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Es fühlte sich an, als wären wir Stunden gefahren, als wir auf die Auffahrt unseres Einfamilienhauses fuhren. Die ganze Fahrt lang hatte eine eiserne Stille im Auto geherrscht. Liam hatte stur auf die Straße gestarrt, während ich die vorbeiziehende Umgebung beobachtet hatte.
Sobald das Auto ansatzweise stand, stellte Liam den Motor aus, öffnete die Tür und stieg aus. Ohne sich nochmal nach mir um zu sehen, ging er zur Haustür und öffnete diese. Seufzend schnallte ich mich ab und stieg aus. Ich schlug die Tür zu, schloss das Auto ab und ging zum Haus. Ich streifte meine Schuhe von meinen Füßen, rief ein kurzes „Hallo" und joggte die Treppe hoch. Ich trat in mein Zimmer und schmiss mich stöhnend auf mein Bett. Ich schalte mein Handy an und schaute auf die Uhr. Es war mittlerweile halb eins. Ich hatte noch genug Zeit bis zum Abendessen bei Kayden. Da ich keine Ahnung hatte, was ich tun sollte, rief ich bei Bailey an. Nachdem es zweimal geklingelt hatte, ging sie ran.
„Hallooo", begrüßte sie mich überschwänglich.
„Wieso bist du so motiviert? Du musst doch einen mega fetten Kater haben", meinte ich.
„Ich habe lange genug geschlafen und hatte schon drei Kaffee", erwiderte sie. „Und, wie war dein Morgen?"
„Wie sollte mein Morgen gewesen sein?"
„Ich habe gehört, du hast bei Kayden geschlafen", sagte Bailey anzüglich.
Ich stöhnte und ließ mich auf meinen Rücken fallen. „Erinnere mich bloß nicht daran."
„Was ist passiert?", wollte Bailey wissen.
„Ich bin aufgewacht, als Kayden halbnackt an mir vorbeigegangen ist, ich trug eine T-Shirt und eine Hose von ihm, sprich er hat mich in Unterwäsche gesehen und meine Unterwäsche passte nicht zusammen. Dann haben wir gefrühstückt, wo eigentlich nichts passiert ist, außer dass ich vielleicht Kayden geküsst habe", erklärte ich ihm Schnelldurchlauf.
„Du hast was?!", fragte Bailey aufgeregt.
„Ich habe vielleicht Kayden geküsst", antwortete ich verlegen.
„Okay, wow, das war unerwartet."
„Ja, das war ein bisschen kompliziert. Er dachte, ich würde auf Cale stehen und um ihm zu beweisen, dass ich nicht auf ihn stehe, sollte ich ihn halt küssen und ja...", erklärte ich.
„Das hätte ich nicht von dir erwartet", meinte Bailey anerkennend. „Küsst er gut?"
„Ähm, du weißt, dass ich nicht wirklich Vergleichsmaterial habe, oder? Außerdem,hast du Kayden noch nie bei irgendeiner Party geküsst?", erwiderte ich.
„Nein, Kayden hält sich meistens aus sowas raus", sagte Bailey.
„Er hält sich aus sowas raus? Das klingt irgendwie gar nicht nach Kayden", meinte ich verwirrt.
„Naja, eigentlich hat er immer nur Glück, dass er nie bei „Wahrheit oder Pflicht" oder so dran kommt."
Auf einmal wurde meine Zimmertür aufgerissen und Liam stand im Türrahmen. „Ich fahr zum Nordstorm Rack. Brauchst du irgendwas? Essen? Schminke?", fragte er. Ich biss mir auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf. Ohne noch etwas zu sagen, zog er die Tür wieder zu und ich schloss seufzend in die Augen.
„Was ist denn bei euch los? Ihr seid doch sonst nicht so kurz angebunden", fragte Bailey interessiert.
„Er ist sauer auf mich", antwortete ich.
„Und warum?", wollte sie weiter wissen.
„Er hat gesehen, wie ich Kayden geküsst habe."
„ Oh. Das ist natürlich unpraktisch."
„Oh. Das ist natürlich unpraktisch", äffte ich sie nach. „Du hast echt die besten Weisheiten für alle Lebenslagen."
„Kennst mich doch", meinte Bailey und ich konnte ihr Grinsen hören. „Also, am besten wartest du bis Liam sich ein bisschen beruhigt hat, bevor du mit ihm redest. Und versuch Kayden nicht nochmal zu küssen."
„Oh, das wird schwer", sagte ich sarkastisch und hielt mir gespielt dramatisch die Hand auf mein Herz.
Bailey lachte. „Ja, ich meine es Ernst. Haltet eure Beziehung erst mal geheim." Jetzt lachte ich auch. „So, ich würde dir liebend gerne noch mehr Beziehungstipps geben, allerdings braucht meine Mom mich in der Küche. Wir sehen uns morgen."
„Bis morgen", verabschiedete ich mich und legte auf.
Und was mache ich jetzt? Es war immer noch viel zu früh, um sich fertig zu machen.
Ich stand auf, ging auf meine Kommode zu und holte eine Schachtel mit meinen Nagellacken aus der Schublade. Ich setze mich an meinen Schreibtisch und überlegte, in welcher Farbe ich meine Nägel lackieren sollte. Letztendlich entschied ich mich für einen dunklen Grauton bevor ich anfing, startete ich meine Playlist und summte „All the lies" mit.
Während der Top Coat trocknete, kam meine Mutter in mein Zimmer.
„Wie weit bist du?"
„Wie weit womit?", fragte ich verwirrt.
„Mit fertig machen", erwiderte sie.
„Es ist doch erst halb zwei", meinte ich mit einer hochgezogenen Augenbrauen.
„Ja, aber Karen hat uns für drei eingeladen, damit wir Frauen ein bisschen quatschen können."
„Und was mache ich in den drei Stunden bis zum Abendessen?", fragte ich skeptisch.
„Catherine hat mich schon vorgewarnt, dass Evie schwimmen gelernt hat und dir das unbedingt zeigen möchte. Also zieh dir lieber ein Bikini drunter", erwiderte meine Mutter.
„Sie kann doch schwimmen. Dann reicht es doch wenn ich am Rand stehe", sagte ich.
„Wenn du meinst." Achselzucken verließ sie mein Zimmer wieder.
Evie war Cales kleine Schwester. Sie war sechs Jahre alt und da ich sie seit ihrer Geburt kannte und die einzige weibliche Person unter zwanzig in ihrem näheren Umfeld war, wurde ich zu einer Art großen Schwester für sie.
Ich erhole mich von meinem Schreibtischstuhl, ging zu meinem Kleiderschrank und öffnete ihn. Verzweifelt stand ich da und überlegte, was ich anziehen könnte. Jedes Mal vor einem dieser Abendessen dachte ich für einen kurzen Moment daran, einfach in Jogginghose dort auf zu kreuzen. Ich meinte, ich kannte jeden der Anwesenden und alle hatten mich schon mal in einer deutlich schlimmeren Verfassung gesehen. Mein Bruder hielt es nicht immer für nötig, mir mitzuteilen, dass seine Freunde vorbeikommen, also gab es möglicherweise schon ein Zwischenfall mit Cale und mir im Sport-BH und Shorts oder Kayden und mir in T-Shirt meines Bruders mit nichts drunter. Oder mein Outfit von heute Morgen. Also kann ich auch einfach in Jogginghose zum Abendessen gehen. Catherine und Evie hatten bestimmt kein Problem damit und auch bei Kaydens Eltern war ich mir dahin gehend sicher. Nur meine Eltern störten sich daran. Aber die hatten leider die größte Entscheidungsmacht.
Letztendlich zog ich ein schwarzes Top und eine schwarz-weiß gestreifte Stoffhose heraus.
Ich ging ins Badezimmer, schloss die Tür hinter mir ab und zog mich um. Ich nahm meine Schminksachen dem Schrank und schminkte mich mit Foundation, Concealer, Mascara, ein wenig erdfarbenem Lidschatten und durchsichtigem Lipgloss. Ich bürstete meine Haare, drehte die jeweils ersten Strähnen rechts und links ein und band sie hinter meinem Kopf zusammen.
Als ich zufrieden mit meinem Aussehen war, nahm ich die Klamotten vom Boden und ging zurück in mein Zimmer. Schnell schmiss ich die Sachen in meinem Kleiderschrank, nahm mein Handy und machte mich auf den Weg nach unten.
Der Rest meiner Familie saß fertig geschniegelt und gebügelt auf den Barhockern in unserer Küche.
„Da bist du ja", meinte meine Mutter. „Dann können wir endlich los." Ich schlüpfte in ein Paar weiße Old Skool Vans. Mein Bruder öffnete die Haustür und ich verließ hinter meinen Eltern das Haus. Wir ging zu dem Auto meines Vaters und ich nahm mit Liam auf der Rückbank Platz. Mein Vater startete den Wagen und parkte aus unserer Einfahrt aus.
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So, ich habe es auch endlich geschafft ein neues Kapitel zu schreiben.
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