Gegenwart - 2

Das Foto für das Kapitel *husthust*. Stellt euch Felix mit grünen Augen vor 😂


März 2020

2. Märzwoche

„Hey...", streckte er sich, um zu mir zu sehen. „Wieso schläfst du nicht?"

Seine sanfte Stimme ertönte in meinen Ohren. Eigentlich hätte sie in mir was bewegen müssen, nur tat sie es nicht. Ich fühlte mich emotional immer noch tot. Das einzige, was in mir was hervorrufen hätte können, wäre das Etwas am Fenster. Zumindest bildeten ich mir ein, dass da etwas am Fenster war. Müde hatte ich zu dem Typen gesehen, mit dem ich die Nacht verbrachte und dessen Namen ich noch immer nicht kannte.

„Darf ich die Vorhänge zu ziehen?", fragte ich, was ihn dazu brachte sich aufzusetzen.

Er schmunzelte, bevor er sich erhob, um die Gardinen zuzuziehen, obwohl ich das auch alleine hätte tun können.

„Hast du deshalb etwa nicht schlafen können? Aus Angst, jemand könnte dich beobachten?"

Ich legte mich einfach ins Bett zurück und drehte mich von ihm.

„An deiner Stelle wäre ich zukünftig einfach vorsichtiger.", sagte ich, wobei ich mich endlich etwas sicherer fühlte.

Ich hatte nicht mehr das Gefühl, als würde sich ein Augenpaar in mein Rücken bohren. Es war endlich angenehmer.

„Nehme ich mir zu Herzen!", witzelte er.

Daraufhin stieg er wieder aufs Bett. Er näherte sich meinem Körper und machte einen Arm um mich, bevor er sich zudeckte. Vermutlich hätte mir die Nähe etwas ausgemacht, wäre ich nicht so abgestumpft. Nur leider war ich es...

„Übrigens", fing er irgendwann an, als ich mich bereits im Halbschlaf befand. „Mein Name ist Woojin."


Ich erinnerte mich immer mehr an Woojin. Die Lücken in meinem Kopf fingen an sich zu füllen. Ich erinnerte mich, wie er am nächsten Morgen beschloss, mich nach Hause zu begleiten. Wir tauschten unsere Instagram-Namen aus, um es erst einmal noch oberflächlicher zu halten. Wie sich nun herausstellte, war ein Versuch auf einen langhaltigen Kontakt nie möglich gewesen, da mich Felix noch genau an dem Tag zu Boden schlug. Ja... Ich erinnerte mich wieder daran, als wäre es gestern gewesen. Aber... Sie sagten, ich wäre im Zeitpunkt meiner Befreiung im berauschten Zustand gewesen. Sie behaupteten, ich hätte die ganze Geschichte nur erfunden, weil ich den Tod meiner Freunde nicht verkraftete. Ich würde mir alles einbilden, warf man mir vor. Man unterstellte mir zu lügen. Meine Narben waren mir selbst zuzuschreiben und mein seelischer Schmerz war kein echter. Dieser entsprang aus meiner Einbildung. Ich gehörte zu den Leuten, die sich Märchen ausdachten, um gesehen und angehört zu werden. Richtig... Dass ich gestalkt, geschlagen und vergewaltigt wurde- das waren alles Lügen. Ich hielt mir den Kopf. Ein Glück, dass ich nicht so dumm war, um darauf einzugehen. Ein Glück, dass Woojin sich als mein Therapeut herausstellte. Ja... Glück um Unglück nannte man das. Darüber konnte ich froh sein. Zumindest fühlte ich mich nicht mehr so einsam... Es brauchte eben nur einen Menschen, der auf meiner Seite stehen musste, um die Welt ein bisschen besser betrachten zu können. Die Welt, die mir Felix versuchte zu zerstören. Ich fragte mich, nach vier ganzen Jahren, ob er das schaffte. Hatte er mich nun endgültig zerstört? War ich ihm hoffnungslos unterlegen gewesen? Ich schloss die Augen. Ich schätzte, um das heraus zu finden, bräuchte ich noch etwas mehr Zeit...


August 2020

3. Augustwoche

Ich versuchte irgendwie gut auszusehen, während ich mich krampfhaft bemühte meine Mundwinkel zu heben. Naja... Das war mein Lächeln. Das Lächeln, welches ich wieder an den Tag legen konnte, wenn ich mich nur anstrengte.

„Danke, Y/N.", kam es von der freundlichen Gruppenleiterin.

Denn, ja. Ich nahm an einer Selbsthilfegruppe teil. Gerade konnte ich frei erzählen, was mir die letzten Jahre widerfuhr. Okay... Ich berichtete nur von einem Ex, der mich stalkte und sich als Mörder entlarvte. Zu mehr war ich noch nicht bereit...
Woojin sagte mir dennoch, dass ich einen Durchbruch hatte. Ich glaubte ihm zwar nicht aufs Wort, aber... Ich fühlte mich besser. Ich... Ich konnte endlich mit anderen Menschen interagieren. Ich konnte entspannt sprechen. Ich konnte lächeln... Ich fing endlich an zu vermissen... Mir fehlte meine und die Hwang Familie. Ich vermisste die Universität! Wer's glaubte? Ich hatte wieder den Draht zur Realität herstellen können. Es war nicht mehr die Vergangenheit, die mich nicht loslassen wollte. Ich konnte... Nach vorne sehen. Ich spürte mal etwas anderes, außer Stress, Angst und Trauer. Ich konnte Erinnerungen zusammenfügen und das ganze Bild betrachten. Ich litt an keiner Amnesie mehr. Ich konnte behaupten, ich machte Fortschritte... Ich fing an mich selber wieder zu erkennen...

„Du fühlst dich hierbei doch gut, oder?", fragte er mich, wobei seine tiefe Stimme dafür sorgte, dass sich meine Nackenhaare aufstellten.

Er fokussierte meinen Blick. Es war stockdunkel und dennoch erkannte ich, wie intensiv das Grün in seiner Iris schien. Ich schluckte hart, da mich die Art, wie er mich ansah, verunsicherte. In Schweiß ertrunken, nickte ich. Stumm... Das ließ ihn schmunzeln. Denn sobald ich all das sagte, was ihm gefiel, hatte er nichts mehr auszusetzen. Das machte ihn... Glücklich.

Ich atmete ein und wieder aus, bevor ich mich aufsetzte. Ja... Die Erinnerungen an ihn wurde ich aber noch nicht ganz los. Dennoch... Sie wurden weniger. Weniger und schwammiger. Die Tatsache, dass Felix mit freiem Fuß in der Öffentlichkeit stand, beunruhigte mich zwar noch immer... Andererseits dachte ich... Vielleicht hatte er mich ja vergessen oder er zog wo ganz anders hin. Schließlich waren nun einige Jahre vergangen. Jahre, die Zeit bedeuteten. Ja... Er hatte mich ganz sicher vergessen...

———

Hi! Und? Wie fandet ihr das heutige Kapitel? Das war nun etwas kürzer. Es diente zum Einblick in die Entwicklung der Gedanken von Y/N. Deshalb die Frage... Sieht ihr da eine Entwicklung?

Ich hoffe doch sehr!

Viel Spaß fürs kommende und Achtung! Spoiler-Alert. Die Gegenwart-Sichten hören hiermit auf! 😏

In love, N xX.

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