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Am liebsten wäre ich sofort nach oben in die Schlafsäle gestürmt, um nach zu schauen wie es meinen beiden Freunden erging. Als mich jedoch einer der Feen aber sofort wie einen Hund an der Leine zurück zerrte und mich anmaulte ich sollte gefälligst im Zelt bleiben- unterließ ich es dann doch.
Während ich auf meiner gewohnten Liege lag, und die Prozeduren über mich ergehen ließ, sah ich dabei zu wie die Feen hin und her wuselten, mir irgendein Zeug zum Trinken gaben und ich mich eine geschlagene Viertelstunde mit ihnen stritt was das für ein Zeug nun endlich war. Nach einiger Zeit durfte ich endlich wieder gehen.
Badru wurde prompt in das einzelne 'Krankenzimmer' gestopft, welches eigentlich nur dazu dienten das man sich hinlegen konnte wenn man Bauch, Kopf oder sonstige kleine Weh-wehchen hatte. Ähnlich wie in meiner Grundschule wo ich öfters in so einem Raum gebracht wurde, weil die anderen Schüler mir entweder Nasenbluten verpasst, oder Steine an den Kopf geschmissen hatten, sodass ich mich mit Kopfschmerzen und einer Platzwunde am Kopf auf das kalte Leder gelegt hatte.
Das Zimmer war nicht groß, denn als mich die Feen endlich gehen ließen, besuchte ich Badru. Ihn jedoch schien der fehlende Platz nichts auszumachen. Im Gegenteil.
Er hatte bereits seinen Rucksack- den er vorhin wohl irgendwo abgestellt haben musste- in einer Ecke des Raumes gestellt, und seine Bücher und Kräuter ausgepackt.
"Falls etwas ist, bin ich gewappnet für jeden bösartigen Zauber!"
Er freute sich, dass konnte ich ihn ansehen. Auch wenn ich mich für ihn freute das ihn das Brauen von Zaubertinkturen so einen Spaß bereitete, machte ich mir Sorgen um ihn. Ihn davonschicken konnten sie ihn nicht, die gesamte Schule stand unter Ausgangssperre. Wenn man richtig hinhörte, konnte man manchmal eines der Leuphoren schreien hören, und das leise Surren welches ich als Tinnitus angenommen hatte- war doch nur das Schutzschild wie Badru mir erklärte.
"Das ist immer so bei Schutzschildern. Wenn sie fröhlich vor sich hin brummen, ist das immer ein gutes Zeichen. Wäre es anders- würden wir ziemlich dumm aus der Wäsche schauen..."
Er war gerade dabei seine Gläschen die in allen Formen vorzufinden waren, in einer Reihe aufzustellen. Dabei achtete er weder auf die Größe noch der Form des Glases, und als ich ihn helfen wollte, merkte ich schon das er seine eigene Ordnung hatte.
Ich ließ ihn daher in Ruhe, und verließ den kleinen Raum wieder. Eine Welle der Erleichterung überkam mich plötzlich als ich die Treppe zum Flügel hinauf lief.
Alle Personen die mir wichtig waren, sind hier an einem Ort mit mir versammelt. Wenn ich also schon in dieser Akademie fest steckte, nicht fliehen konnte und sobald ich gesund war, mich auf ein lächerlich hartes Training einstellen konnte- dann wenigstens mit gutem Gewissen alle beisammen zu haben.
Vor unserer Zimmertür, blieb ich stehen und starrte das Holz der Tür an. Ich hörte eine Stimme durchdringen, die nur von Lizzy stammen konnte. Sie hörte sich an als würde sie schluchzen.
Ein schlechtes Gewissen machte sich in mir breit. Hatte ich nicht versprochen sofort wieder zurück zu kehren? Jetzt war ich beinahe gestorben und die Schule war Evakuiert.
Meine Hand öffnete automatisch die Tür sodass ich dumm drein starrte, als mich zwei Augenpaare ansahen.
Für einige Sekunden blieb es still im Raum- bis Archie sich von Lizzy- diese in seinen Armen lag- löste, und auf mich zukam. Seine vollen Augenbrauen waren ärgerlich zusammengezogen und als er direkt vor mir stand, gab er mir einen Stoß gegen die Schultern.
Ein 'Hey' entfloh mir, als Lizzy jetzt auch aufstand und mich nur aus verheulten Augen ansah. Ihr Make-Up sah aus als hätte es sich durch den ganzen Tränen schon längst verabschiedet, und ihr weiter weißer Kapuzenpulli lag ihr bis über die Hüften. Ihre bis über die Knie reichende, graue Sportleggings betonte ihre dünnen Beine. In der linken Hand hielt sie ein Taschentuch, und ihre Haare die sonst immer fetzig nach oben gestylt waren- hingen platt auf ihrer Stirn.
"Charlie..."
Ihre Raue Stimme jagte mir einen Schauder ein, als sie nur lächelnd schniefte und plötzlich auf mich zu lief. Die dumpfen Schritte hallten genau drei mal über den Boden, und beinahe wäre ich samt ihr rücklings wieder aus dem Raum gefallen, konnte mich aber gerade noch mit dem Fersen abstützen.
Sie drückte sich ein Stück von mir weg und starrte mich wütend an.
"Du hast gesagt du gehst nur mal kurz gucken!!"
Okay, die beiden waren wirklich sauer auf mich...
"Weißt du eigentlich wie doof wir geguckt haben als du plötzlich in der Aula vor so einem Scheiß Vieh standest?!"
Archie's Gesten waren schnell und abrupt. Seine Lippen waren spitz zusammengepresst, und seine Augen funkelten gefährlich. So sauer hatte ich ihn noch nie erlebt...
"...wir haben schon gedacht du wärst gestorben- GESTORBEN hörst du?!"
Er schüttelte so heftig mit dem Kopf, dass seine Locken die ihn zerzaust vom Kopf abstanden hin und her baumelten. Er selber trug einen braunen Pullover aus leichtem Stoff, und dazu eine passende kurze Hose.
er fuchtelte mir mit den Fingern vor seinem eigenen Gesicht herum, als er schon wieder anfing mich an den Schultern zu schubsen. Dieses mal waren die Stöße aber weitaus leichter und tollpatschiger, vermutlich weil er zu sehr damit beschäftigt war, seine Tränen zu verdecken.
"Ist okay ich hab's verdient..."
War das erste was ich zu den beiden sagte, und fing Archie's Handgelenke in der Luft auf.
Er starrte immer noch mit verzerrter Miene stur auf meiner Brust, während ich ihn nur wortlos in den Arm nahm. Lizzy die auch wieder den Tränen nahe war, schlang ebenfalls die Arme um mich und vergrub ihr Gesicht in meinem Nacken.
Das Gefühl von wohliger Wärme stieg plötzlich in mir hoch, und nahm mir mit einem mal den Halt in dem Beinen, sodass ich mit den beiden zu Boden rutschte. Der ganzen Stress und die Anspannung die sich in den letzten Stunden in mir aufgebaut hatte, schien sich langsam wieder abzubauen.
Meine Lippen bebten als ich an die Decke starrte, der Kronleuchter war angeschaltet und das Licht flackerte leicht vor sich hin- keiner von uns sagte mehr ein Wort.
Stattdessen liefen mir nur stumm die Tränen über's Gesicht, als ich Lizzy schniefen hörte, und auch Archie's Griff spürte, dieser sich fest um meiner Taille geschlungen hatte.
Es tat mir verdammt weh die beiden mit meiner Aktion so traurig gemacht zu haben.
Wenn ich jetzt so darüber nachdachte, kam ich mir noch bescheuerter vor als noch vor einer halben Stunde.
Und jetzt durfte ich den beiden noch die zweite schockierende Nachricht beibringen.
"Ihr...ihr zwei seit echt unglaublich."
Presste ich jetzt hervor und blickte auf Archie herab, dieser nicht den Kopf hob. Lizzy löste sich ein Stück von mir und wischte sich über die Augen.
"...ihr könnt jeden Grund haben auf mich sauer zu sein. Vor allem wenn ich euch erzähle was mir Candle gerade wieder eingebrockt hat."
Fügte ich hinzu. Jetzt auch zog Archie zurück und sah mich fragend an.
"Sie steckt mich mit den Kämpfern zusammen. Zu denen, die zu Hütern oder Spy's ausgebildet werden- ich soll da mitmachen damit ich in den Kampf geschickt werden kann."
Die zwei starrten mich für eine so lange Zeit an, dass ich befürchtete sie hätten vergessen mir zu antworten.
Erst als ich ansetzte um etwas zu sagen, fing Lizzy bereits an sich aufzuregen.
"Das ist doch wohl ein dummer Scherz."
Sie blinzelte und wischte sich mit einem Stück ihres Ärmels eine Träne aus dem Augenwinkel. Dabei versuchte sie streng auszusehen, doch ihre geröteten Augen, und ihre ebenso rosige Nase ließen sie eher niedlich wirken.
Ich seufzte nur und zwang mir ein Lächeln ab.
"Tja..."
Mein Blick sackte auf meine Finger ab, wo ich anfing an meinem Ring zu drehen.
"Das kann die sich abschminken. Du wirst dich doch nicht noch einmal freiwillig in Gefahr begeben wollen, was fällt der eigentlich ein?"
"Also..."
Setzte ich an, doch verstummte sofort wieder.
"Was...?"
Beide Blicke richteten sich zu mir.
Archie schüttelte nur mechanisch den Kopf, und in seinem Blick konnte man deutlich die Wörter: "das ist jetzt nicht dein ernst?", ablesen.
"Das...habe ich euch noch gar nicht gesagt, aber ich...ich will mich den Hütern anschließen."
Die Worte entflohen mir nur mäßig, und innerlich spürte ich die Angst in mir hoch kriechen. Die beiden würden mich spätestens jetzt endgültig hassen. Nicht nur das ich mich so leichtsinnig in den Kampf gestürzt hatte, sondern auch das ich den Hütern beitreten wollte.
Plötzlich keimte in mir selbst auch die Frage auf ob ich es nicht doch zu übertrieb. Wie konnte ein einfacher Mensch, der aus Zufall Magie in sich trug, zur Hüterin werden? Die Aniku's sind weitaus stärker und geschickter in der ganzen Sache. Sie hatten richtige Magie- eine die weitaus effektiver war als meine, die ich noch nicht einmal richtig beherrschen konnte. Und außerdem hatte ich nicht die Wolfsähnlichen Fähigkeiten wie sie. Während die Aniku's durch die Gegend hechten konnten, würde ich nur keuchend hinterher hinken...
Candle hatte dann wohl doch recht. Es war äußerst Witzhaft von mir..
Die beiden Freunde sahen sich nur unschlüssig an, als ich plötzlich anfing aufzulachen.
"Ja, ich weiß. Ganz schön lächerlich oder?"
Tränen wollten sich vor meine Sicht drängen, und brachten somit meine Augen zum brennen, aber ich blinzelte sie weg, und fuhr damit fort auf dem Boden zwischen unseren Knien zu schauen.
Keiner von uns sagte ein Wort, vermutlich weil keiner so genau wusste wie er darauf reagieren sollte. Ich wusste ja nicht einmal selbst was ich jetzt noch denken sollte- was Richtig oder Falsch war.
Archie war es, dessen kleiner Finger zu meiner Hand zuckte, doch wieder zurück zog. Mein Blick wanderte hoch zu ihn- er hatte die Lippen aufeinander gepresst, bis er sich endlich traute und zu mir hoch blickte. Dabei zuckte sein Blick kurz vor Schreck zusammen und er lächelte schief.
"Wieso willst du einer von ihnen werden? Weißt du eigentlich was das für dich bedeutet?"
Er bewegte seine Lippen lautlos mit seinen Händen mit, und ich konnte das Beben dieser unmöglich ignorieren. Der Arme sah aus als wenn er gleich einen Nervenzusammenbruch erleiden würde, wenn ich jetzt noch ein anderes Wort außer; nein das war alles nur ein Scherz- sagen würde.
"Ich weiß. Aber es ist der einzige Weg damit ich gewappnet dafür bin um diesen verdammten Schwarzmagier finden zu können. Erst seitdem er aufgetaucht war, läuft hier alles so dermaßen schief, dass ich das nicht länger ertragen kann. Und wenn ich schon einmal da bin dann kann ich auch gleich nach den Oberen schauen..."
Meine Verzweiflung war so deutlich heraus zu hören, dass ich sauer darüber wurde. Verdammt ich wusste doch selbst nicht was das noch alles werden sollte.
"Das ist doch völliger Schwachsinn! Du kannst nicht zum Hüter werden und dann einfach zu dem 'Mafia Boss' der Schwarzmagier spazieren! Der wird dich noch umbringen bevor du ihn überhaupt sehen wirst!"
Lizzy schlug vor Wut mit beiden Fäusten auf dem Boden unter ihr.
"Du wirst nicht dahin gehen und dich selbst umbringen! Und du wirst auch nicht an diesen bescheuerten Training teilnehmen!"
Ihre Stimme wurde immer lauter, was mich befürchten ließ- gleich würde einer der noch übrigen Wachen die auf dem Fluren standen- hinein stürmen um nach zu schauen was los war.
Doch es kam keiner, und weder Archie noch ich konnten etwas darauf erwidern. Stattdessen stand sie nur abrupt auf, drehte sich um und schmiss sich auf ihrem Bett. Das Gesicht in den Kissen vergraben, hörte ich sie leise schluchzen.
Plötzlich fühlte ich mich unglaublich schlecht.
Das Lizzy die ganze Sache so mitnahm, konnte ich kaum erahnen. Ich wollte nicht das sie traurig war, aber ich wusste das wenn ich jetzt zu ihr ging und versuchte ihr zu versichern das ich immer heil zurückkehren würde, sie mir eine verpassen würde.
Dies war etwas was man nicht versprechen konnte, besonders wenn man sich diesen Fall mal ansah. Ich hatte ihr gesagt ich komme sofort zurück. Und jetzt war ich dabei beinahe drauf gegangen...
Kraftlos biss ich mir auf die Lippen.
"Es tut mir leid."
Sagte ich nur heiser.
Archie seufzte tief und hatte die Hände auf seinem Schoß geballt.
"Bist du dir wirklich sicher das du das machen willst, Charlie?"
Aus dem Augenwinkel sah ich ihn Gestikulieren, kurz danach beteuerte er mir aber leise mit meiner Antwort zu sein.
Ich biss mir auf die Lippen und drehte mich beinahe gequält in seiner Richtung. Ich wusste mittlerweile ziemlich viele Wörter sodass ich ihn gut verstand. Selber die Zeichen mit der Hand zu formen, würde wahrscheinlich lange dauern. Aber er hatte recht, Lizzy war so wie so schon aufgebracht, sodass sie uns ansonsten bestimmt aus dem Zimmer geschmissen hätte vor Wut.
"Ich weiß es nicht. Bin mir Unsicher. Habe so eine Angst...um euch...aber ich will Antworten."
Während ich elend langsam versuchte die Worte zu formen, bewunderte ich Archie einmal mehr wie er mit Leichtigkeit so schnell all diese Gesten ausführen konnte, ohne sich einmal zu verhaspeln.
Gut, er hingegen konnte es schon seit Achtzehn Jahren. Ich erst seit einem halben Jahr.
Er verstand mich jedoch, und verurteilte mich nicht dafür so gebrochen zu Kommunizieren. Er ließ seine flinken Finger wieder für sich sprechen, und wirkte gefasster als noch vor fünf Minuten.
"Warum tust du dir das an? Du denkst du müsstest die ganze Welt retten, dabei ist das nicht deine Aufgabe. Lass die Hüter dir helfen. Du bist doch noch ganz am Anfang mit deinen Kräften. Dabei kann so furchtbar viel schief gehen!"
Er ließ die Schultern hängen und hielt für einen Moment inne, bevor er zögerte und dann abermals die Hände hob. Dabei lächelte er seelig.
"...ich bewundere deine Stärke. Als ich dich zum ersten mal gesehen habe, wusste ich das du einen Starken Willen hast. Was die anderen gesagt haben, hat mich nie interessiert- und alles was sie behauptet haben hat sich als falsch heraus gestellt, als wir uns zum ersten mal begegnet sind. Alle sind gegen dich. Wieso hilfst du uns?"
Ich musste bitter Lächeln.
Wieso fragte mich das eigentlich jeder? War es wirklich so schwer zu verstehen?
Ich sah ihn eine Weile lang an, bevor ich die Hände hob und sie einen Moment in der Luft verharren ließ. Auch wenn er mir in die Augen schaute, konnte ich ihn jedoch ansehen das er auf jeder meiner Finger achten musste.
"Weil ich mich hier Zuhause fühle..."
Die Anspannung schien von ihm abzufallen wie ein schwerer Stein. Er legte den Kopf ein wenig schief.
"Für sein Zuhause kämpft man. Und für all diejenigen die einen wichtig sind."
Alles was ich ihn beichtete, war echt.
Ich meinte es so. Ihr Krieg war schon lange zu meinem geworden. Und ich hatte meine Welt schon längst hinter mir gelassen, wie mir jetzt erschreckend auffiel.
Das einzige was mich noch dort hielt war Tante Alice...sie musste ich noch einmal ausfindig machen. Ansonsten hatte ich in dieser Welt nichts mehr zu suchen.
Wenn es nach mir gehen würde natürlich. Wenn Candle oder Rhory sagten das ich sehr wohl noch etwas dort verloren hatte, dann würde ich hochkant aus meinem neuen Zuhause geschmissen werden. All die Erinnerungen, alle wundersamen Geschehnisse und all die Leute die ich bereits in meinem Herzen geschlossen hatte, würden einfach wie nie existent gewesen sein.
Mein Herz zog sich bei diesem Gedanken zusammen, und am liebsten hätte ich laut angefangen zu schreien.
Ich riss mich aber zusammen, und beschloss das Thema für heute sein zu lassen. Archie war ich dankbar gewesen, dass er die ganze Sache deutlich gefasster annahm als Lizzy. Ich legte mich also auf die Couch, doch Schlaf fand ich kaum. Ständig drehte ich mich hin und her, war hellwach und starrte die meiste Zeit hinüber zum Fenster- dessen Mondschein den Boden des Zimmers erhellte.
Irgendwann reichte es mir und ich stand ätzend auf. Die Wunden des Kampfes ließen wieder von sich hören, und am liebsten hätte ich mir den Verband sofort wieder vom Arm gerissen, so wie er juckte.
Mein Blick wanderte zu den beiden Himmelbetten, und blieb an dem des Mädchens hängen. Sie hatte sich in einem Berg voller Kissen eingekuschelt, die Decke war ihr bis zur Nasenspitze gezogen. Ihr Pinker Schopf ragte von allen Seiten ab. Ich lächelte schief, und sah weiter zu Archie, dessen Kopf schief an dem Kissen hinter seinem Rücken angelehnt lag. Er hatte versucht sich mit Lesen abzulenken, und anscheinend musste das Buch so langweilig gewesen sein, dass es sogar gewirkt hat.
Für einige Zeit stand ich inmitten des Raumes und überlegte ob ich das Fenster einen Spalt breit öffnen sollte, entschied mich aber dann doch lieber raus zu gehen.
Ich wollte die zwei nach diesem Abend nicht unnötig wecken, zumal ich im Gefühl hatte das morgen schon genügend Stress auf uns zukommen würde.
Also öffnete ich die Tür einen Spalt breit und lugte auf dem Gang heraus. Die Wachen standen weiter abseits, und an ihren Silhouetten konnte ich erkennen das diese ebenfalls nicht bei Bewusstsein waren.
Leise tappte ich mit den Socken heraus und schloss die Tür so geräuschlos wie möglich.
Mein Weg führte zwischen den Wachmännern hindurch, und als ich nahe an ihnen die ersten Treppen hinunter tappte, war es ein wunder das ich nicht prompt die kompletten Stufen hinunter stürzte, so oft wie ich mich umdrehte um zu schauen ob einer der beiden wach wurde.
Der linke jedoch lehnte lässig an der Wand- sein Gesicht an einer der Säulen angelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt. Der andere saß gerade mit dem Rücken angelehnt auf dem Boden an der zweiten Säule, und hatte die Hand stets auf sein Schwert abgelegt.
Nun gut mir spielte es in die Hände dass sie schliefen.
Unten angekommen, sah ich mich nach weiteren wachsamen Augen um, und machte eine Vollbremsung kurz vor Ende der Treppen, und duckte mich hinter der großen Steinstatue die eine Sonne zeigte.
Hoch oben auf dem Geländer lief einer der Hüter herum, doch er sah eher danach aus als wenn er nur nach einer Beschäftigung suchte um nicht einzuschlafen. Er hatte den Kopf gesenkt und wankte hin und her.
Langsam schlich ich mich geduckt die Treppe hinunter und huschte so schnell wie es ging neben das Treppengeländer und versteckte mich.
Was hatte ich eigentlich erwartet? Das ich wie ich lustig war einfach durch die Schule spazieren konnte, jetzt wo die Monster uns umkreisten?
Hier bleiben konnte ich nicht, also huschte ich geduckt in Richtung Sporthalle, öffnete die Tür und zog sie schnell hinter mir zu, in der Hoffnung der Wachmann hatte mich nicht bemerkt.
Ich atmete einmal tief durch und drehte mich dann um, nur um mich zu erschrecken da Licht in der Halle brannte.
Die Betten lagen allesamt still. Den Hütern schien es gut zu gehen, alle hatten sich in ihre Betten hin und her gewälzt. Eine Gestalt jedoch störte das Bild indem sie hin und her lief bis sie mich bemerkte.
Sie blieb stehen und sah direkt in meiner Richtung, und ich erwartete schon das sie mich sofort wieder raus schmeißen würde, als ich erkannte das es Sayo war.
"Hey..."
Sie lächelte schief und gab mir ein Handzeichen das ich zu ihr kommen sollte. Unsicher lief ich den Gang durch die Sporthalle entlang durch die vielen Betten hindurch. Es war so unglaublich still, dass ich befürchtete ich könnte jemanden mit meinen Schritten allein wecken.
"Kannst du nicht schlafen?"
Fragte sie freundlich lächelnd, und stemmte die Fäuste in die Hüften.
Ich schüttelte nur mit dem Kopf.
"Nicht wirklich. Mir geht zu viel durch den Kopf."
"Kein Wunder. Aideen hat mir erzählt das du in die Kampftruppe eingeteilt wurdest. Du hattest wohl schon einmal erwähnt das du Hüterin werden möchtest, stimmt's?"
Mein Puls beschleunigte sich sofort.
"Nein habe ich nicht! Das habe ich nie gesagt!"
"Wow, wow ganz ruhig."
Sayo hob abwehrend die Hände vor sich und lachte.
"Ich weiß es ist alles ein bisschen viel für dich, aber du brauchst keine Angst zu haben. Ich habe schon die besten Kämpferinnen ausgebildet!"
Sie zwinkerte mir zu.
"Kämpferinnen?"
Fragte ich entnervt.
"Ich dachte die Hüter wären alle nur Männlich. Oder meinen sie die Spy's?"
Sie schüttelte den Kopf, ihre blauen Locken wippten. Einige davon hingen ihr verschwitzt in der Stirn, als sie einen Holzstuhl hervor zog und sich verkehrt herum darauf setzte. Sie stützte sich mit den Armen auf der Lehne ab und deutete auf einen alten Holzschemel hinter mir.
"Setz dich doch. Ich habe früher die Weiblichen Hüter ausgebildet."
Fuhr sie ungerührt fort.
Überrascht zog ich den Hocker hervor und setzte mich darauf.
"Aber...wie kommt es das ich noch nie eine gesehen habe?"
"Die Hüterinnen sind im Osten eher vertreten..."
Fing sie an.
"Jede Stadt hat so seine Gruppen. Manchmal sind weniger Hüter an einem Ort, mal mehrere. Mal sind nur die Frauen vertreten, manchmal nur die Männer. Glückwunsch das du dann wohl in der Männerwelt gelandet bist."
Sie lachte und angelte nach einer Wasserflasche die auf dem Boden stand.
"Wieso arbeiten sie denn nicht zusammen?"
Fragte ich weiter, und sah mich um ob die Patienten von unserem Gespräch wach wurden.
"Keine Sorge, die schlafen alle tief und fest."
Sayo schloss die Flasche wieder.
"Ich habe heute eine große Kanne Lavendel Tee gekocht, davon schlafen die motzigen Draufgänger sofort ein und halten die Klappe."
Als sie anfing zu lachen, konnte ich nicht anders als zu grinsen.
"Der Grund warum beide nicht zusammenarbeiten kannst du dir bestimmt denken. Die Männer finden das die Frauen nicht kämpfen können, die Frauen finden das die Männer nicht wissen wie man kämpft. Es ist das gleiche Theater wie schon seit tausend Jahren zuvor, und weil beide nie auf einen Nenner gekommen waren, ist die ganze Sache so ausgegangen das sich zwei Gruppen gebildet haben, für die das jeweilige Dorf- oder die Stadt dann abgestimmt hat."
Erklärte sie.
Ich nickte.
"Hm, das kenne ich nur zu gut aus meiner Welt."
Sie lachte auf.
"Ja, ich denke einige Sachen sind in unseren Welten ziemlich gleich geblieben. Wenn nicht jemand mal ein Machtwort ausspricht, werden wir es weiterhin ziemlich schwierig haben.
Sayo seufzte nur.
"Wie dem auch sei: du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Auch wenn es jetzt so aussieht das ihr unvorbereitet in den Kampf geworfen werdet, ist das nicht so. Wir bereiten euch nur für das 'Worst-Case Szenario' vor. Wenn die Hüter wieder auf den Beinen sind, werdet ihr dennoch ausgebildet. Leider kommt es immer häufiger zu solchen Attacken, deshalb ist es gut wenn jeder so ein Training einmal hinter sich hat, um sich verteidigen oder flüchten zu können."
Ich nickte.
"Es hat sich aber sehr danach angehört das ich in den Kampf ziehen soll..."
Fügte ich sauer hinzu , und unterdrückte den Impuls vor Wut zu zittern.
Sayo musterte mich.
"Nun ja wenn du ziemlich gut bist, könntest du das wahrscheinlich."
Sie lächelte.
"Schlaf eine Nacht darüber. Heute war genügend Aufregung gewesen. Morgen wird dir und den anderen alles erklärt."
Ich nickte bloß und zwang mir ein lächeln auf.
"Klar. Kann ich noch einmal nach Sorin sehen?"
Lenkte ich ab und stand schon auf.
"Sicher doch. Das war bestimmt auch der Grund gewesen warum du hierher gekommen bist, stimmt's? Sein Fieber ist mittlerweile runter gegangen. Es war echt schwer gewesen ihn den Tee zu geben, er hatte gesagt das er Lavendel hasst."
Ich musste mein Grinsen zurückhalten.
Wenn man bedachte das sich vor seinem Wald ein ganzes Lavendelfeld erstreckte...
Ich lief ein paar Betten weiter und entdeckte ihn schon von weitem. Sorin lag auf dem Rücken, seine Hände waren auf seinem Bauch gefaltet. Ich lächelte und stellte mich neben ihn.
Sein Brustkorb hob sich regelmäßig auf und ab, an seiner Wange klebte ein Pflaster, so wie
Verbände um seine Handgelenke.
"Schlaf gut. Bis morgen."
Flüsterte ich. Sein linkes Ohr zuckte kurz.
Aus Angst ihn zu wecken, unterließ ich es ihn über den Arm zu tätscheln und drehte mich daher um und hob die Hand zu Sayo, diese mir noch eine Gute Nacht wünschte.
Ich schaffte es ohne Aufmerksamkeit wieder zurück ins Zimmer, und schloss auch dort langsam die Tür. Zu meiner Überraschung stand Lizzy dafür in der Mitte des Raumes.
"Wo warst du?"
Fragte sie ohne Umschweife.
"In der Sporthalle. Konnte nicht schlafen deshalb habe ich nach Sorin geschaut."
Antwortete ich, die Hand immer noch auf der Klinke.
"...und du?"
"Ich musste auf's Klo."
Antwortete sie knapp.
Die peinliche Stille zwischen uns war beinahe unerträglich.
"Okay also..."
Fing ich an, doch da unterbrach sie mich schon als hätte sie nur darauf gewartet das ich etwas von mir geben würde.
"Ich bin immer noch sauer auf dich."
Ich ließ seufzend die Hand von der Klinke rutschen.
"Ja, kannst du auch."
Sie drehte sich um und lief zu ihrem Bett.
"Hey jetzt sei doch nicht so. Ihr seit mein Zuhause geworden- ich will dafür Kämpfen das all das aufhört."
Versuchte ich es noch einmal. Als nichts von ihr kam, lief ich zu ihr und blieb direkt vor der Bettkante stehen.
Sie hatte sich umgedrehte und mir den Rücken zugekehrt. Ich ließ mich auf dem Boden nieder und lehnte mich mit dem Rücken an dem Gestell an.
"Du hast jedes Recht auf mich sauer zu sein, aber ich werde mich nicht wie ein Reh verstecken. Außerdem will Candle doch das ich kämpfe. Also selbst wenn ich es nicht von mir aus wollen würde- hätte sie mich so wie so dazu gezwungen. Du kennst sie doch."
Ich starrte aus dem Fenster.
Nach einigen Minuten die vergingen ohne das sie oder ich etwas sagten, hörte ich sie nur seufzen und spürte die Bewegung auf dem Bett, sodass ich mich umdrehte.
Sie stöhnte und sah genervt zu mir nach unten.
"Dann tu gefälligst ein auf dumm wenn sie von dir verlangt zu kämpfen, dann lässt sie dich hoffentlich in Ruhe!"
Sie ließ sich auf dem Rücken zurück fallen, und ich lächelte.
"Ich gebe mein bestes."
Sagte ich und stand auf. Sie schaute zur Seite als ich sie ansah.
Ich drehte mich schmunzelnd um und lief zurück zu meiner Couch.
Als ich dort lag, dauerte es noch eine ganze Weile bis ich irgendwann unbewusst einschlief.
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Bis zum Nächsten Kapitel ♥♥♥
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