1. Kapitel:

Der nächste Morgen war angebrochen, nach dem mysteriösen Ereignis am Abend zuvor. Nilaya schlug die Bettdecke zur Seite und der erste Blick fiel auf ihr Armband, welches sich, seit gestern Abend, nicht verändert hatte. Es hatte noch immer die selbe hellblaue Farbe und schimmerte noch genau so, wobei nur ein ganz kleiner Teil schwächer schimmerte. Nilaya stand nun in ihrem Zimmer und ging zu ihrem Fenster. Ihr fiel die warme Sommersonne ins Gesicht und sie genoss einen kurzen Moment das schöne Wetter.
Als sie nach draußen blickte, fiel ihr mal wieder auf, wie schön doch deren Grundstück war. Sie wohnten in einem kleinen Haus auf einem großen Gelände, auf welchem ab und zu ein paar Blumen und Sträucher standen und viele große alte Bäume.
Mit schlurfenden Schritten ging sie die kleine Wendeltreppe herunter, die von ihrem Zimmer in den unteren Flur führte. Von diesem gingen zwei Türen ab, welche beide zu Badezimmern führten, eines für sie und eines für ihre Mutter. Nilaya lebte nämlich mit ihrer Mutter alleine in dem winzigen Haus. Weil sich ihre Eltern kurz nach Nilayas Geburt getrennt hatten, hatte sie ihren Vater noch nie in ihrem Leben gesehen oder etwas von ihm gehört. Auch sonst hatte sie zu keinen anderen Verwandten Kontakt. Für sie gab es also nur sich selbst und ihre Mutter, in diesem wunderschönen Haus auf diesem bezaubernden Grundstück.
Jetzt war Nilaya bei dem Durchgang angekommen, der von dem kleinen Flur in den größten Raum des Hauses führte: die Küche mit Wohnzimmer und der Eingangstür. Rechts von ihr befand sich ein Teil des Raumes, welcher etwas rundere Wände hatte und große Fenstertüren. Dort war das offene Wohnzimmer. Da der Raum sehr hoch war, gab es oben noch eine Art Hochebene, die das Schlafzimmer ihrer Mutter darstellte.
Nach dem sie sich umgeguckt hatte, wo ihre Mutter war, ging sie in den Teil des Raumes, wo sich die Küche befand. Dabei bemerkte sie, wie schon so oft, wie schön das kleine, gemütliche, alte Haus doch war.
In der offenen Küche angekommen, holte Nilaya ein Glas aus dem Schrank und goß sich etwas Saft ein. Es war Maracuja-Saft, ihr Lieblingssaft. Ihre Mutter war nirgends zu sehen, also rief Nilaya nach ihr:          
„Mama??? Wo bist du?"          
Auf die Rufe hin, streckte sich der Kopf ihrer Mutter über das Geländer der Hochebene, die ihr Schlafzimmer war und sie lächelte.
„Guten Morgen, mein Schatz!", rief sie fröhlich zurück, „Ich bin hier oben..."
„Ah, da bist du!"
„Ja, was ist los?"
„Erzähle ich dir beim Frühstück...", sagte Nilaya und fing an das Frühstück vorzubereiten. Ihre Mutter kam nach kurzer Zeit ebenfalls herunter und half ihr. Gemeinsam setzten sie sich an den Tresen der Küche und frühstückten. Einen richtigen Tisch hatten sie nicht, da das Haus dafür einfach zu klein war, aber für zwei Personen reichte der Tresen vollkommen aus.
„Mama?", fragte Nilaya.
„Ja Liebes, was ist denn los?"
Nilaya war sich nicht sicher, wie sie es sagen sollte und entschied sich vorerst, den nächtlichen Vorfall für sich zu behalten:
„Ich habe heute morgen mal wieder bemerkt, wie außergewöhnlich schön unser Grundstück ist! Ich habe mich gefragt, warum wir so ein großes Grundstück haben. Ich weiß echt nicht, wie ich es sagen soll..."
„Du meinst, weil wir nicht so reich sind und uns so ein Grundstück eigentlich nicht leisten können?"
„Ja so in der Art. Ich meine, warum ist dieser Garten so schön groß und wie soll ich sagen... magisch wirkend?", Nilaya tat sich schwer ihre Gefühle in Worte zu fassen.
„Erst einmal solltest du wissen, dass ich das Grundstück nicht gekauft habe, sondern ich habe es geerbt. Anscheinend haben es die Großeltern meiner Eltern gekauft, also deine Ur-Ur-Großeltern."
„Das bedeutet ja, dass dieses Grundstück schon fast über 200 Jahre in unserem Familienbesitz ist."
„Genau, und dieses Haus, in dem wir leben, wurde von deinen Ur-Ur-Großeltern in Stand gesetzt."
„Oh ha, das heißt dieses Haus könnte auch locker über 200 Jahre alt sein."
„Ja danach sieht es aus...", bestätigte Nilayas Mutter und stand auf.
„Wo gehst du hin?", fragte Nilaya, noch am Tresen sitzend, verwundert nach.
„Warte kurz! Ich komme gleich wieder...", antwortete ihre Mutter, während sie die Leiter zu ihrer Schlafebene hochkletterte. Ein paar Sekunden später, rief sie schon:
„Wusste ich es doch!"
Mit einem fragenden Blick, rief Nilaya zurück:
„Was? Was wusstest du?"        
Ohne zu antworten, kletterte Nilayas Mutter schon wieder die Leiter herunter, ein dickes altes Buch in den Händen haltend. Es war größer als ein gewöhnliches Buch und mit goldenen Verzierungen geschmückt, so viel konnte Nilaya schon erkennen.          
Als ihre Mutter bei Nilaya angekommen war, schob sie ein paar der Marmeladengläser vom Frühstück beiseite und legte das Buch dort ab.
„Was ist das für ein geheimnisvolles Buch?", Nilaya starte mit großen Augen auf dieses Buch. Sie laß den goldenen Titel, der auf dem Einband eingraviert war:
Das Haus der Familie Evelo.      
Evelo war der Nachname, den Nilaya und ihre Mutter trugen. Ihr Patenonkel hatte auch diesen Namen getragen, obwohl er nicht direkt mit Nilaya verwandt war. Dennoch hatte es sich für sie immer so angefühlt, als wäre es ihr echter Onkel. Er war also einer der einzigen Verwandten, die Nilaya, außer ihrer Mutter, hatte.
„In diesem Buch", riss Nilayas Mutter sie aus ihren Gedanken, „geht es, wie der Titel schon sagt, um das Haus unserer Familie."
„Also um dieses Haus hier!?", schlussfolgerte Nilaya.
„Genau richtig!"        
„Was kann man denn schon über so ein Haus sagen?", fragte sie einwenig unbeeindruckt.
„In diesem Buch befinden sich alte Fotos und Zeichnungen, die die Geschichte und die Veränderungen unseres Hauses zeigen. Etwas Geschriebenes ist auch dabei."  
„Spannend!", jetzt war Nilaya Begeisterung wieder da, „Das müsste man doch auch weiterführen, oder?"
„Exakt das habe ich mir auch gedacht und deswegen habe ich, auf den leeren Seiten hinten im Buch, die Geschichte bis heute weiter geführt...", mit diesen Worten präsentierte Nilayas Mutter ihre Eintragungen. Sie hatte die vorher leeren Seiten des Buches mit Bildern und Beschreibungen versehen.
„Wenn du das Buch so spannend findest, kannst du es ja mit in dein Zimmer nehmen.", schlug ihre Mutter vor, „Dort kannst du dir alles in Ruhe durchlesen..."
„Super danke! Ich bin schon echt gespannt, was ich erfahren werde!"
„Ja ja, in diesem Buch sind viele verborgene Geheimnisse versteckt, die auch ich vielleicht noch nicht herausgefunden habe..."
„Was soll das denn bedeuten?", fragte Nilaya irritiert nach.
„Lass dich überraschen..."                 
„Warum bist du auf einmal so geheimnisvoll, Mama?"
„Du wirst schon sehen oder eher gesagt: Wirst du es schon lesen."
„Na gut, wenn du meinst."          
„In der Geschichte um dieses Grundstück gibt es viele Geheimnisse. Das ist der Grund, warum dieses Buch angefertigt wurde..."
Nach dem Frühstück, bei dem sich Nilaya und ihre Mutter mehr oder weniger angeschwiegen hatten, brachte Nilaya das alte Buch vorsichtig in ihr Zimmer. Dort legte sie es andächtig auf ihren Schreibtisch und betrachtete es eine Weile.
Doch dann wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Ihr Handy hatte angefangen zu klingeln, jemand versuchte sie anzurufen. Es war ihre beste Freundin, die nicht aufgeben wollte und lange versuchte anzurufen. Bis Nilaya endlich den Anruf entgegen nahm und ihre beste Freundin sofort in ihr Ohr zu brüllen schien:
„Hallooooo??? Lebst du noch!?"          
„Ja, ich lebe noch!", antwortete Nilaya mit einer deutlich leiseren Stimme.
„Warum gehst du dann nicht an dein Handy? Ich versuche dich jetzt schon ein drittes Mal anzurufen...!"
„Ich habe mit meiner Mutter gefrühstückt. Kann ich was dafür, dass du in den Ferien immer schon so früh wach bist?"
„Okay, hast ja Recht. Is schon okay.", sagte Nilayas beste Freundin nun in einer normalen Lautstärke.
„Warum hast du jetzt angerufen?"
„Achso ja genau! Ich wollte fragen, ob du heute Zeit hast?"
„Bestimmt! Aber wofür?"        
„Mir ist langweilig und ich dachte wir können vielleicht zusammen in den Park gehen und Picknicken?"
„Das ist gut! Heute um 12 Uhr treffen vor dem Parkeingang?"
Nilayas beste Freundin stimmte zu und ergänzte:
„Außerdem, wäre es glaube ich ganz gut, wenn du auch auf andere Gedanken kommst..."
„Mir geht es doch gut! Was meinst du?", fragte Nilaya verwirrt.
„Naja, ich meine die Sache mit deinem Patenonkel! Es tut mir übrigens immer noch mega dolle leid!" 
„Ach so, das meinst du, aber es muss dir doch nicht leid tun...!"
„Tut es aber! Bis Nachher!"        
„Bis Nachher!", schon hatte ihre beste Freundin aufgelegt, so dass Nilaya dies nicht mehr ganz sagen konnte.

Tja, das war sie nun mal: Nilayas beste Freundin. Sie hieß Alexandra, doch alle nannten sie nur Lexi. Sie selber fand das würde besser zu ihr passen und jeder, der sie kannte, sah das genau so. Lexi war stürmisch und übertrieb ganz gerne mal, aber dennoch mochte Nilaya sie, weil sie immer für sie da war und sie immer zusammen lachen konnten.

Wenige Stunden später, trafen sich die Beiden vor dem Parkeingang und gingen zusammen Picknicken. Jeder von ihnen hatte leckere Snacks dabei und sie redeten viel. Sie unterhielten sich über ihre Ferien, die Neuigkeiten aus der Schule und über alles andere, was sonst noch so interessant unter Mädchen war.
Sie hatten eine Menge Spaß, doch den ganzen Tag über, ging Nilaya das mysteriöse Buch nicht mehr aus dem Kopf. Was würde sie wohl darin finden?
Sie nahm sich vor, am Abend in dem Buch zu lesen und musste sich also bis dahin gedulden.

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