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Christina wirkte blasser und ausgemergelter mit jedem Tag an dem sie mit Kevin zusammen war. Mittlerweile lebte sie fast fix mit ihm zusammen - soweit es halt ein „Fix" in Kevins unsteten und chaotischen Leben gibt. Ihr Körper wirkte noch unversehrt und beinahe unberührt, aber ich wusste, dass Kevin auch mich anfangs nicht an sichtbaren Stellen verletzt hatte. Und dann war da noch diese kleine fiese Stimme in meinem Kopf, die mir sagte, dass er vielleicht nur mit mir so hart und grob umgegangen war, weil ich ihm falsche Signale gesendet habe. Wobei ein schlägertyp bleibt ein schlägertyp, egal, welche Frau er an seiner Seite hat. Der Gedanke, dass er Christina das antut, was er mir angetan hatte, machte mich wahnsinnig und Unruhig. Ich musste sie retten - auch, wenn ich selber dabei drauf ging. Wenn er Christina ernsthaft verletzte, würde ich mir ewig vorwürfe machen. Das würde ich mir nie verzeihen können, mein ganzes restliches erbärmliches Leben lang. Dann könnte ich mich eigentlich auch gleich selbst umbringen, denn dann hätte ich die 2 wichtigsten Menschen in meinem Leben ein für alle mal verloren. Doch ich konnte Christina ja schlecht wie ein kleines Kind aus Kevins Wohnung hinaus zehren und zuhause einsperren, sie war ein mündiger und erwachsener Mensch mit einer eigenen Meinung. Ich hatte kein Recht sie einzusperren und einzuschränken. Sie hatte alles recht der Welt den Menschen zu lieben, den ihr Herz begehrte - selbst, wenn diese Liebe ihr Ende sein sollte. Aus eigener Erfahrung wusste ich, dass jemanden dabei zuzuschauen, wie er in sein Verderben rennt bei weitem härter ist, als selbst diese gutgläubige und unbeirrbare Person zu sein, die sich immer weiter in die scheisse rein reitet. Es war wie beim Tod, den Schmerz über den Verlust und die Trauer spüren nur die anderen, nie der Tote selbst. Doch Christina durfte nicht sterben, sie durfte nicht gequält werden, sie war ja noch immer irgendwie meine Freundin. Einmal Freunde, immer Freunde - dieser Spruch passte wohl noch am besten auf uns, denn mittlerweile gab es kaum mehr Dinge, die uns verbanden, außer unsere doch recht gute und innige Freundschaft von damals. Damals, als die Welt noch halbwegs in Ordnung war, damals vor Kevin. Damals, als noch fiktive und albtraumhafte Monster unter unseren Betten wohnten. Damals, als Christina noch meine heimliche große Liebe war, was sie allerdings in einigen alkoholversoffenen und besonders verzweifelten Momenten immer noch war. Doch der Weg zurück in dieses „damals" ist ein für alle mal gekappt worden, als Kevin in mein Leben kam. Kevin hatte alles kaputt getreten, was es sonst noch in meinem Leben gab. Er hatte mich isoliert und abhängig gemacht. Er hatte mir Zuckerbrot und Peitsche gegeben. Und nun verblendete sein trügerisches und grelles Licht meine ehemals beste Freundin. So lang bis sie sich nicht mehr selber aus seinen Klauen und Fängen befreien könnte. Er würde seine Nägel in ihr Fleisch Krallen bis ihre dünne blasse Haut aufplatzte - ein Parasit, der einen neuen Wirt gefunden hatte. Hellrotes Blut, das auf weiße Lacken tropft, Täter und Opfer, nur ein weiteres Verbrechen.

Wie glaubt ihr geht Kevin mit Christina um?

Über votes und Kommentare würde ich mich wie immer sehr freuen

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