Kapitel 2
Prächtige Kronen, goldene, mit Edelsteinen besetzte Kelche, unzähliger Reichtum wartete dort unten auf die Person, die die Schwelle der Pforte mit Blut tränken würde.
Ich spürte, wie der Seegang das Schiff hin und her schaukeln ließ. All meine Knochen schmerzten und auf meinen Händen hatten sich Schwielen gebildet. Ich saß zusammen mit den anderen elf Männern und Frauen unter Deck und ruderte wie noch nie. Die minütigen Peitschenhiebe hatten meinen Rücken in ein loderndes Feuer verwandelt und einige Male hätten mich die Schmerzen beinahe in die Dunkelheit der Ohnmacht geschickt. Ich hatte keine Ahnung, wie lange wir schon auf der See unterwegs waren, in jedem Fall zu lange. Aber den Anderen unter Deck ging es auch nicht besser. Sie alle waren nun Sklaven der Piraten, standen in ihren Diensten und waren ihnen mit ihrem Leben verpflichtet. Obgleich zuvor frei oder von Sklaverei zu Sklaverei gelangt, jeder einzelne von ihnen, mich eingeschlossen, hatte einen Rückschlag in seinem Leben erfahren. Ein jeder von ihnen wusste, wo diese Reise enden würde. Keiner hatte es ausgesprochen, aber jeder dachte es, so auch ich: Der Tod war unser Ziel. Im Tod würde es enden. Im Tod.
Über das schwere Ruder, das ich führte, spürte ich den Widerstand des Wassers. Noch war es ruhig und schlief, aber wie würde es sein, wenn es vor Zorn, dass jemand seine Ruhe mit Rudern durchpflogen hatte, erwachte und uns sich aufbäumend dem Untergang weihen würde? Würden wir ihm dann noch standhalten können? Wollten wir ihm dann noch standhalten? Oder würden wir ihn mit offenen Armen empfangen, ihm freudig entgegentreten? Schließlich war es ein angenehmerer Tod zu ertrinken, als der, den das Ziel bereithielt.
Unter Deck sprach niemand ein Wort. Das monotone Stöhnen der Ruderer, der immer wiederkehrende, die Luft zerreißende Hieb der Peitschen und das Rauschen des Wassers, waren die einzigen Geräusche, die zu hören waren, aber in unseren Köpfen klagten die Stimmen der Angst, die unseren Geist von innen heraus zu bekehren und ihm die Vernunft einzuflößen versuchten. Aber würde die Vernunft da sein, wenn der Geist schon tot war? Denn dieser Ort ließ unsere Seele verkommen und unseren Geist verfaulen. Irgendwann wäre er so verseucht, dass alles Leben ausgehaucht war, wie auch wir wohl unseres bald aushauchen dürften.
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