Kapitel 14, Flashback Min Yoongi [Butterfly Part 1, September 2015]

Kapitel 14

Flashback Min Yoongi, Seoul, Gangnam-gu, 24.07.2020 [Butterfly Part 1, September 2015]

Hallo meine lieben Leser:innen,

Heute kommt endlich der erste Flashback, den ich am Anfang der Geschichte angekündigt habe. Nehmt es mir bitte nicht übel, wenn die Daten und der genaue Ablauf nicht ganz mit dem Original übereinstimmt. Trotzdem denke ich, dass jeder wissen wird welche Stelle wir mit dieser Szene hier meinen. Ich wünsche euch viel Spaß mit einer ganz anderen Perspektive dieser Geschichte.

Ich freue mich von euch zu hören, also lasst gerne eure Meinung da. 😊

Lg Nick [Hobi]

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Min Yoongi:

Dieses Mal gab es nicht so viele Maschinen und der Raum war freundlicher, wärmer, dem Raum gleich in dem auch Jimin untergebracht gewesen war. Großzügig und mit einer kleinen Sitzecke ausgestattet. Blumen standen auf dem kleinen Schrank neben dem Bett, verteilten einen angenehmen Duft und doch hatte er nur den Blick für eins. Und das war die Person, die in dem Bett lag mit frisch gewaschenen Haaren und ebenso frisch rasiert. Mehr denn je sah Jungkook aus, als würde er einfach nur schlafen. Zumindest wenn man nur sein Gesicht betrachtete, welches inzwischen auch von allen Verbänden befreit war und nur noch einige dunkle Flecken zierte. Doch der Schlauch in seinem Hals, der ihn mit Nahrung versorgte und das ständige Piepen des Herzmonitors zerstörten dieses Bild.

Yoongi saß zusammengekauert auf einem Stuhl, den eine der Schwestern ihm an das Bett gestellt hatte. Ihr Blick war warm gewesen und doch hatte sie nicht viel gesprochen. Sie verstand seine Lage, seinen Blick, der ihr sagte, dass er nicht reden wollte.

Noch immer waren sie da... die Fans, die Hater, die jeden Tag vor dem Krankenhaus zu campieren versuchten, jedoch immer und immer von dem aufgestockten Security Personal vertrieben wurden, nur um kurze Zeit später wieder zurückzukommen. Aber sie wurden weniger, langsam.

„Hey Kookie...", murmelte Yoongi, nachdem er sich endlich dazu durchringen konnte die Stille zu brechen. Er wusste, dass Komapatienten oftmals nicht komplett weggetreten waren, sondern durchaus wahrnehmen konnten, wenn jemand bei ihnen war und mit ihnen redete. Er hatte sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt in der vergangenen Woche. Und doch war er nun hier und wusste nicht was er tun sollte, was er sagen sollte. Er fühlte sich unwohl, unsicher und hatte ein schlechtes Gewissen, weil er sein Versprechen nicht gehalten hatte und nicht jeden Tag gekommen war.

Es war schwer Jungkook anzusehen und nicht dieses Gefühl zu bekommen sich übergeben zu müssen. Es war tatsächlich ein wenig leichter gewesen als erwartet, das Bild nicht so schlimm wie in seinen Träumen und doch wog es so schwer. Jungkook lag vor ihm, sein Körper war da, doch der Mensch dahinter, seine Seele... sie war nicht mehr da und er wusste, egal wie sehr er ihn schütteln würde, an ihm rütteln oder ihn anschreien würde, Jungkook würde nicht einfach aufwachen.

Sein Kopf sank etwas nach vorne und er atmete schwer aus.

„Ich... uh... ich weiß nicht was ich sagen soll, Kookie. Das war... immer dein Part." Er verzog die Lippen zu einem fahlen Grinsen, wenn er an all die Nächte dachte, die Jungkook in seinem Studio verbracht hatte. Er hatte geredet und Yoongi nur zugehört. Doch nun würde Jungkook kein Gespräch beginnen können, denn er war nicht in der Lage dazu. Also würde Yoongi es sein müssen. Aber was? Über was sollte er mit ihm reden. Positive Erinnerungen und Erlebnisse... das konnte helfen dem Komapatienten zu beruhigen, es ihm leichter zu machen. Er hatte viele positive Erinnerungen mit Jungkook. Auf welche sollte er zurückgreifen? Und konnte er es? So einfach?

„Aish... das ist echt strange, weißt du? Wir konnten über jeden Scheiß reden und jetzt sitze ich hier und mir fällt soviel und doch nichts ein." Er rieb sich über das Gesicht, suchte verkrampft nach einer Sache, die er erzählen könnte. Irgendetwas was ihn vielleicht selbst ablenkte und half nicht doch einfach zusammenzubrechen. Denn er zitterte, wenn auch nur ein leichtes Beben und kaum bemerkbar. Aber für ihn war es wie ein Erdbeben. Seine Emotionen kochten so hart unter seiner Oberfläche, aber er zwang sich ruhigzubleiben. Stress war nicht gut für Jungkook. Er brauchte schöne Dinge, beruhigende Sachen und so griff Yoongi beiläufig nach seinem Handy und seinen Airpods, klemmte sich selbst einen ins Ohr, während er den anderen ganz vorsichtig an Jungkooks befestigte. Wenn er nicht reden konnte, dann half vielleicht ein wenig Musik. Und er entschied sich für ihren Hidden Track ‚Sea'.

Stille kehrte ein, während sie beiden dem Rauschen des Meeres lauschten, ehe langsam die Musik einblendete und nach und nach ihre Stimmen das Lied erfüllten. Yoongi schloss einfach die Augen, dachte zurück an das Meer, genauer an den Gyeongjeong Beach, wo sie Szenen für den Prolog-Track ihrer Youth Era gedreht hatten. Butterfly.

Die Szene an dem alten Hafenbecken, wo sie ihre Pause verbracht hatten. Jungkook hatte einfach dagesessen und in die Luft gestarrt. Yoongi hatte ihn gesehen, war zu ihm gegangen mit seiner Portion vom Catering. Vorher hatten sie hier ihre Szenen gedreht und es war als würden diese nun zum Leben erwachen, als er einfach zu ihm ging und sich neben ihn setzte. Sie hatten lange geschwiegen. Einfach nur auf den grauen Himmel und das Meer gestarrt. Und es war Yoongi, als würde er nun, als er auf Jungkooks regungsloses Gesicht starrte, genau in diese Szene zurückversetzt werden.

Und ohne es wirklich zu bemerken, begann er Jungkook genau davon zu erzählen.

Min Yoongi [Flashback]:

Proloque on stage Video Dreh // Day 2 // Gyeongjeong Beach // September 2015

Die Wellen rauschen und noch immer sind die Wolken am Himmel so grau und undurchdringlich, wie den ganzen Tag schon. Der Wind braust und treibt den Geruch von Wasser und Salz bis tief in meine Nase. Es ist der zweite Tag für uns hier. Der Dreh von Butterfly, der uns zu verschiedenen Orten geführt hat. Doch das hier ist die letzte Station. Der Gyeongjeong Beach. Es ist schön hier und gestern schon hatten wir so viel Spaß als wir mit dem Jeep durch die Ebbe gefahren sind. Heute ist es ernster, das Wetter dunkler und doch hoffen wir, dass die Wolken bald weichen und uns einen Sonnenuntergang schenken, den wir für die letzten Szenen brauchen.

Gerade haben Jungkook und ich unsere Szenen beendet und mit dem letzten Take wurde endlich eine Pause einberufen. Ich habe Hunger und wie die anderen bediene ich mich reichlich am aufgebauten Catering, welches in dem aufgebauten Zelt für uns bereitsteht. Ich will den anderen bereits zu den Tischen folgen, als ich bemerke, dass jemand fehlt. Nun nicht irgendjemand, sondern Jungkook.

Wo steckt das Balg nur schon wieder?

Mit einem Murren mache ich kehrt, halte die Schachtel mit gebratenen Hähnchen fest in der Hand, während ich nach unserem Jüngsten rufe. Keine Antwort. Also laufe ich zurück zu dem Ort, an dem wir unsere letzte Szene gedreht haben. Und tatsächlich. Dort sitzt er und starrt einfach nur hinaus in die Wellen. Ich überdrehe leicht die Augen, ziehe die Jacke etwas enger um mich, doch sie ist nicht dafür gemacht um mich wirklich zu wärmen. Was macht er da noch? Auch ihm muss kalt sein. Und doch... so betrachtet sieht er verloren aus, total in Gedanken versunken. Nicht das erste Mal wird mir klar, wie er sich in den letzten Jahren schon entwickelt hat. Wie er gewachsen und gereift ist und manchmal eben doch noch immer dieser kleine Junge, der damals vollkommen verwirrt in unseren Dorm gestolpert ist.

Ich schüttle das Bild ab und geh zu ihm, setzte mich einfach neben ihn und stelle das Hähnchen zwischen uns. Für ein paar Sekunden starre ich mit ihm in die Wellen, ehe ich mich an ihn wende.

„Was machst du noch hier? Wir sind fertig mit dem Dreh. Hast du keinen Hunger?"

Jeon Jungkook [Flashback]:

Es ist so unglaublich schön hier, dass ich mich dazu entscheide wieder zurückzugehen. Mich an dieselbe Stelle setze, an der ich saß, als wir die Szene gedreht haben und starre auf das Meer. Die Wellen rauschen leicht und die Möwen sind deutlich zu hören. Der Himmel ist von grauen Wolken überzogen. Es ist frisch, aber das stört mich nicht. Die Atmosphäre ist einfach unglaublich schön und ich schwelge in meinen Gedanken, während ich auf das unruhige Meer sehe. So fühle ich mich auch.

Unruhig, benebelt, ein wenig verwirrt.

Seit einiger Zeit - eigentlich schon seit dem wir debütiert sind und davor - Jimin ist immer um mich herum gewesen und hat mich wie seinen kleinen Bruder betüddelt. Wir haben herzhaft gelacht, als wir herausfanden, dass unsere Brüder genau dem Alter des Anderen entsprechen. Er kümmert sich sehr liebevoll um mich und manchmal wird es einfach zu viel und ich stoße ihn von mir weg. Ich weiß nicht wann es begonnen, oder wann es aufgehört hat. Er löst so viele verschiedene Gefühle in mir aus, dass ich nicht mehr weiß was normal ist. So oft macht er mir Komplimente. Oder nimmt mich in den Arm und an meinem Geburtstag - er hat einen Kuss verlangt. Gott er macht mich so verrückt und ich weiß einfach nicht wohin mit meinen ganzen Gefühlen. Noch was ich davon halten soll. Er ist toll keine Frage und wenn ich ein Mädchen wäre. - er wäre total mein Typ.

Ich bin nicht einmal volljährig und trotzdem so berühmt. Wie soll ich mich da entfalten? Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich etwas verpasse. Das mein Leben an mir vorbeirauscht und ich immer noch der 15-jährige Schüler bin, der ich noch vor zwei Jahren gewesen bin. Es gibt öfters solche Momente wie jetzt, wo ich einfach einen Moment für mich brauche. Einen Moment, wo ich beginne zu realisieren, was alles passiert ist. Was noch passieren wird. Ich fühle mich wohl bei den Jungs, aber manchmal, da brauche ich einen Moment für mich und schotte mich eben ab, versinke in meinen Gedanken und vergesse die Zeit.

Ich starre weiter auf das Meer und bemerke Yoongi erst, als er mich anspricht, weswegen ich auch leicht erschrocken zucke und ihn auch dementsprechend ansehe. Wann ist er gekommen? Meine Hand legt sich auf meine pochende Brust. Mein Herz rast so schnell und ich glaube es springt gleich aus meiner Brust. Ich fühle mich regelrecht ertappt und werde ein wenig rot. Wie peinlich.

"Hyung... du hast mich erschreckt... schleiche dich doch nicht so an", entkommt es mir ein wenig tadelnd. Natürlich respektiere ich meine älteren Teamkollegen, aber auch diese müssen manchmal für ihr Verhalten mir gegenüber gerügt werden. Ich lasse sicher nicht alles mit mir machen, weswegen ich manchmal auch die ganzen Höflichkeitsformen vergesse. Die Jungs sind eben meine Familie und ich will mich nicht immer wie der ewige Maknae fühlen. Sie nennen mich zwar alle ihr golden Maknae, aber das macht es auch nicht wirklich besser, auch wenn ich mich deswegen natürlich geschmeichelt fühle.

"Ich habe ein wenig nachgedacht. Die Zeit vergeht so schnell und dieser Ort ist so wunderschön, dass ich mir die Zeit für mich selbst nehmen wollte. Ihr vermisst mich doch nicht jetzt schon, oder?", ziehe ich ihn auf und schenke ihm ein ehrliches Lächeln. Mein Blick fällt dann aber auch auf das Hühnchen, welches zwischen uns steht.

"Ist das für mich, Hyung?", frage ich mit großen Augen, während ich auf die Schachtel deute. Genau in dem Moment beginnt mein Magen zu knurren, was mich leicht in Verlegenheit bringt. Ich werde augenblicklich rot und kratze mir dabei ein wenig verlegen den Nacken. Peinlicher ging es echt gar nicht mehr.

Min Yoongi [Flashback]:

Ich neige leicht den Kopf, als Jungkook so zusammenzuckt. Also hat er mich wirklich vorher nicht bemerkt. Scheint ganz schön tief in Gedanken versunken gewesen zu sein. Es lässt mich ein wenig grinsen, als seine Augen so groß werden und seine leicht zu großen Schneidezähne zwischen seinen Lippen hervorschauen. Es verleiht ihm nach wie vor das Aussehen eines süßen Hasen. Jedoch eines Hasen, der in den letzten Jahren wahrlich gereift ist. Manchmal sehe ich an Jungkook wie viele Jahre schon vergangen sind und wie schnell die Zeit vergeht. Es ist schon faszinierend, wie das Leben manchmal läuft.

„Selbst schuld, wenn du so versunken ins Meer starrst. An was hast du denn gedacht? Hoffentlich was Jugendfreies", ziehe ich ihn auf, denn die leichte Röte auf seinem Gesicht kommt sicher nicht vom Wind. Der Tadel fällt mir natürlich auf, doch ich ignoriere ihn, verpasse Jungkook schlicht einen Klapps auf den Hinterkopf. Das würde wohl reichen.

Sicher er ist gewachsen, überragt mich inzwischen um den ein oder anderen Zentimeter und er ist frecher geworden. Manchmal hat er kaum noch was von dem schüchternen Jungen, der er mal gewesen und der bei jedem Wort zusammengezuckt ist. Nein jetzt ist er ein freches Gör geworden, mitten in seiner Pubertät, was durchaus seine Grenzen austestet. Und manchmal kommt er damit sogar ganz gut durch.

Doch jeder rügende Ton ist schon verschwunden, als er mich nun so ansieht. So verträumt beinahe und mir erzählt, dass es der Ort ist, der ihn verzaubert und zum Nachdenken anregt. Ich brumme zustimmend, während ich wieder in die Wellen starre. Es stimmt schon. Das Meer ist immer schon ein Ort gewesen, der einfach nur Faszination in mir weckt. Das Rauschen der Wellen ist beruhigend und lenkt tatsächlich etwas von dem Stress der vergangenen Tage ab.

„Stimmt schon. Aber trotzdem solltest du auch ein wenig auf dich achten. Wir sind seit den Morgenstunden hier und haben nicht viel gegessen", murmele ich und es scheint, als würde Jungkook nun das Hähnchen bemerken. Und sofort knurrt sein Magen, was mich beinahe lachen lässt, wäre da nicht dieser Blick gewesen, als er mich fragt, ob es für ihn ist. Nein es ist meins, habe ich beinahe gesagt, doch als er mich so anstrahlt - wie könnte ich da nein sagen. Also nicke ich schlicht und schiebe ihm die Portion rüber. Ist ja nicht zum Aushalten, wie rot er wird und wie groß seine Augen sind, nur weil er Hunger hat.

„Bedien dich. Dafür holst du mir nachher was zu essen", sage ich nur und starre dann wieder in die Wellen. Sie haben wirklich etwas beruhigendes, ihr gleichmäßiges Kommen und Gehen. Es ist zeitlos und immer gleich. Der Rhythmus, das Rauschen. Ich könnte fast einschlafen, doch stattdessen sehe ich Jungkook dabei zu, wie er beginnt das Hähnchen zu essen und denke nach.

Zeit für sich? Es ist mir schon öfter aufgefallen, dass er immer mal wieder eine Auszeit von uns braucht. Er beginnt viel nachzudenken. Worüber? Ich habe ihn das bisher nie gefragt wie mir gerade einfällt. Also tue ich es jetzt.

„Du brauchst das öfter in letzter Zeit, huh? Diese Zeit für dich. Was beschäftigt dich so, Jungkook-ah? Du kannst mit allen von uns reden, wie du weißt." Ich hoffe nicht, dass er wieder in die alten Muster verfällt, wo man kaum ein Wort aus ihm herausbekommen hat. Es war nervig und ätzend. Da gefällt mir das Gör besser, denn das sagt wenigstens mal einen Ton.

Jeon Jungkook [Flashback]:

"Hyung!", entkommt es mir empört, während ich aushole und ihm einen Schlag auf den Oberschenkel verpasse. Wie kann er sowas so schamlos sagen? Das bin ich nun wirklich nicht von Yoongi gewöhnt, weswegen es mich umso mehr erschreckt. Mein Gesicht gleicht mittlerweile einer überreifen Tomate. Warum sagt der Kerl denn auch so etwas?

Trotzdem bekomme ich von Yoongi noch einen leichten Klapps auf den Hinterkopf, weil ich ihn gerügt habe. Ich reibe mir über die Stelle, schiele zu ihm und erkläre ihm im nächsten Moment warum ich hier bin. Er stimmt mir mit seiner süßen grummeligen Art zu, weswegen ich leicht zu grinsen beginne und zu ihm sehe. Ich beobachte ihn dabei, wie er selbst einen Moment auf das Meer sieht und sich anschließend wieder zu mir wendet. Die besorgten Worte, rühren mich, machen mich aber auch ein wenig verlegen.

"Mache dir keine Sorgen Hyung. Mir geht es gut", lächle ich und winke ab. Sie sollen aufhören sich so viele Sorgen um mich zu machen. Mir geht es gut und mein Körper ist robust und standhaft. Das Hungergefühl drängt sich mir dennoch auf, als ich zu dem Hähnchen sehe, dessen Geruch mir so langsam in die Nase steigt. Es riecht unheimlich gut, weswegen ich meinen Hyung mit großen Augen ansehe und frage, ob er mir das Hähnchen mitgebracht hat. Genau in dem Moment beginnt mein Magen verräterisch zu knurren, was mich erneut ziemlich rot werden lässt. Wirklich peinlich. Interessieren scheint es Yoongi aber nicht, der mir vielmehr das Essen zuschiebt. Ich hebe die Box vom Boden auf und beginne sofort zu Essen. Oh Gott! Das war so gut!

"Danke! Hyung! Du bist der Beste", grinse ich breit, nachdem ich den ersten Bissen aufgekaut habe und schob mir sofort das nächste Stück in den Mund. Verhungern werde ich bei diesen Jungs jedenfalls nicht. Sie versorgen mich alle reichlich mit Essen und anderen Dingen. Zu kurz komme ich jedenfalls nicht. Manchmal war mir das auch zu viel.

Bei der Yoongis Frage, sehe ich überrascht zu ihm, lasse die Stäbchen sinken und kaue zu Ende. Ich lecke mir über die Zähne, schlucke noch ein paar Mal und sehe aufs Meer.

"Die Zeit... sie rast so und ich habe das Gefühl mich selbst zu verlieren... Diese harte Arbeit, die Perfektion, die ich anstrebe, die wir alle anstreben... der Druck Army nicht zu enttäuschen... uns nicht zu enttäuschen. Ich habe das Gefühl, dass mein 15 jähriges Ich noch in der Highschool sitzt und nicht weiterkommt, während das Idol Ich immer weiterwächst. Keine Ahnung ob du verstehen kannst was ich meine." Ich unterbreche mich, fahre mir mit der Hand etwas fahrig über meinen Nacken und wende meinen Blick zu dem Rapper, dem ich durch die letzten Tage wirklich nah gekommen bin. Die Geschichte, die wir erzählen, hat es mit sich gebracht und es fühlt sich gut an. Yoongi ist so eine ehrliche Haut und ich fühle mich in seiner Gegenwart wirklich wohl.

"Ich habe das Gefühl unglaublich viel in meinem Leben zu verpassen. Dinge, die ein Jugendlicher eigentlich durchlebt. Was ist, wenn ich es eines Tages bereue mich für diesen Weg entschieden zu haben?", frage ich und presse meine Lippen aufeinander. Ist es richtig diese Ängste und Gedanken mit ihm zu teilen? Etwas Unsicherheit macht sich in mir breit, weswegen ich wieder aufs Meer sehe und mir das letzte Stück Hähnchen in den Mund schiebe, um Gedankenverloren darauf herumzukauen.

Min Yoongi [Flashback]:

Ich zucke zusammen, springe fast auf, als dieses Gör es wagt mir tatsächlich auf den Oberschenkel zu schlagen. Ein Zischen entrinnt mir und ich bin wirklich nahe dran ihm einen Schubs ins Wasser zu verpassen. Vielleicht würde ihn das endlich mal auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Doch natürlich tue ich es nicht und belasse es bei einem sanften Klaps auf den Hinterkopf. Aber niedlich ist er schon mit diesen roten Wangen und so verbuche ich das einfach als kleine Retourkutsche für sein freches Verhalten und grinse nur etwas verschlagen.

„Was? Als ob du mit deinen 17 Jahren nicht auch hin und wieder versaute Gedanken hast, Jungkook-ah", ziehe ich ihn noch etwas weiter auf, denn das kann er mir nun wirklich nicht erzählen.

Die Erklärung ist dann aber auch für mich logischer und so nicke ich nur und brumme meine Zustimmung. Ja dieser Ort ist wirklich schön und hat eine ganz besondere Atmosphäre. Ich habe mich selbst schon dabei ertappt, wie ich wirklich in den Szenen untergegangen bin und tatsächlich gedacht habe, dass wir hier einen gemeinsamen Urlaub verbringen. Einfach weil es so verdammt viel Spaß gemacht hat mit dem Jeep in der Ebbe herumzufahren.

Jungkooks Magen knurrt und mir ist klar, dass mein Hähnchen verloren ist. Ohne einen großen Kommentar schiebe ich ihm die Schachtel näher zu und darf mich dann daran ergötzen, wie er es so genüsslich verspeist. Aber der Wehmut, der mich überkommt, da ich weiß, dass nachher nichts mehr davon da sein wird, wird jedoch von seinem glücklichen und so zufriedenen Gesichtsausdruck überschattet. Ja verdammt ich kann diesem Bunny einfach nicht lange böse sein. Habe ich noch nie wirklich gekonnt. Und es geht ein wenig zu gut runter, wie er sich nun bei mir bedankt. Ich winke ab.

„Iss einfach", brumme ich nur wieder und sehe dann abwechselnd auf das Meer und zu ihm. Auch mich überkommen ein paar Gedanken und es wird mir in dem Moment klar, dass Jungkook tatsächlich in der vergangenen Zeit viel Raum für sich brauchte. Am Rande ist es mir aufgefallen, doch ich habe dem nie so viel Gedanken bemessen, denn es waren Jimin und Taehyung, die sowieso die meiste Zeit mit ihm verbringen. Und da ich genau weiß, wie nervig und aufdringlich die beiden sein können und selten bemerken, wenn man einfach mal Ruhe braucht, verstehe ich, dass man davon einfach mal Abstand braucht. Doch jetzt, jetzt überkommt mich auch der Gedanke, dass Jungkook vielleicht in alte Muster fallen kann, und das will ich nun wirklich nicht. Daher sehe ich ihn wieder an und frage ihn jetzt, was ihm so durch den Kopf geht. Ich treffe ihn unvorbereitet und wieder sieht er mich so überrascht an, lässt sogar von dem Essen ab und scheint wirklich über diese Frage nachzudenken.

Es sind seine Worte, die nun mich überraschen und ich kann es nicht verhindern, dass meine Augen sich leicht weiten, bei diesen so ernsten und ja erwachsenen Gedanken, die er mir offenbart. Es sind Gedanken, die ich von mir selbst kenne, sie aber Jungkook nicht zugetraut habe. Natürlich, er wird älter, wächst heran und es sind inzwischen schon vier Jahre, die ich ihn kenne. Aber er ist dennoch immer noch dieser kleine Junge für mich. Ich sehe zu selten, wie er frei aufwächst. Mit all den Kameras und unseren Fans, die seine Entwicklung beinahe genauso miterleben wie wir.

Er sagt es selbst in seinen Worten. Er entwickelt sich nicht normal, sondern stehts vor den Augen der Öffentlichkeit. Es ist viel Druck und nichts, was wir anderen (Taehyung und Jimin vielleicht ausgenommen) nachvollziehen können. Ich am allerwenigsten. Denn ich weiß bereits seit der Grundschule, was ich machen will und wie sehr ich es will.

Jungkook dagegen... Ich begegne seinem Blick, sehe ihn nachdenklich an.

„Das sind sehr erwachsene Gedanken, Jungkook-ah. Und keinesfalls leicht zu beantworten." Und vielleicht bin ich wirklich die falsche Person dafür. Ich neige den Kopf leicht.

„Ich kann dir nicht sagen, ob du es irgendwann bereuen wirst. Das kann niemand, Kook-ah. Ich kann dir nur raten in dich zu gehen und dich zu fragen, ob du glücklich bist. Ob du mit dem ganzen Herzen bei dem bist, was wir tun, was du tust. Wenn du die beiden Fragen mit einem klaren Ja beantworten kannst, dann tust du das Richtige", sage ich und hoffe, dass er versteht was ich meine.

Ich lege mich nun auf die Rampe, kreuze die Arme hinter meinem Kopf und schaue in den Himmel.

„Zweifel werden immer da sein und niemand wird sie dir nehmen können. Ich habe sie auch. Ich wollte kein Idol werden, wollte nur Musik produzieren. Tanzen stand nie auf meiner Agenda und doch... ich bin froh, dass ich es damals getan habe. Denn sonst hätte ich keinen von euch kennengelernt und wir haben so viel Scheiße durch und noch mehr Scheiße wartet auf uns. Aber ich kann das tun, was ich immer tun wollte. Musik. Ich wusste früh was ich will. Und auch wenn der Weg ein anderer ist, als ich es mir vorgestellt habe. Ich bin glücklich. Daher... ist das der einzige Rat, den ich dir geben kann." Ich drehe den Kopf und sehe ihn offen an. Und wahrscheinlich ist das gerade wirklich das erste und richtig ernste Gespräch, was wir miteinander führen. Und es gefällt mir.

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