„Hey, warte bitte kurz!"

Ein altes Hobby wieder zu entdecken tut wirklich gut. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal ein Richtges Buch in der Hand gehalten und dann auch gelesen hatte. Social Media, E-Books und die verschiedenen Möglichkeiten, online kostenlos seine Zeit zu verbringen, haben in den letzten Jahren einfach Überhand genommen. Dies ist an sich natürlich nicht schlimm, aber da ich nun keine Möglichkeit hatte, mich dort herum zu treiben, verfing ich mich in den ersten Zeilen des Buches und kam nicht davon weg.

Deeper von Robin York. Vorerst klang es gar nicht so spannend, nicht, wenn du dich nicht in Hauptrolle hinein versetzen kannst. Kurz gesagt ging es in dem Buch darum, dass das Mädchen gemobbt wird, nachdem ihr Ex Nacktbilder und auch Sex-Bilder im Internet verbreitet hat, auf denen sie klar zu sehen ist. Nach diesem Spektakel, ist ihr gutes Bild an der Schule zerstört. Nachher gibt es irgendeine Liebelei, die mir jedoch nach einer Zeit zu langweilig wurde, weswegen ich das Buch dann doch zur Seite gelegt hatte und Löcher in die Luft starrte.

Wie ein Windzug, erfasste mich die Realität und machte mir schmerzhaft bewusst, dass sie tatsächlich weg war. Ich konnte nicht einfach nach meinem Handy greifen, sie anrufen oder ihr eine Nachricht schreiben - sie war weg. Ich würde sie nie wieder in den Arm nehmen können, nie wieder neben ihr Einschlafen und Aufwachen. Ich würde nie wieder ihre Stimme hören, ihr lachen, oder gar ihr weinen. Du realisierst gar nicht, wie sehr du diese Sachen doch von einer Person brauchst, bis sie plötzlich nicht mehr da sind und du keine Möglichkeit hast, die Gefühle die du in diesem Moment verspürst, wieder zu fühlen.

Ich krümmte mich auf meinem Bett zusammen, versuchte schmerzhaft an etwas anderes zu denken, doch immer und immer wieder, sah ich sie vor mir. Noch nie habe ich mir etwas so sehr gewünscht, wie ihre zierlichen Arme um mich. Mir fiel ein, wie sehr sie abgenommen hatte, sobald die Internet Bekanntschaft ihr einmal gesagt hatte, dass sie wohl doch etwas zu viel auf den Hüften hatte und wie sehr ich ihn aufsuchen und meine Meinung geigen wollte. Ihr großer Bruder hätte mir dabei auf jeden Fall geholfen. Ich wollte mir gar nicht ausmahlen, wie sehr er litt. Wie sehr ihre ganze Familie litt und trotzdem lag ich hier auf meinem Bett und hatte das Gefühl, ohne sie nicht mehr leben zu können. War sie doch alles für mich gewesen..

*****

Nach meinem Nervenzusammenbruch, der von Milo welchen ich jaulen gehört hatte, unterbrochen wurde, starrte ich noch eine Weile auf das nicht fertig gelesene Buch und überlegte, ob ich mich doch noch einmal dran setzen würde, bis ich den Gedanken beiseite schob. Ich konnte auf jeden Fall noch einmal etwas frische Luft gebrauchen, bevor ich schlafen gehe und die Albträume mich eh wieder heimsuchen würden. Deswegen war ich auch recht schnell von meinem Bett aufgesprungen, hatte mir einen Pullover übergeschmissen und zum ersten Mal seit Stunden, mein Zimmer verlassen.

Ich war mir Recht sicher, dass man mir ansehen würde, dass ich geweint hatte. Vor allem meine Oma, weswegen ich es vermied, den beiden unter die Augen zu treten und mich stattdessen still und heimlich nach draußen schlich. Milo saß bereits auf der Veranda und sprang, wie als hätte er mich bereits erwartet, auf und begrüßte mich mit einem freundlichen Hundelächeln. Tatsächlich musste ich zugeben, dass mich das gleich etwas besser fühlen ließ, weswegen ich die Leine vom Stuhl nahm und über die Wiese, zum Ausgang stolzierte.

Und wie, als hätte man mir noch eine reinhauen wollen, sah ich den Lockenkopf von Links kommen, welchem ein lächeln auf die Lippen trat, sobald er mich sah.

"Louis!"

Das war doch nicht wirklich sein Ernst.

"Hey, warte bitte kurz."

Leider hatte ich gar keine Möglichkeit, dem zu widersprechen, da er bereits neben mir stand und Milo auch nicht den Anschein gemacht hatte, als würde er sich noch einen Schritt weiter bewegen, ohne vorher Harry Hallo gesagt zu haben. Während die beiden sich also kurz begrüßten, versuchte ich mein Herz zu beruhigen, welches vor lauter Angst und Wut gegenüber dem Lockenkopf aus meiner Brust springen wollte. Ich konnte immer noch nicht fassen, dass mir der Junge, der mir das Leben kaputt gemacht hat, in meinem schlimmsten Sommer so unglaublich auf die Pelle rücken musste und damit alles noch beschissener machte.

"Also laut Mr. Tomlinson hilfst du mir morgen mit beim Hühnerstall? Ich freue mich schon drauf, nicht den ganzen Tag alleine da rumhängen zu müssen."

Erwartete er jetzt wirklich eine Antwort darauf? Entweder er ist wirklich so blöd oder er tut nur so, als hätte er meine Abneigung ihm gegenüber noch nicht festgestellt. Wie kam es, dass ich mich an jedes Wort, mit dem er mich damals fertig gemacht hatte, erinnern konnte und ihn schien es einen Scheiß zu interessieren? Wie kann man so ein Million Dollar lächeln aufsetzen, wenn das damalige Mobbingopfer genau vor einem steht und man sich doch denken kann, dass dieses einem nicht einfach so verzeiht?

"Ich meine, ich komme zwar schon ganz gut voran, aber ich kann mich einfach nicht für eine Farbe entscheiden. Deine Oma meinte, ich sollte mir eine aussuchen, nur leider habe ich wirklich keine kreative Ader und hatte gehofft, dass du mir vielleicht dabei unter die Arme greifen könntest?"

So langsam bekam ich das Gefühl, dass mir vor lauter Entsetzen gegenüber seiner Gleichgültigkeit gleich die Augen rausfallen würden. Dies war auch der Grund, weswegen ich nur ein leichtes Kopfschütteln aufbrachte, meine zitternden Hände faltete und zum Tor ging, welches meine Freiheit bedeutete. Milo kam mir recht schnell hinterher und gerade als ich das Grundstück meiner Großeltern verließ, überkam mich erneut der Drang, einfach loszuheulen.

Wenn sie doch nur da wäre, um mir jetzt beizustehen. Sie würde sich über ihn lustig machen und gleichzeitig sauer auf ihn sein, während ich mich nur in mein sechsjähriges Ich zurückkatapultiert fühlte, welches unter seinen Hänseleien zerbrach.

"Du bist also sicher, dass er auf unsere Schule geht?", fragte ich meine beste Freundin, während wir durch den Schulflur gingen und sie ihren Blick von Links nach Rechts schweifen ließ. Sie schien gar nicht richtig anwesend zu sein, bis ich ihr meinen Ellenbogen in die Seite haute und ihre Augen endlich wieder auf mir lagen.

"Ziemlich sicher", gab sie zu, dass es doch nicht hundert Prozent waren, doch dann wirkte ihr Blick wieder gefasster. "Wir unterhalten uns auch viel über die Schule und die Lehrer hier. Natürlich, kann er auch ein ehemaliger Schüler sein, aber dann würde sein Alter nicht passen."

"Ich verstehe einfach nicht, wieso er dir nicht sagt, wer er ist." Meine Zweifel bei der ganzen Sache, waren immer noch viel zu groß, als das ich meine beste Freundin einfach so ins offene Messer laufen lassen würde. Man hört viel zu viel Scheiße über irgendwelche pädophilen Arschlöcher in unserer Zeit und mir kam das alles doch noch sehr suspekt vor. Genau aus diesem Grund, verdrehte sie auch wieder die Augen und griff nach meinem Oberarm, um mir mit ihrem darauf folgenden lächeln zu zeigen, dass es ihr mit der ganzen Sache super ging und ich wohl überreagierend würde.

"Ich weiß es auch noch nicht so ganz. Er meinte aber, dass er wohl nicht besonders beliebt sei und ich enttäuscht wäre, sobald ich herausfinde, wer er ist. Ich habe ihm auch schon geschrieben, dass dem nicht so wäre und ich außerdem selbst nicht ansatzweise zu den beliebten Kids gehöre; es mir also nichts ausmacht."

Wie aufs Stichwort, hörten wir ein paar Mädels an den Schließfächern kichern. Sie versuchten nicht einmal, ihre Abneigung uns gegenüber zu verstecken, doch durch meine beste Freundin, war es mir mittlerweile egal geworden. Wenn die selbe Situation vor fünf Jahren stattgefunden hätte, wäre ich genau jetzt aufs Jungenklo gerannt und wäre nicht mehr rausgekommen, bis die Schule vorbei ist. Ich erinnere mich ganz genau daran, wie viele Fehlstunden ich tatsächlich auf meinem Zeugnis hatte, obwohl ich mich in der Schule befunden hatte. Zwar auf dem Jungsklo, aber ich war nicht Zuhause gewesen.

"Du weißt, ich mache mir nur Sorgen", versuchte ich es ihr zum hundertsten Mal zu verklickern und sofort verschwand ihr lächeln, da sie wusste, dass ich Recht hatte. Wir sprachen Nachts viel über Dinge, die uns im Moment beschäftigen und vielleicht wieder hoch kommen und neben Harry, war auch ihre Situation in meinen Erzählungen sehr präsent. Ich konnte einfach nicht glauben, dass mich die Aktionen meines Mobbers noch Jahre danach so verfolgten.

"Ich weiß", sie gab mir einen Kuss auf die Wange und kreuzte ihren kleinen Finger mit meinem, "Ich passe auf mich auf. Versprochen."

[......]

Guten Morgen liebe Leute. Es ist wieder ein Monat vergangen und das ging so viel schneller, wie ich erwartet hatte. I'm trying... I really am.

Ich hoffe, euch hat das Kapitel einigermaßen gefallen. Ihr habt ein wenig über Louis' Vergangenheit mit Harry erfahren dürfen und wahrscheinlich schon eine kleine Vorahnung, was mir Louis' sogenannter bester Freundin passiert sein könnte. Vermutungen? c:

Danke an alle, die noch dabei sind. Wenn ich euch jetzt verspreche, dass spätestens übermorgen ein Update kommt, schaffe ich es hoffentlich, das einzuhalten. Drückt mir die Daumen xD

Lots of love ❤️

xoxo Michelle (leider nicht gossip girl I'm sorry)

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top