54 - memories
Es war Freitag, als Louis wieder auf mich zukam. Meine Gedanken hatten sich die ganze Woche über nur um ihn gedreht und dadurch, dass er hier seit seiner Ankündigung bisher täglich erschienen war, machte er es mir nicht gerade leichter. Nochmal wirklich allein waren wir nicht, immer war irgendwer dabei und dadurch behandelte Louis mich vor den anderen genauso wie die anderen. Ich war aber auch nichts besonderes, nur weil ich einmal sein bester Freund gewesen war. Darauf durfte ich mir nichts einbilden, das war mir klar. Das gehörte schließlich alles zur Vergangenheit und nur weil Louis jetzt mit mir darüber sprach hieß das noch nicht, dass er auch nach X-Factor wieder Kontakt mit mir wollte. Noch hatten wir nicht darüber gesprochen, wie es weitergehen soll.
Liam, Zayn und Niall hatte ich zwar gesagt, dass Louis mit mir gesprochen hatte und das wir vielleicht auf einem Weg der Besserung waren, aber ins Detail war ich nicht gegangen. Mal abgesehen davon, dass Zayn sowieso mehr wusste als ich, wollte ich mein Versprechen gegenüber Louis nicht brechen und irgendwas ausplaudern, was mich vielleicht weitere Antworten kosten könnte. In dieser Hinsicht hoffte ich einfach, dass er mir das irgendwann anvertrauen oder sagen dürfte, denn nichts konnte auf Dauer funktionieren, wenn noch solche großen Geheimnisse zwischen uns standen, die mir noch so viel mehr erklären könnten. Genauso wenig hatte ich Brendan etwas erzählt, aber er verstand das und wir sprachen lieber noch einmal über den Kuss, der für ihn seine Bisexualität bestätigte, aber nichts an unserer Freundschaft änderte.
In diesem Moment, in dem Louis mich ansprach, waren wir alleine in der Küche. Eigentlich hatte ich mir nur was zu trinken holen wollen, weil mein Mund vom ganzen Singen ganz rau war, doch er war mir gefolgt. ,,Hey Harry, hast du heute noch was vor?" Er schenkte mir ein schüchternes Lächeln und brachte mich mit der Frage völlig aus der Fassung. ,,Meinst du das ernst?", fragte ich vorsichtig, um mich zu versichern, mich nicht verhört zu haben. ,,Ja, habe ich doch Dienstag schon gesagt, aber es ist wichtig, dass niemand davon erfährt", sagte Louis schnell und ließ mich wie paralysiert nicken. ,,Eigentlich wollte ich noch weiter für morgen üben, aber ich denke, das kann ich ausfallen lassen."
,,Das denke ich aber auch. Wie wäre es, ich rede eben mit Megan, du holst deine Sachen und wir treffen uns gleich wieder hier?" Noch immer konnte ich nicht glauben, dass das gerade wirklich Realität zu sein schien, mein Mund war wie zugeknotet und erneut konnte ich nur nicken, ehe ich mich umdrehte und auf meinem Zimmer einen Rucksack mit Handy, Portemonnaie und etwas zu trinken packte. Am Dienstag hatte Louis den Vorschlag gemacht, in unsere Heimat zu fahren und ich ging davon aus, das er das heute umsetzen wollte. Schnell war ich zurück in der Küche, die Louis auch wenige Sekunden später wieder erreichte und durch einen Hinterausgang gelangten wir in eine Garage, in welcher Louis ein Auto mit getönten Scheiben aufschloss.
,,Wo fahren wir hin?", fragte ich, als wir einstiegen, wollte meine Vermutung bestätigt bekommen. ,,In unsere Heimat, nach Holmes Chapel", erwiderte Louis, was ein kurzes Lächeln über meine Lippen huschen ließ. ,,Ich denke, wenn wir irgendwo ungestört sind, dann da. Niemand wird mich und vorallem uns dort vermuten und das ist das wichtigste. Wenn dich jemand fragt, was du heute gemacht hast, dann warst du Zuhause bei Liam und Niall, in Ordnung?" Louis sah mich eindringlich an, bevor er das Auto aus der Garage beförderte. Fans standen vor der Haustür, schenkten dem Auto nicht weiter Beachtung und durch die extra dunklen getönten Scheiben konnten sie uns ohnehin nicht erkennen.
,,Wieso ist das alles so verdammt geheimnisvoll? Ich komme mir vor wie beim FBI, fast als wolltest du nicht mit mir gesehen werden", murmelte ich, kramte meine Wasserflasche hervor und nahm einen Schluck. ,,Wegen der Sache, dass X-Factor Betrug vorgeworfen könnte, weißt du? Wäre ja seltsam, sollte man nur uns beide mal alleine sehen und mich nicht auch mal mit den anderen Kandidaten", Louis Aussage klang wie auswendig gelernt, fast als hätte er vermutet, dass ich diese Frage stellen würde und wieder baute sich ein weiteres Geheimnis vor mir auf, das es zu entschlüsseln galt. Bei Louis kam ich mir vor, wie in einem riesengroßen Labyrinth, dessen Ausgang einfach unauffindbar war.
Während die anderen Kandidaten damit beschäftigt waren, für morgen zu proben, nochmal alles zu geben, um am Sonntag in die nächste Runde gewählt zu werden, machte ich mich mit Louis Tomlinson, einem Popstar und meinem ehemaligen besten Freund auf, in unsere alte Heimat, wo wir in der Zeit so viele schöne Erinnerungen gesammelt hatten. Diese schmerzten jetzt und vielleicht war das ganz gut so, damit ich Louis meinen Schmerz besser begreiflich machen konnte, den ich in den letzten Jahren gefühlt hatte. ,,Wie geht es dir?", fragte Louis in die Stille der Fahrt hinein, nur das Radio dudelte uns leise in die Ohren. ,,Ich bin verwirrt", gestand ich offen, ,,alles, was ich geglaubt habe, über die letzten Jahre zu wissen, hat sich seit Dienstag irgendwie geändert und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Aber genauso bin ich erleichtert, dass du mir erklärt hast, was du konntest", fügte ich noch hinzu und sah Louis an, der auf die Straße schaute, aber nickte.
,,Ich hoffe, wir kriegen das hin", murmelte Louis noch und bis auf einigen Smalltalk über das Wetter, die Natur und die Tiere auf den Weiden, umso weiter wir aus London rausfuhren, blieb es die dreistündige Fahrt überwiegend still. Ich hasste es, wenn es so ein unangenehmes Schweigen war, aber genauso wenig wusste ich, wie ich mich verhalten oder was ich sagen sollte. Worüber sprach man auch schon, mit einem ehemaligen besten Freund? Und den Grund, weshalb wir diesen Ausflug überhaupt unternahmen, wollten wir in Holmes Chapel selbst besprechen und nicht auf der Autofahrt dahin, bei der Louis sich nicht wirklich konzentrieren könnte. Deshalb war ich mehr als erleichtert, als uns das Ortsschild endlich willkommen hieß.
Mehr als erstaunt war ich, als Louis vor seinem alten Zuhause anhielt. Dies war eigentlich mit dem Umzug der Tomlinsons nach London verkauft und von einer anderen Familie neu bewohnt worden. Louis erkannte an meinem Blick, welche Frage ich mir stellte und noch bevor wir das Auto verließen, klärte er mich auf. ,,Als ich genug Geld verdient hatte, hab ich das Haus zurück gekauft. Die ganzen Erinnerungen, die da drinne sind, an Mum, an die alten Zeiten, an dich. Es ist mein Rückzugsort und so ziemlich niemand weiß, dass es mir gehört. Dort kann ich einfach ich selbst sein und mich alleine auf mich konzentrieren." Was Louis sagte ergab Sinn und nach dieser Erklärung verschwanden wir schnell vom Auto ins Haus.
Trotz, dass eine andere Familie hier für kurze Zeit gewohnt hatte, war ich erstaunt, das immer noch der Geruch von damals in der Luft hing. ,,Wow, es sind ja sogar noch die alten Möbel hier", murmelte ich und fuhr mit meiner Hand über die Kommode im Flur, gegen die Louis mich einmal aus Spaß geschubst hatte. Ich hatte mir den Ellbogen so stark gestoßen, dass ich geweint hatte, woraufhin Louis sich tausendmal entschuldigt und mich einfach festgehalten hatte. ,,Ja, wir hatten vieles mit nach London genommen, doch die Einrichtung dort ist mittlerweile komplett erneuert worden und die alten Möbel hab ich wieder hier her gebracht. Das ist meine eigene kleine Erinnerungsstätte. Auch wenn man es meinen mag, ich vergesse nicht, wo ich herkomme und dieses Haus ist mein Anker dafür."
Während Louis sprach, entdeckte ich ein Bild von uns. Es war ein paar Wochen, nachdem wir uns kennengelernt hatten, geschossen worden. Wir hatten Louis Dachboden durchforstet und dabei lustige Kostüme entdeckt. Ich trug ein silbernes Plastikdiadem auf dem Kopf und eine pinke Federboa um den Hals. Louis hatte sich in ein Piratenkostüm geworfen und mit der Mascara seiner Mutter hatten wir ihm eine Narbe auf die Wange gemalt. Bei den Erinnerungen rollte mir eine Träne über die Wange und schnell wischte ich sie weg, damit Louis sie nicht sehen konnte, doch dafür war es schon zu spät.
Traurig lächelte er mich an und winkte mich weiter in die Küche. ,,Ich hoffe, du magst noch den Kakao, den wir damals immer getrunken haben?" Louis hatte tatsächlich alles wieder genauso eingerichtet und auch einsortiert, sodass selbst ich mich hier eigentlich noch perfekt auskannte. ,,Ehrlich gesagt habe ich diese Marke ewig nicht mehr getrunken. Es klingt bescheuert, aber ich habe sie gemieden, weil sie mich zu sehr an dich erinnert hat und an die kalten Wintertage, die wir hier vor dem Kamin verbracht hatten." ,,Das klingt nicht bescheuert, ich kann das schon verstehen, aber ich hoffe nach alldem gibt es keinen Grund mehr, den Kakao zu meiden."
Louis bereitete uns beiden das Getränk zu, erzählte mir nebenbei, dass er doch öfter hier war, als er zunächst zugegeben hatte, deshalb auch frische Lebensmittel im Haus hatte und wie damals setzten wir uns ins Wohnzimmer, er machte sogar den Kamin an, da die herbstlichen Temperaturen kühl waren und der Winter immer näher rückte. All die Erinnerungen, die auf mich herein prasselten waren hart, so viel schönes war dabei, was sich jetzt für mich einfach nur noch traurig anfühlte, weil es der Vergangenheit angehörte. Nach einem Schluck von dem Kakao wurde es nicht besser, er schmeckte so gut und war eindeutig immernoch mein Liebster. ,,Harry, möchtest du mir jetzt erzählen, was du die letzten Jahre so gemacht hast? Wie die Situation für dich war?"
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Was Harry Louis wohl erzählen wird? Was haltet ihr von Louis kleiner Ausflug-Idee?
All the love xx
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