Teil 42
42-Kiana
»Giuro su Dio che un giorno ti ucciderò! Rune!!«, schrie ich und wackelte hin und her.
Scheiße. Wieso habe ich das gesagt?
Ich wollte doch versuchen, kein Italienisch mehr zu sprechen. Aber ihn auf Italienisch zu beleidigen oder dumm anzumachen, fühlt sich tausendmal besser an als auf Deutsch.
Verdammter Italiener.
Mit ausgestreckten Armen versuchte ich mein Gleichgewicht zu halten. Ich sah total bescheuert aus und mich nervte es schon wieder, dass ich spürte, wie ich rot im Gesicht wurde.
Seine dummen Worte! Ich durfte mich nicht einnullen lassen. Gestern noch total im Schluss-Mach-Modus und heute so was?!
Dieser Kerl bringt mich noch um den Verstand!
Ich starrte auf meine Skier und versuchte sie, wie das Arschloch gesagt hatte, zu kreuzen. Doch statt zu bremsen, verhedderten sich meine Skier vorne irgendwie und ich hielt nicht an, sondern flog nach vorne und mit dem Gesicht in den Schnee.
Ich hob meinen Kopf und schaute Rune böse an, als er sich sein Snowboard wieder angeschnallt hatte und vor mir abbremste. eEr schmunzelte auf mich herab. »Ich sagte, du sollst dich NICHT blamieren und nicht, mach dich zum Affen und brems mit dem Gesicht.«
»Oh ach so, dann habe ich dich wohl falsch verstanden. Weil ich so was ja gerne mit Absicht mache!« gab ich pampig zurück. Dann stützte ich mich vom Boden hoch und versuchte aufzustehen. Doch das Einzige, dass ich hinbekam war, mich auf den Rücken zu drehen. »Ich will mein Skilehrer zurück«, motzte ich und schlug mit meinen in Handschuhe verpackten Händen an den jeweiligen Seiten auf den Schnee. »Arthur komm zurück«, rief ich nach meinem Skilehrer.
»Ich bin weit besser als Arthur.« Rune hob eine Braue. »Übrigens ziemlich unprofessionell seiner Schülerin den richtigen Namen zu sagen.« Er kniff die Augen zusammen und kreuzte die Arme. »Es sei denn, er wollte dir an die Wäsche. Und wenn das so ist, schlag ich ihm den Schwanz ab und stopf ihn ihm in seinen polnischen Rachen.«
»Wir haben halt geflirtet. Immerhin bin ich seit gestern Single«, meinte ich provokant. Dann streckte ich meine beiden Arme in seine Richtung. »Du wirst hier gar nichts machen. Ich gehöre dir nicht länger, wie oft noch und jetzt, hilf mir hoch.«
»Einen Scheiß bist du«, brummte dieser besitzergreifende Arsch. »Du bist weder Single noch hast du mir zu sagen, was ich mit wem mache.« Er hob mir die Hand hin und als ich sie ergriff und er mich hoch und an sich zog, knurrte er heißer: »Du gehörst zu mir, Kiana.«
Ich atmete seinen Duft ein und meine Haut fing augenblicklich an zu kribbeln. Meine Augen lagen auf seinen Lippen und wanderten langsam hoch zu seinen Bernsteinfarbenen Augen. Wieso muss er auch so gut aussehen, so gut riechen, so verdammt gut im Bett sein?! Wieso ist er so perfekt? Und wieso liebe ich diesen Idioten nur?
Ich schüttelte den Kopf und sah zur Seite. »Lass mich los. Ich gehöre nicht mehr zu dir. Du willst mich nicht....du willst mein Herz nicht. Also hör auf mit mir zu spielen.«
»Du hast dich auf diese Sache mit dem Herzen echt eingefahren, huh?« Rune hob die behandschuhten Finger und nahm mein Kinn. »Ich spiele nicht. Ich spiele nie. Das habe ich vorher nicht und das werde ich in Zukunft auch nicht. Kiana, ich hab dich nie belogen, oder?«
»Nein. Du warst immer ehrlich«, erwiderte ich. Denn das musste ich ihm zugestehen.
Doch....
»Du spielst mit meinem Herzen. Einmal stimmst du zu, dass wir das beenden zwischen uns und dann agierst du aber wieder so. Was willst du, Rune?« fragte ich nun und sah ihm tief in die Augen.
Gott diese Augen.
Sie strahlten Gefahr aus und dennoch zogen sie mich an, wie ein schwarzes Loch. Und das schlimme war, ich wollte es auch nicht anders.
»Ich will alles.« Er sah mir entgegen und beugte sich etwas hinab. »Verdammt nochmal einfach alles.«
Unbewusst streckte ich ihm meinen Kopf entgegen. »Was bedeutet alles? Was bedeutet alles in MEINEM Fall?«
Meine Atmung wurde schwer und ich wollte ihn küssen. Doch... eigentlich wollte ich auch standhaft bleiben.
»Wenn du eine Definition suchst, sieh im Duden nach.« Tat er auf Oberschlau und sah auf meine Lippen, dann seufzte er leise. »Was willst du denn hören, Kitty Cat? Warum muss ich überhaupt jedes meiner Worte erklären?«, fragte der Idiot und nahm Abstand. »Muss es so kompliziert sein? Alles ist eben alles. Ich will IMMER alles. Das solltest du mittlerweile genau wissen. Ficke ich, will ich alles, was mich anturnt. Töte ich, will ich alle umbringen, die mir im Weg sind. Verdiene ich Geld, will ich alles haben. Habe ich mir etwas in den Kopf gesetzt, will ich es auch durchziehen. ALLES, Kiana.«
Aus Angst wieder hinzufallen, krallte ich mich in seine Jacke fest.
»Ja, es muss so kompliziert sein. Ich will mir keine unnötigen Hoffnungen machen. Also Rune, nimmst du mich ganz, mit Gefühlen, mit meinem Herzen? Wenn nicht, dann lass mich endlich gehen. Ich Ertrag das nicht noch einmal.« sagte ich nun komplett ernst.
Dieses hin und her.
Wie oft würde ich mit diesem Schmerz zurechtkommen?
Mit seiner Zurückweisung.
Der Sturkopf verdrehte die Augen. »Bescheuertes Herz. Lass es doch einfach gut sein.« Sein Blick fand meinen. Ernst und unerschütterlich. »Ich sehe nicht ein, warum ich mich erklären soll. Das habe ich nämlich schon. Ich will alles. Punkt. Das beinhaltet auch dich. Ich mach dir keine Hoffnungen. Wie denn? Du kennst meine Wahrheit. Weist wie es ist und mit mir zusammen zu sein.« Er schüttelte den Kopf. »Du liebst mich? Dann heirate mich! Es wäre so verdammt einfach, wenn du nicht rumzicken würdest.«
Ich starrte ihn an. Es waren nicht die Worte, die ich erhofft hatte und so reagierte ich auch. Ich ließ ihn los, mit dem Gedanken, dass es mir egal war, wenn ich hinfallen würde. Ich drückte mich von ihm weg und seufzte. »Dann ist wohl alles gesagt«, meinte ich nur, beugte mich runter und öffnete die schnallen zu meinen Skiern. Dann stieg ich ab und nahm diese etwas umständlich in die Hand. »Wir waren nie zusammen, also muss ich nicht offiziell sagen, dass ich Schluss mache. Dennoch sage ich dir jetzt klipp und klar: Es ist aus zwischen uns.«
»Und ich sage dir, dass es das nicht ist, also la-« Sein Handy klingelte und er biss in seinen Handschuh, um ihn auszuziehen. Dann öffnete er den Skianzug und schlüpfte mit dem Oberkörper raus, sodass er nur noch mit dem schwarzen Pullover dastand. Rune fummelte das Handy raus und ging ran.
»Ja? ... Was?! Wann? ... Die ›Ware‹? ... Verstehe« Er biss die Zähne zusammen und sein Blick verdüsterte sich. »Wie viele müssen beseitigt werden? ... genauer bitte ... Dann sie nach! ...« Er knurrte gereizt. »Wo sind sie? ... Wie viel Zeit habe ich? ... Ich werde mich drum kümmern ... Ja ... Nein ... Nein ... Fuck, nein! Auf keinen Fall! ... Ich sagte, ICH kümmere mich darum. halte dich zurück, Bruno. Und sag Marius, dass er die Füße stillhalten soll ... Ja ... Nein.« Der Mafiaboss legte auf und ballte die Hände zu Fäusten. »Scheiße.«
Ich sah ihn genauer an. Versuchte seine Worte zu verstehen und nickte dann.
Es hatte also mit seinen üblichen Geschäften zu tun.
Ware?
Drogen? Waffen? Vielleicht auch Menschen?
Wer weiß.
Beseitigen?
Also viele werden sterben und das durch seine Hände. Die Hände, die ich liebe und die mich auf so viele Weisen schon beglückt haben. Diese Hände werden wieder mit Blut beschmutzt werden.
Mein Blick fand seinen.
»Du scheinst Arbeit zu haben. Ich würde dir gerne sagen: Unterlasse bitte unnötiges Blut vergießen. Doch ... Deine Geschäfte gehen mich nichts mehr an.«
Ich wandte mich ab und stapfte durch den Schnee.
Und auch, wenn ich gelassen klang, so machte ich mir dennoch Sorgen.
Die Liebe ist echt kompletter Mist.
Ich lief bis zu Skihütte und sah noch einmal zu Rune. Er folgte mir nicht, blieb wo er war. Ich strahlte so etwas zwar aus, aber eigentlich wünschte ich mir, er würde mir folgen und mich aufhalten.
Ich presste meine Lippen zusammen und drehte mich wieder weg.
Nachdem ich meine Skier abgegeben hatte, ging ich an eine Bar und zog meine Ski-Jacke aus.
Ich würde mich heute betrinken. Das stand fest.
Ich bestellte mir etwas hausgemachtes und fing an mein gebrochenes Herz in Alkohol zu ertränken.
****
»Ich hascheeeee dich....Rume...« murmelte ich und mein Kopf lag auf dem Tresen. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es bereits nach Mitternacht war.
Plötzlich tippte mich jemand an, weshalb ich mit zusammengekniffenen Augen meinen Kopf drehte. Ein gut aussehender Typ stand neben mir an der Bar und prostete mir zu. Er war groß und eher schlanker Natur. Schwarze Haare und schwarze Augen, ließen ihn etwas mysteriös wirken.
Bernsteinfarbene Augen gefielen mir dennoch mehr.
Ich schob den Gedanken beiseite.
Ich bin Single und muss offener gegenüber anderen Männern sein.
»Pfrost«, nuschelte ich und hob mein halb leeres Glas.
Danach begann er zu erzählen, aber ich war schon ziemlich angetrunken, weshalb ich nicht verstand, was er da redete. Und es interessierte mich auch nicht wirklich.
Meine Gedanken kreisten um Sex. Ich war geil. Scheiße.
Sollte ich mit ihm schlafen?
Meine Augen wanderten zu seinen Lippen und er grinste schief.
Er war zwar nicht so ein Hottie wie Rune. Aber er sah auch ganz nett aus. Und vielleicht würde er eine gute Ablenkung sein.
Ich blinzelte, als der Typ sich vorbeugte und mein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger nahm.
»Wollen wir auf mein Zimmer gehen, Kiana?« hauchte er paar cm vor meinen Lippen.
Wann hatte ich ihm meinen Namen verraten?
Ich sah ihm in seine schwarzen Augen, bildete mir ein, dass es bernsteinfarbene Augen wären und starrte ihn einfach nur an.
»Voher genscht duuu mfein Narmen?« fragte ich und zog verwirrt meine Augenbrauen zusammen.
Er lachte leise. »Dein Vater hat ihn mir verraten.«
Verwundert sah ich ihn nun an.
Was?
»Dein Plan, sie in dein Zimmer mitzunehmen, hat den Harken, dass nur sie die Türschwelle leben, überqueren würde. Also-«, plötzlich saß Rune auf der anderen Seite neben mir und hatte sich einen Drink bestellt. Seine Arme lagen auf dem Bartresen und er zwinkerte der Kellnerin zu, als sie ihm sein Drink übergab, dann er wieder den Typen vor mir an, »-überleg dir das noch mal, du Lappen. Und im Generellen, welcher Kerl, baggerte ein SO betrunkene Tussi an? Hast du keine Selbstachtung, Mann?«
Der Typ wandte seinen Kopf ab und sah an mir vorbei. »Und wer bist du?« ,fragte er genervt.
Ich entfernte mich aus seinem Griff und drehte mich nun gänzlich herum. »Rume.... Wat mascht duuuu hoers?«, fragte ich nuschelnd und lehnte mich an ihn ran. »Dasch Ischt mein SexToy aka Sugardaddy«, stellte ich lachend Rune vor.
Er hob eine Braue. »Also erst mal zu dir, Wichser. Ich bin derjenige, der dir gleich ziemlich den Arsch versohlen wird, wenn du dich nicht verpisst.« Dann wanderte sein Blick zu mir und er verzog schnaubend das Gesicht. »Denkst du echt, wenn ich Nox wäre, würde der Typ daneben dir noch atmen? Ich glaub nicht. Nox ist schon abgereist, Süße.«
Der Typ hinter mir packte plötzlich mein Arm. »Ihr Vater hat gesagt, ich soll die kleine etwas verwöhnen. Also misch dich nicht ein!« zischte er.
Ich blinzelte verwirrt. »Mein...Vater...« murmelte ich.
Habe ich das gerade richtig verstanden?
Rune ... oder nicht Rune ... sah auf die Stelle, die der fremde Typ packte und plötzlich wisch jeder Spaß aus seinen Zügen. »Loslassen.«
Ich war noch total in Gedanken.
Mein Vater?
Und Rune ist abgereist?
Ohne mir etwas zu sagen?
Hieß das dann, dass es endgültig vorbei war?
»Die Kleine ist für die Nacht meine Begleitung. Also lass du los!«, bekam ich nur gedämpft mit.
Rune war weg, also saß er gar nicht mehr vor mir.
Mein Vater wollte, dass sich ein anderer Typ um mich kümmert.
Tränen stiegen mir in die Augen.
Es war vorbei.
›Nicht Rune‹ stand auf und stellte sich vor den Kerl. Meine Augen folgte ihm. Seine Waffe, diesmal ein Messer, drückte an seinen Bauch. »Ich hab kein Problem damit, einen kleinen Penner wie dich, hier und jetzt der Länge nach aufzuschlitzen. Die Kleine ist vergeben. Dass kannst du ihrem Flachwichser von Vater gerne sagen. Und wenn du schon dabei bist«, er drückte die Spitze tiefer, »Dann richte ihm noch einen Gruß aus und sag ihm, ich komm später mal vorbei.«
Ich starrte ›Nicht-Rune eine Weile an und blinzelte ein paar Mal. Er stand zwar mit dem Rücken zu mir gedreht, aber ich sah das Gesicht des Typen. Er sah an sich herunter und dann hoch zu ... Ich blinzelte ein paar Mal.
Cal? Das war ja Cal!
Die Augen des fremden Typen geweitet und Angst spiegelte sich in ihnen wider. Er nickte. »Alles klar. Ich hab's verstanden.« gab er nach und verschwand.
Ich griff in Cals Pullover und sah zu ihm hoch. Tränen fingen an herunter zu rollen. »Ich liebe ihn. Aber ....er ....er liebt mich nicht.« schluchzte ich.
Etwas verdattert sah Cal auf mich hinab. »Ähm ... Okay. Hör mal, Süße, Rune ist da etwas schwierig, aber glaub mir bitte, wenn ich dir sage, dass du dich irrst. Er-« Runes Cousin, den ich aus Versehen mit Rune verwechselt hatte, stoppte sich, ohne den Satz zu beenden. »Kannst du laufen? Ach, vergiss es.« Er wartete gar nicht, sondern packte mich unter den Beinen und hob mich hoch. »Warum hast du dich bitte so abgeschossen?«
Ich legte automatisch meinen Arm um seinen Nacken und weinte an seiner Brust. »Er ...er ist einfach gegangen...er...« Ich schniefte und lehnte mein Kopf an seinen Körper. »Ich ....ich liebe ihn.....Es...tut weh.«
»Sono pagato troppo poco per una cosa del genere«, seufzte Cal und drückte mich etwas näher an sich. »Er ist weg, weil es etwas sehr Wichtiges zu erledigen gibt, Kiana. Erinnere dich bitte daran, was er ist und vor allem, wer er ist. Rune hört nie auf zu arbeiten und muss sich um hunderte Sachen zeitgleich kümmern. Das er hier her gekommen ist war schon eine enorme Geste. Alles für dich, im Übrigen. Und dass du ihn liebst ist uns alles schon ne Weile sonnenklar. ich meine, warum sonst bei einem Arsch wie ihm bleiben?« Er lief zum Fahrstuhl. »Hör zu, ich bring dich jetzt zu deinem Bruder, okay? Rede mit ihm darüber. Wein dich aus und dann lass das einfach hinter dir. Denn entweder, du nimmst Rune wie er ist, oder du gehst. Es hört sich hart an, ist aber alles, was dir bleibt. Er wird sich nicht ändern. Nicht so wie du es willst zumindest. Er mag dich, das weiß ich. Aber ... ich bin mir sicher, dass ›Liebe‹ für ihn einfach nicht mit seinem Leben zu vereinbaren ist.«
Ich hörte seine Worte, aber war zu schwach noch etwas zu sagen. Der Alkohol und der Herzschmerz waren zu viel.
Liebe war mit seinem Leben nicht zu vereinbaren?
Ich war dankbar für alles. Ich hatte es vergessen, aber Cal hatte recht. Dass er überhaupt hierher gekommen ist, war eine sehr große Geste. Ich müsste glücklich sein. Aber....
Ich war zu gierig.
Ich wollte zu viel.
Ich wollte alles von ihm. Auch sein Herz.
Weinend schloss ich meine Augen.
Heirate mich.
Das hatte er gesagt.
Heiraten?
Ihn?
Ich hätte sofort Ja gesagt, aber meinte er es auch ernst?
Wollte er mich wirklich heiraten?
Oder wollte er mich einfach nur besitzen?
Meine Atmung wurde leise und ruhiger.
Ich liebe ihn.
Aber....
Das hier konnte ich nicht mit meinem Leben vereinbaren.
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