13.


Ich wusste, dass das Schmerzmittel nachgelassen hatte, denn ich fühlte ein leichtes Brennen in der Brust und hoffte sehr, es würde vergehen, doch es blieb. Fortwährend. Unnachgiebig. Lästig. Schmerzhaft.
Meine Sinne waren dennoch nach wie vor betäubt und außer dem Schmerz, konnte ich weder sehen, noch hören. Es war, als ob ich in einem Zwischenraum zwischen Bewusstsein und Betäubung gelandet war. Es war furchtbar und zu meinem größten Unwohl, begab sich mein Gedächtnis auch noch auf den Weg der schlimmsten Erinnerungen meines Lebens. Ich tauchte ein, ohne etwas dagegen unternehmen zu können.

„Ich hab sie letztens gesehen! Du solltest dich wirklich vor ihr in acht nehmen, bevor sie dir deinen Schatz klaut!", warnte mich Lis, eine gute Freundin, die ich hier an der Akademie kennengelernt hatte.
„Wieso denn? André würde niemals eine andere mir vorziehen. Er hat es selbst gesagt", erwiderte ich entnervt.
„Red' du nur, aber ich sag dir: Er ist ein hübscher, netter Mann, aber er ist ein Mann. Und Männer sind Schweine, das weiß ich aus Erfahrung. Er wird dem Charme einer zweiten Kandidatin nicht lange widerstehen können!"
„Hmm ...", brummte ich als Antwort und verabschiedete mich. Sie wollte sofort nach Hause, ich musste ein paar Flure weiterlaufen, um André vor seinem Unterrichtsraum abzuholen. Gerade war ich um die zweite Ecke gebogen, als ich in einigen Metern Entfernung ein Seufzen hörte. Ich hielt an und lauschte angestrengter - ich wollte auf keinen Fall in private Angelegenheiten platzen.
„Du kannst mir nicht widerstehen, Süßer. Du weißt es doch selbst, du willst eigentlich nicht mehr mit dieser Zicke zusammen sein. Vertrau mir, André, ich weiß genau, was du willst."
Beim Klang seines Namens zuckte ich unwillkürlich zusammen.
„Megan, ich kann nicht! Lass mich los! Ich -" Ich hörte ein Schmatzen und ein langatmiges, wohliges Seufzen, und zu meinem Entsetzen protestierte André nicht mehr. Eine Welle von Zorn und Eifersucht übermannte mich und ich stürzte den Flur entlang nach links. Dort, nicht viel mehr als einen Meter entfernt vom Geschehen, begriff ich, was gerade vor sich ging.
Megan Truscot, eine aufgetakelte, Stöckelschuh tragende, sich für obercool haltende Superzicke, war gerade dabei, stürmisch meinen - ja, ich wiederhole: meinen - Freund zu küssen und sonst was mit ihm zu machen (um ehrlich zu sein, will ich es gar nicht wissen). André stand an die Wand gepresst da, die Augen weit aufgerissen, doch er schien es zu genießen, denn er unternahm keinen Versuch, sich aus dem giftigen Schlangengriff meiner Rivalin zu entwinden. Tatenlos musste ich zusehen, wie Truscot - ich würde sie nie wieder bei ihrem Vornamen nennen! - sich an André ranmachte. Die eine Hand fest in seinem buschigen Haar geklammert, die andere um seine Taille ...
Ich konnte den Anblick nicht länger ertragen und räusperte mich verlegen. Keine Reaktion. Nicht einmal ein Blick von André.
Ich wollte einen großen, wutentbrannten Auftritt hinlegen und schnellen Schrittes weggehen, doch meiner Stimme war nicht zu trauen.
„André", hauchte ich kaum hörbar, mir große Mühe gebend, nicht loszuheulen wie eine Dreijährige. Ich wollte ihn anschreien, ihn schlagen, dafür, dass er sich nicht gegen die Macht dieser ... dieser Nutte wehrte!
„Ich - ich dachte ...", brachte ich stattdessen heraus und rannte, nicht ohne einen weiteren wütenden, enttäuschten Blick zurückzuwerfen, davon. Mein Herz fühlte sich schwer an und schmerzte, als ob es mit Nadeln durchbohrt würde. Mein Magen drehte sich immer wieder um und meine Eingeweide schienen mich schmerzhaft daran erinnern zu wollen, was ich gerade gesehen hatte. Andrés geweitete Augen, Truscots laszive Bewegungen, das Stöhnen - die Bruchstücke der Szene spukten in meinem Geist herum, während ich immer schneller, immer weiter wegrannte. Dicke Tränen stürzten aus meinen Augen, verschwammen meine Sicht und rannen über mein Gesicht.
Ich hasse dich! Ich hasse dich! - schrie ich in Gedanken immer wieder. Ich hasse dich!

*****

So, hier mal ein etwas dramatischeres Kapitel, dass euch hoffentlich trotzdem gefällt ;)
Ich würde mich über Rückmeldung freuen!

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