszeit kamen wir zurück. Wir beschlossen in eine der vielen kleinen Städte auf dem Planeten zu fliegen um gemeinsam Mittag zu essen. Es war so wunderbar hier. Alles wirkte so friedlich und voller Ruhe. Die Menschen waren nett und freundlich. Keiner schien Angst zu haben, keiner wurde von Wut zerfressen und niemand musste sich Sorgen machen.
Nachdem wir durch die vielen kleinen Straßen gegangen waren, kehrten wir am Nachmittag zurück und setzten uns entspannt in den Whirlpool.
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