Kapitel 9 - 15. Skorpion
Kapitel 9: 15. Skorpion
Kuraikos Herz klopfte bis zum Hals. Diese Vorstellung der Lehrer hatte nicht nur sie völlig aus dem Konzept gebracht.
Auch wenn es jetzt vorbei war, gab es doch nur wenige Schüler, die sich trauten etwas zu sagen und sich leise zu unterhalten.
Monique, die Kuraiko gegenüber saß, wirkte, als würde sie jederzeit in ihrem Sitz versinken wollen. Sie war ganz schön blass geworden, obwohl sie als Kriegerin ein wenig mehr einstecken müsste. Aber sie war noch recht jung.
Und dazu kam die Macht, die durch den Raum gesaust war und dafür gesorgt hatte, dass sie nicht aufstehen und wegrennen konnten. Dass sie nicht einmal schreien konnten. Denn das hätte Kuraiko gern getan. Sie wäre gern aufgestanden und hätte sich irgendwie verteidigt. Doch sie hatte es nicht gekonnt und das machte ihr unglaublich Angst.
Sie hatte schon viel von Königinnen gehört und sie war sich ziemlich sicher, dass das eine Kraft einer Königin gewesen war. Es hieß sie konnten ihr Volk durchaus auch zwingen Dinge zu tun, die sie vielleicht nicht tun wollten.
Die Vorstellung hatte sie schon immer schaudern lassen, doch sie war davon ausgegangen, dass es nur funktionierte, wenn man zur Königin gehörte. Doch dass jede Königin einen so manipulieren konnte, war gruselig. Oder lag das generell an einem Zauber, den die Oberhäupter vor der Vorführung gesponnen hatten? Das war immerhin auch möglich.
Monique wollte gerade den Mund auf machen und Kuraiko etwas fragen, als die rote Fee mit dem Namen Halibell mitten auf ihrem Tisch in der Luft innehielt. Sie blickte von Kuraiko zu Monique und dann zu Levana, die schon die ganze Zeit nachdenklich auf ihren Teil des Tisches blickte. "Das Essen ist eröffnet", erklärte die Fee und schien belustigt. "Wenn ihr möchtet, dürft ihr euch etwas nehmen", fügte sie hinzu und deutete auf den Buffettisch, der auf der anderen Seite des Raumes stand und ein wenig vom Turm verdeckt war. Dieser war vor der Vorführung noch leer gewesen und Kuraiko hatte sich so sehr in ihre Gedanken verbissen, dass ihr der Duft des Essens erst jetzt auffiel.
Dennoch wusste sie nicht so genau, ob es der richtige Zeitpunkt war, um jetzt aufzustehen und sich Essen zu holen. Ihr Magen würde es wohl nicht verkraften.
Also ließ sie den Blick umher schweifen und bemerkte, wie durch den mittleren Turm eine junge Lehrerin trat. Sie trug den violetten Mantel und war daher unschwer als solche zu erkennen, auch wenn Kuraiko sie eher für eine Schülerin gehalten hätte.
Ihr Haar war lang und fiel ihr bis zum unteren Rücken. Es hatte ein sattes, seidiges Braun und die tiefblauen Augen sahen sich in der Mensa um. Dabei verzog sich ihr sinnlicher Mund ein wenig und sie wirkte, als würde sie schmollen.
Aus den Augenwinkel bemerkte Kuraiko eine Bewegung und drehte ein Stück den Kopf. Sie konnte sehen wie ein Lehrer, der Sephiroth ähnlich sah, aber wie eine jüngere Version von ihm wirkte, aus dem Pavillon der Lehrer trat und auf die junge Frau zu ging.
Seine Flügel breiteten sich aus, ehe er sie in eine Umarmung nahm und sie kurz mit seinen Flügeln umschloss. In den violetten Augen war selbst für Kuraiko die Liebe zu erkennen, die er dieser Frau gegenüber empfand.
Mit einer Geste reichte er ihr den Arm und führte sie dann zurück zum Pavillon. Es schien, als wären beide zusammen. Vielleicht sogar verheiratet. Das war schwer zu sagen. Aber das war interessant. Der Direktor hatte sie als große Familie bezeichnet, doch Kuraiko hatte das als Floskel gesehen. Aber vielleicht war da doch mehr dran, als sie annahm.
"Kommst du mit Essen holen?", fragte Levana scheinbar gelangweilt, aber auch irgendwie geistesabwesend.
Kuraiko blinzelte überrascht und nickte dann. Sie erhob sich und auch Monique tat es ihr gleich. Wenn beide gingen wollte sie nicht alleine zurückbleiben. In der Gesellschaft der beiden anderen Frauen fühlte sie sich viel wohler, auch wenn das wohl eher Einbildung war.
Alle drei Kriegerinnen liefen zusammen auf das Buffett zu und mussten den Anblick dann erst einmal verdauen. Sie hatten ja mit einer Menge gerechnet, doch was hier aufgetischt wurde, war überwältigend.
Es gab mehrere Abteilungen auf der Tafel und eine bestand aus Dingen, die keiner von ihnen wirklich anfassen würde. Doch eine junge Frau mit Haaren die von schwarz nach braun verliefen und zu einem Zopf gebunden waren, bediente sich fast schon erfreut an dem Angebot an rohen Fleisch. Monique hingegen war davon wenig angetan.
Kuraiko nahm sich ein Stück rohen Fisch, der ihr ein leises Schnurren verursachte.
Auch Levana griff lieber nach dem Fleisch, was weniger durchgebraten schien. Aber im Grunde war das etwas, mit dem Monique hätte rechnen müssen. Als Neko und Werwolf war man nun einmal ein Jäger. Was sie irgendwie verstehen konnte. Dennoch bevorzugte sie Essen, das gut gekocht war.
Ein wenig angeekelt wandte Monique den Blick von dem Angebot an Laven und anderen Krabbeltieren ab, um sich dort umzusehen, wo sich langsam auch andere Schüler sammelten.
Die Auswahl war so groß, dass sie kaum wusste, was sie als erstes nehmen sollte.
Die drei Krieger luden ihren Teller voll und liefen dann zurück zu ihrem Tisch, wo sie sich wieder setzten und nur zögerlich begannen zu essen. Obwohl es gut schmeckte lag das Essen nach der Vorstellung gerade eben, ziemlich schwer im Magen.
Zu wissen, dass der blonde Mann Lehrer war, war nicht sonderlich angenehm.
Aber vielleicht war das schon der erste Test? Konnte Kuraiko auf eine Schule gehen, die Lehrer besaß, deren Anwesenheit ihr den Atem rauben konnten und ihr vielleicht sogar Angst machten?
Ja, entschied sie für sich und sofort fiel ihr das Essen leichter.
Er wäre sicherlich kein Lehrer an dieser Schule, wenn er den Schülern feindlich gesinnt wäre. Aber stark musste er wohl sein, immerhin galt diese Schule auch als so sicher, wie der Wohnsitz der Reichskönigin. Eine unneinnehmbare Festung. Aber wenn sich Kuraiko an die Oberhäupter erinnerte, wirkten diese doch schon fast schwach und umgänglich. War das beabsichtigt?
"Findet ihr es nicht auch seltsam, dass ausgerechnet zwei Königinnen an der Schule sind, aber wir quasi gezwungen werden, jemanden unbedeuutenden so viel Aufmerksamkeit zu schenken?", wollte Levana nachdenklich wissen.
Sie ließ die Vorstellung der Lehrer immer wieder in ihrem Kopf Revue passieren. Es war schon komisch, dass die letzte Vorstellung förmlich von den Vorstellungen der Oberhäupter abgelenkt hatte.
"Glaubst du, der Mann ist vielleicht wichtig?", wollte Kuraiko nachdenklich wissen.
"Gefährlich, ja. Wichtig? Ich denke nicht mehr als die Oberhäupter. Aber möglicherweise für uns Auserwählte. Vielleicht ist er eine Art Jury für uns?", schlug Levana vor.
"Klingt eher unwahrscheinlich", murmelte Kuraiko, doch da war etwas, an das sie sich erinnerte. Etwas, was ihre Freundin gesagt hatte. Sie hatte vor Jahren ebenfalls versucht an die Yorukage zu kommen und war gescheitert.
Außerdem stand sie unter einer Schweigepflicht bezüglich der Prüfung und anderer schulinterner Dinge. Genau wie die jetzigen Anwärter auch.
Die Unterhaltung verlief noch eine Weile ruhig, bis alle Schüler gegessen hatten. Kaum war auch der letzte Schüler fertig mit seinem Teller, fiel das Licht fast schon auffordernd auf den Direktor, der auf einer Plattform vor dem Pavillon stand. Auf dem Dach des Pavillon saßen die beiden Königinnen und blickten die Schüler mit ruhigen, fast nachdenklichen Blicken an.
Als alles ruhig wurde und der Direktor sämtliche Aufmerksamkeit hatte, begann er zu sprechen.
"Liebe Anwärter. Ihr alle werdet in den nächsten Wochen geprüft und müsst einige Aufgaben erfüllen. An einigen Tagen mehr, an anderen weniger. Einige dieser Aufgaben werdet ihr jedoch nicht alleine bestehen müssen, sondern in Gruppen. Diese Gruppen werden einal festgelegt und dann für den Rest der Prüfung beibehalten. Ihr solltet euch also auch mit euren Gruppenmitgliedern außerhalb der Prüfungen treffen, um euch kennenzulernen", erklärte Humom und fuhr sich mit der Hand einmal durch den Bart. Seine schwarzen Augen wanderten dabei über die Schüler, die ihm alle gespannt zuhörten.
"Eine Gruppe wird aus einem Krieger, einem Magier und einem Heiler bestehen", erklärte er weiter und musste leicht schmunzeln, als er einige Schüler flüstern und tuscheln hörte.
"Sollte eine Gruppe nicht komplett zustande kommen, werden Schüler, die auf Grund ihrer Einladung ihren Platz an der Schule bereits fest haben, diese Plätze füllen", erklärte er weiter, was bei den Schülern nicht unbedingt auf Gegenliebe stieß. Diese Schüler hatten ihre Plätze doch schon, was garantierte ihnen dann, dass sie sich Mühe gaben?
"Ich möchte euch nun bitten alle gut zuzuhören, denn wir werden an diesem Abend eure Gruppen einteilen."
Das die Teams heute eingeteilt wurden, überraschte Kuraiko nocht, doch dass es überhaupt Teams geben würde, war schon sonderbar. Aber irgendwie war es logisch, vor allem, dass ein Heiler dabei war. Doch sie bezweifelte, dass es genügend Heiler gab. Heiler waren zwar unter den magischen Klassen genau so oft vertreten, wie es Krieger und Magier waren, doch auf Grund ihrer Berufung eher selten an solchen Schulen anzutreffen. Sie wurden oft von Mentoren unterrichtet, oder von ihrer Familie. Dort, wo sie gut beschützt werden würden.
Kuraiko hörte neugierig weiter zu, während der Diretor Namen nach Namen aufrief und die Gruppen sich für einen kurzen Moment auf dem Podest sammelten. Es ware mehr junge Schüler dabei, als Kuraiko angenommen hatte. Zumindest wirkten die meisten sehr jung.
Sie hörte ihren Namen und erhob sich. Als sie noch auf den Weg nach vorne war, wurde der Name ihres Teampartners aufgerufen. Akeri. Das war also der Name des Magiers.
Kuraiko trat auf das Podest und bemerkte wie ein kleiner, blonder Elf auf sie zu kam. Nicht sonderlich begeistert verzog sie ein wenig den Mund. Dann rief man ihre Heilerin auf. Sie trug den Namen Shizo und war eine junge Frau mit schwarzen Haaren und ebenso schwarzen Katzenohren. Zufrieden damit, schlich sich ein leichtes Lächeln auf Kuraikos Lippen und ihre Ohren zuckten ein wenig. Das konnte interessant werden, auch wenn sie nicht wusste, ob sie die Wahl des kleinen Jungen als so gut ansehen sollte. Er würde sie sicherlich nur behindern.
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