„Sie hätte dich geliebt"
Ich weiß nicht, wie lange ich letztendlich in den Heuballen lag, aber irgendwann hatte die Playlist ihren letzten Song gespielt und ich öffnete meine Augen, als mich eine seltsame Dunkelheit überraschte.
Es fing schon an zu dämmern, anscheinend hatte ich wirklich lange herum gelegen oder war vielleicht sogar kurzzeitig eingeschlafen, jedoch machte ich mir da nicht zu viele Gedanken rüber, sondern stand einfach auf, klopfte mir meine Hosen ab und bewegte mich dann auf die Leiter zu, damit ich diese in Ruhe nach unten klettern konnte.
Ein seufzen verließ meinen Mund, als meine Füße wieder auf dem Boden der Tatsachen ankamen und ich hörte ein Geräusch aus der Ecke der Scheune, weswegen ich mich nun schnellstmöglich auf den Weg ins Haus meiner Großeltern machte.
Das Auto meiner Eltern war schon verschwunden und ich bin mir sicher, dass ich deswegen später noch eine Nachricht von meiner Mutter bekommen würde, jedoch machte ich mir da jetzt noch nicht zu viele Gedanken drüber, sondern betrat das Haus, welches mit einer Menge Kindheitserinnerungen gefüllt war.
Fast sofort trat mir ein angenehmer Geruch in die Nase, weswegen ich meine Schuhe zu den anderen im Regal stellte, meine Ohrenstöpsel um mein Handy wickelte und dieses dann auf der Kommode im Flur ablegte. Dann betrat ich bereits die Küche und ein angenehmes Rot kam mir entgegen.
Ich erinnerte mich noch daran, dass die Küche damals weiß gewesen war, aber vor zwei Jahren wollte meine Oma unbedingt einen neuen Anstrich haben und sie haben sich direkt für eine nagelneue Küche entschieden. Nun, wo ich das Ganze live sah, empfand ich ebenfalls, dass es fast noch besser in die Räumlichkeiten passte, als die alte Küche.
"Da bist du ja, wir haben uns schon Sorgen gemacht", ergriff meine Großmutter zuerst das Wort und gab mir ein liebevolles lächeln, während ich neben ihr auftauchte und das Geschirr trocknete, welches sie bereits abgewaschen hatte.
"Deine Oma hat mal wieder vollkommen übertrieben. Wir wissen ja, dass du dich hier besser auskennst als in deiner eigenen Westentasche." Meine Oma sah ihn einmal warnend an, weswegen mein Opa die Augen verdrehte und dann lächelte, bevor er ihr einen Kuss auf den Kopf drückte und dann einmal über meinen Rücken strich. "Es freut uns wirklich, dass du hier bist."
"Ich freue mich auch, hier zu sein." Denke ich zumindest. Momentan, konnte ich meine Gefühle einfach nicht richtig einschätzen und versuchte deswegen, meinen Aufenthalt hier, für sie wenigstens zu etwas schönem zu machen. Tatsächlich schien es funktioniert zu haben, da das lächeln auf den beiden Gesichtern nur noch größer wurde und dann ließ mich ein Geräusch aufhorchen, womit ich definitiv nicht gerechnet hatte.
"Milo!", rief mein Opa ermahnend und kurz darauf, betrat ein Schokobrauner Labrador die Küche. Meine Augen fielen mir fast aus meinem Kopf, als ich das Geschirr abstellte und das Handtuch über meine Schulter warf, bevor ich mich hinkniete und der Hund mir direkt in meine Arme lief.
Ich versuchte mein Gesicht vor seinen küssen zu retten, doch gerade in diesem Moment hatte ich zum ersten Mal seit langer Zeit das Gefühl, wirkliche Glücksgefühl zu verspüren. Das weiche Fell unter meinen Fingern, die aufgedrehte Art, seine Freude; färbte auf mich ab und ein Kichern verließ meine Lippen, als ich den Hund endlich soweit ruhig bekommen habe, dass er vor mir auf dem Boden lag und mir seinen Bauch entgegen streckte.
"Seit wann habt ihr wieder einen Hund?", wagte ich nun endlich zu fragen und schaute zu meinen Großeltern nach oben, die mich mit einem lächeln auf den Lippen ansahen.
"Wir waren uns nach dem Tod von Baxter nicht sicher, ob wir uns noch einen Hund holen sollen, aber dann hatte unser Nachbar einen Wurf und nachdem Milo ihm entwischt war und deiner Oma direkt in die Arme gelaufen war, hatten wir gar keine andere Wahl."
"Das heißt er ist euer Hund?" Ich weiß, die Frage war dämlich aber ich musste einfach bestätigt bekommen, dass die nächsten Wochen viel besser werden würden, als erwartet. Denn ich wollte immer schon einen Hund haben, da ich mit dem alten Hund meiner Großeltern aufgewachsen war, aber in unserer Wohnung in London war es nicht erlaubt, Haustiere zu halten und meine Eltern hatten außerdem nicht wirklich Interesse daran. Dass ich nun für sechs Wochen einen Hund haben würde, ließ mich für einen Moment die traurigen Gedanken etwas zurückstellen.
"Ja, ganz offiziell. Wir dachten, dass du dich vielleicht-"
"Ja", unterbrach ich meine Großmutter sofort und sprang auf, um sie in eine dicke Umarmung zu ziehen, bevor ich die selbe Geste bei meinem Opa wiederholte und wir dann endlich dazu kamen, zusammen Abend zu Essen.
Die beiden sagten mir, dass meine Eltern wohl okay damit gewesen wären, dass ich mich nicht verabschiedet habe, doch um ehrlich zu sein, glaubte ich ihnen das nicht so ganz. Wahrscheinlich erwarteten sie aber in letzter Zeit allgemein nicht so eine Anwesenheit von mir, weswegen sie wahrscheinlich die Hoffnung hatten, dass ich etwas offener wäre, nachdem ich ein paar Minuten; oder eben auch Stunden, für mich und mit mir alleine verbracht hatte.
Obwohl meine Großeltern meinten, dass Milo eigentlich draußen schlafen sollte, kam das für mich auf gar keinen Fall in Frage. Deswegen, betrat ich auch nicht alleine mein altes Kindheitszimmer, sondern ließ den Hund vorlaufen und betrat dann den Raum, bevor ich die Tür schloss und ein paar Sekunden wartetet, bis ich den Lichtschalter betätigte.
Das leicht gelbliche Licht erweckte die Erinnerungen in mir und ich sah mir das Zimmer an, welches noch immer genauso aussah, wie damals. Selbst die ganzen Poster und Medaillen hingen noch an den Wänden. Ich fuhr mit meinen Fingern sanft darüber, erinnerte mich daran, wie lange ich gebettelt hatte, bis meine Mutter mir endlich erlaubt hatte, die ganzen Bilder aufzuhängen.
Milo hatte es sich hingegen schon auf dem Teppich vor meinem Bett bequem gemacht, weswegen ein lächeln auf meine Lippen schlich und ich im vorbeigehen einmal seinen Kopf tätschelte, bevor ich mich auf dem Bett niederließ; das Einzige, was sich in diesem Raum verändert hatte.
Meine Großeltern hatten mein keines Einzelbett gegen ein größeres ausgetauscht, weswegen das Zimmer nun zwar kleiner, jedoch gleich viel Erwachsener wirkte. Auf dem Kissen fand ich eine Tafel meiner Lieblingsschokolade wieder und ich verstaute diese sofort in meinem Nachtschrank, bevor ich mich auf den Rücken fallen ließ und meine Arme hinter dem Kopf verschränke.
Mein Blick haftete an der weißen Decke und für ein paar Momente war es einfach nur still, bevor ich meinen Kopf zu dem Schokobraunen Labrador drehte, welcher mich mit den typischen Hundeaugen anblickte. Nicht einmal eine Sekunde später hatte ich meinen rechten Arm hinter meinem Kopf hergezogen und auf mein Bett geklopft, weswegen der warme Hundekörper neben mir Platz nahm und seine Nase sanft gegen meine Brust stupste.
"Sie hätte dich geliebt", hauchte ich leise, kraulte ihn hinter den Ohren und ließ das ruhige Gefühl auf mich wirken, welches Hunde einem sofort vermitteln. "Labradore waren immer die Hunde, bei denen sie sogar die Besitzer gefragt hat, ob sie einen Streicheln darf. Dabei war sie sonst eigentlich ziemlich schüchtern, weißt du?"
Seufzend blieb meine Hand nun ruhig auf seinem Kopf liegen und ich unterdrückte mir ein schluchzen, als die Dunkelheit mich wieder einholen wollte und ich Wieder einmal nach einem Weg suchte, ihr zu entfliehen, bevor sie mich komplett für sich einnehmen würde.
∞
"Schau mal Lou! Da drüben!", obwohl sie flüsterte, schrie sie mich förmlich an und ich wandte zum ersten Mal den Blick von meinem Eisbecher ab, um ihrem zu folgen.
Natürlich, entdeckte ich sofort den schwarzen Labrador, welcher an einem Laternenpfahl angekettet war, während die Besitzer wahrscheinlich etwas aus dem Laden gegenüber holten. Ein lächeln schlich sich auf meine Lippen, bevor ich den Kopf schüttelte und ein bisschen Eis zusammenkratzte, damit es gleich wieder in meinen Mund finden konnte.
"Gott der ist so niedlich", schwärmte sie wieder vor sich hin und legte ihren Kopf dramatisch auf ihrer Hand ab, weswegen ich nur nickte. Natürlich, reichte ihr diese Art von Reaktion nicht und sofort begann sie damit, Gründe aufzuzählen, wieso Labradore die besten Familienhunde sind und ganz ehrlich? So richtig zugehört, hatte ich ihr nicht. Aber es freute mich, dass sie sich dafür so begeistern konnte und das, war das wichtigste für mich.
Sobald die Besitzer des Hundes aus dem Laden kamen und die Leine befreiten, war meine beste Freundin aufgesprungen und zu ihnen gegangen. Ich konnte von hier aus sehen, wie ihre Wangen einen leichten Rotschimmer angenommen hatten, während sie mit den beiden Erwachsenen sprach und kurz darauf, beugte sie sich nach unten und streichelte den Hund, während sie weiterhin das Gespräch aufrecht erhielt.
Zwei Minuten später, kam sie mit einem strahlenden lächeln auf mich zu und ich konnte es mir nicht nehmen, ihre Hand kurz in meine zu nehmen und diese zu drücken, während sie ein theatralisches seufzen losließ und mich dann entschlossen ansah.
"Später kaufe ich mir auf jeden Fall einen Labrador. Am liebsten einen braunen."
∞
Das später gab es nun leider nicht mehr.
[...]
Ich hoffe ab jetzt kann ich vielleicht regelmäßig updaten... ich hoffe wirklich 😅❤️
xoxo Michelle
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top