Kapitel 1

♠Lorenzo♠

Mit müden Augen sitze ich vor dem Spiegel. Ein Spiegel wie man ihn aus vielen Hollywoodfilmen kennt.
Das Spiegelglas ist umfasst von Glühbirnen und beleuchtet erbarmungslos mein Gesicht.
Ich blicke hinein und höre die Musik die vom Club nach hinten in die Umkleide dringt.
Hier bin ich nun gelandet, ich, Lorenzo Beckett, ehemaliger Lacrossecaptain unseres Highschoolteams Bruins in Cherry Creek.
Ich hatte alles was man sich vorstellen konnte. Mein Leben war toll und wenn es nach mir gegangen wäre, hätte es immer so weiter gehen können.

Schon von klein auf hatte Lacrosse mich in den Bann gezogen, als ich damals auf dem Weg nach Hause war.
Ich war sieben, als ich an dem Trainingsfeld vorbei lief und die Spieler dort trainieren sah.
Es war wie ein Schlüsselerlebnis, als ich da stand, die Jungs gesehen habe, mit ihren Sticks in der Hand und ihren Helmen auf dem Kopf.
Jeden Tag befand ich mich seitdem dort, stand am Spielfeldrand, schaute den Jungs bei ihrem Training zu. Später wurde ich eine Art Maskottchen und wusste dass ich dieses Spiel unbedingt selbst spielen wollte.

Auf der Highschool meldete ich mich bei den Bruins und wurde genommen.
Ich hatte einzelne Vorteile, denn die Jungs, denen ich so lange beim Training und bei ihren Spielen zugeschaut hatte, brachten mir zu diesem Zeitpunkt schon einiges bei.
Dadurch fiel es mir leicht, mich schnell an die Spitze des Teams zu spielen und später auch zum Captain gemacht zu werden.
Ich feierte gemeinsam mit meinem Team einen Erfolg nach dem Anderen, brachte die Bruins wieder unter die Top fünf des Lacrosse-Highschoolsports und war der gefeierte Star der Schule.

Meine damalige Freundin Tara war hübsch, interessierte sich für den Sport und auch für mich, wobei ich mir nicht sicher war, ob sie sich nur für mich interessierte, weil ich eben der Captain des Larosseteams war.
Es war mir auch nicht so wirklich wichtig, denn meine Aufmerksamkeit galt eh dem Sport, mit dem ich Karriere machen wollte. Später kam dann auch Bryan dazu.
Meine Bisexualität verheimlichte ich, denn ich wollte nicht, dass meine sexuelle Orientierung meiner Karriere im Weg stand.

Ich sitze immer noch vor dem Spiegel, öffne das kleine Mäppchen vor mir und ziehe meinen Kajal heraus.
Konzentriert trage ich ihn perfekt auf und mag es wie die schwarze Schminke meine braunen Augen zur Geltung bringen.
Mit Concealer decke ich meine Augenringe ab, denn ich muss da draußen auf der Bühne frisch aussehen und nicht so, als hätte ich die letzten drei Nächte viel zu wenig geschlafen.

Als ich die Augenringe abgedeckt habe, blicke ich mich an, drehe mein Gesicht ein wenig nach rechts und dann nach links, schaue wieder nach vorne, als mir prompt der Name Bryan wieder in den Kopf schießt.

Bryan Maximus Kingston, so stellte er sich jedem vor. Seine Haare gefärbt in Regenbogenfarben.
Seine Augen, eine Mischung aus grün und grau und erst viel zu spät fiel mir damals dieser Junge auf.

Wir hatten ein Spiel gewonnen und wollten den Sieg angemessen feiern.
Einem Teamkamerad fiel dafür sofort das Bubble Trouble ein. Ein Club der wie zum Feiern gemacht war.
Wir liefen dort als geschlossene Mannschaft ein. Ich hatte meinen linken Arm auf den Schultern von Tara liegen und sofort nahm mich die Musik gefangen.

Wir tranken ein wenig, ich tanzte mit Tara und dann fiel mein Blick zum DJ-Pult. Dort sah ich ihn, Bryan Maximus Kingston, mit seinen lächerlich bunten Haaren, aber einer Ausstrahlung die mich sofort in ihren Bann zog.
Ich schaute ihn an und konnte meinen Blick nicht von ihm lösen.
Bryan galt in der Schule als Durchschnittstyp, jemand der mit den Noten im mittleren Bereich lag und sich wenig daraus machte was andere von ihm dachten.
Ihm war es egal und er machte sein Ding, einfach weil er es konnte, weil es ihm wirklich egal war, was seine Mitmenschen von ihm dachten.

Ich stand also auf der Tanzfläche, bewegte mich mit Tara zu der Musik, blickte immer noch zu Bryan hoch und erst zu diesem Zeitpunkt fiel mir auf wie sexy er eigentlich war.
Tara küsste mich, doch ich schaffte es nicht mein Blick von diesem Menschen da oben zu lösen.
Der Kuss, mit Tara, wurde inniger und in meinem Kopf hatte ich die Phantasie, dass es seine Lippen waren die dort auf meinen lagen und dass es seine Zunge war, die mit meiner spielte.

Damals erkannte ich viel zu spät, dass auch Bryan, welcher sich, DJ Kingston nannte, mich von dort oben ansah. Erst als er die Musik für einen kurzen Moment unterbrach und dem Team und mir zu dem Sieg gratulierte, checkte ich, dass er den Blick nicht von mir genommen hatte. Er bat mich zu sich und wollte mir einen Song schenken, welchen ich mir aussuchen durfte.

Ich ließ Tara allein auf der Tanzfläche zurück, schob mich durch die Menge zum DJ-Pult und wurde mit einem Lächeln von ihm empfangen.
Ich wünschte mir einen Song, doch als ich wieder gehen wollte, hielt Bryan mich am Handgelenk fest, und ich drehte mich nochmal um.
Er beugte sich zu mir vor und sagte mir dass ich in einer halben Stunde an der Tür warten soll, welche zu den Personalräumen führte.
Ich nickte nur, wusste nicht warum er mir das sagte und ging dann zurück auf die Tanzfläche und sah dass Tara mit jemandem aus dem Team tanzte. Deshalb beschloss ich mir an der Bar was zu trinken zu holen.

Natürlich stand ich, eine halbe Stunde später, an der besagten Tür und wartete auf DJ Kingston.
Er kam, nahm mich mit in die Personalräume und führte mich in einen kleinen Raum.
Dort angekommen, blickte ich mich um und stellte fest, dass wir uns im Putzmittelraum befanden.
Bryan fackelte nicht lange bevor er mich packte und gegen die Wand drückte.
Gierig und wild presste er seine Lippen auf meine und ich wusste, dass ich genau das hier wollte.

Ich gab mich seinen Lippen hin, wurde Wachs in seinen Händen und ließ zu, dass er mich an dem Abend in den Mund fickte.
Dort in dieser Putzmittelkammer begann die Affäre, mit dem Typen, dem ich nach und nach mein Herz schenkte.
Doch von Anfang an habe ich ihm klar gemacht, dass das unter uns bleiben muss, denn meine Karriere als Lacrossespieler war mir wichtiger.
Meine Gefühle zu ihm hatte ich ihm nie gesagt, denn das hätte alles viel zu kompliziert gemacht.

Ich genoss das was wir hatten, wie Bryan mich berührte, wie er mich küsste, wie er mich nahm und ließ die Beziehung zu Tara immer mehr im Sande verlaufen, bis sie es war, die sich von mir trennte.
Ich erfuhr, dass Bryan es liebte Texte zu schreiben, Texte unter die er dann eine Melodie legte.

Eines Nachts, saßen wir zusammen, er hatte einen Liedtext geschrieben, bastelte dazu gerade eine Melodie auf meiner Gitarre und ich begann seinen Text zu singen.
Nie zuvor hatte ich vor jemandem gesungen, doch als Bryan aufhörte zu spielen, bekam ich dies erst nicht mit und sang die Zeile noch zu Ende.
Erst dann merkte ich, dass er mich aus seinen grau-grünen Augen ansah, mir einen Kuss auf meine Lippen hauchte und dann sagte, dass er noch nie so eine schöne Stimme gehört hätte.

Ich sag ja, mein Leben war perfekt, bis zu dem Tag, als ich mir bei einem Lacrossespiel das rechte Schlüsselbein brach.
Ich fiel aus, konnte die Saison nicht beenden, musste vom Spielfeldrand mit ansehen, dass der Erfolg des Teams, den ich aufgebaut hatte, von Spiel zu Spiel immer weiter zerstört wurde. Ich erfuhr, dass mein Karriere beendet war, weil ich meinen rechten Arm nie wieder voll belasten konnte und mir wurde klar, dass ich alles verloren hatte, was mein Leben ausmachte.
Alles bis auf Bryan.
Auch wenn wir unsere Affäre nie öffentlich gemacht hatten, so hielt er zu mir, doch konnte es auch nicht verhindern dass ich immer tiefer in diesem dunklen Loch verschwand, ich immer mehr ein Schatten meiner selbst wurde und er konnte es auch nicht verhindern, dass ich eines Tages nicht mehr zu den Spielen ging.

Ich mauerte mich immer mehr ein und doch klammerte ich mich an die einzigen beiden Dinge die ich noch hatte. Ich hatte meine Stimme, die ich mich nicht traute gesanglich zu benutzen und ich hatte Bryan.
Doch auch Bryan beendete die Affäre, als ich immer tiefer in die Depression rein rutschte.

Die Highschool ging zu Ende und ich war und hatte nichts mehr.
Mit einem Sportstipendium hatte ich eigentlich vor gehabt, mein College zu finanzieren, denn meine Eltern hatten nicht das Geld dafür, doch auch das war erledigt als der Unfall passierte.
Nach der Highschool war ich arbeitslos, zog mich von allem zurück, stand manchmal Tage lang nicht mehr auf und litt an Schlafstörungen.
Dieser Schlafstörung hatte ich es zu verdanken, dass ich, eines Nachts, durch die Straßen lief und in einem Club landete.
Boys meets Kings, so hieß der Club, besucht ausschließlich von Schwulen und ich betrat ihn, schaute mich um, wurde verführt und später von genau diesem Kerl eingestellt.

Drei Jahre ist das jetzt her, seitdem arbeite ich hier, tanze an der Stange, ziehe mich dort oben, auf der Bühne aus, gebe Privatvorstellungen und lasse mich auf Wunsch der Kunden auch ficken.
Das ist es, mein Leben heute.

Es ist nichts mehr übrig von dem einst so berühmten Lacrossecaptain.
Ich bin eine Hure, die sich auszieht und sich benutzen lässt, damit sie überleben kann.
Ich bin eine Hure, die sich ein letztes Mal aufgebäumt hat um sein Leben zu ändern, denn vor einigen Tagen habe ich einen USB-Stick in die Post gegeben, auf dem ich einen Demosong aufgenommen habe.
Nur ein einziger Stick war es, den ich zur Post gebracht habe, mit der Adresse des besten Plattenlables, welches es momentan gibt.
BMK-Records!
Doch bis heute habe ich noch nichts von der Firma gehört, deshalb stehe ich jetzt auf, schaue nochmal kurz in den Spiegel, bevor ich die Umkleide verlasse, mein Lächeln aufsetze und die Show an der Stange beginne.

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