Teil 15

Xayra

Don't feel bad for making decisions that upset other people. You're not responsible for their happiness, your responsible for yours.
-Unbekannt

Seine Lippen auf meinen zu spüren, löst in mir Gefühle aus, die ich so noch nie erlebt habe.
In dem Moment, in dem er mich küsst, gibt es nur noch uns beide. Kein König, den man stürzen muss. Keine Bedrohungen durch das Regime. Keine Rebellen. Keine geheimen Pläne. Nur Drake und ich.
Ein paar Augenblicke später, erwidere ich den Kuss und bald darauf wird er immer intensiver und leidenschaftlicher.
Als er mit seiner Zuge sanft über meine Lippen fährt und damit den Kuss noch vertiefen will, wird mir klar, was wir hier eigentlich machen.
Erschrocken weiche ich zurück, woraufhin er mich sofort enttäuscht ansieht.
„Ich muss jetzt gehen." murmele ich mit zusammengezogenen Augenbrauen und laufe, über die Wiese voller Menschen, zurück in die Richtung der Stadt.
Was habe ich mir nur dabei gedacht?
Auch wenn ich ihm auf irgendeine verdrehte Art und Weise vertraue, ist er immer noch der Prinz.
Ich kann mich doch nicht auf den Prinzen von Aronia einlassen!
Ich habe gerade mal die Hälfte des Feldes überquert, als ich schnelle Schritte hinter mir höre.
„Warte Xayra!" ruft Drake aus der Menschenmenge hinter mir.
Ich zögere einen Moment, doch laufe dann trotzdem weiter. Unbewusst lege ich meine Finger auf meine leicht geschwollenen Lippen.
Ich vermisse schon jetzt das Gefühl von seinen Berührungen und seinen Lippen auf...Was zur Hölle denke ich da?!
Ich schüttle kurz meine Kopf, um wieder einigermassen zu Vernunft zu kommen und entferne schnell meine Finger von meinem Mund.
Es dauert nicht lange, bis ich vom Fest endlich zu Hause ankomme. Im Haus ist es komplett still und kein Licht brennt.
Anscheinend sind die anderen weg.
Gut so. Ich habe nämlich keine Lust ihnen schon wieder von einer gescheiterten Mission zu berichten. Ohne Umschweife gehe ich in mein Zimmer, ziehe mich um und lasse mich dann seufzend auf mein Bett fallen.
Drake... er hat tatsächlich mich geküsst...
Was hat sich dieser Idiot nur dabei gedacht?!
Das schlimmste ist aber, dass mein Herz jedes Mal wie verrückt schlägt, wenn ich an ihn, geschweige denn, an unseren Kuss denke.
Wieso hat er solch eine Wirkung auf mich?
Er ist der Prinz von Aronia und zudem kann ich mir keine Ablenkungen leisten, nicht wenn wir uns noch im Kampf gegen den König befinden.
Trotzdem möchte ich nicht, dass dieser Kuss der letzte war. Ich mag das Gefühl, welches ich habe, wenn er mich berührt oder er in meiner Nähe ist. Meine Haut kribbelt, mein Herz schlägt wie verrückt und es fühlt sich an, als hätte ich Schmetterlinge im Bauch.
Ich weiss nicht, was diese Gefühle bedeuten, aber rational gesehen, sollte ich sie möglichst schnell loswerden! Es geht gar nicht anders, denke ich jedenfalls.
Überzeugt jegliche Gefühle und Gedanken an einen gewissen Prinzen zu vergessen, schlafe ich nach langem hin und her wälzen endlich ein.

Zwei Wochen habe ich versucht Drake aus meinem Kopf und vor allem aus meinem Herzen zu verdrängen. Frustriert muss ich jedoch feststellen, dass das nicht wirklich funktioniert hat.
Ich habe ihn abgeblockt und bin ihm zwei Wochen ununterbrochen aus dem Weg gegangen, obwohl ich eigentlich gerade das Gegenteil will. Irgendwie hat es dieser arrogante Prinz nämlich geschafft, dass ich drauf und dran bin, mich in ihn zu verlieben.
Der einzige Grund, weshalb ich meinen Gefühlen noch nicht nachgegangen bin und den Kontakt zu Drake beinahe komplett abgebrochen habe ist, weil ich Angst habe.
Auch wenn ich es nicht gerne zugebe, fürchte ich mich vor diesen Gefühlen zu dem goldäugigen Mann. Vor allem die Konsequenzen, die mit ihnen verbunden sind, machen mich unsicher und lassen mich darüber nachdenken, ob ich meinem Herz wirklich nachgeben soll.
Mein ganzes Leben lang bin ich schon Teil dieser Rebellion gegen den König. Ich habe meine Kindheit damit verbracht geschickter, schneller und stärker zu werden. Ich kämpfe und riskiere mein Leben, für diejenigen, die tagtäglich under König Beauforts Herrschaft leiden.
Was passiert, wenn ich mich nun auf seinen Sohn einlasse?
Würde dies die Missionen und somit die Rebellion gefährden?
Würde ich damit alles zunichte machen, für was ich und viele andere schon seit Jahren arbeite?
Mir ist klar geworden, dass dieses Vertrauen, welches ich für Drake habe, eng mit meinen Gefühlen zu ihm verknüpft sind. Was wenn ich mich also von diesen Gefühlen blenden lasse und die ganze Rebellion in Gefahr bringe?
Ich könnte es mir niemals verzeihen, der alleinige Grund für unser Scheitern zu sein.
Also was wenn ich meine Gefühlen nachgehe? Werde ich dann mögliche Gefahren nicht mehr erkennen können?
Werde ich unbewusst dem Feind helfen und ihm meine Verbündeten ausliefern? All diese Gedanken, Fragen, Zweifel und Sorgen plagen mich seit nun mehr als 14 Tage.
Seufzend laufe ich mit einem Korb voller Gemüse und einigen anderen Lebensmitteln vom Marktplatz zurück zu meinem Haus.
Dabei muss ich einen Umweg nehmen, weil schon seit einigen Tagen überall im Salix-Viertel Bauarbeiten durchgeführt werden. Deshalb sind mehrere Strasse gesperrt, unteranderem die Hauptstrasse, die auch der schnellste Weg Nachhause ist.
Tief in Gedanken, achte ich nicht auf meine Umgebung, bis ich plötzlich ruckartig in eine der vielen Seitengassen gezogen werde.
Durch die vielen Kämpfe und die jahrelange Übung der Selbstverteidigung, wirble ich reflexartig zu der Person, die mich gepackt hat, herum und schlage ihm mit meiner Handkante direkt in den Kehlkopf.
Erschrocken stelle ich frst, dass es sich bei meinem vermeintlichen Angreifer um Drake handelt. Dieser steht nun röchelnd und hustend einige Schritte von mir entfernt und umfasst seinen Hals mit beiden Händen.
Besorgt laufe ich auf ihn zu. Ich stelle den Korb neben mir auf den Boden und entferne seine Hände von seinem Hals. Vorsichtig taste ich seinen Kehlkopf ab, um zu sehen wie gross der Schaden ist. Als ich aber keine allzu grosse Schwellung oder ähnliches bemerke, weiche ich wieder einen Schritt von ihm zurück.
Mit vor der Brust verschränkten Armen betrachte ich ihn vorwurfsvoll. „Was hast du dir auch dabei gedacht, mich einfach so in irgendeine dunkle Gasse zu ziehen?"
Seine Atmung hat sich mittlerweile auch langsam wieder beruhigt, jedoch klingt seine Stimme immer noch ziemlich heiser, als er mir antwortet: „Du gehst mir seit zwei Wochen aus dem Weg. Wie sonst hätte ich dich dazu bekommen, mir mir zu sprechen?"
Ich antworte nichts darauf und trete einen Schritt von ihm zurück, um meinen Korb voller Lebensmittel aufzuheben.
Anscheinend denkt er, dass ich wieder verschwinden will, denn sofort packt er mich am Handgelenk, um mich davon abzuhalten.
„Wieso hast du mich die ganze Zeit über ignoriert?" fragt er.
„Ich habe dich nicht ignoriert, ich w..." beginne ich mit meiner Lüge, doch er lässt mich nicht ausreden.
„Ich dachte, wir hätten bereits gemerkt, dass ich erkennen kann, wenn du lügst." meint er mit einem schiefen Lächeln, welches jedoch seine Augen nicht erreicht.
„Ich wäre heute Abend zu dir gekommen." sage ich die Wahrheit, ohne dabei seine Frage wirklich zu beantworten.
„Ach ja?" fragt er skeptisch und ich nicke.
„Ich muss dir ausrichten, dass du dich mehr um deine Pflichten als Prinz kümmern sollst. Wenn du dich engagierst, kommen wir so an Informationen, die wir sonst niemals erhalten würden."
Er sieht mich einen Moment lang schweigend an. Sein Gesicht zeigt keinerlei Emotionen, aber ich weiss ganz genau, dass ihm sein neuer Auftrag alles andere als gefällt.
„Na gut.." sagt er schliesslich. „Aber nur unter einer Bedingung werde ich mich kopfüber in die Höhle des Löwen stürzten." fügt er noch hinzu und ein breites Grinsen schleicht sich auf seine Lippen.
Skeptisch betrachte ich ihn mit hochgezogenen Augenbrauen. Er ist nicht gerade in der Position, um Bedingungen zu stellen.
„Sag mir, wieso du mir aus dem Weg gehst." fordert er.
„Hast du vergessen, dass du mittlerweile für die Rebellen arbeitest? Dein Job ist es nicht Bedingungen zu stellen, sondern das zu tun, was getan werden muss." meine ich leicht genervt, was sein strahlendes Lächeln aber keineswegs trübt. Er zuckt lediglich mit den Schultern und sieht mich abwartend an. Als ich aber auch nach ein paar Minuten seine Frage nicht beantworte, seufzt er frustriert auf.
„Ist es wegen dem Kuss?" fragt er und ich meine in seinen Augen so etwas wie Enttäuschung und Schmerz zu erkennen.
Mit meinem inneren Konflikt weiss ich nicht, was ich darauf erwidern soll. Es sieht mir meine Zerrissenheit offenbar an, denn er kommt schnell einige Schritte auf mich zu, sodass wir uns beinahe berühren.
Mit seinem Gesicht so nahe, dass ich seinen Atem auf meinen Lippen spüren kann, sagt er ernst: „Falls es so ist, will ich, dass du weisst, dass ich diesen Kuss kein bisschen bereue."
Wenn ich sage, dass ich den Kuss am liebsten ungeschehen machen würde, dann wäre das eine Lügen, weshalb ich einfach stumm auf den Boden schaue. Eigentlich will ich nicht, dass er weiss, was ich für ihn fühle. Das würde das Ganze nur noch komplizierter und schwieriger machen... aber andererseits will ich egoistisch sein, mein Gewissen und meine Sorgen ausschalten und an keine möglichen Konsequenzen denken.
Er legt seine Hände auf meine Wangen und zwingt mich so, ihm in die Augen zu sehen.
„Sag mir, mein Sonnenschein, empfandest du rein gar nichts, als ich dich küsste?" fragt er und blickt mir dabei suchend in die Augen.
„Ich..." beginne ich, unsicher was ich überhaupt sagen soll. Normalerweise habe ich immer einen Plan, aber dieser Idiot bringt mich jedes Mal in Situationen, in denen ich komplett improvisieren muss.
„Was wenn es ein Fehler wäre, etwas für dich zu empfinden?" stelle ich ihm also eine Gegenfrage, welche mehr oder weniger auch gleich seine Frage beantwortet. Daraufhin bildet sich sofort ein triumphierendes Lächeln auf seinen Lippen.
,Fast do als hätte ich ihm geradewegs gebeichtet, unsterblich in ihn verliebt zu sein.' denke ich augenrollend.
„Wenn es so wäre, dann würden wir das früh genug erkennen und können es einfach wieder beenden. Aber glaub mir Sonnenschein, das hier..." er zeigt mit einem Finger abwechslungsweise auf mich und sich selbst. „...ist bestimmt kein Fehler."
„Wir könnten jedoch nichts ungeschehen machen." werfe ich ein.
„Dazu sind Fehler doch da." erwidert er schulterzuckend.
Ich seufze frustriert. „Denkst du jemals länger als zwei Sekunden über eine Entscheidung nach, die alles in deinem Leben wirklich beeinflussen könnte?" frage ich und sehe in kritisch in die schönen goldenen Augen.
„Nein, wieso auch? Immerhin weiss ich genau, was ich will." sagt er grinsend und ehe ich mich versehe, hat er den kleinen Abstand zwischen uns überwunden und küsst mich zunächst noch sanft auf die Lippen.
Sofort sind alle meine Zweifel für den Augenblick wie ausgelöst und ich will nichts anderes, als seine weichen Lippen auf meinen zu spüren.
Was macht dieser Mann nur mit mir?
Ich lasse den Korb fallen und verschränke stattdessen meine Finger in seinen dunklen Haaren. Seine Hände wandern von meinen Wangen sanft, über meinen Hals und meine Schultern, bis hin zu meiner Hüfte. Er zieht mich ruckartig näher an sich ran und löst seine Lippen von den meinen, um gleich darauf meinen Hals entlang zu küssen. Als er leicht an einer Stelle hinter meinem Ohr saugt, entweicht mir ein leises Stöhnen. Augenblicklich kann ich das Lächeln auf seinen Lippen an meiner Haut spüren. Er küsst die Stelle noch ein paar Mal, bevor er weiter runter zu meinen halb entblössten Schultern wandert.
Ungeduldig ziehe ich ihn jedoch wieder zu mir hoch, um unsere Lippen erneut zu vereinen.
Ich hätte nicht gedacht, dass ich dieses Gefühl, ihn zu küssen und zu berühren, so sehr vermisst habe.
Nach einer Weile lösen wir uns schwer atmend wieder voneinander. Drake legt seine Stirne an meine und sieht mich so mit einen funkelnden Augen zufrieden an.
„Ab jetzt gehören wir zueinander, Xayra Atkins." verkündet er feierlich mit einem gewissen Stolz in seiner Stimme.
„Auf jeden Fall solange, bis einer von uns bemerkt, dass das hier ein Fehler ist." kommentiere ich nüchtern, woraufhin er lachend ein wenig von mir zurück weicht, um mich besser betrachten zu können.
„Hach! Dein Pessimismus bricht mir das Herz, mein Sonnenschein." meint er theatralisch bevor er mir einen kleinen zarten Kuss auf die Nasenspitze gibt. „Aber zum allgemeinen Glück ist mein Optimismus viel grösser." fügt er siegessicher hinzu.
Lachend schüttle ich den Kopf und in dem Moment, wünsche ich mir aus tiefstem Herzen tatsächlich nichts anderes, als dass das, was auch immer zwischen uns ist, funktionieren wird.

Wie fandet ihr das Kapitel? Ich bin immer offen (und sogar froh) über konstruktive Kritik! 😘
Hoffentlich werde ich das nächste Kapitel rechtzeitig fertig schreiben, denn meine Abschlussprüfungen rücken immer näher und ich lasse euch eigentlich nur ungern allzu lange warten.

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