Teil 10
10 - Kiana
Nur mit einem Sport BH und Sportleggings rannte ich die Straße hinunter.
Mein Ziel, der Strand.
Ich rannte, als würde man mich verfolgen und es fühlte sich gut an. Nicht, dass es aussah, als würde ich um mein Leben rennen, sondern das Gefühl von all meinen Problemen wegrennen zu können.
Das kurze Atmen, das überanstrengend der Muskeln und Glieder.
Das schnell vorbeiziehen der Häuser, Menschen und Autos.
Ich liebte es.
Ich atmete tief ein und wieder aus und beschleunigte noch einmal. Meine blonden Haare wehten im Wind und hüpften hin und her. Die Musik in meinen Ohren schottete mich von der Außenwelt ab.
Gleich war ich da.
Nur noch über die Straße.
Zu meinem Glück war es grün und ich brauchte nicht anhalten. Ich rannte über die Straße und kurz darauf lief ich im Sand. Erst als ich am Wasser ankam, dass immer wieder mir entgegenkam und sich wieder zurückzog, hielt ich an.
Ich stützte die einen Händen in meine Hüfte und lachte.
Ich fühlte mich befreit. Wenigstens für diesen kurzen Augenblick.
Nachdem wirklich komischen und doch geilen Sex mit Nox, hatte ich die letzten Tage wieder durchgearbeitet. Heute war der erste Tag, an dem meine Chefin im Café darauf bestand, dass ich freinehmen solle. Also entschied ich mich, nicht lange zu Hause zu bleiben, sondern sofort eine Runde joggen zu gehen.
Dass mir dieser verdammte Mann nicht mehr aus dem Kopf ging, kotzte mich an. Sein Geld hatte ich noch. Zu Hause, gut versteckt. Ich traute mich nicht, es auszugeben. Ich würde wohl warten und in ein paar Wochen, wenn die Schulden Eintreiber wieder auftauchen, ihnen den Umschlag übergeben.
Das war das Beste, was ich machen konnte.
Obwohl ein neues Kleid auch ganz schön wäre.
Aber nein.
Ich hatte nur noch 5.000 zu zahlen, dann waren wir schuldenfrei. Ich konnte wirklich stolz auf mich sein. Wenn man bedachte, dass die Schulden vor 3 Jahren noch 25.000 waren.
Ich ließ mich im Sand nieder und nahm meine Musik raus. Dann hörte ich dem Rauschen des Meeres zu.
20.000.... Mit dem Geld hätte ich so viel tun können.
Doch...
Ich hatte die Hoffnung, dass mein Dad, wenn ich die Schulden abbezahlt hatte, wieder normal erden würde.
Ich zog meine Beine an meinen Körper und legte meinen Kopf auf meine Knie ab. Vielleicht wären wir dann wieder eine glückliche Familie.
Ich lächelte und ließ mich wie ein Seestern ausgebreitet in den Sand fallen. Ich schloss die Augen und genoss die Ruhe.
»Hast du überhaupt ein Zuhause, oder habe ich eine Obdachlose in meinem Elite-Club angestellt?«
Ich erkannte diese Stimme und seufzte genervt. »Es war gerade so schön ruhig. Und ich sag dir bestimmt nicht, wo ich wohne. Zudem-«, meinte ich und öffnete nun meine Augen. »-eins steht fest, und zwar, dass du ein Stalker bist.«
Ich blinzelte und sah den Hund an, der mich leise anknurrte, als er mir entgegen starrte. Seine Lefzen hoben sich und er legte die Ohren an. Ich setzte mich auf und sah nun hoch zu dem Mann, der mir schon seit Tagen im Kopf herumgeisterte.
»Netter Dobermann«, meinte ich ruhig. Ich hatte keine Angst vor Hunden. Mein verstorbener Opa hatte damals einen ähnlichen Hund gehabt.
Nox hob eine Braue.
»Hundeexpertin und gut zu ficken?«, sagte er und ließ ich neben mir nieder. »Wenn du jetzt nicht so frech wärst .... Gute Mädchen, die auf dreckigen Sex stehen, sind ein Hauptgewinn.«
»Ich bin keine Hundeexpertin. Mein Opa hatte nur denselben. Aber der mochte mich, im Gegensatz zu dem hier«, antwortete ich und hielt dem Hund vorsichtig meine Hand hin. Meistens beruhigten sie sich, wenn sie an einen schnuppern durften. Mein Blick auf dem hübschen Hund, erwiderte ich: »Tja, dann bin ich wohl kein Hauptgewinn, das tut mir aber leid.«
Der Hund schnupperte, richtete die spitz zulaufenden Ohren auf und ignorierte mich dann. Er tappte zu Nox und stupste ihn mit der Schnauze an. Er bellte und Nox zog einen zerfledderten Ball aus der Lederjacke. Er warf das Teil und sein Hund rannte fröhlich bellend hinterher.
»Don hat eben eine gute Menschenkenntnis«, sagte er und sah aufs Meer. »Und glaub mir, ich weiß, dass du kein Hauptgewinn bist.«
Ein bisschen verletzend waren seine Worte schon, aber ich ließ mir nichts anmerken und sah auch hinaus aufs Meer. »Don? Das ist also Don. Interessanter Name für einen Hund«, sagte ich ruhig und setzte mich im Schneidersitz hin. »Ich bin für niemanden ein Hauptgewinn«, flüsterte ich danach und sah ihn dann wieder an. »Gehst du öfter mit deinem Hund hier spazieren? Ich frag nur, damit ich das nächste Mal so ein Treffen vermeiden kann.«
Er ließ sich zu einem Lächeln herab. »Ich wäre kein guter Stalker, wenn ich dir das sagen würde.« Sein Handy summte und er holte es raus. Mit einem Wischen lehnte er den Anruf ab und die fünf anderen direkt danach auch. »Jeder ist für irgendwen ein Hauptgewinn. Selbst die größte null auf der Welt hat jemanden, der passen würde. Man darf nur nicht so im Selbstmitleid versinken - wie du gerade.« Nox lehnte sich zurück, nachdem er Dons Ball wieder geworfen hatte. Diesmal so weit, dass er Hund ins Meer musste, um ihn zu holen.
Ich musste ebenfalls lächeln und sah dann dem Rüden nach. »Du scheinst wirklich sehr begehrenswert zu sein, wenn dich so viele auf einmal anrufen«, merkte ich an und beobachtete weiter seinen Hund. Mein Lächeln verschwand. »Und ich versinke nicht in Selbstmitleid. Aber ich kenne mein Päckchen, das ich mit mir trage und für viele wäre das wohl ... ist ja auch egal.«
Er schnaubte. »Armes Mädchen. Denkst du, du bist die Einzige mit einem Päckchen? Jeder hat eine Vergangenheit, Gegenwart und eine verdammte Zukunft. Und in jeder dieser Zeitspannen läuft nun Mal was beschissen.« Don kam angerannt und Nox seufzte. Er zog sich die Mütze des Hoodies über, den er unter der Jacke trug, genau dann, als Don vor uns stehen blieb und sich schüttelte.
Dreck und Wasser spritzte und traf ihn, wie auch mich. Nox seufzte wieder und kraulte ihm das Ohr, als Don sich fröhlich neben ihn setzte und die Zunge raushängen ließ.
Nass und dreckig sah ich ihn geschockt an. Ich wischte mir übers Gesicht und sah mir meine Finger an.
»Na ganz toll«, maulte ich seufzend und erhob mich. Ich ging näher ins Wasser und machte zumindest mein Gesicht und meine Haare mit dem Salzwasser sauber. Dabei bückte ich mich so, dass ich wusste, das Nox mir auf den Arsch starrte.
»Du weißt rein gar nichts über mich, also spar dir diese Worte«, erwiderte ich wegen des Themas nur. Dann stellte ich mich wieder aufrecht hin und streckte meine Glieder. Mein blauer Fleck war schon fast verschwunden. Nur noch eine Silhouette war zu erkennen.
»Warum glaubst du, dass ich begehrenswert bin? Ich meine, ja, es stimmt schon, aber mich interessiert, wie du draufkommst?«, fragte er auf einmal.
Ich stemmte meine Hand in die Hüfte und sah zu ihm runter. »Sagte ich doch, weil dich so viele anrufen. Und ... ich habe Augen im Kopf, ich sehe, wie du aussiehst, welche Präsenz du ausstrahlst, wie hei-.« Ich stoppte mich, bevor ich mich verplapperte.
»Mhm«, brummte er, leckte sich die Lippen und sah zu mir hoch. »Wie ich WAS bin?«
Meine Wangen wurden leicht rot und ich wisch seinem Blick aus. »Nichts«, log ich.
Er schüttelte den Kopf und stand ebenfalls auf. Nun reichte ich ihm wieder nur bis zur Brust.
»Du bist eine ziemlich schlechte Lügnerin. Ich würde dir raten, die Finger von Poker zu lassen. Und jetzt, hör auf, deinen Boss abzulenken. Ich hab einen Termin.«
Ich sah zu ihm hoch und verspannte mich. Durch solche Spiele hat mein Vater diese Schulden aufgebaut.
»Ich hasse solche Glücksspiele«, meinte ich nur und nahm mein Handy aus meiner Tasche, die ich um meine Hüfte gebunden hatte. »Dann viel Spaß noch mit deinem süßen Hund und man sieht sich,« verabschiedete ich mich und kramte aus meiner Hüfttasche meine Kopfhörer.
Doch bevor ich verschwinden konnte, griff er wie so oft meinen Arm. »Planänderung. Du kommst mit. Ich schaff es nicht mehr rechtzeitig zurück nach Hause, also musst du auf Don aufpassen, während ich meinen Termin habe.«
»Hä?« Ich wollte eigentlich noch sagen, dass wir uns hoffentlich nicht mehr privat sehen und dann so was?! »Nein!«, protestierte ich nun und schüttelte den Kopf. »Er kennt mich gar nicht, er wird nicht bei mir bleiben und ... und ich bin nicht dein Hundesitter«, versuchte ich mich rauszureden.
Der hatte sie doch nicht mehr alle!
Er sah mich an und nahm Don an die Leine. »Du bist nicht allein mit ihm. Ich bin dabei aber ... verhindert.« Er schnaubte. »Als würde ich dich mit meinem Hund allein lassen. Und jetzt komm. Du bekommst die Stunden bezahlt.«
Überfordert sah ich ihn an. Okay, dann eine andere Ausrede. »Ich kann doch nicht so mitkommen«, meinte ich und zeigte auf meinen Sport BH und das ich bauchfrei war. »Und mir ist kalt, dein Hund hat mich nass gemacht«, fügte ich noch hinzu.
Nox kniff die Augen zusammen. »Wie viele Ausreden willst du mir noch anbieten? Wir wissen beide, dass du mitkommen wirst.«
Ich biss die Zähne zusammen. »Du bezahlst mir die Stunden?«, fragte ich noch mal nach.
Für Geld würde ich es wohl machen.
Geld bedeutete weniger Schulden und näher an meinem Ziel.
Er nickte und lief zum Parkplatz. »Sagte ich doch.«
Am dunkelblauen Audi R8 angekommen, ließ er Don auf die Rückbank springen und setzte sich.
Ich starrte das Auto an. »Wie viele Autos hast du bitte?!«, fragte ich überrascht. Bildete ich mir das ein oder hatte ich ihn jetzt jedes Mal mit einem anderen Auto gesehen?
Während ich mir diese Frage stellte, setzte ich mich ebenfalls hinein und schnallte mich anständig an.
»Ein paar.« Er ließ den Motor aufheulen und fuhr los. Dann schaltete er das Radio an und ließ seine Playlist laufen. Was hieß, dass jetzt ›11 PM von Maluma‹ lief.
Stille kehrte ein, bis auf die Musik. Doch irgendwann kam mir der Gedanke, dass ich ja mal fragen sollte, wohin es ging. Also sah ich ihn wieder an.
»Wohin fahren wir überhaupt?!«
War ich wirklich so blond, bei einem eigentlich immer noch fremden Typen, mit dem ich den geilsten Sex hatte, einfach einzusteigen? Der könnte doch trotzdem jeden Scheiß mit mir anstellen.
Nox grinste. »Schiss?«
»Ja, vielleicht bringst du mich jetzt um und lässt meine Leiche verschwinden. Und dass ich auf deinen Hund aufpassen soll, war nur eine dumme Ausrede«, antwortete ich unsicher.
»Nur fürs Protokoll, würden wir vorher noch vögeln?«, fragte er amüsiert und sah mich kurz an.
Ich schaute ihn mit großen Augen an. Doch das war einfach ein Humor, den ich irgendwie verrückt fand, und doch mochte. Ich konnte also nicht anders als anfangen zu lachen.
»Also wenn ich schon sterben muss, dann bitte, nachdem ich noch einmal mit dir vögeln durfte.« Ich lächelte ihn an.
»Durfte?« Sein Grinsen wurde breiter. »Du darfst viele Sachen mit mir machen, wenn du nur nett fragst.« Don bellte und streckte den Kopf zwischen uns. Nox schüttelte seinen und sagte: »Ich fahre Straßenrennen. Daher das Interesse an schnellen Autos.«
Meine Wangen wurden rot bei der Vorstellung, wie ich ihn wieder reiten würde. Und das.... Oh Gott, der Spiegel. Es war wirklich heiß uns so zu sehen.
Aber er war mein Boss.
Gut zwei Mal hatten wir es schon getan und zwei Mal war es so gesehen ein Fehler.
Aber er war Sex pur.
Meine Augen musterten seinen Körper und blieben an seinem Schritt hängen.
»Straßenrennen?«, fragte ich und mein Blick wanderte wieder hoch zu seinem Gesicht.
»Ja. Und bevor du fragst«, erklärte er und bog ab. »Die sind illegal.«
Ich blinzelte mehrfach.
»Was?! Okay und wieso macht man so was? Ist das nicht gefährlich?«, fragte ich und hatte einen unschuldigen Blick drauf. Wie ein Mädchen, das mit einer ganz neuen Welt in Kontakt trat.
Nox schwieg einen Moment und erst, als er parkte, antwortete er. »Ja, es kann gefährlich werden. Je nachdem gegen wen man antritt. Aber«, er grinste. »Ich fahre verdammt gut Auto. Und dafür das es illegal ist, kann ich nichts.«
Ich nickte verstehend. Dachte darüber nach.
Gegen wen man antrat?
Okay. Also ich halt ja nicht viel von so illegalem Scheiß, aber ...
Ich sah Nox wieder an.
Wieso macht ihn genau so etwas nur zu einer noch größeren Versuchung?
Als er mit seinem Kopf in eine Richtung nickte, drehte ich meinen eigenen und sah den Laden, auf dem in dicken Neon ''HIAKO Inkl. Tattoo Studio'' stand.
»Wir sind da.«
»Ein Tattoo Studio?«, mein Blick wieder zu ihm. »Ich verstehe nicht? Wieso muss ich da auf deinen Hund aufpassen? Der scheint mir gut erzogen zu sein und wird dir bestimmt nicht wegrennen, wenn du ihn damit rein nimmst.«
»Kennst du ihn gut genug, dass du deine Hand dafür ins Feuer legen würdest?«, fragte er und streichelte Don, dessen Kopf noch immer zwischen uns stand.
Ich presste meine Lippen zusammen und sah den Hund an. Ich wollte ihn auch streicheln. Aber.... Nein, er würde es vermutlich nicht wollen. Ich war eine fremde für ihn.
»Na gut, ich werde mich gut um ihn kümmern.«
»Das rate ich dir, denn wenn er nur einmal Winseln sollte, muss ich mir was für dich einfallen lassen.« Nox stieg aus, holte den Hund raus und lief ins Studio.
Wie immer, ohne auf mich zu warten.
Ich sah ihm mit offenem Mund nach, bevor ich mich schnell abschnallte, und Ausstieg. Ich lief mit schnellen Schritten hinterher. Was meinte er damit, ›sich etwas für mich einfallen lassen müssen‹?
Doch statt zu fragen, betrat ich mit beiden den Laden und würde einfach hoffen, dass Don mich akzeptierte und die Bezahlung gut war.
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