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„Der Nächste!" Die Mensafrau riss uns aus unseren Gedanken.
„Zweimal vegetarisch", sagte ich. Bailey und ich lebten zwar nicht vegetarisch, aber in der Schule bestellten wir immer ohne Fleisch, weil das, was die uns als Fleisch verkaufen wollten, wie Waschbärenkotze schmeckte.
Wir bezahlten, nahmen unser Essen und machten uns auf den Weg zu unserem Stammtisch. Er war perfekt; er stand relativ weit abseits von den anderen Tischen, was hieß, dass man ungestört war, aber man konnte trotzdem die gesamte Cafeteria überblicken. Und man hatte einen einwandfreien Blick auf den Tisch der Sportler, an dem Jace natürlich jeden Tag speiste. Bisher konnte ich ihn allerdings noch nicht identifizieren.
Wir setzten uns gegenüber und fingen schweigend an zu essen. Wir sahen uns so oft, dass wir uns öfter Mal, einfach nichts zu sagen hatten. Ich weiß, dass beste Freunde sich eigentlich immer etwas zu erzählen hatten, aber bei uns gab es manchmal einfach nichts.
Nach mehreren Minuten schaute Bailey auf und starrte mit aufgerissenen Augen auf einen Punkt hinter mir. „Dreh dich jetzt bloß nicht um!", wisperte sie. Aber weil ich ja eine gute beste Freundin war, tat ich dies natürlich sofort und drehte mich ganz unauffällig um.
Dort kam Jace, verschmitzt grinsend, auf uns zu.
"Ihr habt doch bestimmt nichts dagegen, wenn ich mich dazusetze", sagte er, wartete aber gar nicht erst unsere Antwort ab, sondern setzte sich einfach neben Bailey, was ihr die Röte ins Gesicht steigen ließ. "Vici, du kommst am Samstag auch, oder?"
"Um meinem Bruder und seinen spät pubertären Freunden dabei zuzusehen wie sie sich besaufen und dann irgendwelche Grundschulspiele spielen? Nein, danke. Ich habe besseres an meinem Samstagabend zu tun", antwortete ich überheblich.
"Ist okay. Es war nur eine Frage. Schade aber eigentlich."
"Wieso "Schade"?"
"Ach gar nichts", antwortete er grinsend. Ich schaute ihn verwirrt an. Er grinste bloß weiter.
„Warum grinst du so bescheuert?", fragte ich.
„Das wirst du herausfinden, wenn du zu meiner Party kommst." Er schaute mich erwartungsvoll an.
„Erpresst du mich?", fragte ich mich hochgezogenen Augenbrauen.
„Möglich."
„Na gut, ich komme, aber nur wenn du mir versprichst, dass wir um elf Uhr da wieder weg sind", sagte ich mit erhobenem Zeigefinger an meine beste Freundin gewandt.
„Um elf fängt die Party doch erst richtig an", jammerte Jace.
„Und genau deswegen bin ich dann ja weg."
„Och Vici, bis ein Uhr schaffst du's bestimmt", quengelte nun auch Bailey.
Ich seufzte entnervt auf. „Ich hoffe, dass ich diese Entscheidung nicht bereuen werde." Jace und Bailey schauten sich grinsend an.
Beim Klingeln betrat unsere Geschichtslehrerin, Miss Collins, den Raum und fing an, irgendetwas über Napoleon zu erzählen. Da ihr Unterricht aber alles andere als aufregend war, fingen Bailey und ich sehr schnell an, uns Zettel hin und her zu schreiben und uns sinnlose Kommentare über Miss Collins Kleidungsstil zuzuflüstern, sodass wir uns das Lachen verkneifen mussten, was nicht immer funktionierte.
Nach zwanzig Minuten platzte Miss Collins der Kragen und ich hatte die Ehre, mich in die letzte Reihe, zwischen Jace und Kayden, zu setzen.
Hinten angekommen legte ich meine Sachen fein säuberlich geordnet auf den Tisch und zog den Stuhl zurück, um mich darauf niederzulassen.
Während ich dies tat, beobachtete ich Jace, der immer noch grinste wie ein Honigkuchenpferd, und Kayden, der Jace böse Blicke zuwarf. Wenn Blicke töten könnten, wäre Jace nicht tot, weil der „Grinsen" als Abwehr einsetzte.
Der Rest der Stunde verging sehr eintönig: Bailey drehte sich alle zwei Minuten zu mir um und schaute mich verzweifelt an, Jace freute sich, Kayden versuchte Jace irgendwie über meinen Kopf hinweg umzubringen und ich war so gelangweilt, dass ich sogar Miss Collins zuhörte.
Als es zum Ende der Stunde klingelte, hatte ich meine Sachen schon zusammen gepackt und rannte zur Tür, wo Bailey und ich gleichzeitig ankamen und wir nebeneinander den Raum verließen.
„Das war definitiv die schlimmste Geschichtsstunde, die ich je hatte", beschwerte sich Bailey.
„Da kann ich nichts gegen sagen", stimmte ich ihr zu.
„Hat Jace eigentlich irgendwas über mich gesagt?"
„Der Junge hat die ganze Stunde nicht ein Wort gesagt, sondern nur wie eine gestörte Kuh gegrinst", meinte ich.
„Okay, Themawechsel. Was ziehst du am Samstag an?", fragte Bailey.
„Keine Ahnung, vermutliche irgendeine Jeans und meinen Lieblingspulli", antwortete ich.
„Vici! Du kannst doch nicht in Pulli und Jeans zu einer Party gehen!"
Schulterzuckend sagte ich: „Du wirst sehen, dass ich das kann."
Bailey seufzte und öffnete die Tür zu dem Raum, in dem wir nachsitzen durften, an dem wir mittlerweile angekommen waren.
Der Lehrer, der heute Aufsicht hatte, saß bereits vorne am Pult und blätterte in einer Zeitschrift. Schüler waren noch keine anwesend, also setzten Bailey und ich uns an zwei Tische, die ganz hinten nebeneinander standen.
Nach ein paar Minuten betraten drei Mädchen, die ich nicht kannte, den Raum und setzten sich in die erste Reihe. Als letztes kamen vier der beliebtesten Typen unserer Schule durch die Tür: Easton, Adam, Cormac und Noah. Alle vier gehörten zu den besten Freunden meines Bruders und spielten im Footballteam.
Nachdem sich Easton, Adam und Noah neben uns in der letzten Reihe niedergelassen hatten und Cormac sie böse angeschaut hatte, sich dann aber doch in die mittlere Reihe setzte, sah der Lehrer der vorne saß kurz auf, sagte: „Ich habe eigentlich auch keinen Bock hier zu sein, also nervt mich nicht und vertreibt euch irgendwie leise die Zeit." und blätterte dann weiter.
Ich schaute kurz nach links zu Bailey, die genervt aus dem Fenster starrte, und holte dann mein Deutschbuch heraus, um den Stoff für den Test zu wiederholen.
Während ich gerade versuchte mir den Konjunktiv beizubringen, flog ein zusammengefalteter Zettel auf meinem Tisch. Verwirrt sah ich nach rechts, von wo der Zettel kam. Dort saß ein grinsender Easton neben mir, der versucht, mir mit einem Nicken klarzumachen, dass ich den Zettel lesen solle.
Also faltete ich diesen auseinander. In unordentlicher Druckschrift stand da geschrieben: „Lasst uns „Wahrheit oder Pflicht" spielen."
Ich schaute Easton wieder verwirrt an. Er schaute mich erwartungsvoll an und bedeutete mir dann mit einem Blick zu Bailey, dass ich ihr von seiner grandiosen Idee erzählen solle.
Ich warf ihm einen skeptischen Blick zu, erbarmte mich nach seinem aufmunternden Nicken aber doch mit ihm und drehte mich zu meiner besten Freundin, die irgendeinen Songtext auf die Sohle von einem ihrer Converse schrieb, der vor ihr auf dem Tisch stand.
Ich lehnte mich zu ihr rüber und pikste ihr in die Seite, woraufhin sie aufschrie und sie alle anschauten. Ich musste mir das Lachen verkneifen.
Nachdem sich alle anderen Anwesenden wieder ihren Aktivitäten zugewandt hatten, schaute sie mich böse an. Sie hasste es, wenn man sie in die Seite pikste. Das war auch der Grund, weshalb ich keine Möglichkeit ausließ, dies zu tun.
Weil Bailey mich immer noch beobachtete, drückte ich ihr den Zettel in die Hand, den ich vorher von Easton bekommen hatte.
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1332 Wörter
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