Kapitel 35, Die Rehabilitationsklinik, Seoul, Gangnam-gu, 30.08.2020

Kapitel 35

Die Rehabilitationsklinik, Seoul, Gangnam-gu, 30.08.2020

Hallo meine Lieben,

ich habe es heute doch noch geschafft für euch das neue Kapitel vorzubereiten. Es ist das vorletzte für den ersten Teil. Vielleicht ist euch aufgefallen, dass ich den Titel etwas angepasst habe. Was denkt ihr? Passt dieser? Ansonsten wünsche ich euch viel Spaß mit diesem Teil der Geschichte. Ein Fortschritt würde ich sagen und hoffentlich etwas, was uns allen Hoffnung schenkt. Ich würde mich über Feedback und Sternchen freuen.

*Kekse und Taschentücher bereitstell*

Lg Nick [Hobi]

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Kim Taehyung:

Taehyung hatte all seine Kraft einzig und allein auf Jimin gerichtet. Er wollte ihn beschützen, für ihn da sein und ihm den nötigen Halt geben, den er so dringend brauchte. Dass er dabei schon glatt, wie eine Helikopter-Mutti über ihm hing, war ihm nicht aufgefallen, weil nur Jimin für ihn wichtig war. Zumindest zurzeit und da er eher weniger Kritik einkassiert hatte, hatte er keinen Anlass sein Verhalten zu ändern.

Nach der sehr intensiven Besprechung mit ihrem CEO, ihrem Managerteam und dem Produktionsteam, hatten sie jetzt einen guten Plan, wie es weitergehen sollte. Im Fokus stand natürlich ihr aller Wohlbefinden und ihre Wünsche. So auch das V-live an Jungkooks Geburtstag, welcher schon übermorgen sein würde. Taehyung hatte die Hoffnung gehabt, dass er sogar genau dann aufwachen würde, aber die Ärzte hatten ihm da einen ordentlichen Dämpfer verpasst. So einfach war das Ganze mit dem Wachkoma eben nicht und sie hatten ihm sehr ausführlich erklärt, dass es bestimmte Phasen gab, die Jungkook erst einmal durchstehen musste. Es gab sieben - eine magische Zahl, wie Taehyung fand, und die ihnen alle Hoffnung gab - Phasen, die ein Wachkoma meistens begleiteten, und Jungkook war gerade mal in der zweiten. Das hieß, dass ein langer Weg vor ihm lag. Die Ärzte hatten aber auch erklärt, dass es unterschiedlich war, wie lange die einzelnen Phasen andauerten und dass es möglich war, dass welche übersprungen werden könnten. Aber - und das war wohl das Wichtigste. Die Werte sahen gut aus und einem Aufwachen sollte nichts mehr im Weg stehen, weswegen sich das Team und Jungkooks Eltern dazu entschieden hatten ihn in eine Rehabilitationsklinik zu übergeben, wo alles dafür vorbereitet wurde, dass er wieder aufwachte.

Und genau dafür hatten sich Jimin und er auf den Weg gemacht und waren zu ihrer Wohnung gefahren, wo sie persönliche Gegenstände von Jungkook und Jimin einpacken würden, um Jungkooks neues Zimmer so heimisch wie nur möglich zu gestalten. Taehyung hatte bereits auf der Fahrt bemerkt, wie nervös Jimin war und hatte nach seiner Hand gegriffen, die er seitdem nicht mehr losgelassen hatte. Als sie dann vor seiner Wohnungstür standen, war die Anspannung so groß, dass er sie greifen konnte.

"Hey, Chim ... Alles ist gut. Wir holen nur ein paar Sachen und dann verschwinden wir sofort wieder. Ich bin bei dir", munterte Taehyung ihn auf und nickte ihm zu, ehe er den Code in das Türschloss eingab und die Tür sich mit einem Klacken öffnete. Taehyung betrat als Erstes die Wohnung, dicht gefolgt von Jimin. Sie zogen sich die Schuhe aus und schlossen die Tür hinter sich, ehe sie in den geräumigen Raum hinein gingen. Es roch etwas muffelig, da schon länger niemand mehr hier gewesen war.

"Erst ins Schlafzimmer?", fragte er an seinen besten Freund gerichtet und ließ anschließend seinen Blick durch den hellerleuchteten Raum gleiten.

Park Jimin:

Je näher sie der Wohnung kamen, desto beklemmender wurde das Gefühl in Jimins Brust. Diese vier Wände, die vor wenigen Monaten das größte Glück für sie gewesen war. Der Ort, an dem Jungkook und er sie selbst hatten sein können, ihre Liebe offen und ohne Bedenken einander hatten zeigen können, war jetzt ein zerbrochener Spiegel, dessen Scherben sich mit jedem Schritt tiefer in sein Fleisch schnitten.

Er hatte Taehyungs Hand nicht losgelassen, spürte seinen eigenen kalten Schweiß in der Handfläche des Anderen und wie jeder Schritt ihm schwerer fiel. Geredet hatte er die gesamte Autofahrt über nicht. Es behagte ihm nicht, in diese Wohnung zurückzukehren. Das letzte Mal lag noch frisch in seiner Erinnerung und obwohl die Scherben nicht mehr da sein würden, so würde er sie immer sehen. Jungkooks letzte Handlung, die er wahrgenommen hatte. Das letzte Geräusch der schlagenden Tür in seinen Ohren.

Es war Taehyungs Stimme, die ihn aus seinen düsteren Gedanken riss und Jimin erst darauf aufmerksam gemacht hatte, dass er mitten auf dem Flur stehen geblieben war. Der Blick seines besten Freundes, sowie der, der beiden Bodyguards lag auf ihm und doch sah er nur diese Tür. Er schluckte hart, griff fester nach Taehyungs Hand und nickte schwach. Sie mussten es hinter sich bringen. Nein, er musste es hinter sich bringen. Es war für einen guten Zweck. Es war für Jungkook.

Das Piepen der Tasten, als Taehyung den Code eintippte, hörte sich für ihn an wie Pistolenschüsse und mit jedem weiteren Ton begann er kleiner und kleiner zu werden.

Halte durch!, sprach er sich selbst Mut zu. Und dann kam das lange Piepen und die Tür öffnete sich und ehe Jimin es sich versah, war Taehyung über die Schwelle getreten. Jimin musste ihm folgen, denn er fürchtete sich mehr davor, Taehyung loszulassen, als sie zu betreten. Die Angst von einer Welle hinfortgespült zu werden, zurück in das tiefe Loch, an dessen Rand er mühselig entlangbalancierte, war immens und so klammerte er sich an diesen Halt.

Und dann fiel die Tür ins Schloss und er war wieder da. Zurück in ihrem einst so liebevoll eingerichteten Zuhause. Der Ort, der ihr Liebesnest geworden war. Der Ort, an dem sie sich nicht hatten verstecken müssen. Der Ort, der wie sie selbst immer mehr zerbrochen war. Jimin bemerkte nicht, wie eine Träne langsam über seine Wange rollte und er wie automatisch auf den Fleck starrte, an dem beim letzten Mal die Scherben gelegen hatten. Es schmerzte ... es schmerzte unglaublich. Genauso wie es unerträglich war, die abgestandene Luft einzuatmen und die Staubschichten auf den Oberflächen zu sehen. Die Wohnung wirkte verlassen und kalt, jeder Wärme beraubt und eine Gänsehaut breitete sich aus. Er kniff die Augen zusammen, griff noch einmal fester nach Taehyungs Hand.

„Geh ... du. Such ein paar Sachen für ihn heraus. Ich ... kümmere mich um die Fotos", murmelte er schließlich und löste dann den Halt, den Taehyung ihm bisher gegeben hatte. Er musste sich konzentrieren. Es war für Jungkook. Schöne Erinnerungen sollten es sein ... Dinge, die ihm guttaten und helfen würden. Sie hatten eine Liste erstellt und die Therapeutin, die Jimin inzwischen zweimal in der Woche besuchte, hatte eindringlich dazu geraten, dass er sich penibel an diese Liste hielt. Keine Ablenkung. Und er war gewillt, sich daranzuhalten. So blieb er in ihrem Wohnraum, während Taehyung sich dem Schlafzimmer widmete.

Versucht allen Einflüssen aus dem Weg zu gehen, steuerte Jimin direkt den Schrank an, indem er die Fotoalben aufbewahrte und als er die Tür öffnete, schluckte er, weil er vergessen hatte, wie viele es waren. Es war etwas, was er von seiner Mutter hatte. Anstatt wie so viele andere Menschen seine Fotos digital aufzubewahren, liebte er es, sie auszudrucken und in ein Album einzukleben. Es hatte einfach so viel mehr, sich diese Alben anzusehen, statt nur durch die Bilder durchzuklicken. Es machte sie realer, lebendiger. Er schluckte und spürte erneut, wie stark seine Finger zitterten, als er ein Album mit dem Titel „Memories of 2015" herauszog. Es wog schwer in seiner Hand und doch sah er auf den Einband. Wann hatte er sich zuletzt die Zeit genommen und sich die Alben angesehen? Er wusste es nicht einmal mehr.

Langsam sank er auf den Boden und bettete das Album in seinem Schoß, schlug es auf und sah sich direkt mit einer kleinen Fotostrecke konfrontiert. Sie zeigte sie alle sieben beim Videodreh von Run. Fünf Jahre ... Jimin schluckte, strich zärtlich über Jungkooks junges Gesicht und nach einem kurzen Zögern, löste er die Fotostrecke aus dem Album und legte sie auf Seite.

Er wusste, dass ihn hier eine Achterbahnfahrt erwarten würde, und doch wollte er sich ihr stellen und so begann er die Alben nach bedeutenden Momenten in Jungkooks Leben zu durchsuchen. Welche, an die er sich immer mit einem Lächeln erinnert hatte und je tiefer Jimin in die Fotos eintauchte, desto leichter wurde sein Herz, und schon bald begann sich ein kleines Lächeln auf seinen Lippen abzuzeichnen.

Kim Taehyung:

Taehyung wusste nicht, ob es ein gutes Zeichen war, dass sich Jimin von ihm löste, oder ein schlechtes. Jedenfalls nickte er auf seine Bitte hin, sah ihm einen Moment nach und ging dann ins Schlafzimmer. Dort nahm er Jungkooks Tasche und packte seine Lieblingsklamotten ein. Sein Kissen, seine Decke und die Bilder, welche auf seinem Nachttisch standen. Seine Familie und sie. Er griff nach der Kette mit dem Ring, die er in einem Kästchen aufbewahrte. Jungkook hatte ihn immer seltener getragen in letzter Zeit und dann gar nicht mehr. Auch Jimin hatte größtenteils auf den Ring verzichtet. Die Angst war zu groß gewesen und die Theorien der Fans zu viel geworden. Sie waren sogar darauf angesprochen worden. Es war grausam gewesen. Taehyung hatte gehofft, dass es nur ein böser Traum gewesen war, als das Management den beiden die Pistole auf die Brust gesetzt hatte. Und natürlich hatten sie sich für das Team entschieden.

Fest presste Taehyung seine Lippen aufeinander und schob die Schatulle in die Tasche. Bang-nim hatte sich entschuldigt, doch leider zu spät. Jetzt war der Schaden angerichtet und keiner von ihnen wusste, wie es weitergehen würde.

Leise seufzte er, packte noch die zwei Pyjamas ein, die Jungkook so gerne trug und ging ins Bad, wo er seine ganzen Cremes in seinen Kulturbeutel einsortierte und diesen mit in der Tasche verstaute. Auch seinen Bademantel. Er würde ihn sicher brauchen, wenn er endlich aufwachte. Danach ging er ins Wohnzimmer, wo er die Tragetasche neben der Couch abstellte und sich zu Jimin setzte.

"Wo ist eigentlich seine Kamera? Und nehmen wir seine Gitarre mit?", fragte er und linste zu den Bildern, die Jimin bereits herausgesucht hatte. So viele Erinnerungen ... keine könnte er davon vergessen, nur hoffte er, dass sie in Zukunft weitere sammeln konnten.

Park Jimin:

Jimin hatte bei der Betrachtung der Bilder zunehmend seine ganze Umwelt vergessen und war in die Erinnerungen ihrer Vergangenheit eingetaucht. Es war mehr ein mechanischer Reflex, als eine wirklich bewusste Entscheidung, als er hin und wieder eines der Bilder aus dem Album löste und neben sich auf den Boden legte. Zeit spielte keine Rolle und er war so versunken, dass er nicht einmal Taehyung bemerkte, der irgendwann mit einer Tasche aus dem Schlafzimmer kam und sich hinter ihm auf die Couch setzte. Selbst seine Stimme entlockte Jimin nur ein abwesendes „Hm", während er das Album von 2018 durchsah. Sein Blick klebte auf den Bildern, die während des Drehs von Jungkooks Euphoria MV entstanden waren. Besonders auf dem einen, auf welchem er so breit in die Kamera lächelte, dass sein Gesicht beinahe durch seine strahlend weißen Zähne verschwand. Ein Foto, auf welchem auch er selbst zu sehen war, doch anders als Jungkook war er vollkommen müde, denn es war verdammt früh gewesen, als die Szene gedreht worden war. Aber Jimin achtete nicht auf seine Erscheinung, sondern war vollkommen gefangen von Jungkook Lächeln und der Fröhlichkeit in seinen Augen. Wie jung er da aussah, nein, wie jung er da gewesen war.

Taehyung musste seine Fragen wiederholen, ehe er es schaffte, Jimin aus seinen Gedanken zu reißen, sodass er verwirrt aufsah.

„W...was? Gitarre? Ja sicher ... können wir." Er brauchte eindeutig, bis er sich in das Hier und Jetzt zurückverfrachtete und ihm war anzusehen, dass er lieber in der Welt der Erinnerungen geblieben wäre. Auf einmal war wieder alles grau und die Gewissheit, wieso er gerade die Fotos durchsah, ließ das Lächeln auf seinen Zügen verblassen. Er zupfte das Foto aus dem Album und schloss es wieder, räumte es weg und sammelte dann Bilder zusammen, die er ausgesucht hatte, um sich Taehyung vollkommen zuzuwenden.

„Seine Kamera hab ich. Und ich würde sie gerne behalten. Er ..." Er stockte, denn gerade erst fiel ihm auf, dass er Taehyung nicht einmal etwas von der Botschaft gesagt hatte, die Jungkook auf der Kamera hinterlassen hatte. Er hatte noch keinem davon berichtet, denn es war nur für ihn bestimmt gewesen. Und doch ... fühlte er jetzt den Drang es zumindest seinem besten Freund zu erzählen. So legte er die Bilder auf den Tisch und ließ sich mit einem Seufzen neben Taehyung sinken und lehnte sich an ihn.

„Jungkook hat eine Botschaft auf der Kamera hinterlassen. In der Nacht, als wir uns so heftig gestritten haben und ich bei Taemin gewesen bin. Vor dem Unfall ... er ..." Er schluckte erneut. „Er hat für mich gesungen ... gesagt, dass er mich liebt und sich gewünscht, dass ... es wieder so sein würde wie vorher." Seine Stimme brach und er drückte sich an Taehyungs Hals, um die aufkommenden Tränen direkt zu ersticken. Denn es war verdammt schwer, daran zurückzudenken.

„Wäre ich doch einfach zuhause geblieben ... hätte ich mich niemals so betrunken ... verdammt ... es war eine blöde Bluse! Wir haben uns wegen einer blöden Bluse gestritten, bis die Teller flogen ... Scheiße, Tae ..." Er schluchzte nun doch härter auf und schlang seine Arme um Taehyungs Oberkörper, obwohl er sich wünschte, dass es Jungkooks wäre.

Kim Taehyung:

Jimin schien in seiner eigenen Welt zu sein, denn er bekam seine Worte nicht mit. Na ja. So halb scheinbar schon. Er registrierte zumindest, dass er nicht mehr allein war. Eine Antwort bekam er trotzdem nicht. Taehyung seufzte und lehnte sich etwas zu seinem besten Freund, um genauer sehen zu können, was er sich da ansah. Auch in ihm löste das Foto eine Menge Erinnerungen aus. 2018 war eine aufregende, aber auch anstrengende Zeit gewesen. Jedoch verdrängte Taehyung den Gedanken daran, da er nicht wie Jimin sich in seinen Erinnerungen verlieren wollte. Stattdessen wiederholte er seine Frage und stupste Jimin sanft an. Endlich war er zu ihm durchgedrungen, denn er sah ihn an. Reichlich verwirrt und er brauchte noch etwas, bis er gänzlich wieder zurück war, aber immerhin gab er ihm schon einmal eine Antwort auf seine Frage zu Jungkooks Gitarre. Vielleicht sollten sie alle auf ihr ein paar Worte hinterlassen?

Er verwarf den Gedanken vorerst und sah Jimin überrascht an, als dieser meinte, dass er die Kamera hatte und sie gerne behalten wollte. Gekonnt wanderte eine seiner Augenbrauen nach oben, während er Jimin aufmerksam musterte. Irgendetwas schien er da eindeutig nicht mitbekommen zu haben. Jimin jedoch schwieg, nahm die Fotos und legte sie auf dem Tisch ab, ehe er zu ihm auf die Couch kam und sich an ihn lehnte. Sofort schlang er seinen Arm um ihn und lauschte seiner Erklärung. Mit jedem weiteren Worte schnürte sich seine Kehle zu, denn er bemerkte schnell, dass die Vorwürfe zurückkamen, und sein bester Freund drohte wieder abzurutschen. Sofort legte er beide Arme um ihn, zog ihn fest an sich und versuchte ihm den Halt zu geben, den er brauchte.

"Sht ... es wird alles wieder gut, Chim. Jungkook wird aufwachen und dann ... ihr könnt eure Beziehung neu aufbauen. Er liebt dich über alles ... das hat er gesagt ... in dem Video und du auch ... du musst nur fest genug daran glauben, dass er ... er wird zu uns zurückkommen", sprach Taehyung auf Jimin ein und versuchte, dabei seine Worte so fest und aufbauend wie möglich klingen zu lassen. Es verlangte ihnen allen unglaublich viel ab, daran zu glauben. An Jungkooks Willen und die Ärzte. Die Klinik, die darauf spezialisiert war, Komapatienten zurückzuholen. Und an ihr Label, welches alle Hebel in Bewegung setzen würde, um sie wieder zu vereinen. Sie glücklich zu machen. Das hatte schon immer im Vordergrund gestanden, auch wenn sie genauso eine Angst vor Veränderung hatten, vor allem wenn es um eine gleichgeschlechtliche Beziehung innerhalb einer Band ging.

"Lass uns gehen, hm? Wir haben alles, oder?", schlug er nach einigen Minuten vor und hoffte, dass Jimin dem zustimmen würde. Sie würden zu der Klinik fahren und Jungkooks Zimmer einrichten. Alles für seinen Geburtstag vorbereiten. Dieser Gedanke bereitete ihm große Kopfschmerzen, denn er wusste nicht, ob Jimin dieses Live durchstehen würde.

Park Jimin:

Die gute Stimmung, die ihm die Erinnerungen soeben gebracht hatten, war dahin, als er nun so eng an Taehyung lehnte und bitterlich weinte, weil all die Vorwürfe zurückkehrten, nachdem er ihm von Jungkooks Botschaft erzählt hatte. Es tat einfach weh. Eine einzige überstürzte Handlung hatte all das Unglück verursacht, welches über sie hereingebrochen war. Er hätte nur zuhause bleiben müssen, dann wäre nichts von allem passiert. Aber es war wie oft die reine Tatsache, dass sie nicht wie in ihrem Band Universum die Zeit zurückdrehen konnten, um das Unglück zu verhindern. Wie oft hatten sie darüber gescherzt und gerade Jin mit seiner Rolle als Zeitreisenden aufgezogen. Jetzt wünschte sich Jimin, dass es wahr war.

Taehyung Arme schlossen sich fester um ihn und drückten ihn noch mehr an die Brust seines Freundes. Jimin wusste, dass er jetzt nicht zusammenbrechen durfte. Er hatte zu viel geschafft und Jungkook hatte erste Reaktionen gezeigt. Er würde nun eine ganz spezielle Behandlung bekommen von Menschen, die sich mit Koma-Patienten auskannten. Es würde besser werden und irgendwann würde er aufwachen. So stürzte er sich auf die Worte seines besten Freundes, der sich alle Mühe gab, ihn vor einem erneuten Absturz zu bewahren. Seine Stimme war eindringlich und fest, genauso wie seine Arme, die ihm zusätzlichen Halt gaben.

Jimin nahm ein paar zittrige und rhythmische Atemzüge, so wie seine Therapeutin es ihm gezeigt hatte. Trotzdem dauerte es ein paar Minuten, bis er aufhörte zu weinen und noch länger, bis er sich aus den Armen des anderen löste und fahrig über seine Augen wischte.

„Du ... du hast recht. Er ... er wird zurückkommen und dann ... können wir neu starten. Egal ... wie lange es dauert", sprach er ihm nach und zugleich zu sich selbst. Dennoch blieb der Ausdruck in seinen Augen stumpf und düster und er vermied es, sich umzusehen. Diese Wohnung tat ihm nicht mehr gut. Es steckten zu viele Erinnerungen in ihr. Gute, aber vor allem Schlechte. Vielleicht war es besser, sie zu verkaufen, sobald er den Kopf dafür hatte. Jetzt nickte er nur.

„Ja ... lass uns gehen. Ich muss hier raus." Und so geschah es dann. Taehyung holte noch Jungkooks Gitarre, die Jimin zusammen mit der kleineren Tasche übernahm, während sich Taehyung dem Koffer widmete, und es war wie beim letzten Mal. Etwas der Schwere fiel von ihm ab, als sie die Tür schlossen, und das Atmen wurde wieder leichter.

Verhüllt und begleitet von den beiden Security Guards, die außerhalb der Wohnung gewartet hatten, fuhren sie in die Tiefgarage, ließen die Taschen im Auto verstauen und kaum saßen sie, schmiegte sich Jimin wieder an seinen besten Freund. Sie schwiegen auf der Fahrt zu der Klinik, die etwas außerhalb lag und Jimin lauschte Taehyungs Herzschlag. Er war nervös, denn er selbst war noch nicht da gewesen. Namjoon, Sejin und Jungkooks Vater hatten die Klinik im Vorfeld besucht und sich alles zeigen lassen und die nötigen Papiere unterzeichnet, die es für die Verlegung gebraucht hatte.

Taehyung und ihm wurde es überlassen, das Zimmer nach ihren und Jungkooks Vorstellungen einzurichten. Als sie dort ankamen, wurden sie freundlich von einem Arzt und der Klinikleiterin begrüßt. Jimin hielt sich im Hintergrund und überließ Taehyung das Reden, nahm nicht einmal die Sonnenbrille ab, die seine roten Augen verbarg und klammerte sich an die Tasche, die er geschultert hatte.

Die Klinikleitung brachte sie in das reservierte Zimmer, was selbst hier in einem abgeschotteten Bereich lag, der nur mit einem Code betreten werden konnte. Es galten dieselben Sicherheitsvorkehrungen und Verschwiegenheitsklauseln, wie in dem anderen Krankenhaus, vielleicht sogar noch mehr. Das Zimmer selbst war größer, als Jimin es sich vorgestellt hatte und in einem hellen Gelb gestrichen. Es roch noch nach den Reinigungsmitteln der erst vor ein paar Stunden abgeschlossenen Grundreinigung. Neben dem Bett war reichlich Platz für die Apparaturen, die Jungkooks Zustand weiterhin überwachen würden und es gab eine gemütliche Sitzecke, einen richtigen Schrank und ein eigenes WC mit Dusche. Sogar ein zweites Bett war vorhanden, denn hier könnte Jimin oder einer der anderen, mit vorheriger Absprache, eine Nacht verbringen. Es gab keine starren Besuchszeiten und selbst die Vorhänge vor dem Fenster besaßen ein zartes Muster und bestanden nicht aus kaltem Weiß.

An der Wand neben dem Bett gab es eine riesige Pinnwand, die dem Zweck diente, mit Fotos und anderen Dingen bestückt zu werden. Es war ein einladender Raum, der Jimin etwas Ruhe zurückgab, die sich noch einmal verstärkte, als sie endlich allein gelassen wurden und sich daran machen konnten, das Zimmer zu dekorieren.

Die Arbeit half Jimin dabei abzuschalten und als sie die ganzen Fotos an der Pinnwand befestigten, unterhielten sie sich unweigerlich über ein paar der Erinnerungen, die sie in ihnen weckten. Sie ließen genug Platz, um in zwei Tagen ein Happy Birthday aufhängen zu können. Der Plan mit dem V-live stand nach wie vor, selbst wenn sich Jimin jetzt schon unsicher mit diesem Gedanken fühlte. Aber er würde die anderen bei sich wissen und sie würden ihm die Kraft geben, die er brauchte.

Es dauerte im Gesamten zwei Stunden, bis sie fertig waren und zurück in die Stadt fuhren. Nach einem schnellen Snack, den sie im Auto einnahmen, war es an der Zeit ins Krankenhaus zu fahren, denn Jungkook würde noch an diesem Abend in die Klinik verlegt werden.

Dort wurden sie von Minseok und Jungkooks Vater erwartet, der Jimin nur fest in seine Arme schloss. Der ganze Papierkram war unterzeichnet und die wenigen Sachen, die Jungkook in den letzten Wochen gebraucht hatten, verpackt. Selbst Jungkook war bereits für den Transport fertig gemacht worden und so war es an Jimin sich von Taehyung zu verabschieden. Denn er würde mit Jungkook im Krankenwagen fahren, während Minseok, Jungkooks Vater und Taehyung gesondert fahren würden. Sie würden sich erst in der Klinik wiedersehen.

Jungkooks Verladung in den Krankenwagen fand in der Tiefgarage statt. Es handelte sich bei dem Transportwagen um keinen herkömmlichen Krankenwagen, sondern um ein spezielles Fahrzeug, welches zwar die grundlegend selbe Ausrüstung besaß, aber nicht direkt als Krankenwagen zu erkennen war. Denn noch immer wurde das Krankenhaus von der Presse und Fans belagert und das größte Anliegen aller Bestand in der Geheimhaltung von Jungkooks Verlegung. Natürlich gab es wieder eine undichte Stelle und irgendwas war an die Presse durchgesickert, sodass es sogar einen zweiten Wagen gab, der kurz vorher das Krankenhaus verlassen hatte und eine Finte darstellte. Es schmerzte Jimin, dass es so viel Aufwand brauchte. Und doch war ihre Privatsphäre und vor allem Jungkooks Sicherheit das oberste Gut. So hoffte er, dass es funktionierte und niemand sie verfolgen würde. Es war schon spät und dunkel draußen und er war echt fertig von den Erlebnissen des Tages. Doch das hier würde er auch noch schaffen. Für Jungkook und sich selbst.

Schließlich ging es los und er nahm Platz in dem engen Raum, hielt Jungkooks Hand während der gesamten Fahrt und berichtete ihm, was gerade passierte und dass er in ein neues Krankenhaus kommen würde. Er erklärte breit und ausführlich, wie sie sein Zimmer dekoriert hatten und dass es ihm sicherlich gefallen würde. Den anwesenden Sanitäter ignorierte er und dieser ließ ihm seine Ruhe.

Als sie die Klinik erreichten und sich zeigte, dass der ganze Aufwand sich gelohnt hatte, wurde Jungkook endlich in sein neues Zimmer gebracht. Dieses Mal waren auch die Maschinen anwesend und zwei Krankenschwestern schlossen alles Notwendige an und gaben ihnen dann erneut ihre Privatsphäre. Jimin hielt immer noch Jungkooks Hand, als ihr Manager, Jungkooks Vater und Taehyung eintrafen. Sie blieben einige Minuten, kümmerten sich um den restlichen Papierkram und Jimin war kurz davor einzuschlafen, als Taehyung ihn aus seiner Trance weckte und sie in ihren Dorm zurückkehrten. Dort gab es für Jimin nur noch eins ... schlafen und von einer besseren Zukunft träumen.


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