Kapitel 15

Das Lächeln gefror auf meinen Lippen. Ich kannte diese Stimme. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass mein Körper die Kontrolle übernommen hatte. Ich sah wie losgelöst, wie er sich  dem Klang der Stimme zuwandte, ein Lächeln formte und zur Begrüßung ein  "AA, schön dich zu sehen." ausstieß.

Die Begrüßung war höflich, doch fehlte ihr die Wärme, die sie einst hatte. Äußerlich wirkte ich ruhig und gelassen, innerlich verspürte ich das dringende Bedürfnis, mich zu verstecken und hier zu verschwinden. 

"Julia, du siehst ...", er pausierte kurz, "gut aus. er mustere mich von Kopf bis Fuß, als wollte er feststellen, ob ich mich in den letzten Monaten, seit er mich das letzte Mal gesehen hatte, verändert hatte.

"Du siehst auch gut aus.", erwiderte ich in demselben höflichen Ton. In diesem Moment bemerkte ich eine Frau, die sich hinter ihm versteckt hielt. Sie trug einen dreiteiliges Business-Outfit, dessen Rock bis zur Mitte ihrer Oberschenkel reichte. Ihr Haar war so gekämmt, dass es ihr ovales Gesicht perfekt umrahmte. Ihr Make-up war makellos und ich entdeckte, dass ihre Nägel gepflegt waren, als sie eine Hand besitzergreifend auf seine Schulter legte. 

"Und wer sind sie?", richtete ich die Frage an Frau, die mich mit einer gewissen Verachtung musterte.

"Elisa Milan." Sie hatte die Ausstrahlung von jemanden, der sich für etwas ganz Großes hielt.

"Julia Lang, schön sie kennenzulernen." Ich reichte ihr die Hand und wartete darauf, dass sie mir ihre ebenfalls entgegenhielt.

Sie schaute auf meine Hand, als wäre sie ein schmutziges Ding, das ihr den Freund wegnehmen wollte, so wie sie ihren griff auf seiner Schulter festigte. Zögernd ergriff sie kurz meine Hand und zog die ihre auch sofort wieder zurück.

Ich spürte eher, als das ich es sah, dass Zack sich hinter mich gestellt hatte und mir seine Kraft anbot, ohne es zu wissen. "Und das ist mein Chef Zack Ortega. Alan Arneas, mein ....", beinahe wäre mir 'mein Ex-Freund' herausgerutscht. Aber die Frau warf mir bereits böse Blicke zu, dass auszuspucken würde nur Ärger bedeuten. "Freund."

AA beäugte Zack mit neuem Interesse. Schließlich stand Zack wie eine Art Bodyguard hinter mir. "Ich verstehe. Aber ist jetzt nicht gerade Bürozeit?", fragte er spitz, den Blick immer noch auf Zack gerichtet. 

"Ja sicher. Genau genommen arbeiten wir ja auch gerade. Wir haben nur eine kurze Pause gemacht, bevor wir uns wieder an die Arbeit machen." Ich wusste nicht, warum ich mich genötigt fühlte, ihm mein Handeln zu erklären, da er sich in der gleichen Situation befand wie ich. "Was ist mit euch beiden?", warf ich die Frage zurück.

"Wir wollten nur eine frühes Mittagessen zu uns nehmen.", murmelte Alan, seine Augen blickten kaum in meine Richtung, während er den Mann hinter mir weiter musterte.

"Ich glaube wir sollten besser gehen." Elisa versuchte AA sanft aber bestimmt wegzuziehen, aber er rührte sich nicht.

"Gibt es noch irgendetwas, das du willst? Deine Freundin möchte los.", betonte ich, meine Arme vor der Brust verschränkt.

"Sag mir die Wahrheit. Wir sind immer ehrlich zueinander gewesen, wer ist er in deinem Leben?" Ich war verblüfft über die Schärfe in seiner Stimme und der Wut in seinen Augen, als sie sich schließlich auf mich richteten.

Unwillkürlich wich ich einen Schritt zurück und spürte, wie Zacks Hand sich auf meine Schulter legte. "Was redest du da? Er ist mein Boss. Das ist alles.", entgegnete ich, meine Stimme ein wenig höher als normal.

"Wenn er nur dein Chef ist, warum ist der dann so vertraut mit dir?" Wenn er eben noch wütend war, war er nun kurz vorm durchdrehen. In der ganzen Zeit, die wir miteinander verbracht hatten, hatte ich ihn noch nie so wütend gesehen, und das machte mir so viel Angst, dass ich anfing zu zittern.

"Warum bist du so hartnäckig? Er ist mein Chef und ein Freund. Reicht das nicht. Du hast das Recht verloren, dich so zu verhalten, als du mich verlassen hast." Ich versuchte verzweifelt meine Angst zu überwinden. Seine Augen waren voller Wut und sein Zorn strömte aus jeder Pore seines Körpers. Mich schauderte es und ich spürte, wie Zack seinen Griff verstärkte. 

"Sie hat recht. Sie haben kein recht wütend auf sie zu sein. und was machst sie so sicher, dass sie Sie anlügt?", fragte er ruhig und bewegte sich leicht zu meiner Seite, ohne jedoch seine Hand von der Stelle zu bewegen, wo sie ruhte.

"Ich rede mit ihr, nicht mit dir. Und welches recht hast du, dich in unser Gespräch einzumischen?" Seine Stimme donnerte und zog die Aufmerksamkeit der umliegenden Leute auf sich.

"Wie sie gehört haben, bin ich ein Freund, und mir gefällt nicht, wie Sie sie behandeln." Ich konnte spüren, wie auch seine Wut begann an die Oberfläche zu kommen und legte eine Hand auf seinen Ellbogen und schüttelte leicht den Kopf.

"Ach ja? Was willst du denn dagegen tun?" Alan war offensichtlich nicht bereit auf irgendjemanden zu hören, auch nicht auf die Frau neben ihm, die mittlerweile hysterisch geworden war, sich verzweifelt an sein Hemd klammerte und versuchte ihn wegzuziehen.

"Nun, es gibt eine Reihe Möglichkeiten, wie ich mich ihrer entledigen könnte, aber ich ziehe es vor, sie nicht auszuführen." Er wandte sich mir mit einem hinterlistigen Lächeln zu, das mich verunsicherte. "Sieht so aus, als wäre es unmöglich ihn etwas anderes weis zu machen. Er ist schwerer zu überzeugen als die Leute im Büro, also lassen wir die Scharade und zeigen ihm, was Sache ist."

Bevor ich auf seine Worte reagieren konnte, drehte er mich zu sich und küsste mich so leidenschaftlich, dass mir die Knie weich wurden. Es erinnerte mich an das andere Mal in seinem Auto, an den Druck seiner Lippen und an die Erkenntnis, dass er nur mit mir spielen könnte und die Angst kehrte stärker als je zuvor zurück. Er stützte mich mit einem Arm auf meinem Rücken, und ich spürte, wie ich begann, auf den sich vertiefenden Kuss zu reagieren. Mein Verstand begann sich von der Angst zu lösen, die mich dazu gebracht hatte, ihn in seinem Auto zurückzustoßen und wegzulaufen.

Er brach den Kuss ab, in seinem Blick war eindeutig Überraschung zu lesen, und es konnte nicht möglich sein, aber ja, Verlangen. Er richtete sich auf und wandte sich wieder AA zu, sein Arm stützte mich weiterhin, während ich immer noch zitterte, aber jetzt aus einem anderen Grund. Ich hielt mich an seinem Arm fest und drehte mich zu dem Mann um, der dieses ganze Ereignis ins Rollen gebracht hatte.

AA sah völlig fassungslos aus. Sein Mund öffnete und schloss sich, wie der eines Goldfisches, ohne einen Laut von sich zu geben. Er war offensichtlich auch zu benommen, um zu bemerken, dass seine Freundin aufgehört hatte zu versuchen ihn wegzuziehen und alleine losgezogen war.

"Nun, da deine Neugierde jetzt gestillt ist, gehen wir jetzt besser.", sagte Zack zufrieden und treib mich inmitten der gaffenden Schaulustigen zum Parkplatz.

Wir fuhren schweigend davon. Ich konnte nicht sehen, wohin wir fuhren, obwohl ich meinen Blick auf die Straße gerichtet hatte. Ich musste immer wieder daran denken, was zuvor in seinem Auto passiert war, und an den Kuss im Einkaufszentrum. Beide waren anders, aber lösten die gleiche Reaktion in mir aus.

Ich gebe es zu: Die Art und Weise, wie ich auf seine Küsse reagiert habe, jagt mir einen Heidenangst ein. Tatsächlich war das Wiedersehen mit AA nicht so schmerzhaft, wie ich es erwartet hatte. Vielleicht heilte ich, machte weiter, kam über ihn hinweg, und ich hasste es wirklich, die Alternative in Betracht zu ziehen, dass ich vielleicht halbwegs in meinen Chef verliebt war.

Das käme definitiv nicht in Frage. Sicher, er ist nett, sieht gut aus, küsst gut und hat mich schon einmal zu oft gerettet, aber er ist auch ein Playboy, arrogant und anmaßend. Ein Mann, der es gewohnt war, seinen Willen zu bekommen. Nicht gerade etwas, das ich mir für meinen Freund wünsche.

"Es tut mir leid."

"Was?", fragte ich und schreckte aus meinen Grübeleien auf.

"Über das, was gerade passiert ist. Ich konnte einfach nicht nur dasitzen und zu sehen, wie er dich so erschreckt. Ist er wirklich dein Ex-Freund?" Ich merkte, dass ihm diese Frage am meisten beschäftigte, obwohl ich nicht genau sagen konnte, woran ich das festmachte.

"Ich habe ihn noch nie so gesehen. Er war immer so ruhig und lehnte Konfrontationsszenen wie diese ab, und doch ..." Ich ließ meine Hände auf meinen Schoß fallen. Mir fehlten die Worte, um das Geschehene auszudrücken.

"Wie lange wart ihr zusammen?" Das war eine berechtigte Frage. Ein bisschen neugierig vielleicht, aber da er mich gerettet hatte, auch wenn ich seine Methode nicht gutheiße, war ich es ihm schuldig.

"Vierzehn Monate. Ich dachte, es würde irgendwann zu etwas Ernsterem führen. Ich schätze, ich war zu voreilig.", antwortete ich leichthin.

"Er hat dich nicht verdient."

Ich sah ihn erschrocken an. Er war genauso grimmig wie AA, und dennoch spürte ich nicht einmal einen Anflug von Angst. "Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber es ist aus und vorbei, also belassen wir es einfach dabei." Ich zuckte lässig mit den Schultern und richtete meinen Blick wieder auf die Straße. 

Das Gefühlschaos von vorhin hatte sich gelegt und ich fühlte mich so gut wie damals, als die Tatsache, dass er mich vor ein paar Nächten geküsst hatte, buchstäblich vergessen hatte, weil ich viel zu viel Spaß beim Aussuchen der Kleider gehabt hatte. 

"Wenn das so ist, lass uns zu Mittag essen. Ich bin am Verhungern."

"Gute Idee.", stimmte ich zu und spürte plötzlich, was mein Magen mir schon seit einer halben Stunde zu sagen versucht hatte.

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