96. Massi - Unerwarteter Besuch
~P.o.V. Marius~
Auf der Fensterbank sitzend, einen heißen Kakao in der Hand haltend und den bedrohlich dunklen Wolken draußen zusehend, wie sie die grellen Blitze Richtung Erde jagten.
In der Wohnung hin und her laufend, rauf und runter, wie auf einer unsichtbaren geraden Linie, in Gedanken vertieft und gleichzeitig dem lauten, aber entspannenden Geräusch des Regenwassers lauschend, welches durch den starken Wind gegen mein Fenster getrieben wurde.
Das waren zwei meiner Abendbeschäftigungen, wenn mein Freund nicht Zuhause war. Wenn er sich mit seinen besten Freunden traf und mich alleine Zuhause zurückließ. Oder mal wegen der Arbeit für ein paar Tage nicht bei mir sein konnte.
Aber was hatte ich auch anderes erwartet?
Dass er bei mir blieb, wo ich noch gesagt hatte, dass ich gerne mitging und wir mal die Freizeit genossen, ich jedoch dann kurzzeitig noch abgesagt hatte, da ich keine Lust auf Alkohol und das alles hatte?
Oder dass er mir wenigstens schrieb und wir abends mal für eine Stunde facetimeten, wenn er mal wegen seiner Arbeit nicht in der Heimat war?
Es tat weh. Er bemerkte es nicht einmal. Und dennoch hatte ich das Gefühl, dass ich starb, wenn er in meiner Nähe war.
Mein Körper hatte seine eigenen Reaktionen, wenn ich auf Passi traf. Hatte er schon früher, als wir uns kennengelernt hatten. Totales Klischee, aber ich liebte es und ich lebte dafür.
Nur heute war wieder einer dieser Tage, an denen ich bei mir im Schlafzimmer auf der Fensterbank saß, mit einem Kakao in der Hand und dem Gewitter draußen meine halbe Aufmerksamkeit schenkte. Die andere Hälfte war grade auf meine lauten Gedanken fixiert.
In den Tagen, wo er wegen seiner Arbeit unterwegs war, hatte ich vollstes Verständnis dafür, dass er mir nicht immer schrieb. Aber mittlerweile wurde nur noch das nötigste geschrieben, sonst war es komplett ruhig.
Und ich wusste nicht was los war. Hatte ich etwas falsch gemacht? Hatte ich ihn mit irgendeiner Tat oder Sache gekränkt und hatte es nicht gemerkt? Oder hatte er wirklich einfach so wenig Zeit, dass er mir nicht einmal mehr ein einfaches "Guten morgen" oder ein "Gute Nacht" schickte?
Warum fragte er momentan nie wie es mir ging? Dann konnte ich ihm sagen, wie sehr ich ihn vermisste und wie sehr ich darunter litt, dass wir kaum Kontakt hatten.
Es waren grade mal zehn Tage ohne ihn, die ich aushalten musste. Wäre soweit auch kein Problem gewesen, wenn er mir schreiben oder auf meine Nachrichten antworten würde. Heute, am siebten Tag, eine Woche nachdem er mit seinen Kollegen für eine Fortbildung weggefahren war, hatte ich es mittlerweile aufgegeben, ihm zu schreiben, wissen zu wollen, wie es ihm ginge, was er grade so machte oder ob er Zeit zum Telefonieren hatte.
Er hatte mir die letzten sechs Tage nicht geantwortet.
Gelesen jedoch nie geantwortet.
Quasi ein kompletter Kontaktabbruch und ich gab mir immer und immer wieder die Schuld dafür.
Vielleicht hatte er ja was mit einem seiner Kollegen angefangen und wollte es mir nur nicht über WhatsApp sagen...
Vielleicht hatte er auch einfach keinen Bock mehr auf mich und ignorierte mich deswegen...
Grade als ich weiter denken wollte, holte mich ein heller Blitz, welcher für ein paar wenige Millisekunden mein gesamtes Zimmer erhellte, und der darauffolgende Donner aus meinen Gedanken. Leicht zuckte ich zusammen, verschüttete ein paar Tropfen meines heißen Getränkes und verfluchte mich selbst, für meine Ungeschicktheit.
Die Sonne, welche mir den Tag über noch Hoffnung geschenkt hatte, war mittlerweile gewichen und ließ nur noch Dunkelheit zurück.
Ein Griff nach meinem Handy und ein Blick auf mein Display, verriet mir, dass wir es mittlerweile nach 22 Uhr hatten. Und ich hatte noch immer keine Nachricht von ihm bekommen.
Seufztend öffnete ich WhatsApp, tippte auf unseren Chat und tippte kurzerhand, aus der angestauten und verdrängten Verzweiflung herraus, seinen Namen mit einem Fragezeichen ein. Ein weiterer Klick und sie war abgeschickt.
Die zwei grauen Haken, verrieten mir, dass sie auch schon angekommen war und die keine Minute später folgenden blauen Haken, dass er es auch schon gelesen hatte.
Mein Blick lag konstant auf seinem Namen, seinem Profilbild und dem online, welches unter seinem Namen stand. Es wechselte nicht zu schreibt...
Enttäuschung machte sich breit, die lang unterdrückten Tränen schossen mir in die Augen, weswegen ich schnell mein Handy ausschaltete, es auf's Bett warf und von der Fensterbank aufstand, um in die Küche zu gehen.
Als ich grade in den kleinen schmalen Flur bog, reagierte ich nicht schnell genug und lief in jemanden hinein.
Vor Schreck ließ ich fast meine Tasse fallen, ging instinktiv ein paar Schritte rückwärts und blinzelte meinem Gegenüber verwirrt entgegen.
"Passi? W-Was machst du denn hier?"
"Hast du geweint?", fragte er, als er mich gemustert hatte und ging gar nicht erst auf meine vorherige Frage ein. Schnell schüttelte ich den Kopf, lief an ihm vorbei in die Küche, während ich mir mit meinem T-shirt über die Augen wischte.
Meine leere Tasse in das Waschbecken stellend, atmete ich tief durch und drehte mich zum Älteren.
"Was machst du hier, Passi? Ich dachte du kommst erst Mittwoch wieder? Wir haben Sonntag.", fragte ich leise und lehnte mich an die Küchenzeile.
"Ich musste dich sehen."
Bitter lachte ich auf. "Ah ja... und facetimen ist dir in diesen sieben Tagen nicht in den Sinn gekommen?"
"Doch schon, aber..." "Oder mal zu telefonieren, oder dass du nur auch ein einziges Mal auf meine verkackten Nachrichten reagieren hättest können?!", rief ich etwas lauter. "Marius, ich ha-" "Nein! Ich hab mir die schlimmsten Szenarien ausgemalt und jetzt stehst du auf einmal vor mir, um halb elf nachts und willst mir erklären, dass du keine einzige Minute Zeit hattest, mir zu schreiben? Du hast verdammt noch mal Zeit von Berlin wieder zu mir zu fahren und hast es trotzdem nicht ein einziges Mal geschafft mir auf meine Nachrichten zu antworten?!"
"Ich versuche es dir doch grade zu erklären. Bitte hör mir eine Minute zu."
Da ich trotz meiner aktuellen Laune daran interessiert war, weswegen er auf einmal vor mir stand, hielt ich meinen Mund und ließ ihn sprechen.
"Als erstes, ich weiß, dass ich scheiße gebaut habe und ich dir hätte antworten sollen, aber das alles gehörte zu einem Plan."
Mein verwirrter Blick war wohl nicht zu übersehen, denn er begann zu grinsen.
"Sieh mal, ich habe das alles aus einem ganz bestimmten Grund gemacht. Das alles mit der Fortbildung war einfach nur als Deckung. Meine Kollegen wussten alle bescheid und dass ich dir die Woche über nicht geantwortet habe, gehörte auch zu dem Plan.", erklärte er und kam auf mich zu gelaufen. Er nahm meine Hände in seine und sah mir tief in die Augen.
"Ich habe mit meinen Kollegen etwas vorbereitet, aber wir haben die Zeit unterschätzt. Es war eigentlich geplant schon früher nach Hause zu kommen, aber jetzt hat es eine Woche gedauert. Wir waren auch nicht in Berlin. Wir waren die ganze Zeit über hier. Das einzige Problem ist jetzt nur, dass es zu spät ist um dir deine eigentlich geplante Überraschung zu geben.", lachte er unsicher.
"Kannst du mir denn wenigstens sagen, was es ist?", fragte ich leise und sah in seinem Gesicht, dass er mit sich haderte.
"Gut, ich muss jetzt nur improvisieren und erwarte nicht zu viel."
Er löste seine Hände von meinen, ging einen Schritt zurück und ging vor mir auf die Knie.
Ungläubig blitzelte ich, unterdrückte die wieder aufkeimenden Tränen, als mir klar wurde, was das hier wurde.
"Eigentlich hatte ich mit den anderen viel mehr geplant, damit das hier nie in Vergessenheit geriet, aber naja ist jetzt 'n bisschen blöd gelaufen.", lächelte er unsicher und kratzte sich am Hinterkopf.
"Marius... ich hoffe doch, dass du mich trotz meines Arschloch-Verhaltens, in den vergangen Tagen, noch liebst und mich zu deinem Mann haben willst, denn das alles habe ich nur gemacht, um dir eine einzige Frage zu stellen..."
Ich presste meine Lippen aufeinander, spürte wie die ersten Tränen meine Wangen hinab liefen und beobachtete den Älteren dabei wie er etwas aus seiner Hosentasche zog. Eine kleine Schatulle, wie ich keine Sekunde später feststellen durfte.
"Willst du mich heiraten?", fragte er schließlich und hielt mir die geöffnete Schatulle entgegen. In ihr lag ein dunkelblaues Samtkissen mit einem silbernen Ring in der Mitte. Auf ihm drauf kronte ein kleiner Diamant. Alles in allem war er wunderschön.
Tief im inneren wurde mir grade klar, dass ich ihm schon verziehen hatte, als ich eben in ihn reingelaufen war.
Ich nickte also schließlich und fiel ihm schluchzend in die Arme.
"Ich liebe dich, Passi.", hauchte ich.
Er stand schnell auf, steckte mir den Ring an und verband gleich darauf auch schon unsere Lippen miteinander. Und ich hatte dieses Gefühl vermisst, wie kein anderes.
"Ich liebe dich auch.", flüsterte er gegen meine Lippen, "Und glaub mir ich wollte wirklich nicht, dass du weinst, mein Schatz.", hauchte er und legte seine Lippen erneut auf meine.
-
Erst depri OS und dann voll der Fluff OS xD
Und Late night, um genau 00:00 Uhr!
Meinung -> Kommentare!
Bye!
-Michelle
❤
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