Kapitel 23 - 17.Skorpion
Kapitel 23: 17. Skorpion
Der Morgen des zweiten Prüfungstages begann nicht ganz so früh, wie der erste und so war es schon fast Mittag, als sich die Anwärter wieder in der Arena versammelten. Heute waren die Magier an der Reihe und Adrian war froh sich zu entspannen, machte sich aber gleichzeitig Sorgen um Akeri. Er war noch so jung und unerfahren, dass Adrian wirklich Angst hatte, dass er es nicht aushielt. Die Prüfungen waren immerhin sehr belastend. Sowohl körperlich als auch geistig.
Er wünschte sich wirklich, dass sich Akeri gut genug schlug, um angenommen zu werden. Auch wenn Adrian noch nicht wusste, ob er selbst angenommen werden würde, hoffte er es und würde sich über Akeris Gesellschaft freuen.
Allerdings gab es auch einige andere gute Magier, über die Adrian sich in seiner Klasse freuen würden.
Trotzdem war Akeri der, den er heute beobachten würde.
Während er sich neben Kuraiko und Monique, der es wesentlich besser ging, als zu ihrer Prüfung, niederließ, beobachtete er den jungen Elfen, der sich in der Gruppe Magier versammelt hatte.
"Willkommen zurück, zu den Aufnahmeprüfungen", erklang Ceridwens Stimme, die es sich nicht nehmen ließ auch die weiteren Prüfungen zu moderieren. "Nachdem die Krieger ih Können gezeigt haben, sind nun die werten Magier an der Reihe", verkündete sie voller Vorfreude auf das, was kommen würde.
Akeri rieb sich ein wenig nervös die Hände, während er sich umsah. Er war eindeutig der jüngste hier und das machte ihn nur noch nervöser. Nora stand in seiner Nähe und auch Sirina konnte Akeri in der Menge ausmachen. Was ihn nicht zwingend beruhigte.
"Nachdem wir bei den Kriegern ein so schönes Beispiel für Teamwork bekommen haben, wird es heute ein wenig schwieriger", erklärte sie mit einem lachenden Unterton und hob die Hände.
Akeri spürte mit Schrecken, wie er plötzlich den Boden verließ und in ein Loch im Boden fiel. Den restlichen Anwärtern ging es ebenfalls so und als die Arena leer war, erhoben sich aus dem Boden Mauern und in wenigen Sekunden hatte sich die leere Fläche in ein Labyrinth verwandelt.
Die Anwärter fielen alle an anderen Positionen im Labyrinth aus einem Loch in der Luft. Akeri war nicht der Einzige, der unsanft auf den Boden aufkam und schmerzhaft stöhnte.
Er rieb sich den Rücken und setzte sich dann langsam auf.
Um ihn herum befanden sich seltsame Wände, die wie Lehm aussahen, in dem Sand gedrückt wurde. Der Boden war ebenfalls sandig.
Der junge Elf überlegte, was genau er tun sollte und sah sich einmal um. Im Grunde war hinter ihm eine Wand und so hatte er keine Möglichkeit in diese Richtung zu laufen. Also konnte er nur den einen Weg nehmen, daher setzte er sich langsam in Bewegung. Dennoch fragte er sich, wo genau er eigentlich hin sollte. War das hier ein Labyrinth?
An einer Kreuzung angekommen sah er sich erneut um. Womöglich hatte er recht, aber dann musste es doch ein Ziel geben. Sollte er das Labyrinth verlassen oder etwas finden?
Akeri hatte sich von Nora ein Haar geben lassen, damit er diese finden konnte, doch ob das so gut war, war fraglich.
"Dieses Labyrinth birgt nicht nur Fallen sondern auch Aufgaben für die Magier. Sucht sie und löst sie, um wieder hinaus zu gelangen", erklärte Cerridwen mit einer fast schon belustigten Stimme, denn sie konnte von oben sehen, wie alle Magier ein wenig planlos umher irrten.
Akeri schluckte. Also würde er eine Aufgabe suchen müssen und diese lösen? Das konnte im Großen und Ganzen ja nicht so schwer sein, dennoch wurde der junge Elf von dem Labyrinth verunsichert.
Unsicher schritt der Blonde voran und betrachtete die kleinen Kuhlen in den Wänden nachdenklich. Ob sie darin Aufgaben oder Fallen befanden? Er wollte es nicht austesten und lief daran vorbei. In der Hoffnung er würde etwas finden, das ihm keinen solchen Schauer über den Rücken jagte.
Das Labyrinth war unterteilt in mehrere Sektionen, die immer einen anderen Teil der Prüfung beinhalteten. Die Sektionen wurden durch Türen flüssigen Nebels geschützt und würden nur denjenigen Einlass gewähren, die sich als würdig erwiesen hatten.
Akeri hatte schon ein gutes Stück zurückgelegt und wurde sich gewahr, dass das Labyrinth einem unvorhersehbarem Muster folgte. Wände verschoben sich, Korridore änderten plötzlich die Richtung und der Boden selbst schien ihn manches mal zu bremsen. Alles an diesem Ort war daraus ausgelegt ihn zu testen. Herauszufinden, wie er in derartigen Situationen zurecht käme.
Wieder an einer Kreuzung angekommen, blieb er stehen und hielt für einen Moment inne. Es war die Prüfung der Magier. Hier kam es weniger auf den Körper, als auf den Geist an. Wie sie ihre Magie einsetzten, um aus diesem Dilemma zu entkommen. Also würde er genau das tun. Seine magischen Kräfte mochten noch nicht so ausgeprägt sein, wie die seiner Konkurrenten, dennoch war einfacher Pfadzauber das mindeste, was er bewerkstelligen konnte. Der junge Elf kniete sich nieder und legte seine Hand auf den Boden.
Der Sand, um seine Hand, verformte sich zu verschlungenen Mustern und daraus schlängelte sich ein zaghafter Ableger davon. Akeri erhob sich und folgte dem wachsenden Muster. Es führte ihn auf direktem Wege zu einer jener Nebeltüren, welche seine erste Prüfung verbarg. Seine linke Hand ausgestreckt, drückte er gegen den Nebel und traf auf überraschend viel Widerstand. Akeri zwängte sich förmlich durch denn widerspenstigen Nebel, nur um stolpernd auf der anderen Seite wieder heraus zu kommen. In dem Moment, in dem er den Prüfungsraum betreten hatte, wurde der Nebel so hart wie Diamant und würde niemanden mehr hinein lassen, bis der junge Elf entweder fertig war oder aufgab.
Der kleine Raum, war von Wänden umschlossen und in seiner Mitte stand ein kleiner Tisch, auf dem drei kleine Kristalle schwebten. Unter ihnen eine Karte, mit goldenen geschwungene Lettern.
Akeri trat an den Tisch und las, „Ich verkünde der Unbill aller Macht und bin doch des Königs höchste Würde. Ich bin ein Gebet an die Zeit und doch fürchten viele, was sie nicht verstehen. Ich bin des Schattens tiefer Schlummer und doch wach, im Schlafe des Lichts. Wir sind die Insignien für alles getrennte und doch stets vereinte."
Unverständnis und Verwirrung hatten sich auf Akeris Gesicht gelegt. Er verstand nicht mal die Hälfte von dem, was auf der Karte stand und kratzte sich die Schläfe. Unwillkürlich glitt sein Blick nach oben. Der Himmel war blau und es hätte ein schöner Tag werden können. Würde er jetzt nicht hier stehen und verzweifelt versuchen einen Sinn, in diesen kryptischen Worten zu finden. Er schüttelte leicht den Kopf. Aufgeben war keine Option. Immerhin gab es hier keine schrecklichen Monster oder schwarzhaarige Männer, mit großen Hämmern. Hier war der Geist gefragt. Und trotz seiner jungen Jahre, wusste er vieles mehr, als andere in seinem Alter.
Noch einmal las er sich den Kartentext durch. Es war ein Rätsel, soviel konnte er sagen. Natürlich war es ein Rätsel. Ein leises Seufzen entrann seiner Kehle und ein leichter Zweifel, gleich einem Windhauch erschütterte seine Entschlossenheit. Er war hierher gekommen, um endlich das zu lernen, was ihm keiner beibringen wollte. Was ihm verwehrt blieb und das nur aufgrund seines Alters. Er ballte seine Hände zu Fäusten und biss die Zähne zusammen. Nein. So würde es nicht enden. Es war die erste Prüfung und er würde hier nicht versagen. Nicht so.
Und so blickte er auf und betrachtete sich die Kristalle genauer. Das Rätsel war nicht nur der Text. Auch die schwebenden Steine hatten etwas damit zu tun. Der Kristall veränderte seine Farben stets von einem kräftigen Blau, zu Violett und schließlich zu einem tief dunkeln Rot. Der zweite Kristall war ein Spiel aus hellem Grün, sonnigem Gelb, warmen Orange und reinstem Weiß. Der Dritte zeigte erst Schwärze, die sich zu Silber wandelte und dann zu einem warmen gelb- und orangefarbenen Strahlen wurde, immer wieder unterbrochen von Flecken hellen Blaus.
Das Farbenspiel der Kristalle hatte etwas hypnotisierendes an sich, dem sich Akeri nur schwer widersetzen konnte. Er musste seinen Fokus behalten. Sich konzentrieren, auf das, was vor ihm lag. Er schloss seine Augen und stellte sich die Kristall in seinem Geiste vor. Wie sie die Farben änderten, ihn verführen wollten hinzusehen. Dazu gesellten sich die Worte der Karte. Die Farben und die Worte. Sie bildeten irgendwie eine Einheit, derer sich der junge Elf erst bewusst werden musste.
Doch eins nach dem anderen. Zuerst kam der Kristall mit Blau, Violett und Schwarz. Doch welcher Text passte dazu? Wie sollte er ihn einordnen? Ein Gebet an die Zeit, was aber viele fürchten, weil sie es nicht verstehen. Ein Gebet an die Zeit... Blau, Violett und Schwarz.
„Vielleicht blaue Flecken, die mit der Zeit violett werden und dann schwarz... Nekrose... fürchten viele... geht es darum? Um Nekrose?", murmelte der Elf und griff sich den Kristall. Hinter den Kristallen befanden sich Löcher, welche keine Beschriftung hatten. Dafür aber Muster um die Ränder, die anscheinend kleine Szenen zeigten. Akeri überprüfte seine Theorie, in dem er die Muster abglich, doch schien nichts davon wirklich zu passen.
Der Einfachheit halber, steckte er den Kristall in das erste Loch und sogleich begann dieser zu flimmern und ein markerschütternder geisterhafter Schrei ertönte. Der junge Elf erschrak sich so sehr, dass er den Kristall aus dem Loch schlug. Diese beschrieb einen Bogen durch die Luft, verharrte plötzlich und fand seinen Platz wieder neben seinen Geschwistern.
„Verflucht! Das können die doch nicht machen!", moserte Akeri und knetete seine zitternden Hände. Er hatte eine Fehler begangen. Aber musste man dabei so über die Strenge schlagen?
Als sich sein Puls wieder halbwegs beruhigt hatte, dachte er erneut nach. Mit den Szenen hatte sich ein neues Detail offenbart. Eines, dass er nicht gleich beachtet hatte. Diese Prüfung repräsentierte im Prinzip das Magierhandwerk. Beachte und bedenke, wenn du einen Zauber einsetzt. Nur eine falsche Fingerbewegung und der Zauber konnte nach hinten losgehen. Wie der fürchterliche Schrei.
Akeri straffte seine Schultern und überlegte wieder. Diesmal mit den Szenen vor Augen. Eine Szene beschrieb eine Krönungszeremonie, die überging in kleine goldene Figuren, welche flehend und schmachtend ihre Arme erhoben hatten. Enden tat sie mit dem zuvor gekrönten Oberhaupt, welches auf einen Pfahl gespießt wurde. Eine leichte Gänsehaut überkam den Elfen. Doch welcher Kristall passte dazu?
Farben... König... Leiden... Tod...
Königsblau. Sollte es so einfach sein? Violett war eine Farbe der Macht und Schwarz stand oftmals für den Tod oder das Ende. Es konnte nicht so leicht sein. Akeri griff abermals nachdem Kristall und steckte diesen vorsichtig in das Loch, bereit ihn jederzeit wieder zu entfernen, sollte abermals der Schrei ertönen.
Der Kristall erstrahlte sanft und er hörte eine sphärische Stimme sagen, „Ein König ohne Moral, ist wie ein Magier ohne Gewissen. Zuerst hat er alles, doch am Ende gar nichts."
Ein erleichtertes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht und mit erneutem Elan, machte er sich daran, den nächsten Kristall seinem Platz zu zuweisen. Auch wenn bei drei Kristallen, der letzte keine echte Denkarbeit mehr voraussetzte. Hoffte er zumindest.
Er widmete sich nun dem zweiten Kristall, der ein Spiel aus vier Farben zu bieten hatte. Ohne erstmal auf den Text zu achten, besah er sich die Szenerien, um die Löcher. Eine zeigte die verschiedenen Mondphasen, welche mit dem Sonnenaufgang endeten. Die andere zeigte das Stadium aller lebenden Wesen. Von der Geburt bis zum Tod.
Vier Farben... Plötzlich kamen ihm die Worte seiner Oma Here ins Gedächtnis. 'Der Herbst ist die Zeit des vergehenden Lebens.' Herbst. Wieso musste er jetzt daran denken? Er besah sich das Farbenspiel erneut und erkannt in ihnen plötzlich die Farben für die Jahreszeiten. Grün für den Frühling, Gelb für den Sommer, Orange für den Herbst und Weiß für den Winter. Herbst für das vergehende Leben. Leben. Wie die eines jeden Lebewesens.
Der Frühling für die Geburt und die Kindheit. Der Sommer für den Stand der Jahre, als Erwachsener. Der Herbst für das hohe Alter und der Winter für den Tod. Also steckte er den Kristall in das Loch und hörte erneut die Stimme. „Ein Magier lernt sein Leben lang. Bis er seine Zeit erreicht und den letzten, schleierhaften Weg beschreitet."
Mit schneller Hand steckte er den letzten Kristall in sein Loch und wartete auf die Stimme.
„Die Dunkelheit verspricht vieles, doch auch der Tag ist mächtig. Entscheidest du dich für einen Weg, ruht der andere für immer. Es ist allein die Entscheidung des Magiers auf welchem Pfad er wandelt."
Und damit öffnete sich hinter dem Tisch eine Wand. Er hatte es geschafft. Zumindest fürs erste.
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