Kapitel 5

„Meine Mitmenschen sind schwach und niemand weiß, wie sich die Lage zu ihren Gunsten oder zu ihrem Übel ändern wird, aber lassen sie mich, falls Eure Auswahl ein weiteres Mal auf mich treffen würde, diese Stelle abgeben und sie denen, die es nötiger haben das Mahl zu teil werden." Kaum hatten diese Worte meine Lippen verlassen, senkte ich beschämt den Kopf in der Erwartung jeden Moment die feurige Peitsche zu spüren, wie sie jedes einzelne Wort aus meinem Mund mit Feuer auf meinem Rücken nachzeichneten. Doch es kam nichts. Totenstille hatte sich wie ein bedrohlicher Schleier, der meinen zu vorigen, leichtsinnigen Mut erstickte, über die Anwesenden gelegt. Dann folgte dieses grässliche Lachen, das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Aus dem Mund des Piraten erklang ein Geräusch, das sich wie eine grauenvolle Mischung aus zerspringenden Vasen und zerbrechendem Holz anhörte. Es war vielleicht ein seltsamer Vergleich, aber er traf vollends auf dieses schreckliche Geräusch zu. Alles hatte ich erwartet, aber nicht dieses Lachen. Ein Verantworten vor dem Kapitän, Peitschenhiebe, sogar den Tod hatte ich erwartet.

Auch die anderen reinen Seelen waren erstarrt, hatten ihre Arbeit unterbrochen und sich dem lachenden Seeräuber zugewandt. Aber es dauerte auch nur wenige Sekunden, bis ich bemerkte, dass dieses Lachen aus blankem Hohn und erdrückender Missbilligung bestand.

„Du kleine Ratte", begann er noch immer lachend. „Glaubst du wirklich dein lobenswerter", er spuckte dieses Wort förmlich aus. „Einsatz für deine Mitmenschen würde deine Lage oder die der anderen hier ändern? Der Kapitän braucht euch, egal in welcher Verfassung. Ihr werdet schon nicht verrecken. Wer diese Privilegien genießt, ist unsere Angelegenheit. Haltet euch da raus! Und du", mit diesen Worten wandte er sich wieder an mich. „Du kommst mit. Genau, wie du da!" Dabei wies er auf einen der jungen Männer, die an den vorderen Rudern saßen. Er bestand fast nur aus Haut und Knochen und wäre vor Schwäche fast gestürzt, als er über die Sitzreihen zu uns herüber kraxelte. „Ach ja, und du auch, Aurelius, oder wie auch immer du heißen magst!"

Ein Gefühl hatte mich im tiefsten Inneren vorgewarnt, dass gleich etwas Schreckliches passieren würde, doch ich hatte mal wieder nicht darauf gehört und nun offenbarte sich meinen Augen diese grauenvolle Szenerie, vor der ich gewarnt worden war.

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