18

Am nächsten Morgen steht Lian noch einmal vor Storms Fenster und sie erschrickt sich fast zu Tode, als sie ihn entdeckt.

„Spinnst du?", fährt sie ihn an, als sie das Fenster öffnet, um sich mit ihm verständigen zu können.

„Wir müssen reden, Storm", erklärt er ihr.

„Ich will dich aber nicht sehen und schon gar nicht so früh am Morgen, wenn du mich dann auch noch so erschreckst", zickt sie herum. Nun hört sie eine Stimme, die von ein bisschen weiter hinter Lian zu kommen scheint.

„Storm. Nun reiß dich doch endlich Mal zusammen. Du bist in letzter Zeit wirklich zickig und du weißt genauso gut, wie ich, dass Lian das nicht verdient hat"

„Was mischt du dich da jetzt eigentlich ein, Stean?", fragt Storm in wütend. Nun kann sie auch sein Gesicht sehen, denn er kommt hinter Lian hervor.

„Konntest du nicht alleine herkommen? Hattest du Angst?", fragt Storm und tut so, als wäre sie ein weinendes Baby.

„Du bist echt ein Arschloch", erwidert Stean und Lian ist schon wieder abgehauen. Stean läuft seinem Freund hinterher und Storm beschließt, ihre Freundin anzurufen.

„Geht es dir noch gut?", fragt diese, als Storm ihr von dem Vorfall erzählt.

„Du bist momentan echt ein Arschloch. So kennt man dich doch gar nicht. Lian und du, ihr seid doch beste Freunde. Warum bist du auf einmal so gemein zu ihm? Du warst doch noch nie so zickig"

„Ich weiß selbst nicht, was in mich gefahren ist. Ich denke glaube ich einfach, dass wenn Lian und ich Streit haben, dass es dann auch nicht unangenehm wird. Ich will nicht, dass er in mich verliebt ist. Kannst du das denn gar nicht nachvollziehen?", fragt Storm ihre beste Freundin und klingt dabei ziemlich aufgelöst.

„Irgendwie kann ich das nicht. Lian hat es, ob er nun in dich verliebt ist oder nicht, nicht verdient, so behandelt zu werden. Und ist es so nicht viel unangenehmer? Er weiß doch, dass du nichts von ihm willst", versucht Marzia ihre Freundin zur Vernunft zu bringen.

„Aber er hat mich schon einmal geküsst und ich möchte nicht, dass so etwas wieder passiert. Dass ich wieder genauso beknackt reagiere"

„Also willst du, dass der Kuss noch einmal passiert, du aber anders reagierst?"

„Nein!", ruft Storm panisch.

„Ich will nicht, dass Lian mich noch einmal küsst und ich wünschte, ich hätte damals anders reagiert. Aber ich mag Lian, eben als besten Freund. Nicht als meinen Freund. Irgendwie fühlte sich das seltsam an, ihn zu küssen. Verstehst du?", fragt sie.

„Nein. Tut mir echt Leid. Wollen wir heute Abend etwas mit Lenne machen? Mädelsabend und darüber reden? Vielleicht kann die dich besser verstehen. Dann kannst du dir noch einmal eine zweite Meinung anhören. Aber ich habe nun echt keine Zeit mehr, ich muss arbeiten. Bis nachher, okay. Ciao", verabschiedet sie sich von Storm, ohne eine Antwort zu bekommen. Dann werden die Mädchen wohl heute Abend einen gemeinsame Nacht zusammen verbringen. Nun weiß Storm jedoch nichts mehr mit sich anzufangen und da ihr Vater sich gestern so gefreut hat, dass sie ihm geholfen hat, sucht sie ihn und möchte ihm noch einmal helfen. Nach ein paar etlichen Stunden ist Storm jedoch völlig k.o und kann nicht mehr. Sie entschuldigt sich bei ihrem Vater, der sich tatsächlich sehr gefreut hat und beschließt erst einmal Duschen zu gehen und danach noch einmal zum Friedhof zu fahren. Ihr geht diese alte Dame einfach nicht mehr aus dem Kopf und vielleicht hat sie Glück und trifft sie noch einmal an. Außerdem kann sie ihrer Mutter dann alles, was in den letzten Tagen schief gelaufen ist, erzählen. Dort findet Storm immer Trost.

Nachdem sie ein bisschen Fahrrad gefahren ist und dies richtig genossen hat, da schönes Wetter und strahlender Himmel in Sicht ist, ist sie bei dem Grab angekommen und setzt sich davor. Erst einmal schweigt sie und beginnt, nachdem sie gebetet hat, zu erzählen. Die alte Dame kreuzt nach einer Weile tatsächlich auf und versucht Storm in ein Gespräch zu verwickeln.

„Und, was ist mit dem jungen Mann?", fragt sie neugierig.

„Er hat mich geküsst", erzählt Storm und ist sich nicht sicher, ob dies schon geschehen ist, als sie das erste Mal mit der Dame geredet hat.

„Das ist ja wunderbar", freut diese sich.

„Nein, eben nicht. Ich habe alles versaut. Ich habe total blöd reagiert, denn es hat sich seltsam und nicht richtig angefühlt, ihn zu küssen. Wir sind beste Freunde, seit wir denken können. Es ist total seltsam und heute Morgen wollte er noch einmal mit mir reden. Ich habe keine Ahnung, was in mich gefahren ist, aber ich war die total abgeranzte Zicke. So bin ich überhaupt nicht.", schüttet Storm ihr Herz aus.

„Ich habe einfach das Gefühl, dass es so, wenn wir nicht miteinander reden, einfacher sein könnte. Dass seine Gefühle sich in Luft auflösen könnten. Dass es so nicht unangenehm wird, wenn Sie verstehen"

„Ich glaube das nicht, dass es so angenehmer wird. Du solltest mit ihm reden", sagt sie.

„So siehst du auch gar nicht aus, Herzchen", fügt die Dame noch hinzu.

„Ich glaube, das ist die Liebe, die dich so durcheinander bringt. Ich glaube, du bist an der Reihe den nächsten Schritt zu machen, denn Lian wird dich sicher nicht noch einmal küssen. Mache den nächsten Schritt, wenn du bereit dazu bist", erklärt sie.

„Woher wissen sie seinen Namen?", fragt Storm, denn sie war sich sicher, Lians Namen nie erwähnt zu haben. Doch da war die Dame schon wieder verschwunden und auch dieses Mal konnte Storm sie nicht wiederfinden.

Storm beginnt wieder mit dem Rad nach Hause zu fahren und sie setzt sich in den Kopf, sich erst einmal bei Lian zu entschuldigen, denn so oft, wie in den letzten Tagen hatten die beiden sich noch nie gestritten. Sie hat eingesehen, wie mies sie zu ihm ist und dass er dies gar nicht verdient hat. Sie musste mit ihm reden und ihm versuchen, die Umstände zu erklären. Sie ist eine blöde Kuh gewesen und musste sich entschuldigen. Sie wollte nicht werden, wie andere Mädchen. Sie wollte immer noch Lians Liebling sein, aber eben ohne ihn zu küssen, ohne eine innige Beziehung miteinander zu haben, zumindest nicht körperlich. Vielleicht hatte sie Gefühle für ihn, so wie es bei Lian sein ganzes Leben lang gewesen ist, nur dass sie sie noch nicht entdecken konnte und Zeit dafür brauchte. Vielleicht würde sie es noch herausfinden, doch sie hatte nur noch diesen Sommer Zeit dafür, denn danach würden sie bestimmt in andere und unterschiedliche Städte ziehen. Immerhin ging auch Elio nach Australien. Storm denkt auf dem Rückweg viel darüber nach, wie es wäre, Lian noch einmal zu küssen. Wenn sie es von sich aus tun würde und darauf vorbereitet wäre und auf einmal findet sie den Gedanken gar nicht mehr so schlimm. Trotzdem kann sie sich noch keine Beziehung mit ihrem besten Freund vorstellen.

Inzwischen ist es schon spät geworden und Storm klingelt bei Marzia an der Tür. Jedoch ist diese noch nicht Zuhause und ihre Mutter macht die Tür auf.

„Alles okay?", fragt diese. Das ist immer die erste Frage, die Marzias Mutter Storm stellte, wenn diese zu Besuch war, was sie total liebenswert und süß machte. Sie interessierte sich dafür, wie es Storm ging und was sie den ganzen Tag so trieb. Die beiden unterhalten sich eine Weile, bis auch Marzia nach Hause kommt und die beiden alles gemeinsam vorbereiten.

„Wie war dein Tag?", fragt Storm, als diese gerade hochkonzentriert die vegetarischen Gummibärchen in eine Schüssel füllte, damit keiner daneben fiel.

„Anstrengend. Ich glaube, im Laden war noch nie so viel los", ächzt diese, als es schließlich ein weiteres Mal an der Tür klingelt und Lenne hereinkommt. Storm fällt ihr um den Hals, als diese noch nicht einmal die Türschwelle überquert hat.

„Schön dich Mal wieder zu sehen", grinst sie.

„Wir haben uns doch gerade erst, war das gestern, gesehen?", fragt diese und erwidert die Umarmung lachend.

„Komm rein, es ist schon alles vorbereitet. Du kannst uns helfen, die ganzen Sachen in den Garten zu bringen"

Alle drei sind vollbepackt mit gutem Essen und jede Menge Softgetränken, als sie es sich im Garten bequem machen und leise Musik im Hintergrund laufen lassen. Nach einer Weile kommen sie schließlich auf das Thema Jungs zu sprechen und Marzia erzählt erst einmal von ihrem Freund und den letzten Ereignissen, die vorgefallen sind. Die beiden könnten wirklich nicht glücklicher miteinander sein. Lenne erzählt von Elio, mit dem sie so gut wie jede Sekunde ihres Tages verbringt und dass sie sich nicht sicher ist, ob dieser etwas von ihr will, oder nicht. Er hat ihr von seiner Tanzpartnerin erzählt, der sie einfach geküsst hat, ohne es zu wollen. Ansonsten liefe da aber nichts und sie hatte ja auch schon die ganze Zeit jemand anderes im Auge, dem sie den beiden anderen aber nicht verraten will.

„Und, was ist mit dir?", fragt Lenne, um von sich und ihrem geheimnisvollen Jungen abzulenken.

„Nur Probleme gibt's bei mir", erwidert Storm. Sie schildert Lenne das ganze Problem und erzählt auch von der Dame vom Friedhof.

„Ich würde sagen, dass du auf die weise Dame hören solltest", grinst sie.

„Alte, weise Damen wissen meistens, was das richtige ist. Vor allem, wenn sie solche Haare haben, wie ich sie habe", lächelt sie geheimnisvoll. Storm muss grinsen.

„Aber erst einmal musst du dich auf jeden Fall bei ihm entschuldigen, denn so behandelt zu werden hat er wirklich nicht verdient"

„Ich mache das gleich, nachdem wir das hier beendet haben. Oder hatten wir vor, hier zu schlafen?" , fragt Storm schnell noch. Die beiden anderen schütteln den Kopf.

„Dies ist sozusagen eine Krisensitzung", lachen die anderen beiden.

„Fühlst du denn etwas für Lian?", fragt Lenne nun besorgt.

„Das ist eben genau das Problem. Ich weiß es nicht", sagt sie.

„Wie kann man so etwas denn herausfinden? Wodurch wusstest du, dass du Stean wirklich, so richtig, magst? Und du, bei deinem, wie auch immer er heißt?" , fragt Storm nun.

„Man hat es halt einfach gespürt", geben die beiden anderen zurück.

„Was hat man gespürt?", fragt Storm.

„Naja, so ein Kribbeln im Bauch, wenn man bei dem anderen ist. Ich kann das gar nicht richtig beschreiben. Man ist die ganze Zeit total aufgeregt und will alles richtig machen und dem anderen gefallen", erzählt Marzia.

„Das habe ich alles bei Lian nicht. Ich hab kein Kribbeln im Bauch, wenn ich ihn sehe und bin auch nicht aufgeregt. Richtig machen, darüber denke ich gar nicht nach", stellt sie fest.

„Und man freut sich total auf den anderen und möchte am liebsten jede Minute mit ihm verbringen", schwärmt Lenne.

„Freuen-Ja. Zeit mit ihm verbringen tue ich ja auch gerne. Also mag ich ihn nun, so wie du Stean magst, oder nicht?", fragt sie.

Die beiden anderen zucken mit den Schultern.

„Das musst du schon selbst herausfinden", geben sie zu.

„Und wie?", fragt Storm.

„Ich kann ihn ja schlecht noch einmal küssen und dann schauen, was passiert. Das ist doch scheiße", stellt sie fest und weiß nicht, was sie als nächstes tun soll.

„Da hast du auch wieder recht", stellen die anderen beiden fest.

„Nun werde ich mich aber als erstes Mal entschuldigen. Meine Gefühle werden sich schon zeigen, wenn ich welche habe. Immerhin haben Lian und ich die schönsten Erlebnisse zusammen. Aber es ist eben einfach seltsam, weil wir schon so lange so gute Freunde sind. Warum entstehen da von jetzt auf gleich solche Gefühle? Kann mir das Mal jemand erklären?", fragt Storm die beiden. Diese schütteln jedoch mit dem Kopf, denn auch sie können es ihrer Freundin nicht erklären. Gleich darauf schnappt Storm sich ihr Fahrrad und macht sich auf den Weg zu Lian. Sie muss sich unbedingt bei ihm entschuldigen und schwört sich, dass sie nun keine Zicke mehr sein wird und ihn nicht schlecht behandeln wird. Sie will, dass es so wird, wie vor seinem Geständnis.

Als sie allerdings an seiner Haustür klingelt, ist er nicht Zuhause und sie macht sich auf den Weg zu den Schafen. Dort schmeißt sie ihr Rad in das Gras, weil sie es nicht mehr abwarten kann, sich bei ihm zu entschuldigen.

„Lian?", fragt sie rufend und läuft auf den Stall zu.

„Du bist auch immer bei den Schafen", grinst sie, als sie ihn sieht.

„Ich will mich bei dir entschuldigen", ergänzt sie.

„Ach ja?", fragt dieser genervt.

„Ja, ich habe eingesehen, wie unglaublich dumm und kindisch mein Verhalten war. Ich verspreche dir, dass ich ab sofort keine Zicke mehr sein werde. Ich will, dass es wieder so wird, wie früher und ich werde alles daran setzen, dass es so sein wird. Es tut mir wahnsinnig Leid. Ich war eine dumme Kuh", entschuldigt sie sich.

„Das kannst du wohl laut sagen", sagt er.

„Es tut mir wirklich wahnsinnig Leid. Versöhnungsverabredung heute Abend?", fragt sie ihn. Er nickt und sie macht schon Anstalten, abzuhauen.

„Wann denn?", fragt er.

„In einer halben Stunde vor meinem Haus, okay?", fragt sie grinsend und dreht sich im Kreis. Am liebsten würde sie in die Lüfte springen.

„Okay", ruft er ihr noch hinterher.

Nach einer halben Stunde taucht er neben ihr auf und weiß immer noch nicht, was Storm vorhat.

„Wo gehen wir denn nun hin?", fragt Lian sie ungeduldig.

„Lass dich überraschen", grinst Storm.

Sie spazieren eine Weile, bis sie bei dem kleinen Kino ankommen, welches bei Ihnen im Dorf steht.

„Willst du mit mir ins Kino gehen?", fragt Lian.

„Ja, heute Abend. Beziehungsweise in fünf Minuten läuft Grease. Hier habe ich meine Karten", sagt sie und zieht ihre Karten wedelnd aus der Hosentasche. Sie werden nach oben durchgewinkt, da sie nun schon Karten haben.

„Und was ist mit dem Popcorn?", fragt Lian empört, aber lachend.

„Willst du welches haben?", fragt sie.

„Kino ohne Popcorn geht ja wohl nicht", grinst er sie an und stellt sich an die kleine Schlange. Dieses Kino ist so unglaublich klein, dass es nie eine lange Schlange gibt. Die beiden kaufen sich eine große Packung Popcorn, die sie sich teilen und etwas zu trinken, wobei sie auch zwei Strohhalme nehmen.

„Wow. Es geht direkt los", erklärt Lian, was Storm auch sieht.

„Wieso haben die keine Werbung?", fragt sie, freut sich aber darüber.

„Krasser Scheiß. Wir sind viel zu selten hier", sagt Lian und dann schauen die beiden den Film. Storm kann so gut, wie jeden Song mitsingen und da aus irgendeinem Grund nur sehr wenige Menschen in diesem Kino sind, kann sie auch mitsingen. Nachdem der Film zu Ende ist, singt sie immer noch die ganze Zeit und die beiden spazieren wieder nach Hause.

„Immer wieder ein schöner und unglaublich witziger Film. So lustig hatte ich den gar nicht in Erinnerung. Kann man sich immer wieder anschauen, oder?", fragt Lian nach einer Weile.

„Oh Ja", sagt Storm.

„Und zwischen uns ist alles wieder gut?", fragt Storm danach.

„Ja, alles super", sagt Lian und umarmt sie einmal, bevor sie weitergehen. Er bringt sie noch nach Hause und sie verabschieden sich voneinander.

„Es war ein schöner Abend, können wir gerne wiederholen", sagt Lian noch, bevor Storm die Tür schließt und dagegen lächelt.

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