051. Lily? Evans!

ⁱᵗ'ˢ ᵃˡʷᵃʸˢ ᵐʸ ᶠᵃᵘˡᵗ˒ ⁱˢⁿ'ᵗ ⁱᵗ

»Habt ihr Evans gesehen?!«

James kam völlig außer sich vor ihrem Tisch zum Stehen.
Perplex starrten ihn seine Freunde an.

»EVANS! Habt ihr sie gesehen?« Mit seinen Händen fuchtelte er in der Luft herum, als wollte er einen Florfliegenschwarm verscheuchen.

»Hallo Sirius, wie schön, dich wiederzusehen. Ja, ich habe dich auch vermisst und wow, du hast mir sogar etwas zu essen mitgebracht - du bist der beste Freund auf der ganzen Welt«, flötete Sirius mit einem genervten Lächeln, die Stimme so zuckersüß verstellt, dass sich Remus' Armhaare aufstellten.

Peter gluckste, doch James fand das alles überhaupt nicht lustig. Er blickte in alle Richtungen, ob er zwischen den anderen Schülern das rothaarige Mädchen ausmachen konnte. »Evans?!«

»Wir haben die Schlaubergerin nicht gesehen, aber das hier solltest du dir ansehen.«

Sirius pflückte Remus das Buch aus den Händen, um es James unter die Nase zu halten.

»Bilius Weasley und seine Freunde haben es uns überlassen, du wirst nicht glauben, was-«

James schlug das Buch beiseite.

»Das ist jetzt völlig egal. Ich muss Evans finden! EVANS!?«

Henry Bells Gesicht war Grün vor Zorn. Eine weitere Lärmbelästigung und er würde noch einmal zu seinem Zauberstab greifen. James ließ sich nicht beirren, wo konnte sich Lily nur herumtreiben? Wo waren überhaupt Alice Fortescue und Olive Kemp, wenn sie irgendwo war, dann doch bei ihren Freundinnen.

»EVANS!«

Remus zog die Stirn kraus. »Was brauchst du denn von Lily?«

»Evans! Hat jemand Evans gesehen? Oder die anderen Mädchen? Irgendeins!«

Zwei Drittklässler warfen ihnen unruhige Blicke zu und verschwanden so schnell sie konnten auf der Treppe hoch in ihren Schlafsaal, um aus James' Reichweite zu gelangen. Er sah aus und verhielt sich wie ein Verrückter. Tigerte hin und her, die Augen wanderten in jede Ecke, doch Lily war nirgends zu sehen.

»Wir haben Lily den ganzen Abend über noch nicht gesehen«, sagte Peter kleinlaut, als James erneut ansetzen wollte zu rufen.

»Ev-«

»Potter, was soll das Gebrüll?!« Vom oberen Absatz der Mädchenschlafsäle drang eine genervte Stimme herab, kurz bevor Livs Kopf zwischen den Geländern hervorlugte. »Warum suchst du nach Lily?«

»Evans! Bist du da oben? Wir müssen reden!«

Liv rollte mit den Augen. »Lily ist nicht hier, du Trottel. Jetzt hör auf so einen Affen aus dir zu machen. Entschuldige dich meinetwegen bei ihr, aber bitte in Zimmerlautstärke!«

Ihr Kopf verschwand wieder und James blickte zum ersten Mal verwundert drein.

Bei Henry Bell hatte so langsam die Schnappatmung eingesetzt. Keine Erstklässlergruppe zuvor hatte je so einen Krach veranstaltet. Er war außer sich, vielleicht sogar noch mehr als James Potter selbst.
Doch bevor Henry überhaupt eine Strafe herausposaunen konnte, hatten sich die Rädchen hinter Potters Stirn in Gang gesetzt. Er hatte nach Sirius' und Peters Armen gegriffen und sie mit sich Richtung Portrait gezogen. Remus folgte von selbst.

Wenn Lily nicht im Gemeinschaftsraum war, dann ahnte James schon, wo es sie hinverschlagen haben konnte. Aber, oh, wie er hoffte, sich zu irren.

»James, was soll das denn?«, Remus versuchte mit ihnen Schritt zu halten.

»Ehrlich, Mann, du machst mir ein wenig Angst. Hat dich jemand verhext?« Unsicher löste Sirius seinen Arm aus der eisernen Umklammerung.

Irgendetwas stimmte mit ihrem Freund überhaupt nicht. Er sah aus, als wäre er einem Irrwicht über den Weg gelaufen oder hätte einen Klatscher zu viel gegen den Kopf bekommen.

»Wir müssen zu Evans«, war alles, was James hervorwürgen konnte, während er das Portrait aufschob.

»Ach! Schon wieder hier?«, schimpfte die fette Dame. »Weshalb musstest du mich eben so aufscheuchen, wenn du doch nur wieder hinauswolltest, du ungezogener Bengel! Manieren sollte dir mal einer einbläuen. Manieren!«

Auch darauf reagierte James nicht. Wie in Trance nahm er nur genau das wahr, was ihn auf seiner Mission, eine gewisse rothaarige Hexe zu finden, weiterbringen konnte.
Es war einfach gruselig, fand Peter.

James eilte durch die Korridore, Treppen hinauf und hinunter, bis er endlich den Gang zu Verteidigung gegen die dunklen Künste erreicht hatte, in dem sich auch das Büro von Professor Thorburn befand.

»Evans ist bei Thorburn, glaube ich«, sagte James endlich, der den ganzen Weg über auf keine einzige Frage seiner Freunde geantwortet hatte, als würde er sie nicht hören.

Sirius hob eine Augenbraue in die Höhe. »An einem Sonntagabend? Das Essen ist sogar schon vorbei, holt sie sich Extrahausaufgaben ab oder was will sie bei ihm?«

James zuckte mit den Schultern. »Sie wollte heute früh schon zu ihm, als ich sie hier überrascht habe, bin total in eine Ritterrüstung reingerasselt und habe sie mit zu Boden gerissen.«

»Ein bühnenreifer Auftritt?«, fragte Sirius mit einem Grinsen und holte James damit endlich aus seinem Wahn.

»Du kannst mich Fred Astaire nennen.«

Die Jungen lachten, dann wurde James wieder ernster. »Ich habe sie so wütend gemacht, es würde mich nicht wundern, wenn sie immer noch dort drinnen sitzt und ihm haarklein jedes einzelne Detail von unserer... Nachtwanderung erzählt.«

»Was für eine Nachtwan... oh.« Remus schlug die Augen nieder. »Eure Geisterjagd.«

»Sie wird uns verraten?«, entsetzt riss Peter die Augen auf. »Aber das kann sie doch nicht tun, sie war doch auch dabei. Man wirft uns raus!«

»Dass sie selbst Ärger bekommt, ist ihr egal. Sie hält es für ihre Pflicht wegen dem, was die Männer über Dumbledore gesagt haben. Und...« James fuhr sich durch das strubbelige Haar, er konnte nicht fassen, dass er die nächsten Worte wirklich laut aussprechen würde: »Sie hatte recht. Ich bin heute Abend nach dem Nachsitzen deiner Cousine über den Weg gelaufen.«

»Andromeda?«, fragte Sirius. Seine Miene war unergründlich.

James schüttelte den Kopf. »Narcissa. Sie und ihre Freundin, Lavinia Zabini, sie haben nicht ganz so leise geflüstert wie sie es getan hätten, wenn sie mich in der Dunkelheit hätten sehen können, aber so konnte ich jedes Wort verstehen. Da hat wirklich jemand einen Anschlag auf Dumbledore verübt und sie werden es wieder versuchen.«

Er musterte seine Schuhspitzen, ehe er fortfuhr: »Selbst wenn Evans nicht schon bei Thorburn war... wir sollten ihm die Wahrheit sagen. Das hätten wir von Anfang an gemusst.«

Peters Augen wurden groß vor Schreck.

»Sie werden uns rauswerfen«, sagte der Kleinste von ihnen erneut.

»Vielleicht nicht.« James zuckte mit den Schultern. Nicht einmal sich selbst hätte er überzeugen können. Mit unruhigen Augen sah er zu der Bürotür, die zu ihrem Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste führte.

Ob Evans wirklich in eben jenem Moment dahinter saß und Thorburn alles haarklein genau berichtete?
Er hätte es womöglich verdient... aber Evans würde sie nicht verraten, nicht wirklich... oder?

»Selbst wenn sie uns nicht rauswerfen«, sagte plötzlich Sirius, »du glaubst doch nicht, dass unsere Eltern nichts davon erfahren werden? Andromeda hat Narcissa vielleicht davon überzeugt, mich nicht zu verraten, aber solch eine Aktion verzeihen sie mir nicht. Sie werden mich aus Hogwarts nehmen.«

Werden sie nicht, wollte James trotzig erwidern, aber ihm blieben die Worte im Hals stecken. Sie würden...

Fragend blickte James zwischen seinen Freunden hin und her.

Sirius hob abwehrend die Hände.

»Spielt die Helden, meinetwegen. Aber haltet mich da raus, ich werde meiner Mutter keine Gründe auf dem Silbertablett servieren, mit denen sie mich hier rauszerren kann. Das ist es wirklich nicht wert. Dumbledore geht es wieder gut. Wem hilft es, wenn wir jetzt noch im Nachhinein unsere Leben verpfuschen, nur damit Evans nachts ruhiger schlafen kann? Unser Schulleiter wird nicht so dumm sein, auf den selben Trick zweimal reinzufallen, egal, was meine Cousine zu wissen glaubt.«

Langsam ging er rückwärts, die grauen Augen weiterhin auf sie gerichtet.

»Ich will damit nichts zu tun haben.«

»Sirius!« Ungläubig runzelte James die Stirn. Er sah zu Peter und Remus, die beide seinen Blick mieden.

»Nicht jeder hat das Sicherheitsnetz der Familie 'Potter', um sich keine Sorgen machen zu müssen. Wenn du rausgeworfen wirst, stehen dir immer noch alle Türen offen. Ich seh dann nur noch eine Tür und durch die werden Mutter und Vater mich mit aller Gewalt stoßen.« Er seufzte. »Peter?«

Peter Pettigrew fiepte ängstlich auf.
Und James wurde wütend.

Das war genau das, was er Lily versucht hatte zu erklären. Sirius hatte nicht die gleichen Optionen wie er, für Sirius wäre diese Situation wie ein Todesurteil. Er hatte seinen besten Freund nicht in diese Lage bringen wollen, so lange es keinen absolut handfesten Beweis dafür gab, dass Evans' Befürchtungen irgendeine Substanz hatten.

Aber jetzt? Wieso war er davon ausgegangen, dass das für Sirius irgendetwas ändern würde? Weil es sich für ihn geändert hatte?
Und Peter? Seine Familie war nicht besonders wohlhabend, Privatlehrer waren teuer und in Durmstrang wäre der kleine Kerl verloren... er hielt es ja hier kaum aus.

Trotzdem.
Wie konnte das gegen das Leben eines anderen Menschen aufwiegen? Albus Dumbledores Leben?

»Nur weil du zu feige bist, heißt das nicht, dass Peter ebenfalls kneift!«, fuhr James ihn an.

Sirius sah aus, als hätte er ihn geschlagen.

Remus und Peter senkten abrupt die Köpfe.

Ohne ein weiteres Wort drehte der Black um und verschwand hinter dem nächsten Wandteppich.

»James...«, setzte Remus an, doch der Angesprochene fuhr ihm dazwischen.

»Geh ihm bitte nach. Ich... das war unfair. Du hast dich für nichts zu verantworten, du warst nicht dabei. Peter und ich regeln das hier.«

»Tun wir das, ja?« meinte Peter heiser.

James ignorierte die Panik in seinen Augen und schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter. »Das kriegen wir hin.«

»Nun... okay«, Remus nickte, »sollen wir wiederkommen?«

»Nein. Wir halten Sirius da raus. Ich werde nicht zulassen, dass seine Eltern ihren Willen bekommen.«

Remus eilte hinter Sirius her und ließ Peter und James allein in dem Korridor zurück. Die beiden Jungen sahen sich an.

Der kleinere von beiden fummelte unruhig am Saum seines Umhangs herum, bevor er zwischen bibbernden Lippen hervorbrachte: »Wieso willst du es unbedingt Thorburn sagen? Wieso nicht... Professor McGonagall oder direkt Professor Dumbledore? Wir könnten auch zu Professor Flitwick oder...«

»Willst du es wirklich McGonagall erzählen? Allein bei der Vorstellung werden mir die Knie weich.«

Peters Gesicht wurde kreidebleich.

»Evans wollte zu Thorburn. Sie verstehen sich gut. Wenn sie also mit jemandem geredet hat, dann mit ihm. Außerdem ist er unser Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste, wenn er Bescheid weiß... kann er am besten helfen. Und vielleicht fällt seine Strafe nicht allzu hoch aus, eigentlich war er ja immer ein ganz netter Kerl, bis vor ein paar Wochen zumindest.«

»Okay, ja. Leuchtet ein.«

»Es wird schon nicht so schlimm, Pete.«

James versuchte sich an einem beruhigenden Lächeln, was ihm jedoch kläglich misslang.
Die Angst saß ihm in den Knochen.

James trat die letzten Schritte vor.
Vorbei an einem Gemälde, das einen stürmischen Wald zeigte und einer Ritterrüstung, der ein Bein fehlte. Wie passend...

Er atmete tief durch.

Sie taten das Richtige.

Er hob die Hand.

Kein Zurück mehr.

Er klopfte.

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Remus holte Sirius erst ein, als dieser die Wendeltreppe zum Schlafsaal hochstieg, das Buch der Streichemeister unter den Arm geklemmt.

Sein ganzer Körper schmerzte von der Anstrengung, den ganzen Weg in so kurzer Zeit zweimal zurückgelegt zu haben, doch er biss die Zähne zusammen und stolperte hinter dem Schwarzhaarigen die Stufen empor.

Sirius hatte ihn bemerkt, das wusste Remus, doch er machte nicht den Anschein, als würde er sich besonders dafür interessieren, dass er ihn eine geschlagene Viertelstunde durch das Schloss verfolgt hatte und nun hinter ihm durch die Tür in ihren Schlafsaal trat.

Sirius hielt den Blick stur geradeaus.

Dafür hatte Remus nun wirklich keine Nerven mehr.

»Benimm dich nicht wie ein kleines Kind«, sagte er bissig, »ja, James hat dich 'feige' genannt und das war ätzend, aber hier zu sitzen und zu schmollen, wird es auch nicht besser machen.«

Sirius zuckte kaum merklich. Dann grinste er. »Wow. Hätte nicht gedacht, dass so etwas in dir steckt, Lupin.«

»Ich habe ungeahnte Talente.«

Mit einem Augenrollen quittierte Sirius Remus' Aussage, doch seine Mundwinkel ragten noch immer in die Höhe. Er fuhr den ledernen Einband des Buches mit seinen Fingern entlang, ehe er es wahllos aufschlug und auf sein Bett warf. Er selbst sprang hinterher.

»Wenn ich sowieso von der Schule fliege, dann doch wenigstens mit einem Knall.«

Alarmiert hob Remus die Brauen.

»Wird mir gefallen, was gleich kommt?«

»Nein, ich denke nicht. Aber den Spaß willst du dir trotzdem nicht entgehen lassen. Von wegen eine Stinkbombe nach der nächsten, das wird ein legendärer Abgang. Mich wird man hier nicht so schnell vergessen.«

Er reckte das Kinn in die Höhe und grinste.
Remus konnte nicht anders, er grinste auch.

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⁰⁵¹‧ ˡⁱˡʸ? ᵉᵛᵃⁿˢ!

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