Kapitel 2 - Kürbissaft und Himbeermarmelade

Auch am nächsten Morgen hörte Potter nicht auf zu nerven. Ich ging gerade frisch geduscht die Treppen herunter in den Gemeinschaftsraum, da saßen er und seine Rumtreiberfreunde und lachten über irgendeinen bescheuerten (und vermutlich versauten) Witz von Black. "Hey, Krone, guck mal, da ist Evans!", rief dieser, als er mich erblickte. Potter fuhr so schnell herum, dass ihm seine Brille über die Nase herunter rutschte und seine Hand fuhr automatisch zu seinen wie immer furchtbar verstrubbelten Haaren. Fast hätte ich gelacht, so bedröppelt sah er aus. Stattdessen versuchte ich ihn zu ignorieren und ging schnurstracks an ihm vorbei und aus dem Gemeinschaftsraum hinaus.

Ich brauchte eine Weile bis ich endlich in der Großen Halle ankam. Das Frühstück hier hatte ich vermisst, zu Hause war es nie eine freudige Angelegenheit, bei den giftigen Blicken die Petunia mir immer zuwarf.

Der Gedanke an Petunia machte mich traurig. Seit ich nach Hogwarts ging hatte sie mir nicht einen netten Brief geschrieben. Der letzte, den ich von ihr bekommen hatte, war nur schnell hingekrakelt worden und besagte, dass sie nun einen Freund hätte, Vernon Dursley. Sie hatte mich darin Dinge wie 'Freak' genannt und 'Missgeburt' und dass ich nie jemanden finden würde, der mich so liebt wie Vernon es bei ihr tut.

Am Frühstückstisch war es schon proppenvoll, doch Mary und Marlene hatten mir einen Platz freigehalten. Marlene winkte mir so heftig zu, dass sie ihren Kürbissaft umstieß und er sich auf... Potter ergoss, der ihr gegenüber saß. Einerseits fand ich es sehr lustig, wie er da stand mit einem großen Fleck auf dem Umhang, andererseits fragte ich mich, wie bei Merlin er und seine Freunde so schnell hierher gekommen waren. Sie waren nach mir gegangen und hatten mich nicht überholt, wie konnten sie also vor mir da sein?

Ich setzte mich widerwillig neben Marlene, es war mir wirklich zuwider, bei Potter und Black sitzen zu müssen. Marlene jedoch schien das nicht zu stören, zu meinem Leidwesen mochte sie die beiden, und auch Mary hatte nichts gegen sie, ganz im Gegenteil. Potter hatte sich mittlerweile seine Uniform trocken gezaubert und Marlene entschuldigte sich am laufenden Band bei ihm. Doch er winkte nur lässig ab, stützte sich mit einem Arm an Black und setzte seinen James-Potter-die-Coolness-persönlich-Blick auf. Wie ich diesen Blick hasste, diese dauernde Angeberei und seine Aufgeblasenheit, es war kaum auszuhalten. In mir kochte Wut hoch wenn ich ihn nur sah, wie er seinen Toast so unfassbar ruhig und gelassen aß, dass man meinen könnte, er hätte Opium genommen. Es gab zwei Arten von James Potter und beide waren wie auf Drogen: Den coolen und den durchgeknallten. Marihuana und Ecstasy.

Mich würde es nicht einmal wundern, wenn er tatsächlich ständig high wäre, ihm traute ich das durchaus zu. Im letzten Jahr hatten Potter und Black es tatsächlich geschafft, so viel Alkohol zu trinken, dass sie total besoffen auf dem Tisch der Großen Halle getanzt hatten. Alle hatten diese Aktion für absolut legendär gehalten, doch ich war da anderer Meinung gewesen und McGonagall auch. So viel ich wusste hatten die beiden einen ganzen Monat lang nachsitzen und einmal sogar Mrs Norris baden müssen (ihr Fell war danach zwei Tage lang pink und niemand konnte Potter und Black dieses grausame Verbrechen nachweisen). Nicht, dass ich eine Langweilerin wäre, doch ich fand, man konnte es auch übertreiben. Und mit 'übertreiben' waren genau solche idiotischen Einfälle, wie sich komplett zuzuschütten, sodass man auf dem Tisch tanzte, gemeint.

Vielleicht hatte meine fehlende Begeisterung aber auch etwas damit zu tun, dass ich die beiden einfach nicht mochte. Weil sie wahllos Leute verhexten. Weil sie arrogant waren und eingebildet. Weil sie sich für cool hielten, wenn sie sich betrunken und rauchten (nur auf Partys, soviel ich wusste, Black hatte Angst um seine 'strahlend perlweißen Zähne', wie er es ausgedrückt hatte). Und, zu guter letzt, weil sie Idioten waren. Weshalb? Keine Ahnung. Es war einfach so.

Missmutig biss ich in meinen Toast. Himbeermarmelade, mein Lieblingsbrotaufstrich. Doch wirklich genießen konnte ich ihn nicht, denn mir schräg gegenüber saß Sirius Black und seine Essmanieren waren... Naja. Es erinnerte mich auf eine merkwürdige und unerklärliche Weise an einen... Hund. Dabei konnte ich gar nicht sagen, was genau mich an seinem Essstil störte, er schlang alles in sich hinein, ja, aber auch sonst fand ich das Schauspiel einfach abstoßend. Auch Potter aß nicht gerade schön, bei ihm wusste ich aber, woran es lag: Seine struppigen Haare hingen ihm ins Essen und die rosarote Marmelade klebte überall: An seinen Haaren, seinem Umhang, sogar auf seiner Brille! Ich schüttelte ungläubig den Kopf, nicht einmal essen konnte Potter.

Ich war ziemlich froh, als das Frühstück endlich vorbei war. Potter hatte mich noch zweimal nach einer Verabredung gefragt, und ich hatte ihm zweimal eine bissige Antwort darauf gegeben, die natürlich nein gelautet hatte.

Die erste Unterrichtsstunde war gleich die langweiligste: Zaubereigeschichte. Professor Binns laberte wie immer vor sich hin, ohne dass auch nur ein Schüler wirklich zuhörte. Marlene lackierte sich die Fingernägel, Potter und Black spielten in der letzten Reihe Zaubererschnippschnapp, Peter schlief, Remus sah lustlos in die Leere und ich unterhielt mich leise mit Mary. "Wirklich? Merlin, das ist ja soooo süß!", antwortete ich auf Marys Erzählungen von Bertham Aubreys Liebesgeständnis an Dorcas Meadowes. "Ja, ist es. Nicht so süß war es, als Potter und Black Aubrey einen Fluch aufgehalst haben, sein Kopf war doppelt so groß! Sie sagten, wer solchen Kitsch erzählt, hätte es verdient.", erzählte Mary. Ich dachte eigentlich, ich könnte Potter und Black nicht noch mehr hassen, doch anscheinend war es doch möglich. "Diese... Idioten! Gibt es eine Person auf Hogwarts die abstoßender ist als die beiden?", entrüstete ich mich und sah feindselig zu den Übeltätern hinüber, die gerade in lautes Gelächter ausgebrochen waren. "Um ehrlich zu sein, ja, Lily. Aber du weißt ja, was ich von ihm halte.", antwortete Mary und seufzte. Sie spielte auf Severus an, meine Freunde hatten ihn noch nie leiden können. Eigentlich sollte er mir ziemlich schnurz sein, nach dem Vorfall im letzten Jahr, doch dummerweise war er mir das nicht. Wir waren zu lange befreundet gewesen, als dass ich ihn einfach vergessen konnte. Mary und Marlene hatte ich mich was dieses Thema anging anvertraut, und sowohl sie als auch mein Gehirn meinten, ich solle Severus aus meinen Gedanken und meinem Herzen verbannen. Doch wie gesagt, so einfach war das nicht.

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