Ich konnte mich den ganzen Tag nicht wirklich auf meine Klienten konzentrieren. Dauernd schwirrte mir Wyatt im Kopf rum. Ich habe ihm gestern Nacht auf seine Nachricht nur mit einem Danke geantwortet, weil ich nicht wusste wie ich mich verhalten, geschweige denn was ich schreiben soll. Ich habe die ganze Nacht darüber nachgedacht, wie das ablaufen könnte wenn wir zusammen kommen würden, so richtig. Ich würde Teresa nie alleine lassen wollen. Genauso wenig die Jungs. Und was ist mit Henry? Er wäre am Boden zerstört wenn er wüsste, dass sein Vater mit seinem Schwarm zusammen ist, der auch noch 13 Jahre jünger ist.

Ach verdammt. Ich denke ich werde reinen Tisch machen müssen.

Als ich nach Hause komme, steht das Essen schon auf dem Tisch. Resa hatte demnach wohl heute einen besseren Tag, denn das macht sie nur wenn es ihr soweit gut geht. Ich laufe in die Küche und gebe Resa einen Kuss auf den Scheitel.

"Oh Hallo Landon. Ich hab Essen gemacht. Ich möchte das wir heute mit den Jungs  reden. Es kann so nicht weiter gehen, finde ich. Vor allem wenn du vorhast Wyatt näher zu kommen, als nur die Abende im Club. Weißt du, ich merke wenn es dir besser geht und Wyatt tut dir wirklich gut. Du wirkst sehr glücklich. Das freut mich. Darum habe ich beschlossen, dass wir mit den Jungs reden. Auch auf die Gefahr hin das Henry sauer wird, ok?" meint sie ruhig.

Ich lächle sie an.

"Danke dass du das mit mir machen möchtest. Aber Angst vor Henry's Reaktion habe ich schon."

"Landon, auch wenn er abhaut und sauer und enttäuscht ist. Er wird sich beruhigen, weil er selbst nicht will das sein Dad unglücklich ist. Und das wirst du, wenn wir nicht langsam unsere Lebenssituation aufklären." sagt sie streng.

Ich nicke nur und trage den letzten Topf auf den Tisch, bevor ich die Jungs zum Essen rufe.

Stimmen und Treppen gepolter hallen durch den Flur. Kenai ist auch da. Oh Gott. Ich weiß, Henry hätte es Kenai dann erzählt, aber dass er es gleich so mitbekommt, ist mir nicht wirklich recht. Trotzdem werde ich jetzt nicht den Schwanz einziehen.

"Hi Dad."

"Hi Mister Vaughn."

Kommt es von den Jungs. Ich grüße sie zurück und setze mich. Beim Essen waren alle ruhig und irgendwie war die Stimmung alles andere als entspannt. Wie wenn sie wüssten das wir gleich über ein ernstes Thema reden werden.
Ich will gerade anfangen, da kommt Henry mir zuvor.

"Ich werde um Wyatt kämpfen. Er sagt zwar er will mich nicht, aber ich werde seine Meinung ändern." sagt er fest entschlossen.

"Die wirst du nicht ändern." flüstere ich ganz leise. Doch er scheint mich gehört zu haben.

"Wieso sollte ich das nicht können, Dad?" fragt er gereizt.

"Man Henry, wie oft soll ich dir das denn noch sagen? Er steht einfach nicht auf Jungs in deinem Alter und du könntest seinen Vorlieben nicht gerecht werden."

"Woher willst du das denn wissen? Du kennst ihn doch gar nicht. Jedesmal muss ich mir anhören, dass ich zu jung bin, dass er andere Interessen hat als ich und dass ich ihn nie befriedigen kann. Aber was ich nicht zu hören bekomme ist das Warum. Also Dad, warum und woher willst du wissen, was ich kann und was nicht?"
Jetzt macht er mich echt wütend. Am liebsten würde ich ihm alles um die Ohren hauen, Hauptsache er ist ruhig, aber das wäre nicht schlau.

"Henry Schatz. Egal was dein Dad dir bis heute alles gesagt oder erklärt hat, lag er je falsch? Hat er dich jemals angelogen?" Ich nicke Resa still zu und forme ein Danke auf meinen Lippen.

"Nein hat er nicht." sagt Henry leise und senkt den Kopf. "Es tut mir leid wenn ich so aufbrausend bin, aber es macht mich eben wütend zu wissen dass ich für Wyatt nichts anderes als ein Spielzeug bin. Im Inneren weiß ich ganz genau das ich keine Chance habe, aber ich möchte es eben trotzdem versuchen."

"Henry ich versteh das und ich würde bei keinem anderen etwas sagen, gerade weil ich denke, dass du deine Erfahrungen sammeln musst. Aber bitte nicht bei Wyatt." sage ich bestimmt.

"Warum denn nicht Dad? Sag es mir. Bitte." fleht er mich mit Tränen in den Augen an.

Teresa steht auf und geht um den Tisch zu Henry. Setzt sich auf den Stuhl neben ihn.

"Schatz. Sei nicht böse auf Dad. Ich denke wir müssen euch langsam mal aufklären, ihr seid jetzt alt genug um die Dinge zu verstehen wie sie sind, vielleicht klären sich deine Fragen dann auch von selbst Henry." Einfühlsam streicht sie Henry über den Arm.

"Na dann mal los mit den Enthüllungen." ruft Rick. Er scheint sich schon drauf zu freuen, was auch immer er zu hören bekommt.

"Euer Vater und ich sind eigentlich seit 15 Jahren nicht mehr zusammen. Wir lieben uns nach wie vor, aber nicht auf die Art wie wir es sollten. Euer Dad hat die letzten Jahre auf alles verzichtet was ihn glücklich macht....." Da muss ich sie unterbrechen.

"Ganz unglücklich bin ich auch nicht. Ich hab euch Jungs und Resa. Was eure Mum sagen will ist, dass ich auf sexueller Ebene oder auch was die Liebe betrifft unglücklich bin."

"Warte, warte, also heißt das, ihr seid gar nicht verheiratet? Oder liebt euch nicht? Ihr seid einfach kein Paar mehr?Wie kann man sich innerhalb kürzester Zeit entlieben?" fragt Rick.

"Das geht schon Rick, wenn man schwul ist." knallt Henry eiskalt raus. In seinen Augen blitzt ein Funken auf, den ich als Abscheu deuten kann. Ich glaub er weiß worauf das hier hinausläuft.

"Du bist schwul Dad?"

Ich schaue Rick in die Augen und nicke. "Ja ich bin schwul. Ich möchte euch aber nicht alleine lassen. Eure Mum ist krank, das ist schon schlimm genug, da wollten wir einfach nicht dass ihr euch noch um andere Dinge sorgen müsst."

"Also ich find das voll cool Dad. Also das du schwul bist. Kein Wunder dass du nichts gesagt hast, als du so nebenher mitbekamst das Henry und ich schwul sind." freut sich Rick.

"Liebst du Wyatt?" platzt Henry knallhart raus. Immer noch mit dieser Abscheu in seinen Augen. Mit ihm ist jetzt nicht gut Kirschen essen, aber ich denke ich muss wirklich ehrlich zu ihm sein. "Dad. Liebst. Du. Wyatt?" fragt er nochmal eindringlich und ich nicke. "Er dich auch?" Ich zucke mit den Schultern.

"Henry, es......"

"Nein, sag jetzt ja nicht dass es dir leid tut, denn das tut es nicht. Du wusstest ganz genau, dass ich auf ihn stehe und dennoch machst du mit ihm rum? Schämst du dich nicht? Verdammt, mein eigener Vater. Vater....du bist gar nicht mehr mein Vater." schreit er, springt auf und rennt raus. Ich will hinterher, aber Resa hält mich auf. "Lass ihn zur Ruhe kommen. Er hat einiges zu verarbeiten." Ich nicke und setze mich wieder hin. Kenai und Rick schauen mich verständnislos an.

"Schaut mal, dass Henry auf Wyatt steht, hat mir Henry erst gesagt, da hatte ich schon was mit Wyatt. Wirklich. Aber auch wenn ich es vorher gewusst hätte, hätte ich wohl nicht von Wyatt abgelassen. Aus dem einfachen Grund, dass ich weiß dass Henry wirklich nicht mit Wyatts Vorlieben mithalten kann. Henry hätte aber auch keine Chance bei Wyatt, wenn wir uns nicht mal kennen würden. Ich habe versucht Henry von Wyatt abzubringen. Aber ohne Erfolg. Jetzt musste er es sich so anhören. Ich hätte einfach mein Mund halten sollen, dann wäre Henry jetzt nicht so aufgelöst."

"Dad ich weiß, dass ihr es gut gemeint habt und ich weiß dass du, beziehungsweise ihr, uns nie weh tun wolltet. Und dass es jetzt so läuft wie es läuft ist eben so. Jeder sollte in meinen Augen glücklich werden und ich mag Wyatt. Wenn ihr euch liebt, dann ist das eben so. Und um Henry kümmern wir uns. Kenai ist auch noch da. Oder? Du hilfst doch mit, immerhin ist Henry dein bester Freund."

"Na klar, was denkst du denn von mir? Ich war und bin immer für ihn da."

Ich lächle und nicke. Gott sei Dank hat Henry so einen guten Freund.

Plötzlich höre ich mein Handy klingeln. Ich schaue auf den Display, aber kenne die Nummer nicht.

"Vaughn?" melde ich mich.

"Mhm, ja. Ok. Ja ich komme sofort. Wurde der Eigentümer kontaktiert? Okay. Ja ich besorge einen Anwalt. Ja. Auf Wiedersehen." geschockt lege ich auf.

"Dad?"

"Landon? Was ist passiert?" fragen Rick und Resa besorgt.

"Rick ruf bitte Knox an, ich brauch einen Anwalt für Henry. Er soll mir Tanner ins Denver PD schicken, er kennt ihn besser als ich. Henry hat Wyatts Café demoliert." sage ich immer noch unter Schock stehend.

"Er hat was? Und warum kannst du ihn nicht vertreten, oder Knox?" fragt Rick.

"Weil Knox und ich beide befangen sind. Henry als mein Sohn und Knox als Wyatts Bruder. Ruf ihn bitte an, ich fahr jetzt los."

"Alles wird wieder gut." flüstert Resa und gibt mir einen leichten Kuss auf die Stirn.

Ich nehme meinen Schlüssel, gehe raus und setze mich in mein Auto. Auf der Fahrt gebe ich mir die ganze Zeit die Schuld an allem. Hätte ich nichts gesagt, wäre auch nichts passiert. Henry hat mal kurzer Hand, Wyatts halbes Leben zerstört. Ich kann ihm so nicht mehr in die Augen schauen. Eine kleine Träne kullert meine Wange runter.