Teil 35

35-Rune

Hilfe!

Hilfe!

Hilfe!

Zehn Minuten kamen mir noch nie so lang vor. Kiana hatte nur dieses eine Wort gerufen und ich war losgerannt, so schnell ich konnte. Auf dem Weg zum Audi hatte ich ihren Standort per Handyortung gefunden, sodass ich jetzt nur noch auf den kleinen Punkt auf dem Display tippen musste, um automatisch die Strecke im Navi angezeigt zu bekommen.

Ich stoppte an keiner roten Ampel, hielt an keinem Stoppschild oder kümmerte mich um andere Teilnehmer des Straßenverkehrs. Ich raste die komplette Strecke mit durchgedrücktem Gaspedal und bremste nicht ein einziges Mal. Dass ich kein über den Haufen fuhr, war reines Glück.

10 Minuten. Auf die Sekunde genau 10 Minuten brauchte ich, um anzukommen.

Ich parkte das Auto nicht, sondern bremste ab, riss die Tür auf und rannte los. Wohin? Keine Ahnung. Alles, was ich tat, passierte instinktgesteuert.

Dennoch sah ich mich schwer atmend um. Die Bushaltestelle war kaum beleuchtet, hatte nicht mal eine verdammte Glasscheibe, die vor der Witterung oder Angreifern von hinten schützte. Fuck, ich hoffte, es war ein stinknormaler Angreifer. Im besten Fall ein Raubüberfall und es handelte sich nur um eine Person, die es auf ihre Sachen abgesehen hatte, die, dank mir, ja nun noch aus scheißteuren Luxusmist bestand.

Bitte. Bitte. Bitte.

Es musste einfach das sein.

Und wenn nicht?

Gott, was machte ich, wenn sie weg war?

Was, wenn es eine verfeindete Familie war? Diesmal ein Angriff direkt auf jemanden gerichtet, der MIR nahestand?

Bei dem Gedanken wurde mir schlecht, aber eben jener wurde durch rasende Wut ersetzt, sich Geräusche am Strand wahrnahm. Ich spurtete umgehend los, lud dabei meine Waffe, und rannte den kleinen Buckel hinunter der zu dem Strandstreifen, der letztlich im Meer auslief.

Ich begriff noch nicht mal richtig, was ich sah, da trat ich dem Kerl, der über Kiana gebeugt war und ihr den Mund zu hielt, schon mit voller Wucht ins Gesicht. Der Motherfucker fiel nach hinten in den Sand und während ich die Waffe auf ihn richtete, sah ich Kiana an.

Sie lebte.

Sie war hier.

Alles war gut.

Zumindest für uns.

Die Panik wandelte sich und wo ich eben kaum denken konnte, sammelte ich mich nun und strahlte wieder meine übliche, emotionslose Eiseskälte aus.

»Geht es dir gut?«

Kiana setzte sich auf und rückte von dem Typen weg. Ihre Augen hoben sich und sie sah mich mit solch allumfassender Erleichterung an, dass ich tief Luft holte.

»Ja«, flüsterte sie und ich nickte. Meine Hand strich sanft über ihren Kopf.

»Ich geb dir jetzt die Möglichkeit, im Auto zu warten.« Ich sah auf den Wichser im Sand, der sich noch immer benommen den Kopf hielt.

»Was wirst du tun? Doch nicht das, was ich denke.«

»Die Frage stellst du mir nicht wirklich, oder?« Als der Kerl aufstöhnte und Anstalten machte, weg zu krabbeln, trat ich auf ihn zu. Ich drückte den Lauf an seine Schläfe und beugte mich zu ihm runter. In der Hocke vor ihm sitzend, sah ich dem Kerl ins Gesicht.

Er schien normal zu sein. Braunes unspektakulär gestyltes Haar, Allerweltsgesicht, nicht hübsch aber auch nicht hässlich. Der Durchschnittsmann, eben.

»Was glaubst du, wohin du gehst?«

Ich spürte, dass Kiana sich erhob und neben mich trat.

»Wieso hast du mich angegriffen?«, fragte sie nun. Ihre Stimme klang seltsam ruhig.

Der Typ sah ängstlich zu mir und dann zu Kiana hoch, sein Blick glitt über ihren ganzen Körper und erst als ich knurrend die Waffe fester an seine Haut drückte, sah er ihr ins Gesicht.

»Ich hab nichts gemacht, ich schwöre!«

»Wegen eines Expresso?! Ernsthaft? Das ist lächerlich,« quasselte Kiana weiter und ich hatte keine Ahnung, was sie meinte. Es war mir auch egal. Der Grund hierfür war so nebensächlich wie, wenn irgendwo ein Sack Reis umfiel.

Er hat sie angegriffen. Punkt.

Aber E-X-presso? Ich verdrehte die Augen. »Herrgott, mi Amore, mehr Klischee geht wohl nicht. Es heißt Espresso. Es wird sanft gesprochen. Liebevoll.« Der Gesichtsausdruck des Motherfucker änderte sich und er schien für einen kurzen Augenblick die Waffe zu vergessen, als er sagte: »Ihr dreckigen Fotzen glaubt auch, ihr könnt uns Männer wie Scheiße behandeln!«

Und er war tot.

Blut spritzte mir ins Gesicht und der Schuss ließ meine Ohren klingeln, während Kiana aufschrie. Ich schüttelte den Kopf, empfand aber tiefste Zufriedenheit, als er mit dem Gesicht zuerst, in seiner Hirnmasse im Sand landete.

Ich sah zu Kiana hoch.

Sie sah den Toten mit weit aufgerissenen Augen an. »Du hast.... Wieso? Er ... er hat mich nur ...« Sie stoppte mich und sah mir in die Augen. »Du hast Blut im Gesicht«, merkte sie und bei der Ruhe ihrer Worte, runzelte ich die Stirn.

Ich erhob mich und ließ das Zeug, wo es war. »Niemand fasst dich an. Niemand schlägt dich. Niemand verletzt dich. Und niemand beleidigt dich. Du gehörst mir.«

Sie kramte in ihrer Handtasche und zog ein feuchtes Tuch heraus, mit dem sie mir die Wange abwischte. »Du meintest das wirklich ernst, als du sagtest, dass du jeden tötest, der mich anfasst.«

Ich legte den Kopf schief und meine Hand in ihren Nacken, bevor ich an ihren Haaren zog. Leicht nur. »Hattest du Zweifel daran?«

»Ich hatte Hoffnung, dass du es nicht so meinst. Ich schätze, sein Leben war gerade einfach nur Scheiße. Ich finde es nicht gut, dass du ihn einfach umbringst. Kannst du das zukünftig bitte lassen?«, fragte Kiana und befreite sich aus meinem Griff. Mit einem letzten traurigen Blick sah sie auf den toten Mann, bevor sie sich abwandte und zu meinem Auto lief.

Ich folgte ihr und rief auf dem Weg meinen Mann für solche Angelegenheiten an. Er würde sich um die Leiche kümmern.

Ich stieg also ein, beugte mich halb über Kiana, legte die Waffe ins Handschuhfach und startete den Motor. Bevor ich jedoch losfuhr, sah ich wieder zu ihr.

»Ich frag dich ein letztes Mal, Kitty. Kommst du damit klar? Das ich tue, was ich tue? Denn ich werde sicherlich noch diverse Menschenleben beenden.« Dann sah ich ihr ernst entgegen, doch ich wusste, dass meine Augen sanfter wurden. »Du kannst dir nicht Ansatzweise vorstellen, wie das war, dich nach Hilfe rufen zu hören.«

Sie stöhnte genervt auf. »Ich hab doch schon gesagt, dass ich damit klar komme. Aber das bedeutet nicht, dass ich es gut heißen muss. Du kannst auch einen Gang zurückschalten«, motzte sie. Irgendwann seufzte sie, lehnte sich zu mir und küsste mich. Ein Schauer erfasste mich und ich schloss die Augen. Kiana strich mir sanft über die Wange. »Es tut mir leid. Du hast dir bestimmt große Sorgen gemacht. Aber mir geht es gut, du warst schnell genug da. Du hast mich gerettet. Aber das nächste Mal würde es vielleicht auch ausreichen, wenn du demjenigen einfach ins Gesicht schlägst.«

»Wird nicht passieren«, erklärte ich grinsend und fuhr los. »Also, erklär mir bitte, ob ich gerade einen Mann erschossen habe, wegen eines E-X-presso.«

Ich sagte es extra so grausam falsch wie sie und entschuldigte mich im Geiste bei allen meinen Vorfahren.

Sie lehnte sich im Sitz zurück und nickte.

»Ja, Schlaumeier«, antwortete sie mürrisch und fügte hinzu. »Hör auf mich, wegen des Expresso, aufzuziehen. Immer machst du dich über mich lustig.« Ich lachte, weil die Aussprache immer schlimmer wurde und sie seufzte. »Ich habe meiner Kollegin Bilder von dir-« Sie stoppte abrupt und sah mich an, bevor sie wieder geradeaus sah. »Ich war abgelenkt und anscheinend hatte der Typ schlechte Laune und gerade heute einen Hass auf alle Frauen. Es war wohl Zufall, dass er gerade mich angegriffen hat.«

Mein Lächeln verebbte. »Wem hast du was gezeigt?!«

»Nichts, ich habe nichts gezeigt.«

Ich biss die Zähne zusammen. »Wann hörst du endlich auf, mich für dumm verkaufen zu wollen?«, maulte nun ich. »Ich führe eine verdammte Mafiaorganisation und du denkst, ich höre nicht jedes Wort meines Gegenübers? Verarsch mich nicht. Wem hast du was gezeigt?«

»Du brauchst nicht sofort ein Arsch zu sein! Mein Gott, ich habe meiner Kollegin nur Bilder von dir gezeigt. Sie wollte wissen, wie du aussiehst, weil sie mir nicht glauben wollte, dass du existierst«, zickte sie zurück und verdrehte die Augen.

Schnauben schlug ich während der Fahrt aufs Lenkrad und hupte aus Versehen. »Dio mi aiuti. Questa donna!« Ich fauchte: »ICH BIN EIN MAFIABOSS! Es wäre als sehr nett, wenn du nicht irgendwelchen Tussen mein verdammtes Gesicht zeigst! Und wann zum Geier hast du überhaupt ein Foto von mir gemacht?«

Kiana sah mich doch tatsächlich schmollend an. »Beim Schlafen und ein paar von hinten, als du in der Küche gekocht hast.« Dann sah sie traurig auf ihr Handy. »Wir haben gar keine Bilder zusammen. Ich will aber welche haben. Mir egal, ob du ein Mafiaboss bist. Mach ein Bild mit mir zusammen!«, forderte sie nun und sah ihn böse an.

Ich starrte sie an, bevor ich innerlich nachgab und lachte. »Du machst mir verrückt, Kiana. Du ... Fuck.«

Sie schmunzelte. »Also heißt das Ja?«

Ich leckte mir die Lippen. »Du bekommst deine Fotos. Aber es gibt eine Bedingung. Nein«, verbesserte ich, »eigentlich sind es zwei. Du darfst dir eine raussuchen.«

Neugierig sah sie mich an. »Alles, was du willst.«

»Amore, das ist eine gewagte Aussage.« Ich grinste einseitig und schenkte ihr mein anrüchigstes Lächeln, während ich den Wangen lenkte. »Im Austausch für die Fotos fahren wir jetzt entweder zu Haru und du lässt dir deine Nippel piercen, oder aber wir drehen einen kleinen ... Film.«

Allein bei der Vorstellung beider dieser Sachen, schoss Blut in meine Lenden. Beides machte mich rattenscharf.

Ich legte die Hand auf ihrem Oberschenkel ab und strich mit dem Daumen kleine Kreise.

Ich sah ihn einen Moment an und überlegte. Dann fing sie an zu grinsen.

»Ich entscheide mich für die Nippelpiercings, aber-«, meinte ich und sah ihn aufmerksam an. »Du hältst meine Hand dabei.«


***


Ich sah Haru mit tödlicher Ruhe an.

Ja ich wusste, er müsse hinsehen und ja ich wusste, er musste Kiana anfassen, aber ...

Ich mochte ihn. Das musste ich mir sehr oft sagen, als Kiana dort auf der Liege lag. Oben fucking ohne.

Ich hielt ihre Hand, während Haru die Nadel, die Kanüle und den Schmuck vorbereitete. Hin und wieder entkam mir ein Knurren.

Kiana drückte meine Hand und lächelte. »Das ist, wie Händchen halten, findest du nicht auch?«

Ich wandte den Kopf zu ihr. »Auf ne ziemlich verkorkste Weise, aber ja. Gehts dir gut? Hast du schon schiss?« »Also mir gefällt es.« Kiana linste zu Haru. »Ja, ich bin etwas nervös«, antwortete sie mir und richtete sich dann an Haru. »Wird das sehr weh tun?«

Er drehte sich in dem kleinen rollenden Stuhl um und sah zu uns. Ich biss die Zähne zusammen und als er meinen Blick bemerkte, sah er Kiana ausschließlich in die Augen. »Ich würd dir gerne sagen, das es nicht so ist, aber ... Ich meine, du müsstest ja am besten wissen, wie empfindlich diese Stelle ist. Willst du sie beide gepierct haben?«

»Ja, will sie«, antwortete ich für Kiana und Haru hob die Braue.

Kiana schmunzelte und blickte zu mir. »Oh und wie ich das weiß.« Dann sah sie wieder zu Haru und nickte. »Ja, beide bitte und das schnell. Ich will es hinter mich bringen.«

Sie lachte etwas nervös und als Haru kam und alles vorbereitete, sah ich im mit Argusaugen zu. Jedes Wischen über ihre harten Nippel, das zupacken mit der Zange und das ansetzen der Nadel, wurde genaustens von mir beobachtet.

»Bereit?« Fragte Haru und als Kiana nickte, packte sie meine Hand fester. »Okay, dann auf drei. Eins, zwei ...«

Er schob die sicher 10 cm lange Nadel durch ihre Brustwarze.

Sie kniff erschrocken die Augen zusammen und atmete erst wieder, als Haru den Schmuck angelegt hatte.

»Das hat wehgetan«, meinte Kiana leise, öffnete die Augen und sah mich an. »Wie lange darf Nox meine Nippel nicht anfassen?«, fragte sie und ich lachte.

Haru sah verwirrt aus, grinste dann aber. »Mindestens eine Woche.«

Mein leises Lachen verklang. »Fuck, so ein schönes neues Spielzeug und ich darf nicht ran.«

Haru schmunzelte und bereitete ihre andere Brust vor. »Sorry, aber wenn sich das nicht entzünden soll, musst du warten, Mann.«

Ich schnaubte frustriert. Fuck, darüber hatte ich gar nicht nachgedacht.

Kiana packte meine Hand wieder fest und spannte sich an, als Haru auch den zweiten Nippel durchstach und dann die Stange mit den zwei Knöpfen anlegte. »So, geschafft, Kiana. Also Folgendes«, begann er zu erklären. »Ich gebe dir Sachen zum Desinfizieren mit. Das machst du ein Mal am Tag. Kein BH, kein Sport kein«, er sah mich an, »lecken, beißen oder ziehen.« Ich schnaubte, doch er redete einfach weiter. »Dann sollte das gut verheilen. Nach einer Woche können wir den medizinischen Schmuck rausnehmen und du kannst dir was Hübsches aussuchen. Ringe, Kugeln mit Steinen, was auch immer du willst. Nur sei so gut, und komm her, damit ich dir das erste Mal helfen kann. Alleine ist das manchmal ein bisschen schwierig.«

Er machte sich daran, alles wegzuräumen, und ich half Kiana aufzustehen. Mein Blick lag auf diesen wunderschönen Titten und ich schnurrte.

»Fuck. Das ist das Heißeste, was ich seit Langem gesehen habe.«

Ich umfasste vorsichtig meine beiden und drückte leicht zu, als Haru schimpfte: »Nox!«

Widerwillig ließ ich los und hob die Hände. »Sorry. Also gut, lass uns gehen und diese Woche schnell hinter uns bringen. Ich habe wahnsinnig viele Ideen, wie ich das da wirklich spannend machen kann.« Den letzten Satz sagte ich so leise, das nur Kiana es hören konnte und zeigte auf ihre Brüste.

»Stop«, sagte Kiana plötzlich und grinste mich herausfordernd an. »Sag mir nicht, du hast es vergessen, mein Lieber?« Als ich sie verwirrt ansah, schüttelte Kiana lachend den Kopf. »Hast du nicht gesagt, dass du dir ein Zungenpiercing stechen lässt, wenn ich mir Nippelpiercing machen lasse?« Sie hob eine Braue.

Oh. SHIT. Das hatte ich vergessen. Vollkommen.

Ich blinzelte, sah sie an und dann Haru, der amüsiert versuchte, nicht loszulachen.

»Ich ...«

Kiana nahm mein T-Shirt und zog daran. »Ja, du was?«, fragte sie und sah mich mit einem Blick an, der kein ›Nein‹ akzeptierte.

Ich sah auf sie herab und kniff die Augen zusammen, bevor ich mich räusperte.

»Ich stehe natürlich zu meinem Wort, Kitty.« Den Blick zu Haru nickte ich.

Fein.

Bevor ich dann jedoch eine Nadel durch meine Zunge treiben ließ, sagte ich zu Kiana in drohend verspieltem Ton: »Ich schwöre dir, amore mio, das wirst du noch bereuen.«

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