Kapitel 6

Ein hagerer Mann, der früher einmal muskulös gewesen sein mochte, war entsetzt aufgesprungen, die Zornesröte hatte ihm das Gesicht versengt. Er brauchte nicht zu sprechen, um den anderen zu zeigen, wem sein Zorn galt. Mit einer für seinen Zustand gewaltigen Kraft sprang er über die Sitzreihen und Ruder. Nach wenigen Metern stand er vor Aurelius, der erstarrt war, Angesicht zu Angesicht. Seinen Blick wie gewetzte Messer auf ihn gerichtet, begann er die bedrohlichen Worte zu sprechen, die seine Seele verschmutzen sollten, während seine Hand langsam zu der Kehle seines Gegenübers wanderte. Der Hunger und das Leid hatten ihn in ein Tier verwandelt, das nur für sein eigenes Überleben kämpft, egal welchen Preis es hatte. Doch irgendwann musste er diesen Preis bezahlen und sei es mit der quälenden Reue, die ihn eines Tages plagen würde. Ich schloss die Augen, verschloss sie vor dieser Gräueltat, die sich vor ihnen abspielte, wollte sie nicht an meine reine Seele heran lassen, wollte sie nicht noch mehr durch all das Leid verkommen lassen. Dann zerriss der Schlag einer Peitsche die Luft und mit ihr die sich anbahnende Szenerie des Todes. Er hatte mit dem Schmerz Vergangenheit von Gegenwart getrennt. Dennoch wagte ich es nicht die Augen zu öffnen, wollte ihnen vorenthalten, was sie sonst zu sehen bekommen hätten. Plötzlich wurde ich hochgezerrt und ich stolperte von meinem Platz. Erst als mein Fuß gegen die erste Treppenstufe stieß, ließ ich sie in den Genuss des Lichtes kommen, einem dunklen Licht. Den Blick starr nach vorn gerichtet stieg ich die Stufen nach oben, immer die Hand eines Piraten auf den Schultern. Die Luke zum Deck wurde aufgestoßen und meine Augen flüchteten sich geblendet in die Dunkelheit hinter meinen Liedern. Ich brauchte einige Zeit, bis sich meine Augen an das Tageslicht gewöhnt hatten. Hier oben an Deck war es viel lauter als dort unten. Hier ging es hektischer zu, doch mittlerweile konnte ich hinter dieser Hektik und vermeintlichen Unordnung doch so etwas wie einen geordneten Ablauf erkennen. Dort oben am Steuer stand der Kapitän, den Rücken zu mir gewandt, und starrte durch sein Fernglas gen Horizont, um das unsichtbare Treiben dort zu sichten. Die autoritäre Ausstrahlung umgab ihn wie eine sichtbare Aura, doch die Bosheit legte sich wie ein Schatten über diese und trübte das Flimmern der Aura und veränderte sie zu einer Ausstrahlung des Bösen.

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