11. Kapitel - Du bist kein Monster

Hux betrat den Salon.
„Kylo möchte mit dir spazieren gehen. Du sollst dir etwas Warmes anziehen. Er wartet auf dich in der Eingangshalle."
„Mh... ok." Ich war ein wenig irritiert.
„Na komm, ich führe dich in deine Gemächer.", sagte Caroline seufzend.
„Nein, Danke. Ich finde den Weg alleine. Bleib du ruhig hier.", erwiderte ich lächelnd.
„Gut."

Ich ging an Hux vorbei, welcher wie angewurzelt in der Tür stand. Aufgeregt schlenderte ich durch die Gänge. Da ich Kylo den ganzen Tag noch nicht gesehen hatte, bahnte sich in mir unaufhaltsame Freude an, doch diese verschwand als ich mein Zimmer betrat.

Die Bücher waren überall wild auf dem Boden verteilt, die Decke lag nicht mehr auf dem Bett, im Badezimmer brannte Licht und das Waschbecken war zerschlagen. Erst dachte ich, es war das Personal gewesen, aber dann sah ich den zerknüllten Brief von meiner Oma auf dem Boden liegen.

Es muss Kylo Ren gewesen sein. Ich ließ mich entrüstet zu dem Brief nieder und nahm ihn in die Hand, dann stand ich wieder auf und schnappte wütend nach einer Jacke und Stiefeln. Ich wollte eine Antwort. Eine Erklärung. Eine Entschuldigung. Egal was, Hauptsache es würde sein schreckliches Verhalten rechtfertigen.

Ich marschierte schnellen Schrittes und zielgerichtet zur Eingangshalle, doch als ich ihn sah, wie er mitleidig zu Boden schaute, mit seinen Händen hinter seinem Rücken und seiner Schuld bewusst, schwand mein Mut.

„Ophelia."
„Kylo."

Unsere Stimmen waren so leise, dass man sie kaum hörte. Ohne ein weiteres Wort öffnete er die Tür und wir gingen hieraus. Ich war erstaunt über die hohen Bäume. Zuvor sah ich nur den Ausblick von der Ostseite, weshalb ich mir nie bewusst war, dass sich hier ein riesiger Wald befand. Kylo führte mich stillschweigend am Waldrand entlang, die dunklen Kiefern links von uns und die weiße Wüste rechts. Es war eiskalt und ich bereute es, dass ich meinen Schal in der Rage vergessen hatte.

Nach etwa einer halben Stunde begann sich die Wüste zu senken und der Wald sich zu heben. Wir gingen immer weiter bergauf. Nach wenigen Minuten sah ich in der Ferne einen kleinen provisorischen alten Holzzaun am Abgrund einer Klippe und wir gingen direkt darauf zu.
„Nachdem Hux dir so etwas faszinierendes gezeigt hat, wollte ich dir auch unbedingt etwas zeigen. Ich bin öfter hier, wenn ich... wenn ich alleine sein will."
Ich stützte mich auf den Zaun und schaute in die Tiefe. Es ging hunderte Meter abwärts und unter erstreckte sich die Eiswüste, von wo aus man den Sonnenuntergang hätte beobachten können.
„Es ist unglaublich.", staunte ich. Beinahe hätte ich vergessen, dass ich wütend auf ihn war. Sehr wütend.
„Schön, dass es dir gefehlt."
Er machte es mir jedoch sehr schwer, mich auf meine Wut zu konzentrieren.
Wie kann so ein schrecklicher Mensch, wie er, so unschuldig wirken?
„Ophelia, es tut mir Leid. Ich hätte nicht... ich hätte deine Privatsphäre respektieren sollen.", sagte er bedrückt.
Ich drehte mich zu ihm um, aber schaffte es nicht, auch nur ein einziges Wort aus mir raus zu bringen.
Er schaute mir in meine Augen. Er sah so traurig und verletzt aus, so beschämt über sich selbst.
Ich wendete wortlos meine Blicke von ihm ab.
„Sag doch etwas, bitte.", hauchte er leise.
Meine Gedanken überschlugen sich.
„Warum? Warum hast du das getan?", brach es aus mir raus.
Sein Gesicht versteinerte und wurde wieder ernst. Dann drehte er sich um und ging. Ich folgte ihm.
„Warte!"
„Deine Großmutter hatte recht. Ich bin ein Monster."
Er wurde schneller und ich schaffte es nur mit großer Mühe hinterher zu kommen.
„Bitte, Warte!", flehte ich, aber er hörte nicht auf mich.
Ich stapfte schneller durch den Schnee und als ich ihn endlich eingeholt hatte, griff ich nach seinem Arm. Er blieb stehen.
„Du bist kein Monster." Er sagte nichts sondern drehte sich nur langsam um. Als er mir in die Augen schaute, fragte er leise: „Glaubst du wirklich?"
„Ja", hauchte ich.

Er sah so gebrochen aus, innerlich zerrissen, kaputt.
Dann legte er vorsichtig seine Hand auf meine kalte Wange und beugte sich zu mir runter. Mein Herz bebte. Meine Hände zitterten. Doch bevor seine Lippen meine berühren konnten, ertönte hinter uns ein Schrei.
„Ren! Was machst du hier?"
Es war Hux. Kylo verdrehte wütend seine Augen.
„Snoke will dich sofort sehen."
Kylo drehte sich um.
„Das hat doch sicherlich noch Zeit."
„Nein."
Aus Kylos Kehle kam etwas, was viel Ähnlichkeit mit einem Knurren hatte und Hux dazu brachte vor Angst zu schlucken.

Dann gingen wir stumm zurück zur Starkiller-Base. Die Sonne ging schon langsam unter und es wurde noch kälter. Als wir ankamen meinte Hux mit neuem Mut: „Ich geh mit Ophelia Abendbrot essen. Du musst dir also um nichts Sorgen machen."
Beinahe musste ich über Kylos wütenden Ausdruck Hux gegenüber schmunzeln.
„Es wird wohl ein Weilchen dauern.", erklärte der General dann.
„Gut.", knurrte Kylo.

Kylo begleitete uns noch bis zum Restaurant und ging dann. Armitage und ich aßen wie üblich am Fenster. Danach führte er mich noch in meine Gemächer und verabschiedete sich dann.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top