1 - Monster
Hallo liebe Leser :)
Da meine Geschichtskentnisse nicht bis ins schottische Mittelalter reichen, kann es sein dass Redensart oder Kleidung nicht zu der Zeit passen, aber ihr könnt euch ja vorstellen das wäre ein AU ;D
Viel Spaß und Spannung beim Lesen!
Eure Sunny
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Schottland,Herbst 1413
Die Diener eilten herum, hielten die Pferde an und halfen den Burgherren und deren Gefolge aus dem Sattel. Stallburschen kamen angelaufen und nahmen ihnen die Tiere ab, führten sie in die Ställe und gaben ihnen womöglich einen Not-Fraß. Es waren zu viele Gäste als das sie gut versorgt werden konnten. Wenn Pferdeblut nicht so bitter schmecken würde könnte er sie von ihrem Leid erlösen. Vielleicht sollte er später trotzdem im Stall vorbeisehen.
Die Burgherren waren größtenteils alte Narren mit ebenso alten vollgefressenen Frauen. Doch ihm gelüstete es nach einen jungen Herz. Einer jungen Dame, eine ledige adlige Burg Dame.
"Lord Holmes, schön dass Sie kommen konnten." Sagte eine vertraute Stimme direkt hinter ihm. Er wand seinen Blick vom Burghof ab und drehte sich zu seinem Gastgeber.
"Das konnte ich mir doch nicht entgehen lassen." Gab er höflich zurück. "Wo ist denn das Geburtstagskind?"
Lord Watson führte ihn durch den großen Saal bis zu einer Gruppe adeliger Frauen. Es genügte ein Blick und er erkannte die kranken Gesichter unter den Kleidern und Perücken, dem Schmuck und der Maske.
Die Menschen widerten ihn an. Und doch kam er nicht von ihnen weg. Es war wie eine Sucht.
Lord Watson sah seiner Lady in die Augen und entwand ihr das kleine Mädchen, das an ihren Beinen hing.
Lord und Lady Watson erstaunten ihn immer wieder. Sie waren anders als der Rest dieser Zeit. Ehrlicher und näher, freundlicher von ganzem Herzen. Sie ließen Regeln unbeachtet zum Wohle ihrer Familie. Und doch schienen sie allerseits beliebt. Er hatte sie besonders gerne für die Festessen die sie veranstalteten. So viele Menschen auf einem Haufen - er hatte die freie Wahl.
Der Burgherr zog seine Tochter aus der Gruppe hinaus an einen freien Platz.
"Sieh mal, wer gekommen ist." Ermunterte sie der stolze Vater. Schüchtern sah das Kind den großen schlanken Mann an.
"Sie ist fast schon eine richtige Lady." Sagte dieser gespielt freundlich, dann beugte er sich zu dem Kind hinunter. "Ich habe gehört, dass du lieber den Gelehrten zu siehst als bei deinen Nähstunden da zu sein." Flüsterte er verschwörerisch. Sie sah ertappt aus. Er grinste und richtete sich wieder auf. Da trat Lady Watson an ihrem Gemahl heran und erklärte ihm einen wichtigen Gast. Es war amüsant auf die drei Watsons hinunter zu sehen. Alle drei Blondschöpfe mit dem großen Herzen und dem kämpferischen Blick. Manchmal fragte er sich ob die Lady auch einmal eine Schlacht geschlagen hatte, doch es ziemte sich nicht das in Frage zu stellen. Nicht zu dieser Zeit.
"Sie entschuldigen mich." Sagte Lord Watson als seine Lady mit der Tochter wieder den Damenzirkel aufgesucht hatte.
Der Saal füllte sich allmählich. Lord Holmes ließ den Blick durch die Menge schweifen. Zwischen den alten Verwandten und englischen Nachbarn sah er kaum neue Gesichter. Drei Damen mit jeweiligem Begleiter kamen von weit her. Die tiefen Schuhe, die kurzen Frisuren, leicht bräunliche Haut. Keine schottische Norm zu dieser Zeit.
Einen Begleiter erkannte er. Kein Lord, aber ein Freund der Familie. Dieser kannte sich mit den Bürgern gut aus, weshalb er eine Art Wache und Botschafter war. Gavin, oder Graham Lestrade.
Die Namen waren zu früherer Zeit schlimmer.
Dessen Begleitung war eine junge Dame mit schwarzem Haar. Es war mit edlen Klammern hochgesteckt.
Er ging zum Fenster und sah wieder hinunter auf den Hof. Als er sich an die Römer erinnerte musste er innerlich lachen. Vor 2 Jahrhunderten schon gab es Gefährte und trotzdem ritten sich die Lords und Ladys die Schmerzen in den Leib.
Ein helles Pochen näherte sich seinem Ohr. Aus all den verschiedenen Gerüchen stach plötzlich ein ungewöhnlicher Duft nach Rosen heraus. Kaum hörbar kamen weibliche Schritte auf ihn zu.
"Es sind Schöne Tiere, nicht wahr?" Fragte die Frau mit der Hochsteckfrisur. Sie blieb neben ihm stehen, sodass der kühle Nachtwind ihr langes weinrotes Kleid nach hinten wehte. Ein teures Kleid. Schwarzer samt um die Hüfte um das darunter liegende Leinenhemd zu überdecken, hellrote Edelsteine um den schwarz berüschten Kragen und ein großer schwerer Rock mit Verzierungen wie es nur professionelle Schneider fertig brachten.
"In der Tat." sagte er, den Blick immer noch starr auf den Hof gerichtet. Der Lord hörte wie sich ihr Pulsschlag erhöhte. Endlich gab er ihr die Aufmerksamkeit, nach der sie verlangte.
"Mit wem habe ich die Ehre?" Er drehte sich zu ihr, um ihre Hand entgegen zu nehmen.
"Lady Adler van Belgravia." antwortete sie verführerisch, während er ihre zarten Finger küsste. Also doch aus England. "Sehr erfreut." Keine Sekunde unterbrach er den Blickkontakt und spürte intensiv wie das Blut unter seine Lippen durch ihre Adern raste. Er versuchte nicht zu lächeln, doch sie schien es bemerkt zu haben. „Ich scheine sie zu belustigen, My Lord?"
„Ganz und gar nicht, My Lady."
Ein Skeptischer Blick tanzte um die schmalen perfekt geschwungenen Augenbrauen.
„Ihr Begleiter, wird sie sicher missen, Lady Adler." Lenke der Lord ab.
Spielerisch warf sie den Kopf zurück und drückte auffordernd die Hüfte nach vorne. „Der kommt auch ohne mich zurecht."
Auf Lord Holmes' Gesicht schlich sich nun ein freches Lächeln, doch die Augen funkelten zusagend. Die junge Dame wendete sich wieder dem Fenster zu und blickte zufrieden hinaus. Sie hatte einen Plan, den sie bis jetzt erfolgreich ausführte. Bis jetzt. Natürlich kannte der Fürst den Plan und hatte seinen Spaß dabei, den Unwissenden zu tun.
„Der Ausblick muss traumhaft sein von weiter oben." Seufzte Lady van Belgravia.
Das war seine Chance. „Sagen sie mir, kennen sie die hohen Türme dieser Burg?"
Das Lächeln spielte verführerisch um ihre Lippen. Sir Lestrade befand sich mit dem Rücken zu ihnen, ein Fehler dem Holmes sehr dankbar war. Zufrieden grinste er seine Begleiterin an, die sich in seinem Arm eingehakt hatte. Unbemerkt verließen sie den Saal und gelangten in die Eingangshalle.
„Sie sehen so umher, ist es verboten die Türme zu betreten?" Es war keine ängstliche Frage, nein, sie wollte dass es verboten war.
„Sozusagen." Grinste der Fürst zu der Lady hinunter. Ein Blick kam ihm entgegen der sofort diese albernen Klamotten herunter reißen wollte. Was war das nur für eine Zeit, er konnte das nächste Jahrhundert kaum erwarten, oder am besten gleich die nächsten zehn.
„Der Zugang ist geheim." Flüsterte er dunkel in ihr Ohr. Dann zog er sie in einen kleinen Erker, der unscheinbar im Raum hing. Fragend sah sie den offenen Platz an.
Lord Holmes lachte in sich hinein. Geheimnisvoll packte er ihre Schultern und drehte sie im Erker herum. „Sie sehen, aber sie entdecken nicht das Offensichtliche." Als er den Satz beendete, standen sie vor einer kleinen Öffnung in der Wand.
Ein positiv überraschtes Grinsen breitete sich auf den zierlichen Lippen aus, als die steinigen Treppen zum Vorschein kamen, welche geschwungen nach oben führte, zweifellos einen Turm hinauf.
Die Schuhe klackten auf jeder Stufe leise, und doch so laut als wäre es eine Zeituhr die in des Fürsten Kopf eingebrannt war, die Sekunden zählend bis zu Erlösung. Jeder Schritt ließ das junge Herz hinter ihm schneller schlagen. Er zählte den Puls um sich ironischer Weise davon abzulenken.
Klack – Poch – Klack – Poch – Poch – Klack.
Sie waren auf der letzten Stufe angekommen. Die alte Holztür lag schwer in den Angeln, doch für ihn war es ein Leichtes sie zu öffnen. Tänzerisch führte er sie auf das eingestaubte Himmelbett zu, das mitten im eckigen Zimmer stand. Das restliche Mobiliar bestand aus einem halb zerfallenen Tisch, einem leeren Schrank und ein Decke, die vor dem Fensterloch hing. Auf dem Weg um das Bett herum, zog er den Vorhang herunter und ließ die Lady einen Blick auf die Burg, den Wald, das gesamte Land werfen.
„Traumhaft."
Lord Holmes grinste daraufhin nur zufrieden. In dem modrigen Geruch des Zimmers stach das junge Fleisch noch mehr heraus als sowieso schon. Sanft strich er das dunkle Haar von ihrer zarten Schulter. Sofort fixierte sie ihn. Sie spielte mit ihren Fingern in seinen, zog ihn langsam in Richtung Raummitte. Verführerisch lächelnd ließ sie sich auf die weißen Decken fallen, dass es nur so staubte. Absichtlich zögernd kam er ihr hinterher, bis das weiße Laken unter seinen Fingern schwang. Die Matte gab nach als er sich darauf legte und mit den Knien einsank. Um das Gewicht zu lagern kletterte er über die Lady, sodass sich das Bett nun zu beider ihrer Seiten nach oben wölbte. Um der Senkung entgegen zu wirken drückte sie die Hüfte nach oben, die sofort vom linken Arm des Fürsten gestützt wurde.
Behutsam, fast schon spielerisch legte er die rechte Hand auf ihre Brust, kreiste über den berüschten Stoff, zeichnete die Konturen ihres Herzens nach. Während die Rechte provokant zu ihrer Linken auf und ab wanderte. Genüsslich seufzte die Lady unter ihm und schlang die Hände um seinen Hals. Er wusste genau was er tun musste. Verführerisch lächelte er auf das bleiche Gesicht unter ihm. Ihr Puls wurde immer schneller, das Pochen drang stumpf an seine Finger. Noch nicht, langsam. Holmes' eigener Herzschlag beschleunigte sich vor Lust. Er musste sich beherrschen sich nicht die Lippen zu lecken, um alles zu beenden, jetzt sofort. Ein Handgriff, und die langen dunklen Haare breiteten sich auf den zierlichen Schultern aus. Er könnte die Spange benutzen - nein, das wäre nur halb so schön. Unbewusst krallten sich seine Nägel immer tiefer in den Stoff auf der heißen Haut seines Opfers. Die dünne Hand platzierte sich pochend auf seiner eigenen nackten Brust, doch so sanft diese Berührung sein sollte, es war ein harter Schlag gegen das unstillbare Verlangen. Nur noch ein bisschen, gleich. Er beugte sich hinunter, bis die dunkelrote Farbe ihrer Lippen seine berührten. Noch bevor die Frau zu einem genussvollen Stöhnen ansetzten konnte, spitzte er die Finger und stach zu. Fast gleitend rutschten seine langen Finger durch den Stoff, die zarte Haut, brachen die dünnen Rippen auf und umschlangen, wonach er sich so unhaltbar sehnte.
Mit einem Ruck riss der Lord das pochende Herz aus seinem Opfer. Mit dem Gesicht immer noch an dem von Lady Adler, breitete sich ein Grinsen darauf aus. "Das Vergnügen ist ganz meinerseits." säuselte er in den letzten Atemzug, der ihm entgegen kam.
Mit Feuer in den Augen betrachtete er das tief rote Organ in seiner Hand. Das süße Blut lief schon über seinen Arm, tränkte das Hemd. Das würde er wohl nicht so bald wieder anziehen können, wie schade. Er hob das Herz an seine Lippen, roch genüsslich daran. Endlich, nach so langer Zeit wieder junges Blut. Enthusiastisch begann er daran zu lecken, dass sein ganzes Gesicht blutbeschmiert wurde, doch das sollte ihm nur recht sein. Überall der Geruch von frischem Fleisch - Ein Festmahl. Holmes spürte wie sich die spitzen Zähne schmerzhaft durch sein Zahnfleisch bohrten, bis sie schließlich seine Lippen aufdrückten. Zaghaft zupfte er an der weichen Haut, des nahezu blank geleckten Organs. Mit beiden Händen, aus denen mittlerweile scharfe Krallen ragten, presste er das Herz zusammen und biss hinein.
Blut, Knorpel und Weiteres Spritze ihm entgegen, als er das erste Stück abriss. Grollend warf er den Kopf in den Nacken. Fast hatte er schon den überwältigenden Geschmack vergessen! Wie die rote Flüssigkeit aus seinen Mundwinkeln rann und das Laken färbe. So etwas Gutes hatte er lange nicht mehr gegessen. Innerlich dankte er wieder einmal den Watsons für eine solche Gelegenheit.
Stück für Stück zog er genießerisch an dem jungen Herz, bis es schließlich ganz und gar vertilgt war. Zufrieden seufzend schleckte das Monster die Finger sauber. Als auch seine Arme nicht mehr tropften, schenkte er seine Aufmerksamkeit wieder der Leiche unter ihm.
Das schöne schwarze Kleid war dunkelrot getränkt, passend zu den eingestickten Steinen. Zugegeben, eine der schönsten Frauen, die er bis jetzt umbringen durfte. Er schloss die Lieder über den starren toten Augen, fuhr noch einmal zärtlich über das bleiche Gesicht. "Eine Schande, dass ihr ohne Herz nicht weiterleben könnt." Mitleidig strich er mit den klebrigen Fingern durch das dunkle wellige Haar.
Ein Seufzen entfuhr ihm und er ließ sich wieder zurück fallen. Der große Eimer unter dem Turmdach musste voll Wasser sein, dort konnte er sich Waschen.
Plötzlich war da noch etwas, ein Geräusch, ein Pochen. Doch es kam nicht von der leblosen Gestalt unter ihm. Schweres Atmen mischte sich in den Klang von nahrhaftem Blut das durch Adern pumpte. Unruhig zuckte sein Ohr zur Tür, unter der der Geräuschnebel hindurchdrang. Schnelle Schritte hasteten die kalte Steintreppe nach oben, Stufe für Stufe. Verdammt.
Jetzt war es sein Herz das aufgeregt schlug. Es waren mehr als einer. Aufgebrachte Stimmen schlichen über den Boden, bis zu dem blutgetränkten Bett. Blitzschnell sprang der Fürst auf, während sich die Krallen und Zähne einfuhren, die Leiche nicht beachtend. Die Menschen die sich dem Zimmer näherten beanspruchten seine gesamte Aufmerksamkeit. Gebannt an die Holzplanken gelehnt lauschte sein Ohr den verworrenen Bewegungen auf der anderen Seite.
Ein, zwei, ältere Herzen, schon schwach und ächzend pochend, mit dem Wunsch endlich stehen zu bleiben. Ein drittes, regelmäßiges aber mit ängstlichem Atem drängte sich mit festen Schritten den Turm hinauf.
„Nun beeilen sie sich schon!"
„Sind sie sich da sicher?"
„Lady Adler schätz den weiten Ausblick."
„Sind sie sich sicher?"
„Dieses Biest hat sie bestimmt in den Turm verschleppt!"
Die Stimmen waren laut und nah. Zu nah.
Der Einzige Weg raus war nach unten, doch nun war es zu spät, die Männer standen gleich vor der Tür und sein Aussehen war wieder normal; man würde einen blutverschmierten Lord Holmes neben der ausgeweideten Lady Adler finden. Was ihm dann blühte war offensichtlich. Die Qualen die die Menschen ihm zufügen würden waren nur ein Kitzeln und belustigend, doch für immer wäre sein normales Leben zerstört, welches sowieso nicht mehr lange dauern würde, denn er wusste genau wer über kurz oder lang auftauchen würde.
Seine Augen schnellten durch den Raum, doch es blieb nur eine Möglichkeit dem zu entfliehen. Mit wildem Schritt sprang er auf das Leichenbett und vergrub die Hände tief in den Gedärmen der toten Lady. Scharf stieg der modernde Geruch von Blut und Säure in die Nasenröhren bis es stach.
Energisches Klopfen und viel zu laute Stimmen. Ängstliche Stimmen, die förmlich nach Schweiß und Panik rochen.
Weich und glitschig aber immer noch warm quoll das Fleisch unter seinen Fingern hervor, bis die Fingerkuppen endlich aufbrachen. Unter lautem Grollen stachen Klauen und Reißzähne hervor, bis er seinen Rücken knacken hörte, als sich die Knochen zur Jägerstatur ausbildeten.
Da zerborst das alte Holz und das Monster sah in drei erstarrte Gesichter. Mit einem Ruck löste sich der verwandelte Fürst aus seinem Opfer, kurz davor der erneuten Versuchung zu erliegen, sie ganz und gar zu verschlingen. Mit einem Satz landete er im Fensterrahmen, blickte noch einmal zu Lady Adlers Begleiter zurück, der auf ihn zustürmte und ließ sich fallen.
Grober Stein riss an der harten Haut unter seinen Finger, dass er rote Muster auf der Schlosswand hinterließ, bis der erlösende Schlag von unten kam.
Dumpf kamen die Raubtierbeine auf der Erde auf. Ein flüchtiger Blick nach oben verriet ihm, dass es der Mann doch noch bis zum Fenster geschafft hatte. Triumphierend lächelnd schwang er die schwarzen langen Strähnen die jetzt wirr im Gesicht klebten herum, um mit einer Drehung durch den leeren Burghof zu hechten, an den irritierten Wachen vorbei, den langen Waldweg entlang bis in die frischen Tannen hinein.
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Der Mantel. Wieso hatte er ihn abgeben müssen? Wieso hatte dieser Mann, der offensichtlich keine Angst vor Monstern zeigte ihm folgen müssen?
Mit geradem Rücken, diesem lächerlichen Aufzug, den man zu der Zeit trug und dem perfekten Duft – eine Mischung aus moderndem Stein und Alkohol - machte er sich auf den Weg zur Burg. Ein perfektes Alibi für den ersten Eindruck. Die frische Haut, die zugelegte Hüfte und ausgeprägte Muskeln im Gegensatz zum Tag davor, an dem er am Rande des Hungertuchs genagt hatte, überdeckte er spielerisch mit einem besonders engen Unterschnitt und weitem Gewand. Eine leichte Kohleschicht unter den gespielt müden Augen, würden seine Lügen unterbreiten.
Bereits als er aus der Kutsche ausstieg war eine unangenehme Atmosphäre zu spüren.
Wachsoldaten standen ungeordnet um einen Wagen herum, der gerade an ihm vorbei fahren wollte. Ein Leichenwagen.
Die Sonne färbte den Himmel bald hellblau, es wurde wohl erst darauf geachtet die Party-Gemeinschaft zu verscheuchen bevor die Tote vor aller Augen entfernt wurde. Einer der Gäste musste einer der Volkswächter oder Anhänger von ihm sein. Sonst wäre die Leiche womöglich verbrannt worden, keiner wollte ein untotes Wesen oder Kranken bei sich gelagert haben. Die Kutsche mit dem Kasten darauf wurde von einem Mann gefahren, der kein Kirchlicher war. Die Ärmel eines Wachhemdes haben darunter hervorgesehen, so etwas hat ein Bestatter nicht nötig. Genauso wie die Schuhe zu praktisch waren, als dass sie ein Priester tragen würde. Sie würden die Leiche untersuchen. Und er wusste auch schon wer es war.
Erhobenen Hauptes schritt Lord Holmes auf den Eingang zu, als er eine der Stimmen erkannte, die zu dem jungen Herzen von gestern gehörte. Natürlich, der Begleiter war es, und er wusste über ihn Bescheid.
Lord Holmes du warst unvorsichtig. Doch verschwinden wäre zu auffällig.
Gespielt verwundert kniff er die Augen zusammen, in dem Moment als er in den Hof einbog. Sofort stoppte der bekannte Mann seine Unterhaltung und wies ihn an, stehen zu bleiben.
„Halt! Hier können Sie nicht durch."
Innerlich musste der Lord lächeln, denn der schon grauhaarige und doch relativ junge Mann konnte seine Unsicherheit nicht unterdrücken als er dem deutlich größeren Fürsten gegenüber stand. Verwirrt sah er auf ihn hinunter.
„Ich verstehe nicht?"
„Es ist etwas vorgefallen, weshalb die Burg nicht zugänglich ist. Sie sollten nach Hause fahren und die Wälder meiden." Die Stimme gewann an Sicherheit, wurde aber sanfter und doch eindringlich.
Mit ebenso eindringlicher Miene und kräftiger Stimme erwiderte der Größere: „Ich muss den Burgherren sprechen, er ist ein guter Bekannter. Ich bin in dieser Burg wie ein zweiter Herr, ich verlange Einlass."
Missmutig fragte der Mann nach dem Namen und schien sich damit zufrieden zu geben. „Sir Lestrade." Stellte er sich selbst vor. "Ich möchte ihnen noch einen guten Rat geben: Verlassen sie das Land." Damit ging er voran über den Burghof. Das „Solange sie noch können.", das Lady Adlers ehemaliger Begleiter murmelte, war nicht für andere Ohren bestimmt, doch der Lord hörte es wie als hätte man es direkt neben ihm gesagt. Ein Schmunzeln huschte über das scheinheilige Gesicht.
„Werde ich noch darüber aufgeklärt was hier los ist?"
Wiederwillig antwortete der Volkswächter. „Ein Unfall, Lord Holmes."
„Was ist passiert?"
„Das wollen sie nicht wissen"
„Würde ich sonst fragen?"
Jetzt blieb der älter aussehende Mann stehen. Er drehte sich halb missmutig, halb süffisant um.
„Sehen Sie es sich doch an, wenn es Sie so brennend interessiert, Lord Holmes." Er deutete auf das Eingangstor. „Dort fährt der Wagen mit der Leiche."
Überrascht und entsetzt spielte der Fürst mit seiner Stimme: „War es eine Auseinandersetzung der Gäste? Das kann ich mir nicht vorstellen unter der friedlichen Wacht Lord und Lady Watsons."
Der Mann hielt für einen Moment inne. „Glauben sie an Gott, Lord Holmes?"
„Nie würde ich es wagen den Herrn anzuzweifeln." Dieser Satz kam ihm so leicht über die Lippen, wobei er daran fast eingegangen wäre. Gab es einen Gott war er ein Kind des Teufels. Doch der Mensch ebenfalls, nachdem was er seinen Geschwistern angetan hatte. Also waren es zwei Teufel? Allein das die Tatsache, dass er die Kirchgemeinschaft Schottlands in einem Mondzyklus auslöschen könnte, ließ ihn die Frage stellen wo ein Gott war, der auch ihn vernichtete. Wie viele Jahrhunderte er nun schon lebte wusste er nicht mehr zu zählen. Er war sein eigener Gott.
„Dann beten sie." Mit diesen Worten drehte sich der andere Mann um und durchschritt die Tore der Eingangshalle.
Wachen standen an allen Ein- und Ausgängen zu Treppen, Türmen, Gemächern, sogar zu den Küchenräumen.
Es war ein weiter hoher Raum, der sogleich in einen langen Gang führte, der zu allen privaten Räumen, der Bibliothek und den Galerien führte. Der Speise- und Festsaal schloss direkt an die Halle an, genauso wie die Küchenräume, die jedoch auch mit dem großen Saal verbunden waren. Was einem erst beim zweiten Blick auffiel, war die Treppe hinter einem versteckten Erker. Doch nun stand eine Mannschaft bewaffneter Männer davor.
„My Lord, dieser ..." weiter kam er nicht den Fürst vorzustellen, denn sofort kam der Burgherr auf die beiden Männer zu. Sein Gesprächspartner verbeugte sich und wartete geduldig, bis der Herr wieder zu ihm kommen würde. „Lord Holmes, Gott sei Dank sind Sie da."
Begrüßend reichte er seinem alten Freund die Hand. „Sie können sich nicht vorstellen was letzte Nacht ... Ich kann es nicht fassen ... In meinem Haus ..."
Verständnisvoll drückte der Fürst die kalte Hand. „Sir Lestrade hat es mir schon geschildert." Dankbar warf Lord Watson dem Volkswächter einen Blick zu. „Sie können uns nun alleine lassen, danke."
Missmutig nickte dieser, verbeugte sich leicht und verschwand durch das Haupttor.
„Schrecklich. Es ist einfach ... Wenn Rosie dort ... Ich kann es mir nicht ausmalen. Wie sollen wir uns je wieder sicher fühlen? Haben sie gesehen was dieses ... haben sie die Lady gesehen?"
„Dies blieb mir erspart."
„Eine so anmutige junge Dame, welch grässliches Schicksal."
Mitfühlend faltete der Fürst seine Hände zu einem Gebet.
„Danke ihnen, ich bewundere ihren Mut." erwiederte Lord Watson darauf.
„Ich fürchte nichts, was ich nicht mit eigene Augen gesehen habe."
„Eine noble Einstellung, Mein Freund."
„Eine gewagte Einstellung." Die Stimme von Lady Watson war warm und doch so aufgewühlt, wie man sie selten zu hören bekam.
„Lady Watson." Mit einer Verbeugung küsste er die kleine, für eine Frau robuste Hand.
„Lord Holmes. Ich habe noch etwas, das sie vermutlich vermisst haben." Damit reichte sie ihm den dunkelblauen Umhang.
Da mischte sich Lestrade wieder ein, der anscheinend genauso schnell wieder gekommen, wie er gegangen war. „Entschuldigen Sie, meine Lords und Lady." Er wartete einen Moment auf die Aufmerksamkeit der drei. „Mir ist zu Ohren gekommen Lord Holmes war zur Tatzeit nicht im Saal anwesend." Ein provokantes Glitzern funkelte in seinen Augen. „Wo waren Sie, wenn Sie nicht im Saal waren Lord Holmes?"
„Ich verließ die Feier frühzeitig, da mir nicht wohl war."
„Wie ich sehe haben sie ihren Mantel hier gelassen. Wer macht sich des Nachts auf den Heimweg ohne einen wärmenden Umhang?" Der Ausdruck, dass er ihn endlich festgenagelt hatte, wollte der Fürst ihm nur zu gerne zerstören, doch Lady Watson kam ihm zuvor.
„Gut dass sie es erwähnen, wir werden unsere Decke doch wieder sehen Lord Holmes?"
Er schaltete sofort. „Selbstverständlich, my Lady." Meinte er mit einer kleinen Verbeugung in ihre Richtung. Erklärend richtete er sich an den Wächter. „Lord und Lady Watson waren so gütig mir eine wärmende Decke zu geben, bis ich entschied den Heimweg anzutreten und in meiner Fiebrigkeit ganz vergaß die Stücke auszutauschen."
Darauf wusste Sir Lestrade wohl keine Erwiderung, nickte nur und verschwand abermals.
Lady Watson, so leise, dass nur Lord Holmes es hören konnte, fragte, während sie sich ihm zuwand, den Rücken nun zu ihrem Ehemann: „Sagen sie mir noch, wo sie wirklich waren?"
„Natürlich" hauchte der Lord auf die ausgetreckte Hand, bevor er sich wieder aufrichtete und schmunzelnd der Lady nach sah.
An Lord Watsons Seite schritt er durch das Eingangstor und hörte sich die ganze Geschichte noch einmal an. Er konnte nicht sagen wie amüsierend es war das Geschehen so erzählt zu bekommen als wäre er nicht dabei gewesen. Den bedauernden Gesichtsausdruck hin und wieder durch ein schockiertes Aufsehen zu ändern war fast schon eine Freude.
Als der Burgherr in Mitleid schwelgte, fand der Fürst es höchst unangebracht, aber doch treffend seine Entscheidung mitzuteilen.
„Ich fürchte, dass ich sie auch bald verlassen muss."
Geschockt sah der kleinere Herr zum Fürsten auf.
„Keine Sorge, es ist nur eine Reise. Eine lange Reise."
Erleichtert atmete Lord Watson aus. Holmes sah einen Anflug von Traurigkeit in den blauen Augen.
„Nun, das ist sehr schade. Wo soll es denn hin gehen?"
Der große Mann seufzte. „Familienangelegenheit. Sie wissen nicht, wie schwierig das sein kann."
Beide lachten kurz auf.
Holmes streckte ihm die Hand entgegen. „Ich bewundere Sie, mein Freund und danke vielmals für die Gastfreundschaft."
„Das klingt wie ein Abschied für immer?" Zögernd erwiderte Lord Watson den Händeschlag. Nach einer kurzen extra dramatisch eingebauten Pause erklärte sich der Fürst: „Es sieht schlimm aus, meine Anwesenheit wird auf unbestimmte Zeit benötigt. Dem Schreiben nach, das ich erhielt, wird meine Hilfe wohl einige Jahre gebraucht."
Diese Information musste erstmal bei seinem Gastgeber sacken. Einige Jahre schon waren sie Vertraute. Der große schlanke Lord mit den schwarzen Haaren war wie ein Mitbewohner geworden, half mit Finanzen und sogar der Friedenswahrung. Es war nicht schwer die Taktiken anderer Herrschaftsgebiete zu erkennen wenn man Jahrhunderte Zeit gehabt hatte sie zu studieren. Als Gegenleistung genoss der Fürst die großen Feiern und seine regelmäßige Verpflegung. Dass jedes Mals einer oder mehrere Gäste nicht mehr lebten war kaum aufgefallen. Einmal, in den ersten Monaten war er unvorsichtig gewesen. Dann war er gekommen. Doch es dauerte nicht lange bis es als Wolfsangriff abgetan wurde. Warum war er nur so unvorsichtig gewesen? Jetzt konnte er es nicht mehr ändern. Solange er fliehen konnte, bevor ...
„Dann bleiben sie doch wenigstens zu einem letzten Abendmahl." Forderte Lord Watson freundlich.
Auch wenn es ihm höchst unlieb war, willigte der Ältere ein. Er fühlte sich den Watsons gegenüber schuldig, wenn er sich nicht höflich verabschiedete. Hatten diese Menschen auf ihn abgefärbt? Es war egal, in ein paar Tagen würde das alles keine Rolle mehr spielen.
Als der Fürst abends aus den Gästezimmern hinunter in die Eingangshalle trat, war Lestrade mit seinen Leuten wieder abgezogen. Es standen mehr Wachen als sonst an allen Eingängen, aber es schien wieder eine gewisse Ruhe eingekehrt zu sein, trotz der Anspannung die spürbar herrschte.
Die letzten Stunden hatte er damit zugebracht seine Flucht zu planen. Er musste wieder das Land verlassen, am besten für einige Jahre. Vielleicht ließ er sich wieder in den Süden verschiffen, mal sehen was aus dem ehemaligen römischen Imperium geworden war. Diese Zeit war eine seiner liebsten. Eine Macht die sich so übermächtig ausgebreitet hatte und so viele Geschichten hervorbrachte, die auf allen möglichen Schriften verewigt wurden. Vielleicht blieben manche von ihnen ja noch bis in die nächsten Jahrhunderte erhalten.
Eine Kutsche war arrangiert und sein Hab und Gut war bereits tief in seiner Höhle vergraben. Es war so praktisch dass dieser Wald das gesamte Grundstück überwucherte. Kein Mensch wagte sich freiwillig hinein. Es hieß Werwölfe und Geister spukten darin. Lord Holmes musste lächeln, schließlich war es nicht ganz unwahr.
Als letztes musste er noch dem Adelshaus im Dorf kündigen, welches er nur als Alibi hatte, um pro Former alle paar Tage vorbeizuschauen, damit man ihn als Bewohner und Besitzer identifizieren konnte. Zwar waren die Menschen nicht sehr intelligent, im Sinne davon, dass keiner auf die Idee gekommen wäre nach Blutspuren zu suchen und sie zu identifizieren. Trotzdem zog er die sichere Variante vor, die Tatsachen im Wald zu vergraben.
Ein angenehmer Geruch von heißem blutigem Tier kam ihm durch die Türen zum Speisesaal entgegen. Für die nächste Zeit würde es auch Tierfleisch zum Überleben tun, also ging er breit grinsend auf die Tür zu, bis ihm einfiel, dass übergroße Freude im Moment nicht angebracht war. Betroffen blickend schritt er zwischen den Wachen hindurch, die ihm die Türen offen hielten.
Die drei Watsons saßen bereits an der viel zu großen Tafel. Um dem verstorbenen Gast eine letzte Ehre zu erweisen trugen sie schwarze Gewänder, Lady Watson sogar eine schwarze Haarnadel. Das Einzige, was im Gegensatz zu der traurigen Erscheinung stand, war die kleine Rosie mit ihren glänzend goldenen Locken die über das dunkle Kleid fielen und ihre zarten Schultern zierten. Eine ebenso goldene Kette hing um ihren Hals, am Ende ein verziertes Medaillon, dasselbe wie es ihre Mutter hatte. Er fragte sich, was sie darin aufbewahrte, schließlich war in Lady Watsons ein Miniatur Bild ihres Mannes, weshalb sie es trug. Doch die junge Lady konnte wohl kaum ein Bild darin verwahrt haben. Doch weshalb trug man ein solches Medaillon sonst auch noch in so jungen Jahren? Es wäre doch höchst deprimierend ein leeres Kästchen um den Hals zu tragen, besonders wenn es signalisierte, dass man vergeben war. Wahrscheinlich war es eine Art der Provokation – dieses Kind war schon sehr verwunderlich.
„Lord Holmes." Der Burgherr erhob sich, um seinem Gast den Platz ihm gegenüber zuzuweisen. Am Ende der Tafel, dort wo die Sonne ihre letzten Strahlen in den Raum warf, saßen Lord und Lady nebeneinander, ein großes Schwein in der Mitte des Tisches vor ihnen. Der Spieß steckte noch im Inneren des Kadavers, der ausgeschmückt mit Gewürzen und Kräutern war, dass es nur so roch. Ein so festliches Essen zu der trauernden Garderobe schien äußerst unpassend, doch so schienen seine Gastgeber zu versuchen einen fröhlichen Abschied und einen Todestag zu vereinen. Wenn sie wüssten, dass der Mörder neben ihrer Tochter Platz nahm und eröffnend den Eisenstab aus dem toten Tier zog, dass das warme Blut nur so herausfloss.
„Wo werden Sie ihre Familie denn treffen?" Begann Lord Watson, während er sich ein großes Stück Fleisch auf den Teller zerrte.
„Der genaue Ort ist mir unbekannt." Erwiderte der Fürst.
„Wie das?"
„Ich werde über See fahren, Richtung Süden. Von da an werden meine Verwandten eine Mitfahrtgelegenheit arrangieren, die mich mit der restlichen Familie an den Ort bringen, wo mein Vater im Sterben liegt."
„Das tut uns sehr Leid, Lord Holmes." Warf Lady Watson ein. „Wieso können Sie nicht erfahren wo er sich aufhält?"
Der Fürst ließ sich Zeit sein Stück Schwein zu zerfleischen. Es war schwer den Drang zu kontrollieren über das Mahl und alle seine Angehörigen herzufallen. Obwohl er die Watsons nicht freiwillig töten würde, sie waren so anders, es war fast als hätten sie es verdient zu leben. Außerdem würde er im Süden genug Menschen finden die seinen Durst stillen konnten.
„Wie gesagt, meine Familie ist sehr seltsam, wenn man es überhaupt Familie nennen kann."
Genüsslich leckte er das dickflüssige Blut zwischen den Zähnen hervor, als sein Blick auf das kleine Mädchen neben ihm fiel. Sie hatte ihr Essen kaum angerührt.
„Kann die junge Lady keinen Gefallen an Schwein finden?" fragte er an das Kind gewandt.
Rosie sah kurz zu ihm auf, flüchtete aber sofort aus seinem Blick. Dann stocherte sie weiter in dem toten Tier vor ihrer Nase herum.
„Rosie, was ist los?" Die liebevoll besorgte Stimme der Mutter ließ das Mädchen aufsehen.
Nach kurzem Zögern legte sie die Gabel zur Seite. „Ich finde es nicht richtig zu essen als wäre nichts, wenn ein Monster in unserem zu Hause ist!"
Die drei Erwachsenen wechselten einen unsicheren Blick, dann wandten sich die Eltern an ihren Schützling: „Es gibt kein Monster, Rosie." Versuchte es Lady Watson, doch das beruhigte das Mädchen nicht.
„Ich habe die Lady doch gesehen. Was, wenn das Monster das auch mit mir macht?" entgegnete sie ängstlich.
Jetzt mischte sich der Lord ein. „Sir Lestrade hat alles überprüft. Er ist ein sehr gründlicher und schlauer Mann."
Die warmen blauen Augen huschten zu ihm, diesmal ohne den Kontakt abzubrechen. Um die letzte Unsicherheit aus dem leidenden Blick zu bekommen fügte er noch eine Lüge hinzu.
„Du hast doch bestimmt die vielen Wachen gesehen?" Gewissenhaft nickte der Blondschopf.
„Sie sind alle da um dich zu beschützen, wenn das Monster sich wieder in die Nähe wagt."
Immer noch zweifelnd aber ein wenig beruhigter schenkte Rosie dem großen Mann ein flüchtiges Lächeln. Er hielt sich die Hand vor den Mund und beugte sich ein Stück zu ihr, um im Flüsterton hinzu zu fügen: „Ein Raubtier jagt niemals zweimal im gleichen Gebiet, sei ganz beruhigt, ich kenne mich da aus."
„Sie jagen also?" flüsterte sie zurück. Er blickte sie durchdringlich an, dann antwortete er „Das könnte man so sagen."
Mit verschmitztem Lächeln richtete er sich wieder auf und blickte in die fragenden Gesichter seiner Gastgeber.
Die kleine Rosie saß nun lächelnd am Tisch und aß ihr Fleisch.
„Ich wusste nicht, dass Sie mit Kindern umgehen können." Entfuhr es Lord Watson überrascht.
„Jeder hat seine Geheimnisse." Gab Lord Holmes schmunzelnd zurück. Er sah auf das kleine Mädchen hinab, dass ihn ebenfalls musterte, ein seltsames Funkeln in den himmelblauen Augen.
Schnell wand er sich ab um sich nicht vorzustellen, wie seine Hand durch ihren Brustkorb fuhr, der wahrscheinlich bei der leichtesten Berührung zerspringen würde. Er hatte eine Ewigkeit kein Kind mehr auseinander genommen.
Es dauerte noch einige Stunden bis die Watsons ihn endlich gehen ließen.
Mitten in der Nacht schmiss er die letzten Sachen auf den Wagen. Doch er konnte es sich nehmen lassen ein letztes Mal zur Burg zu laufen. Die großen Krallen trugen ihn schnell und lautlos durch die Nacht, wie einer der vielen Wölfe, die durch den Wald schlichen. Als der Baumbestand immer lichter wurde verlangsamte er sein Tempo. Die schattenähnliche Erscheinung ließ ihn gänzlich zwischen den hohen Tannen verschwinden. Stark und einsam ragte die Burg aus dem kühlen Erdboden hervor. Da entdeckte er in einem der Turmzimmer einen hellen Schimmer. Er sah genauer hin und erkannte eine Kerze auf dem Fenster stehen. Verwundert schlich er um die Bäume herum, bis er das Turmfenster von vorne betrachten konnte.
Da tauchte Rosies Gesicht im Schein des Kerzenlichts auf. Bevor er reagieren konnte, sah sie auch schon nach unten und ihre Blicke trafen sich. Rot auf Blau, doch der Lord hatte fast mehr Angst als das Mädchen.
Wenn sie ihn erkannte ...
Rosie hielt dem Blick stand. Wahrscheinlicher war, dass sie sich in einer Schreckstarre befand. Langsam trat das Monster zurück, Schritt für Schritt, bis die Dunkelheit es verschlang.
Er konnte nur hoffen, dass sie diese Nacht vergessen würde. Und am besten ihn selbst auch.
Als der Fürst zu seinem Wagen lief, war ihm nur ein Gedanke im Kopf:
Würde er je wieder zu diesem Schloss, in seine Heimat, zurückkehren können?
xLasst gerne Feedback da bitte ich freue mich über alles :3
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